1. Die Nut­zungs­ent­schä­di­gung, die ei­nem Lea­sing­ge­ber bei der Rück­ab­wick­lung ei­nes Lea­sing­ver­trags über ei­nen Neu­wa­gen zu­steht, ist – wie die bei der Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­trags über ei­nen Neu­wa­gen zu zah­len­de Nut­zungs­ent­schä­di­gung (§§ 346 I, II 1 Nr. 1 BGB) – auf der Grund­la­ge des ver­ein­bar­ten Brut­to­kauf­prei­ses wie folgt zu be­rech­nen:

    \text{Ge­brauchs­vor­teil} = {\frac{\text{Brut­to­kauf­preis}\times\text{zu­rück­ge­leg­te Fahr­stre­cke}}{\text{vor­aus­sicht­li­che Ge­samt­lauf­eis­tung}}}.

  2. Die so er­mit­tel­te Nut­zungs­ent­schä­di­gung ist nicht um die Mehr­wert­steu­er zu er­hö­hen (be­stä­tigt durch BGH, Urt. v. 09.04.2014 – VI­II ZR 215/13, NJW 2014, 2435 Rn. 16 f.; s. be­reits BGH, Urt. v. 26.06.1991 – VI­II ZR 198/90, BGHZ 115, 47, 52).

LG Mar­burg, Ur­teil vom 28.01.2013 – 1 O 65/12

Sach­ver­halt: Die Rechts­vor­gän­ge­rin der Klä­ge­rin über­ließ dem Be­klag­ten auf der Grund­la­ge ei­nes im Sep­tem­ber 2008 ge­schlos­se­nen Lea­sing­ver­trags ei­nen Pkw BMW X5. Dem Lea­sing­ver­trag la­gen die All­ge­mei­nen Lea­sing­be­din­gun­gen der Lea­sing­ge­be­rin zu­grun­de. Der Neu­wa­gen wur­de dem Be­klag­ten am 30.10.2008 über­ge­ben.

Nach­dem sich an dem Fahr­zeug wie­der­holt Sach­män­gel ge­zeigt hat­ten, die nicht be­sei­tigt wer­den konn­ten, er­klär­te der Be­klag­te ge­gen­über der Ver­käu­fe­rin des Pkw den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag. Am 06.09.2010 gab er den BMW X5 mit ei­ner Lauf­leis­tung von 55.303 km vor­zei­tig zu­rück.

Im Rah­men der Rück­ab­wick­lung des Lea­sing­ver­trags er­rech­ne­te die Klä­ge­rin, dass sie un­ter Be­rück­sich­ti­gung von dem Be­klag­ten zu er­stat­ten­den Lea­sing­ra­ten und ei­ner ihr zu­ste­hen­den Nut­zungs­ent­schä­di­gung von dem Be­klag­ten noch die Zah­lung von 6.199,41 € ver­lan­gen kön­ne. Bei der Be­rech­nung der Nut­zungs­ent­schä­di­gung brach­te die Klä­ge­rin den Brut­to­kauf­preis für das Lea­sing­fahr­zeug (63.034,98 €) in An­satz und nahm an, dass sie für je­weils 1.000 ge­fah­re­ne Ki­lo­me­ter ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Hö­he von 0,67 % des Brut­to­kauf­prei­ses be­an­spru­chen kön­ne. Auf die­ser Grund­la­ge er­rech­ne­te die Klä­ge­rin ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Hö­he von (63.034,98 € × 0,0067 × 55,303 =) 23.356,36 € und er­höh­te die­sen Be­trag um die Um­satz­steu­er in Hö­he von 19 %.

Der Be­klag­te hat sich ge­gen die Be­rech­nung der Nut­zungs­ent­schä­di­gung ge­wandt und ge­gen die Kla­ge­for­de­rung in Hö­he von 6.199,41 € nebst Zin­sen mit ei­ner (be­haup­te­ten) For­de­rung in Hö­he von 1.761,08 € auf­ge­rech­net. Bei die­sem Be­trag han­delt es sich Rechts­an­walts­kos­ten, die der Be­klag­te im Zu­sam­men­hang mit der Kün­di­gung des Lea­sing­ver­trags auf­ge­wen­det ha­ben will.

Die Kla­ge hat­te nur zum Teil Er­folg.

Aus den Grün­den: Die Klä­ge­rin kann von dem Be­klag­ten im Rah­men der Rück­ab­wick­lung des Lea­sing­ver­trags über das Fahr­zeug BMW X5 noch die Zah­lung von 1.761,71 € gel­tend ma­chen. Dar­über hin­aus­ge­hen­de An­sprü­che der Klä­ge­rin be­ste­hen nicht.

