Tritt der Käu­fer/Dar­le­hens­neh­mer we­gen ei­nes Man­gels wirk­sam von dem mit dem Dar­le­hens­ver­trag ver­bun­de­nen Kauf­ver­trag zu­rück, so kann er von dem Dar­le­hens­ge­ber ge­mäß § 813 I 1 BGB die Zins- und Kos­ten­an­tei­le der Dar­le­hens­ra­ten zu­rück­for­dern, die er nach dem Rück­tritt noch an den Dar­le­hens­ge­ber ge­zahlt hat. Dass sich der Käu­fer/Dar­le­hens­neh­mer in ei­ner sol­chen Kon­stel­la­ti­on nicht nur mit dem Ver­käu­fer, son­dern auch mit ei­nem wei­te­ren An­spruchs­geg­ner – dem Dar­le­hens­ge­ber – aus­ein­an­der­set­zen muss, ist un­ver­meid­lich.

OLG Naum­burg, Ur­teil vom 01.02.2013 – 10 U 29/12

Sach­ver­halt: Die Par­tei­en sind durch ei­nen am 06.11.2008 ge­schlos­se­nen, von der Au­to­haus K-GmbH ver­mit­tel­ten Dar­le­hens­ver­trag ver­bun­den. Das Dar­le­hen dien­te zur Fi­nan­zie­rung des (rest­li­chen) Kauf­prei­ses für ei­nen Pkw, den der als Ver­brau­cher han­deln­de Klä­ger am 06.11.2008 von der Au­to­haus K-GmbH er­wor­ben hat.

Nach­dem der Klä­ger am 04.01.2009 we­gen ei­nes Sach­man­gels den Rück­tritt von dem Kfz-Kauf­ver­trag er­klärt hat­te, nahm er die Ver­käu­fe­rin des Pkw ge­richt­lich auf Rück­zah­lung der an sie ge­leis­te­ten An­zah­lung so­wie der Dar­le­hens­ra­ten in An­spruch. Die Ver­käu­fe­rin ist durch Ur­teil des Se­nats vom 14.02.2011 ver­ur­teilt wor­den, an den Klä­ger 4.174,70 € nebst Zin­sen und an die hie­si­ge Be­klag­te 9.273,36 € zu zah­len.

Im vor­lie­gen­den Rechts­streit ver­langt der Klä­ger die Er­stat­tung der Dar­le­hens­ra­ten, die er – un­ge­ach­tet sei­ner Rück­tritts­er­klä­rung – noch bis De­zem­ber 2010 an die Be­klag­te ge­zahlt hat, wo­bei der Klä­ger sei­nen An­spruch ein­schließ­lich Zin­sen und Kos­ten mit 5.042,15 € be­zif­fert.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen und aus­ge­führt, der Klä­ger kön­ne die Rück­zah­lung der Net­to­kre­dit­ra­ten we­der ge­mäß § 812 I 1 Fall 1 BGB ver­lan­gen, noch ge­be es ei­ne an­de­re An­spruchs­grund­la­ge. In Hö­he von 3.716,64 € kön­ne er die Dar­le­hens­ra­ten schon des­halb nicht zu­rück­ver­lan­gen, weil er sie be­reits von der Ver­käu­fe­rin des Pkw zu­rück­er­hal­ten ha­be. Im Üb­ri­gen sei­en die Leis­tun­gen des Klä­gers an die Be­klag­te auch nach dem Rück­tritt vom Kauf­ver­trag nicht oh­ne Rechts­grund er­folgt. Denn der Rück­tritt, durch den sich der Kauf­ver­trag in ein Rück­ab­wick­lungs­ver­hält­nis ver­wan­delt ha­be, ha­be den Klä­ger mit Blick auf § 359 I BGB ge­gen­über der Be­klag­ten nur zur Leis­tungs­ver­wei­ge­rung be­rech­tigt, aber kei­nen Rück­for­de­rungs­an­spruch be­grün­det.

