Weist ein Neu­wa­gen bei Über­ga­be an den Käu­fer ei­nen de­fek­ten Öl­schlauch auf und kommt es da­durch zu ei­nem Öl­ver­lust mit an­schlie­ßen­dem Mo­tor­scha­den, be­schränkt sich der Nach­er­fül­lungs­an­spruch des Käu­fers nicht auf die Re­pa­ra­tur des Öl­schlauchs. Viel­mehr ist der Ver­käu­fer auch hin­sicht­lich des Mo­tor­scha­dens zur Nach­er­fül­lung ver­pflich­tet.

OLG Ko­blenz, Be­schluss vom 21.11.2012 – 2 U 460/12

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin kauf­te bei der Be­klag­ten ei­nen Neu­wa­gen VW Ca­ra­vel­le zum Preis von 50.921,53 €. Das Fahr­zeug wur­de ihr am 01.06.2010 über­ge­ben.

Am 03.06.2010 leuch­te­te bei ei­ner Au­to­bahn­fahrt die Öl­warn­leuch­te auf. Der Ge­schäfts­füh­rer der Klä­ge­rin fuhr mit dem Fahr­zeug dar­auf­hin noch un­ge­fähr zwei Ki­lo­me­ter bis zur nächst­ge­le­ge­nen Au­to­bahn­rast­stät­te. Dort stell­te er fest, dass der ge­sam­te Un­ter­bo­den des Wa­gens öl­ver­schmiert war. Ein orts­an­säs­si­ge VW-Ver­trags­händ­ler schlepp­te das Fahr­zeug ab und re­pa­rier­te den – nach den land­ge­richt­li­chen Fest­stel­lun­gen – be­reits bei Über­ga­be des Fahr­zeugs an die Klä­ge­rin be­schä­dig­ten Öl­schlauch.

In der Fol­ge­zeit mach­te die Klä­ge­rin ge­gen­über der Be­klag­ten gel­tend, der Öl­ver­lust ha­be zu ei­ner vor­zei­ti­gen Al­te­rung des Fahr­zeug­mo­tors ge­führt. Die Be­klag­te war in­des­sen der Auf­fas­sung, sämt­li­che Nach­bes­se­rungs­an­sprü­che der Klä­ge­rin sei­en mit der Re­pa­ra­tur des Öl­schlauchs er­füllt wor­den. Die Klä­ge­rin er­klär­te des­halb die „Wand­lung“ des Kauf­ver­trags.

Mit ih­rer Kla­ge hat sie die Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs, ver­langt. Die Be­klag­te hat wei­ter­hin die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dass Nach­bes­se­rungs­an­sprü­che der Klä­ge­rin voll­um­fäng­lich er­füllt sei­en.

Das Land­ge­richt hat der Kla­ge nach Ein­ho­lung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens statt­ge­ge­ben. Zur Be­grün­dung hat es aus­ge­führt, dass nach den Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen an dem Fahr­zeug in­fol­ge des Öl­ver­lus­tes ein – Zy­lin­der, Kol­ben und La­ger­scha­len be­tref­fen­der – Dau­er­scha­den ver­blie­ben sei. Ein Be­dien­feh­ler ha­be nicht vor­ge­le­gen. Den De­fekt des Öl­schlauchs und die dar­aus re­sul­tie­ren­de Schä­di­gung des Mo­tor­blocks ha­be die Be­klag­te zu ver­tre­ten. Da die Be­klag­te jeg­li­che Form der Nach­er­fül­lung end­gül­tig ver­wei­gert ha­be, ste­he der Klä­ge­rin der Rück­zah­lungs­an­spruch zu.

Der Se­nat hat die Be­klag­te dar­auf hin­ge­wie­sen, dass er be­ab­sich­ti­ge, ih­re Be­ru­fung ge­mäß § 522 II ZPO zu­rück­zu­wei­sen.

Aus den Grün­den: Der Se­nat ist nach Prü­fung der Sach- und Rechts­la­ge da­von über­zeugt, dass die Be­ru­fung of­fen­sicht­lich kei­ne Aus­sicht auf Er­folg hat …

Das land­ge­richt­li­che Ur­teil hat der Klä­ge­rin zu Recht ei­nen aus §§ 346 I, 348, 323 I, II Nr. 1, 440, 437 Nr. 2, 434, 433 BGB her­ge­lei­te­ten An­spruch auf Rück­zah­lung des ge­leis­te­ten Kauf­prei­ses (Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs) zu­ge­spro­chen.

Das ver­kauf­te Fahr­zeug war zum Zeit­punkt der Über­ga­be an die Klä­ge­rin man­gel­haft. Dies hat hin­sicht­lich des be­schä­dig­ten Öl­schlauchs das Land­ge­richt ent­spre­chend fest­ge­stellt, oh­ne dass sei­tens der Be­klag­ten ei­ne Tat­be­stands­be­rich­ti­gung be­an­tragt wor­den ist. So­weit die Be­ru­fungs­be­grün­dung nun­mehr Zwei­fel an ei­ner Be­schä­di­gung des Öl­schlauchs be­reits bei Fahr­zeug­über­ga­be an­mel­det, kann dies da­her kei­ne Be­rück­sich­ti­gung mehr fin­den (§§ 314, 531 II ZPO). Wei­ter­hin un­be­strit­ten sind die Fest­stel­lun­gen des erst­in­stanz­li­chen Sach­ver­stän­di­gen, wo­nach der Mo­tor nun­mehr Schä­den an Zy­lin­dern, Kol­ben und La­ger­scha­len auf­weist.