Die von der Klä­ge­rin vor­ge­nom­me­ne Be­rech­nung der Kla­ge­for­de­rung ent­spricht zu­nächst dem Grun­de nach der ver­trag­li­chen Re­ge­lung der Par­tei­en zur Ab­rech­nung des Lea­sing­ver­trags nach er­klär­tem Rück­tritt vom Kauf­ver­trag we­gen ei­nes Sach­man­gels (Zif­fer XI­II 3 der All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen). Dem tritt auch der Be­klag­te nicht ent­ge­gen.

Die Be­rech­nung des Werts der Nut­zung ent­spricht als li­nea­re Wert­min­de­rung der in der Recht­spre­chung an­er­kann­ten Me­tho­de, bei der der Ge­brauchs­vor­teil wie folgt er­rech­net wird:

\text{Ge­brauchs­vor­teil} = {\frac{\text{Brut­to­kauf­preis}\times\text{zu­rück­ge­leg­te Fahr­stre­cke}}{\text{vor­aus­sicht­li­che Ge­samt­lauf­eis­tung}}}.

Auch für den Be­reich der Rück­ab­wick­lung von Lea­sing­ver­trä­gen wird das vor­ste­hen­de Mo­dell der li­nea­ren Wert­min­de­rung, ent­wi­ckelt für die Rück­ab­wick­lung von Kauf­ver­trä­gen, an­ge­wen­det (vgl. Rein­king/​Eg­gert, Der Au­to­kauf, 10. Aufl., Rn. L 390: „zur Ver­mei­dung von Dis­har­mo­ni­en“).

So­weit die Klä­ge­rin hier­bei – un­ter Zu­grun­de­le­gung ei­ner Ge­samt­lauf­leis­tung von 150.000 km – pro ge­fah­re­ne 1.000 km ei­nen Wert von 0,67 % des Ein­stands­prei­ses in An­satz ge­bracht hat, ent­spricht dies je­den­falls auch dem au­ßer­ge­richt­li­chen Vor­trag des Be­klag­ten (ge­gen­über der Lie­fe­ran­tin mit Schrift­satz vom 01.09.2010). Zwar wird sich ei­ne sche­ma­ti­sche An­wen­dung des 0,67-%-Sat­zes ver­bie­ten und ist die zu er­war­ten­de Ge­samt­fahr­leis­tung ei­nes Fahr­zeu­ges im Ein­zel­fall, und zwar im We­ge rich­ter­li­cher Schät­zung, zu er­mit­teln (vgl. Rein­king/​Eg­gert, a. a. O., Rn. 634 ff.). In An­be­tracht ei­ner je­den­falls im Vor­feld über­ein­stim­mend an­ge­nom­me­nen Ge­samt­fahr­leis­tung des Pkw von 150.000 km und – im Sin­ne sub­stan­zi­ier­ten Be­strei­tens – man­gels nä­he­rer Dar­le­gung des Be­klag­ten zu ei­ner zu er­war­ten­den hö­he­ren Ge­samt­fahr­leis­tung ist als maß­geb­li­che Lauf­leis­tung ei­ne sol­che von 150.000 km zu­grun­de zu le­gen.

Nicht ge­folgt wer­den kann der Klä­ge­rin je­doch, so­weit beim Ein­stands­preis der Brut­to­be­trag ge­mäß Neu­fahr­zeug­rech­nung vom 30.10.2008 (An­la­ge K 4) in An­satz ge­bracht und die dar­aus er­rech­ne­te Nut­zungs­ent­schä­di­gung (noch­mals) um 19 % Mehr­wert­steu­er er­höht wird.

Dass sich die zu ver­gü­ten­den Ge­brauchs­vor­tei­le als Ent­gelt für ei­ne Ge­brauchs­über­las­sung dar­stel­len und da­mit der Um­satz­steu­er un­ter­lie­gen, ist hier­bei als im Aus­gangs­punkt un­strit­tig an­zu­se­hen (vgl. BGH, Urt. v. 12.01.1994 – VI­II ZR 165/92, BGHZ 124, 351 = ju­ris Rn. 92; Rein­king/​Eg­gert, a. a. O., Rn. 630 m. w. Nachw.). Strit­tig ist die Fra­ge, ob die Um­satz­steu­er bei der Er­mitt­lung der Nut­zungs­ver­gü­tung nur ein­mal – näm­lich bei der Grö­ße „Kauf­preis“ – zu ver­an­schla­gen oder ein zwei­tes Mal durch Auf­schlag auf den auf Ba­sis des Brut­to­kauf­prei­ses er­rech­ne­ten Be­trag zu be­rück­sich­ti­gen ist.