Der Klä­ger ha­be auch kei­nen An­spruch auf Er­stat­tung der in den Kre­dit­ra­ten ent­hal­te­nen Zins- und Kos­ten­an­tei­le, denn bei ei­nem so­ge­nann­ten ver­bun­de­nen Ge­schäft ha­be der Dar­le­hens­neh­mer kei­nen Rück­ge­währan­spruch hin­sicht­lich der in den Kre­dit­ra­ten ent­hal­te­nen Zins- und Kos­ten­an­tei­le; in­so­weit ver­weist das Land­ge­richt auf die Auf­fas­sung des Se­nats im Vor­pro­zess. Es be­ste­he aber auch kein An­spruch aus § 813 I BGB, denn das Leis­tungs­ver­wei­ge­rungs­recht des Klä­gers be­ru­he nicht auf ei­ner Nich­tig­keit des Kauf­ver­trags, so­dass es schon an ei­ner dau­ern­den Ein­re­de i. S. von § 813 I BGB feh­le. Zu­dem sei­en dem Klä­ger durch das im Vor­pro­zess er­gan­ge­ne Ur­teil für die Zeit vom 13.11.2008 bis zum 31.12.2011 be­reits Zin­sen zu­ge­spro­chen wor­den.

Mit der Be­ru­fung ver­folgt der Klä­ger den in ers­ter In­stanz gel­tend ge­mach­ten Zah­lungs­an­spruch im zu­letzt ver­folg­ten Um­fang wei­ter. Er hält an sei­ner Auf­fas­sung fest, dass er ge­mäß § 813 I BGB ei­nen An­spruch auf Er­stat­tung so­wohl der nach dem Rück­tritt vom Kauf­ver­trag ge­zahl­ten Net­to­kre­dit­ra­ten als auch der Zins- und Kos­ten­an­tei­le ha­be. Die vom Land­ge­richt zi­tier­te Ent­schei­dung (OLG Naum­burg, Urt. v. 22.11.2001 – 2 U 79/01, ju­ris) be­sa­ge zwar, dass der Käu­fer vom Ver­käu­fer nur die Net­to­dar­le­hens­ra­ten ver­lan­gen kön­ne; aus ihr ge­he aber nicht her­vor, ob die Bank die an sie ge­zahl­ten Zins- und Kos­ten­an­tei­le be­hal­ten dür­fe. Nach der Recht­spre­chung des BGH (Urt. v. 18.01.2011 – XI ZR 356/09) kön­ne sich ein Ver­brau­cher, dem ein Rück­tritts­recht zu­ste­he, fol­gen­los – das heißt auch un­be­las­tet von Zin­sen und Kos­ten – von dem zur Fi­nan­zie­rung auf­ge­nom­me­nen Dar­le­hen lö­sen. Wenn aber der Käu­fer die Zins- und Kos­ten­an­tei­le nicht vom Ver­käu­fer er­lan­gen kön­ne, ob­wohl er das Recht ha­be, sich fol­gen­los von dem ver­bun­de­nen Ge­schäft zu lö­sen, müs­se ihm die Bank die Zins- und Kos­ten­an­tei­le zu­rück­ge­wäh­ren.

Auf Hin­weis des Se­nats hat der Klä­ger Kon­to­aus­zü­ge vor­ge­legt. Dar­aus er­gibt sich, dass er am 01.01.2009 – vor dem Rück­tritt vom Kauf­ver­trag – 232,15 € an die Be­klag­te ge­zahlt hat. Nach dem Rück­tritt, in der Zeit vom 01.02.2009 bis zum 01.12.2010, hat er ins­ge­samt 4.810 € an die Be­klag­te ge­zahlt. Der letz­ten Zah­lung vom 01.01.2011 über 207 € steht ei­ne Rück­last­schrift über 210 € ge­gen­über.

Die Be­ru­fung, mit der der Klä­ger die Ver­ur­tei­lung der Be­klag­ten zur Zah­lung von 5.042,15 € nebst Zin­sen er­rei­chen woll­te, hat­te zum Teil Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … 2. Die Be­ru­fung bleibt oh­ne Er­folg, so­weit der Klä­ger von der Be­klag­ten die Er­stat­tung der an sie nach der Rück­tritts­er­klä­rung vom 04.01.2009 noch ge­leis­te­ten Net­to­kre­dit­ra­ten ver­langt. Ein An­spruch be­steht in­so­weit we­der aus § 812 I 1 Fall 1 BGB noch aus § 813 BGB, denn die Be­klag­te ist in­so­weit je­den­falls nicht be­rei­chert. Viel­mehr hat sie in die­ser Hö­he ei­ne Ver­mö­gens­min­de­rung er­fah­ren, wie sich dar­aus er­gibt, dass sie zu­nächst den Net­to­dar­le­hens­be­trag von 12.990 € wei­sungs­ge­mäß an die Ver­käu­fe­rin aus­ge­zahlt hat, von dort aber nach dem Ur­teil des Vor­pro­zes­ses nur 9.273,36 € zu­rück­er­hält, mit­hin im Er­geb­nis 3.716,64 € ver­lo­ren hat. Hier­bei han­delt es sich ge­nau um je­nen Be­trag, hin­sicht­lich des­sen dem Klä­ger be­reits im Vor­pro­zess ein Er­stat­tungs­an­spruch ge­gen­über der Ver­käu­fe­rin zu­er­kannt wor­den ist. …