Die Be­son­der­heit des vor­lie­gen­den Fal­les re­sul­tiert aus dem Um­stand, dass der bei Über­ga­be vor­han­de­ne Man­gel des be­schä­dig­ten Öl­schlauchs er­folg­reich nach­ge­bes­sert wur­de, wäh­rend die heu­te fest­stell­ba­ren Schä­den am Mo­tor als bei Über­ga­be noch nicht vor­han­den an­zu­se­hen sind. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­ru­fungs­be­grün­dung wi­der­spricht das zeit­li­che Aus­ein­an­der­fal­len der bei­den fest­ge­stell­ten Män­gel dem von der Klä­ge­rin gel­tend ge­mach­ten ge­währ­leis­tungs­recht­li­chen An­spruch aber nicht. Die bei­den Män­gel kön­nen näm­lich nicht iso­liert von­ein­an­der be­trach­tet wer­den, son­dern ste­hen in ei­nem – von vorn­her­ein ab­seh­ba­ren – en­gen Zu­sam­men­hang, da ge­ra­de der De­fekt des Öl­schlauchs zum Öl­ver­lust und die­ser zu den heu­ti­gen Schä­den an Tei­len des Mo­tors ge­führt hat (vgl. Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten: „Das Scha­den­bild zeigt, dass durch den Öl­ver­lust am 03.06.2010 Schä­den im Mo­tor­block an­ge­legt wur­den.“).

Ein zur Sach­män­gel­haf­tung der Be­klag­ten füh­ren­der Man­gel des Mo­tors ist da­bei an­zu­neh­men, wenn die­ser auf ei­ne be­reits im Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs vor­han­de­ne, in der Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeugs be­grün­de­te Ur­sa­che zu­rück­zu­füh­ren ist (BGH, Urt. v. 02.06.2004 – VI­II ZR 329/03, NJW 2004, 2299 – Zahn­rie­men; Urt. v. 23.11.2005 – VI­II ZR 43/05, NJW 2006, 434 – Tur­bo­la­der; Rei­ni­cke/Tiedt­ke, Kauf­recht, 8. Aufl., Rn. 441; zur frü­he­ren, auf das De­liktsrecht zu­rück­grei­fen­den Rechts­la­ge bei sog. Wei­ter­fres­ser­schä­den vgl. BGH, Urt. v. 11.02.2004 – VI­II ZR 386/02, NJW 2004, 1032; Heße­ler/Klein­henz, JuS 2007, 706). Dies ist hier der Fall. Die Be­schä­di­gung des Öl­schlauchs war im Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs vor­han­den. Das durch die­sen Öl­schlauch zir­ku­lie­ren­de Öl dient der Schmie­rung und In­nen­küh­lung des Mo­tors, so­dass ei­ne Stö­rung die­ses Öl­kreis­laufs ein Ver­sa­gen die­ses „Mo­tor­schut­zes“ nach sich zieht. Die durch den Öl­ver­lust an­ge­leg­ten Mo­tor­schä­den sind da­nach auf ei­ne in der Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeugs be­grün­de­te Ur­sa­che (= be­schä­dig­ter, für die ord­nungs­ge­mä­ße Funk­ti­on des Mo­tors aber er­for­der­li­cher Öl­schlauch) zu­rück­zu­füh­ren.

Et­was an­de­res er­gibt sich auch nicht aus der von der Be­ru­fungs­be­grün­dung an­ge­führ­ten Text­stel­le bei Rein­king/Eg­gert (vgl. Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 11. Aufl., Rn. 3371). Dort wird zwar ter­mi­no­lo­gisch zwi­schen Man­gel, Fol­ge­man­gel und Man­gel­fol­ge­scha­den dif­fe­ren­ziert, oh­ne hier­aus aber be­stimm­te recht­li­che Schluss­fol­ge­run­gen zu zie­hen. Viel­mehr wird auf den oben zur Be­grün­dung an­ge­führ­ten „Zahn­rie­men-Fall“ des BGH (Urt. v. 02.06.2004 – VI­II ZR 329/03, NJW 2004, 2299) Be­zug ge­nom­men und hier­aus ei­ne recht­li­che Lö­sung für die Fäl­le der po­ten­zi­el­len Ur­sa­chen­mehr­heit ent­wi­ckelt. Ei­ne sol­che Ur­sa­chen­mehr­heit liegt hier aber ge­ra­de nicht vor, da der Sach­ver­stän­di­ge ein­deu­tig durch den Öl­ver­lust an­ge­leg­te Mo­tor­schä­den fest­ge­stellt hat, oh­ne ei­ne al­ter­na­ti­ve Ur­sa­che zu be­nen­nen, der ih­rer­seits kein Man­gel zu­grun­de ge­le­gen hät­te.

Die Be­klag­te wä­re da­nach im Hin­blick auf die am Mo­tor­block vor­han­de­nen Schä­den zu ei­ner Nach­er­fül­lung ver­pflich­tet ge­we­sen, die sie nach den un­be­an­stan­det ge­blie­be­nen Fest­stel­lun­gen des Land­ge­richts end­gül­tig ver­wei­gert hat.

Auf die wei­ter­ge­hen­den Aus­füh­run­gen des Land­ge­richts zu ei­nem even­tu­el­len Ver­schul­den der Be­klag­ten kommt es, wor­auf die Be­ru­fungs­be­grün­dung zu­tref­fend hin­weist, für den von der Klä­ge­rin aus Rück­tritts­recht gel­tend ge­mach­ten An­spruch nicht mehr an …

Hin­weis: Die Be­ru­fung wur­de zu­rück­ge­nom­men.

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