So­weit die Klä­ge­rin sich zu letz­te­rer Auf­fas­sung auf die Ent­schei­dung des BGH vom 26.06.1991 – VI­II ZR 198/90, BGHZ 115, 47 – be­zieht, kann die­ser ei­ne sol­che Be­rech­nung ge­ra­de nicht ent­nom­men wer­den. Die Re­vi­si­on der dor­ti­gen Be­klag­ten (und Ver­käu­fe­rin), die ei­ne hö­he­re Nut­zungs­ver­gü­tung er­streb­te, hat­te kei­nen Er­folg. In den Grün­den wird le­dig­lich aus­ge­führt, der Ge­brauchs­wert­be­rech­nung sei der Brut­to­kauf­preis zu­grun­de zu le­gen (BGH, Urt. v. 26.06.1991 – VI­II ZR 198/90, BGHZ 115, 47 = ju­ris Rn. 15). Die sich die da­nach er­ge­ben­de un­ter­blie­be­ne Be­rück­sich­ti­gung der Mehr­wert­steu­er wirk­te sich nach der Ent­schei­dung je­doch nicht aus, da wei­te­re – vom Be­ru­fungs­ge­richt an­ge­nom­me­ne – Be­rech­nungs­fak­to­ren (Un­ter­neh­mer­ge­winn­an­teil, Ka­pi­tal­ver­zin­sung) nicht in An­satz zu brin­gen wa­ren (BGH, Urt. v. 26.06.1991 – VI­II ZR 198/90, BGHZ 115, 47 = ju­ris Rn. 16, 22). Ei­ne (ge­son­der­te) Um­satz­steu­er­pflich­tig­keit des sich am Brut­to­kauf­preis ori­en­tie­ren­den Ge­brauchs­wer­tes ist hin­ge­gen zur Be­mes­sung ei­ner hö­he­ren Nut­zungs­ver­gü­tung nicht er­ör­tert wor­den.

Dies ist auch aus Sicht der Kam­mer nicht ver­an­lasst. Mit der An­knüp­fung an den Kauf­preis als Be­mes­sungs­grund­la­ge, der als Ent­gelt an­ge­se­hen wird für die Nutz­bar­keit des Fahr­zeugs bis zur Ge­brauchs­un­taug­lich­keit (vgl. Rein­king/​Eg­gert, a. a. O., Rn. 618m), ist der Um­satz­steu­er­pflich­tig­keit be­reits da­durch Ge­nü­ge ge­tan, dass der Brut­to­kauf­preis zu­grun­de ge­legt wird. Da­mit ist die auf den Wert der Nut­zun­gen ent­fal­len­de Um­satz­steu­er be­reits um­fasst (vgl. OLG Bran­den­burg, Urt. v. 28.11.2007 – 4 U 68/07, ju­ris).

Be­zo­gen auf die kon­kre­te Be­rech­nung der der Klä­ge­rin zu­ste­hen­den Nut­zungs­ver­gü­tung be­deu­tet dies, dass aus­ge­hend von ei­nem Brut­to­kauf­preis von 63.034,98 €, ei­nem Wert von 0,67 % und ei­ner Fahr­leis­tung von 55.303 km als Nut­zungs­wert ein Be­trag von 23.356,36 € an­zu­neh­men ist. Die von dem Be­klag­ten noch zu leis­ten­de Zah­lung ver­rin­gert sich mit­hin um 4.437,70 €, so­dass durch ihn noch 1.761,71 € an die Klä­ge­rin zu zah­len sind.

So­weit der Be­klag­te die Auf­rech­nung er­klärt hat mit den Kos­ten an­walt­li­cher Tä­tig­keit, kann ein ent­spre­chen­der An­spruch des Be­klag­ten nicht be­jaht wer­den. Ei­ne ma­te­ri­ell-recht­li­che Grund­la­ge für die Gel­tend­ma­chung ent­spre­chen­der Kos­ten ge­gen­über der Klä­ge­rin, et­wa un­ter dem As­pekt ei­nes Ver­zugs­scha­dens, ist nicht er­sicht­lich. So­fern ge­gen­über der Lie­fe­ran­tin im Rah­men der Gel­tend­ma­chung von Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­chen (aus ab­ge­tre­te­nem Recht) ent­spre­chen­de An­sprü­che ent­stan­den sind, kön­nen die­se man­gels Ge­gen­sei­tig­keit der Klä­ge­rin nicht ent­ge­gen­ge­hal­ten wer­den.

Der Zins­an­spruch ist ge­mäß § 286 I 1, § 288 I BGB be­grün­det. …

PDF er­stel­len