3. Die Be­ru­fung führt hin­ge­gen zur Ab­än­de­rung des an­ge­foch­te­nen Ur­teils, so­weit der Klä­ger ei­nen An­spruch auf Er­stat­tung der nach der Rück­tritts­er­klä­rung an die Be­klag­te noch ge­leis­te­ten Zins- und Kos­ten­an­tei­le an den Dar­le­hens­ra­ten ver­folgt.

a) Dem steht das Be­ru­fungs­ur­teil des Se­nats vom 14.02.2011 in dem Vor­pro­zess zwi­schen dem Klä­ger und der Ver­käu­fe­rin des Pkw nicht ent­ge­gen. So­weit der Se­nat dort zu den An­sprü­chen des Klä­gers ge­gen­über der Ver­käu­fe­rin aus­ge­führt hat­te, dass der Er­stat­tungs­an­spruch auf die Net­to­kre­dit­ra­ten be­grenzt sei, wirkt die Rechts­kraft nur im dor­ti­gen Rechts­ver­hält­nis. An der dort ver­tre­te­nen Auf­fas­sung hält der Se­nat nicht wei­ter fest, so­weit ein An­spruch ge­gen­über der fi­nan­zie­ren­den Bank auf Er­stat­tung des Zins- und Kos­ten­an­teils an den nach der Rück­tritts­er­klä­rung noch dort­hin ge­zahl­ten Dar­le­hens­ra­ten aus § 813 BGB in Re­de steht.

b) Als An­spruchs­grund­la­ge kommt in­so­weit nur § 813 I 1 BGB in Be­tracht. Ei­ne Kon­dik­ti­on aus § 812 I 1 Fall 1 BGB wür­de dar­an schei­tern, dass der Rück­tritt vom Kauf­ver­trag den Dar­le­hens­ver­trag als Rechts­grund für die Zah­lun­gen an die Dar­le­hens­ge­be­rin nicht ent­fal­len lässt.

Die tat­be­stand­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für ei­nen Rück­for­de­rungs­an­spruch aus § 813 I 1 BGB lie­gen ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Land­ge­richts vor, denn dem Klä­ger stand ge­gen den An­spruch der Be­klag­ten auf Zah­lung der Dar­le­hens­ra­ten für den hier in Re­de ste­hen­den Zeit­punkt nach der Rück­tritts­er­klä­rung ei­ne dau­er­haf­te rechts­hem­men­de Ein­wen­dung zur Sei­te. In­so­weit hat der wirk­sa­me Rück­tritt vom Kauf­ver­trag das Schuld­ver­hält­nis zwi­schen dem Klä­ger und der Ver­käu­fe­rin des Pkw in ein Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis um­ge­wan­delt. Die Leis­tungs­pflich­ten des Klä­gers sind da­mit auf Dau­er ent­fal­len, was er ge­mäß § 359 Satz 1 BGB auch der hie­si­gen Be­klag­ten, der Dar­le­hens­ge­be­rin, ent­ge­gen­hal­ten kann. Gleich­zei­tig han­delt es sich je­doch nicht um ei­ne rechts­ver­nich­ten­de Ein­wen­dung, auf die § 813 I 1 BGB nicht an­wend­bar wä­re (MünchKomm-BGB/Schwab, 5. Aufl. [2009], § 813 Rn. 5), denn der Rück­tritt vom Kauf­ver­trag lässt den Be­stand des Dar­le­hens­ver­trags un­be­rührt.

c) Es be­ste­hen auch kei­ne durch­grei­fen­den sys­te­ma­ti­schen Be­den­ken da­ge­gen, in der vor­lie­gen­den Kon­stel­la­ti­on in An­wen­dung von § 813 I 1 BGB den so­ge­nann­ten Rück­for­de­rungs­durch­griff ge­gen­über der Dar­le­hens­ge­be­rin zu­zu­las­sen.

Rich­tig ist zwar, dass die Re­ge­lung in § 359 BGB eben­so wie die Vor­gän­ger­norm in § 9 III Ver­brKrG dem Ver­brau­cher bei ei­nem ver­bun­de­nen Ge­schäft die aus der Auf­spal­tung der Rechts­ver­hält­nis­se sonst re­sul­tie­ren­de Aus­ein­an­der­set­zung mit zwei An­spruchs­geg­nern er­spa­ren soll, in­dem bei ei­nem Sach­man­gel die Rück­ab­wick­lung in­ner­halb des fi­nan­zier­ten Ge­schäfts er­folgt und der Käu­fer bzw. Dar­le­hens­neh­mer dem Dar­le­hens­ge­ber ge­gen­über die wei­te­re Be­die­nung des Dar­le­hens ver­wei­gern kann. In­so­weit ent­spricht es al­ler­dings über­wie­gen­der, wenn auch nicht un­be­strit­te­ner Auf­fas­sung, dass der Ver­käu­fer nur die Net­to­dar­le­hens­ra­ten wie­der aus­zu­keh­ren hat (vgl. das Se­nats­ur­teil im Vor­pro­zess des Klä­gers mit der Ver­käu­fe­rin vom 14.02.2011 m. w. Nachw.). Dem­ge­gen­über muss sich der Käu­fer bzw. Dar­le­hens­neh­mer ent­ge­gen die­ser In­ten­ti­on doch mit zwei An­spruchs­geg­nern aus­ein­an­der­set­zen, wenn man für den Fall, dass er von der Ein­wen­dung aus &§ 359 Satz 1 BGB kei­nen Ge­brauch ge­macht hat, son­dern das Dar­le­hen auch nach er­klär­tem Rück­tritt wei­ter be­dient hat, den so­ge­nann­ten Rück­for­de­rungs­durch­griff aus § 813 I 1 BGB ne­ben der Re­ge­lung in § 359 Satz 1 BGB für an­wend­bar hält.

Vor die­sem Hin­ter­grund wird die Fra­ge, ob der so­ge­nann­te Rück­for­de­rungs­durch­griff ge­mäß § 813 I 1 BGB bei ei­nem ver­bun­de­nen Ge­schäft ne­ben der Re­ge­lung in § 359 Satz 1 BGB an­wend­bar ist, in Li­te­ra­tur und Recht­spre­chung nicht ein­heit­lich be­ant­wor­tet.

aa) Die Fra­ge, ob und un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen bei ei­nem ver­bun­de­nen Ge­schäft ne­ben dem Ein­wen­dungs­durch­griff auch ein auf § 813 I 1 BGB ge­stütz­ter so­ge­nann­ter Rück­for­de­rungs­durch­griff ge­gen den Dar­le­hens­ge­ber er­öff­net ist, ist in der Recht­spre­chung des BGH in jün­ge­rer Zeit wie­der­holt in Fäl­len dis­ku­tiert wor­den, in de­nen die Rück­ab­wick­lung von kre­dit­fi­nan­zier­ten Bei­trit­ten zu Im­mo­bi­li­en­fonds in Re­de stand.

(1) Der XI. Zi­vil­se­nat des BGH hat in ei­ner sol­chen Kon­stel­la­ti­on zu­nächst für den Fall ei­ner von An­fang an be­ste­hen­den Nich­tig­keit des fi­nan­zier­ten Kauf­ver­trags (dort: Nich­tig­keit der Voll­macht der die Bank ver­tre­ten­den Treu­hän­de­rin) ei­nen auf § 813 I 1 BGB ge­stütz­ten Rück­for­de­rungs­durch­griff ge­gen­über der Bank grund­sätz­lich zu­ge­las­sen (Urt. v. 04.12.2007 – XI ZR 227/06, BGHZ 174, 334), wenn­gleich im dort ent­schie­de­nen Fall die Vor­aus­set­zun­gen ver­neint wor­den sind. Schon für die Vor­gän­ger­re­ge­lung in § 9 III Ver­brKG sei an­er­kannt ge­we­sen, dass der Ge­setz­ge­ber die Fra­ge, ob bei ei­nem ver­bun­de­nen Ge­schäft ei­ne Rück­for­de­rung (auch) ge­gen­über dem Dar­le­hens­ge­ber mög­lich sei, be­wusst Recht­spre­chung und Leh­re über­las­sen ha­be. Ei­ner teil­wei­se für er­for­der­lich ge­hal­te­nen Ana­lo­gie zu § 9 II 4 Ver­brKG be­dür­fe es nicht, da § 813 I 1 BGB für sol­che Fall­ge­stal­tun­gen ei­ne un­mit­tel­bar an­wend­ba­re An­spruchs­grund­la­ge bie­te. Wenn der Kauf­ver­trag von An­fang an nich­tig sei, be­grün­de die nach § 9 III 1 Ver­brKG (jetzt: § 359 Satz 1 BGB) er­öff­ne­te Mög­lich­keit, die­se Ein­wen­dung im Ver­hält­nis zum Dar­le­hens­ge­ber gel­tend zu ma­chen, ei­ne von An­fang an be­ste­hen­de dau­ern­de Ein­re­de. Dem ste­he ent­ge­gen ei­ner teil­wei­se in der Li­te­ra­tur ver­tre­te­nen Mei­nung nicht ent­ge­gen, das der Dar­le­hens­ver­trag als Rechts­grund i. S. von § 812 I BGB an­zu­se­hen sei, denn wie sich aus § 813 I 1 BGB er­ge­be, kön­ne ei­ne For­de­rung, der ei­ne dau­ern­de Ein­re­de ent­ge­gen­ste­he, grund­sätz­lich kein Rechts­grund sein.

(2) In der wei­te­ren Fol­ge hat der XI. Zi­vil­se­nat die­se Recht­spre­chung noch da­hin prä­zi­siert (Urt. v. 10.11.2009 – XI ZR 252/08, BGHZ 183, 112), dass Vor­aus­set­zung für ei­nen sol­chen Rück­for­de­rungs­durch­griff ge­mäß § 813 I 1 BGB sei, dass der Leis­ten­de zum Zeit­punkt der Leis­tung be­rech­tigt ge­we­sen sei, die Leis­tung dau­er­haft zu ver­wei­gern. Das hat der XI. Zi­vil­se­nat des BGH zwar für den dort zu ent­schei­den­den Fall ver­neint, da selbst bei der im dor­ti­gen Fall fest­ge­stell­ten arg­lis­ti­gen Täu­schung durch den Ver­mitt­ler nur ein in die Zu­kunft wir­ken­des Kün­di­gungs­recht be­stan­den ha­be und die­ses zum Zeit­punkt der Leis­tungs­er­brin­gung (der Zah­lung an die Bank) noch nicht aus­ge­übt ge­we­sen sei. Für die hier zu ent­schei­den­de Fall­kon­stel­la­ti­on liegt die­se Vor­aus­set­zung in­des­sen vor, da nur die nach dem Rück­tritts­zeit­punkt noch ge­leis­te­ten Zah­lun­gen rück­ab­ge­wi­ckelt wer­den sol­len und zu die­sem Zeit­punkt ge­gen­über dem An­spruch der Bank auf Zah­lung der Dar­le­hens­ra­ten ins­ge­samt (und nicht et­wa be­schränkt auf die Net­to­kre­dit­ra­ten) die Ein­wen­dung aus § 359 Satz 1 BGB be­stand.

(3) So­weit der Klä­ger auch das wei­te­re, erst ganz kurz vor dem Se­nats­ur­teil im Vor­pro­zess er­gan­ge­nen Ur­teil des XI. Zi­vil­se­nats des BGH vom 18.01.2011 (XI ZR 356/09, NJW 2011, 1063) für sei­ne Auf­fas­sung her­an­zie­hen möch­te, be­trifft die­ses al­ler­dings ei­ne an­ders ge­la­ger­te Fall­kon­stel­la­ti­on; denn dort war nicht über die Rück­ab­wick­lung des dritt­fi­nan­zier­ten Bei­tritts zu ei­nem Im­mo­bi­li­en­fonds zu ent­schei­den, son­dern im dor­ti­gen Fall war ein Teil ei­nes in der Ge­samt­sum­me hö­he­ren Dar­le­hens zum Ab­schluss ei­ner Rest­schuld­ver­si­che­rung ge­nutzt und di­rekt an den Ver­si­che­rer aus­ge­zahlt wor­den. Die­se Ent­schei­dung be­trifft mit­hin nicht ei­ne Rück­ab­wick­lung nach ei­nem Rück­tritt vom ver­bun­de­nen Ge­schäft, son­dern ei­nen Wi­der­ruf bei­der Ge­schäf­te, und ist des­halb auf §§ 357 I, 346 BGB ge­stützt und nicht auf § 813 I 1 BGB. Un­ge­ach­tet die­ser schon an­de­ren Aus­gangs­kon­stel­la­ti­on lässt sich die­sem Ur­teil, an­ders als der Klä­ger meint, ins­be­son­de­re nichts da­für ent­neh­men, ob die Rück­for­de­rung (bzw. dort: Ver­rech­nung ge­gen das Dar­le­hen) mit den Net­to- oder Brut­to­zah­lun­gen vor­zu­neh­men ist. Der vom Klä­ger zi­tier­te Satz, die Vor­schrift (dort: § 358 BGB) sol­le dem Ver­brau­cher die Mög­lich­keit er­öff­nen, sich von dem ver­bun­de­nen Ge­schäft fol­gen­los, das heißt auch un­be­las­tet von Zin­sen und Kos­ten aus dem zur Fi­nan­zie­rung auf­ge­nom­me­nen Dar­le­hen, zu lö­sen, be­trifft ge­ra­de nicht den auf die Fi­nan­zie­rung des Ver­si­che­rungs­ver­trags, des ver­bun­de­nen Ge­schäfts, ent­fal­len­den Teil des Dar­le­hens, son­dern die Rest­dar­le­hens­sum­me, hin­sicht­lich de­rer der dor­ti­ge Klä­ger nach §§ 357 I, 346 II und II BGB Zin­sen zu zah­len hat.

bb) Bis­lang fin­det sich in der nach der vor­zi­tier­ten Ent­schei­dung des XI. Zi­vil­se­nats des BGH vom 04.12.2007 ver­öf­fent­lich­ten ober­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung, so­weit er­sicht­lich, aber noch kei­ne Ent­schei­dung, wel­che ei­nen Rück­for­de­rungs­durch­griff auf der Grund­la­ge von § 813 I 1 BGB auch für den Fall des Rück­tritts vom ver­bun­de­nen Ge­schäft (Kauf­ver­trag) nach Sach­män­geln der Kauf­sa­che be­trifft.

Das in­so­weit viel­fach als Be­leg ge­gen die An­wend­bar­keit von § 813 I 1 BGB zi­tier­te Ur­teil des OLG Stutt­gart vom 08.01.2011 (6 U 57/00, ZIP 2001, 692) schließt den Rück­for­de­rungs­durch­griff für die hier zu ent­schei­den­de Sach­ver­halts­kon­stel­la­ti­on ge­ra­de nicht aus. Denn dort wird ein Rück­for­de­rungs­durch­griff zu­nächst zwar mit der Er­wä­gung ab­ge­lehnt, die­ser füh­re zu ei­ner Ver­la­ge­rung des In­sol­venz­ri­si­kos des Ver­käu­fers auf die Bank und da­mit zu ei­nem Vor­teil aus der Auf­spal­tung der Rechts­be­zie­hun­gen, wäh­rend das Ver­brau­cher­kre­dit­ge­setz le­dig­lich die Nach­tei­le aus der Auf­spal­tung der Ver­trags­be­zie­hun­gen ha­be ver­mei­den wol­len. Al­ler­dings meint auch das OLG Stutt­gart in je­ner Ent­schei­dung, dass „le­dig­lich“ für den Fall ei­ner von An­fang an vor­lie­gen­den Nich­tig­keit des fi­nan­zier­ten Ge­schäfts (doch) ein Rück­for­de­rungs­durch­griff in Be­tracht zu zie­hen sei und bei ei­ner Kün­di­gung oder ei­nem Rück­tritt le­dig­lich ein ex nunc wir­ken­des Leis­tungs­ver­wei­ge­rungs­recht vor­lie­ge. Be­reits vor der Kün­di­gung lie­gen­de Leis­tun­gen könn­ten nicht zu­rück­ge­for­dert wer­den. Das be­deu­tet aber im Um­kehr­schluss, dass auch nach dor­ti­ger Auf­fas­sung für nach der Kün­di­gung bzw. ei­nem Rück­tritt er­folg­te Leis­tun­gen die Rück­for­de­rung mög­lich wä­re.

Die be­reits im Ur­teil im Vor­pro­zess zi­tier­te Ent­schei­dung des OLG Hamm (Urt. v. 08.09.2005 – 28 U 60/05, NZV 2006, 421), wo­nach die Rück­ab­wick­lung nur die Net­to­ra­ten um­fas­sen soll, be­trifft zum ei­nen ei­nen ge­gen­über dem Ver­käu­fer, nicht aber ge­gen­über der Bank gel­tend ge­mach­ten An­spruch und ist zum an­de­ren vor den oben zi­tier­ten Ent­schei­dun­gen des XI. Zi­vil­se­nats des BGH er­gan­gen. Das spä­te­re Ur­teil des OLG Hamm vom 05.08.2010 (I-28 U 22/10, ZGS 2011, 54), wel­ches je­ne Recht­spre­chung noch­mals be­stä­tigt, be­trifft eben­falls le­dig­lich die Ab­wick­lung zwi­schen Ver­käu­fer und Käu­fer und ist da­mit für ei­nen An­spruch aus § 813 I 1 BGB ge­gen­über der fi­nan­zie­ren­den Bank nicht ein­schlä­gig. Das Se­nats­ur­teil vom 10.02.2007 (10 U 42/06, ju­ris) be­trifft zum ei­nen eben­falls ei­nen An­spruch ge­gen­über der Ver­käu­fe­rin und stützt sich in der Be­grün­dung (dann kon­se­quent) vor al­lem dar­auf, dass die­se ge­mäß § 346 I BGB nur das her­aus­zu­ge­ben ha­be, was sie selbst emp­fan­gen ha­be, mit­hin nur den Net­to­dar­le­hens­be­trag.

cc) In der Li­te­ra­tur wird der Rück­for­de­rungs­durch­griff auch nach ei­nem Rück­tritt teil­wei­se in ana­lo­ger An­wen­dung von § 358 IV BGB für mög­lich ge­hal­ten (Er­mann/Wes­ter­mann, BGB, 13. Aufl., § 359 Rn. 11). Die­ses Um­wegs be­darf es je­doch je­den­falls für die hie­si­ge Kon­stel­la­ti­on nicht, wenn Zah­lun­gen nach der Rück­tritts­er­klä­rung er­folgt sind und dem­zu­fol­ge die Ein­re­de aus § 359 Satz 1 BGB als dau­ern­de Ein­re­de i. S. des § 813 I 1 BGB an­ge­se­hen wer­den kann.

Um­ge­kehrt wird ein Rück­for­de­rungs­durch­griff teil­wei­se ge­ra­de mit der Be­grün­dung ab­ge­lehnt, dass nach dem Ur­teil des XI. Zi­vil­se­nats des BGH vom 04.12.2007 für ei­ne ana­lo­ge An­wen­dung von § 358 IV BGB kein Raum sei (so Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 11. Aufl., Rn. 1887). Das über­sieht je­doch, dass der BGH die Ana­lo­gie zu § 358 IV BGB bzw. dort § 9 II 4 Ver­brKrG le­dig­lich des­halb für ent­behr­lich ge­hal­ten hat, weil § 813 I 1 BGB ei­ne un­mit­tel­bar an­wend­ba­re Rechts­grund­la­ge bie­tet, es mit­hin an ei­ner Re­ge­lungs­lü­cke fehlt.

So­weit teil­wei­se die Auf­fas­sung ver­tre­ten wird, dass ein auf § 813 I 1 BGB ge­stütz­ter Rück­for­de­rungs­durch­griff bei ei­nem Man­gel des Kauf­ge­gen­stands dar­an schei­te­re, dass § 813 I 1 BGB ei­ne dau­er­haf­te und schon im Zeit­punkt der Leis­tung be­ste­hen­de Ein­re­de er­for­de­re, der Rück­tritt aber erst ex nunc wir­ke und erst von die­sem Zeit­punkt an ein Leis­tungs­ver­wei­ge­rungs­recht be­grün­de (vgl. MünchKomm-BGB/Ha­ber­sack, 6. Aufl., § 359 Rn. 75; MünchKomm-BGB/Schwab, a. a. O., § 813 Rn. 13; Pa­landt/Gü­ne­berg, BGB, 72. Aufl., § 359 Rn. 8), wird da­bei un­ter­stellt, dass der Käu­fer/Dar­le­hens­neh­mer für den Zeit­punkt nach dem Rück­tritt ver­nünf­ti­ger­wei­se von dem Leis­tungs­ver­wei­ge­rungs­recht aus § 359 BGB Ge­brauch ma­chen wird. Tut er dies in­des­sen – wie hier – aus ir­gend­ei­nem Grun­de nicht und zahlt trotz­dem an den Dar­le­hens­ge­ber wei­ter, steht ge­ra­de dann die­se Ar­gu­men­ta­ti­on dem An­spruch aus § 813 I 1 BGB aus den oben schon ein­lei­tend ge­nann­ten Grün­den nicht ent­ge­gen.

Zu­sam­men­fas­send hegt der Se­nat da­her im Hin­blick auf die vor­zi­tier­te Recht­spre­chung des XI. Zi­vil­se­nats des BGH kei­ne durch­grei­fen­den sys­te­ma­ti­schen Be­den­ken, für die vor­lie­gen­de Kon­stel­la­ti­on ei­nen Rück­for­de­rungs­durch­griff des Klä­gers aus § 813 I 1 BGB hin­sicht­lich der nach dem Rück­tritt noch an die Be­klag­te ge­leis­te­ten Zins- und Kos­ten­an­tei­le zu­zu­las­sen. Dass er sich dann mit ei­nem zwei­ten An­spruchs­geg­ner aus­ein­an­der­zu­set­zen hat, ist in ei­ner sol­chen Kon­stel­la­ti­on dann in der wei­te­ren Kon­se­quenz al­ler­dings un­ver­meid­lich.

d) Dem An­spruch steht auch nicht ent­ge­gen, dass der Se­nat dem Klä­ger in dem Ur­teil im Vor­pro­zess ge­gen die Ver­käu­fe­rin be­reits ei­nen An­spruch auf Her­aus­ga­be der Nut­zun­gen (Zin­sen) auf den Net­to­kauf­preis in Hö­he von 1.557,25 € zu­er­kannt hat. Denn hier­bei han­delt es sich um ei­nen im Rah­men des dor­ti­gen Rück­ab­wick­lungs­ver­hält­nis­ses ge­mäß § 346 I, II 1 Nr. 1, § 100 BGB zu be­rück­sich­ti­gen­den Aus­gleich für die Nut­zung des Net­to­kauf­prei­ses, nicht aber um den Zins­an­teil an den Dar­le­hens­ra­ten, wel­cher der Klä­ger an die Be­klag­te ge­zahlt hat. Hät­te der Klä­ger so­fort nach dem Rück­tritt der Be­klag­ten ge­gen­über die Ein­re­de aus § 359 Satz 1 BGB er­ho­ben und die Zah­lun­gen ein­ge­stellt, wä­re der Be­klag­ten je­ner Zins­an­teil an den Zah­lun­gen des Klä­gers eben­falls nicht zu­ge­flos­sen, und trotz­dem wä­re das aus­ge­zahl­te und dann von der Ver­käu­fe­rin an die Be­klag­te zu­rück­zu­zah­len­de Net­to­dar­le­hen­s­ka­pi­tal für die Zeit der Nut­zung durch die Ver­käu­fe­rin von je­ner ge­gen­über dem Klä­ger zu ver­zin­sen ge­we­sen, wäh­rend die Be­klag­te für die Be­reit­stel­lung des Dar­le­hen­s­ka­pi­tals kei­ne Zin­sen er­hal­ten hät­te. § 813 I 1 BGB stellt je­doch nur die La­ge wie­der her, die be­ste­hen wür­de, wenn an­ge­sichts der dau­ern­den Ein­re­de erst gar nicht ge­leis­tet wor­den wä­re. Die Rück­erstat­tung der Zin­sen für das Dar­le­hen führt aber nicht da­zu, dass der Klä­ger in­so­weit ei­nen ihm nicht zu­ste­hen­den, dop­pel­ten Zins­an­spruch er­hal­ten wür­de.

e) Der Hö­he nach um­fasst der An­spruch des Klä­gers die nach der Rück­tritts­er­klä­rung noch an die Be­klag­te ge­leis­te­ten Zins- und Kos­ten­an­tei­le. Nach der Rück­tritts­er­klä­rung vom 04.01.2009 hat der Klä­ger aus­weis­lich der … Kon­to­aus­zü­ge un­ter Be­rück­sich­ti­gung ei­ner Rück­last­schrift ins­ge­samt noch 4.810 € an die Be­klag­te ge­zahlt. Zieht man hier­von den auf die­se Zah­lun­gen ent­fal­len­den An­teil der Net­to­kre­dit­ra­ten mit 74,81 % … und da­mit in Hö­he von 3.598,36 € ab, ver­bleibt ein zu er­stat­ten­der Zins- und Kos­ten­an­teil in Hö­he von 1.211,64 €.

f) Der Klä­ger hat zu­dem An­spruch auf Rechts­hän­gig­keits­zin­sen (§ 291 BGB). …

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