Der Käufer eines Neuwagens, der Rechte wegen eines Mangels mit der Behauptung geltend macht, der Kraftstoffverbrauch seines Fahrzeugs sei deutlich höher als vom Hersteller angegeben, muss substanziiert darlegen, dass er den Kraftstoffverbrauch in einer Weise ermittelt hat, die einen Vergleich mit den in einem standardisierten Verfahren ermittelten Herstellerangaben ermöglicht. Dazu hat der Käufer insbesondere Einzelheiten zu den von ihm durchgeführten Fahrten vorzutragen (Straßenverhältnisse, Beladung des Fahrzeugs, Fahrtstrecke, gefahrene Geschwindigkeit, ermittelter Kraftstoffverbrauch).
OLG Naumburg, Urteil vom 25.10.2012 – 1 U 65/12
Sachverhalt: Der Kläger verlangt die Rückabwicklung eines mit der Beklagten geschlossenen Kfz-Kaufvertrags.
Er erwarb von der Beklagten einen Neuwagen zum Preis von 19.794,98 €. Im Verkaufsprospekt ist unter der Überschrift „Kraftstoffverbrauch und CO2– Ausstoß“ Folgendes angegeben:
Modell innerorts außerorts kombiniert … 6,6 l/100 km 4,7 l/100 km 5,3 l/100 km
In der Fußnote 3 heißt es:
„Gemäß EG-Verordnung 715/2007 in der gegenwärtig geltenden Fassung. Je nach Fahrweise, Straßen- und Verkehrsverhältnissen, Umwelteinflüssen, Zubehör, Fahrzeugzustand und Ausstattung ergeben sich in der Praxis Werte für den Kraftstoffverbrauch, die von den nach dieser Norm ermittelten Werten abweichen.“
Der Kläger, der einen zu hohen Kraftstoffverbrauch seines Fahrzeugs beanstandet, hat in der Klageschrift vorgetragen:
„Nach Übergabe des Pkw führte der Kläger durch Notieren der Fahrstrecke und der Tankmengen eigene Verbrauchsmessungen durch und kam zu dem Ergebnis, dass sein Fahrzeug deutlich mehr Kraftstoff verbrauchte. Tatsächlich musste er einen Verbrauch zwischen 9 und 10 l auf 100 km feststellen.
Beweis: Sachverständigengutachten“
Die Beklagte bestreitet, dass der Kraftstoffverbrauch des streitgegenständlichen Fahrzeugs um mehr als zehn Prozent höher sei als vom Fahrzeughersteller angegeben.
Das Landgericht hat den Kläger darauf hingewiesen, dass sein Vortrag unsubstanziiert sein dürfte. Vereinzelnden Vortrag hat der Kläger nicht gehalten. Er ist unter Hinweis auf ein auszugsweise bei Reinking/Eggert (Der Autokauf, 11. Aufl., Rn. 610) zitiertes Urteil des OLG Schleswig vom 15.12.2004 – 9 U 120/03 – der Ansicht, er habe mit der Beschreibung des behaupteten Mangels seiner Darlegungslast genügt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger trotz des gerichtlichen Hinweises seiner Darlegungslast nicht genügt habe.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er hält keinen ergänzenden Sachvortrag, sondern macht unter erneutem Hinweis auf das genannte Urteil des OLG Schleswig geltend, dass er zum Kraftstoffverbrauch seines Fahrzeugs nicht mehr als das Vorgetragene darlegen müsse. Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: II. … Das Urteil des Landgerichts ist in vollem Umfang zutreffend. Der Vortrag des Klägers bleibt auch in der Berufungsinstanz unsubstanziiert, weil nicht erläutert wird, ob der behauptete Verbrauch zwischen 9 und 10 l auf 100 km bei einer Fahrweise ermittelt worden ist, die zur Vergleichbarkeit mit den Herstellerangaben führt. Deshalb genügt es zur Annahme einer Beweisbedürftigkeit auch nicht, dass der vom Kläger behauptete Verbrauch oberhalb der höchsten Herstellerangabe liegt. Tatsachen zu den von ihm durchgeführten Fahrten, die einen Vergleich mit den standardisierten Verbrauchsangaben ermöglichen würden, hat der Kläger nicht vorgetragen (dazu OLG Brandenburg, Urt. v. 19.03.2008 – 4 U 135/07, NJW-RR 2008, 1282). Dieser Ansicht schließt sich der Senat an.
Die Rechtsprechung des BGH zur Beschreibung von Mangelerscheinungen steht dem nicht entgegen. Diese Rechtsprechung soll verhindern, dass vom Kläger (bei ihm in der Regel nicht vorhandenes oder erwartbares) technisches Wissen für einen erheblichen Vortrag verlangt wird. Darum geht es aber vorliegend nicht. Es setzt keinerlei technisches Wissen voraus, rein tatsächliche Feststellungen dazu zu treffen, unter welchen äußeren Bedingungen (Straßenverhältnisse, Beladung des Fahrzeugs, gefahrene Geschwindigkeit) die Vergleichsstrecke zurückgelegt wurde und welcher Verbrauch dabei ermittelt wurde. Vom Kläger wird letztlich nichts weiter erwartet, als dass er über einen bestimmten Zeitraum quasi ein Fahrtenbuch führt. Das Treffen solcher Feststellungen muss als zumutbar für einen substanziierten Sachvortrag angesehen werden. Dazu hat der Kläger trotz Hinweises durch das Landgericht indes kein Wort vorgetragen, sodass seine Behauptung als „ins Blaue aufgestellt“ anzusehen ist und sich weder in erster Instanz noch für den Senat die Erforderlichkeit einer Beweisaufnahme ergab.
Entgegen der Ansicht der Berufung steht dieser Ansicht auch das Urteil des OLG Schleswig vom 15.12.2004 – 9 U 120/03 – nicht entgegen. Der … genannte Satz aus der Klageschrift ergibt sich zwar wörtlich aus der Entscheidung (dort offenbar zitiert nach Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 610). Es heißt dort an anderer Stelle (unter II 2) auch:
„Seiner Darlegungslast hat der Kläger dadurch Genüge geleistet, dass er aufgrund der von ihm durchgeführten Vergleichberechnungen durchschnittliche Verbrauchswerte des streitgegenständlichen Pkw … auf 100 km bis maximal 5,91935 l behauptet hat.“
Die Relevanz dieser Feststellung erschließt sich aber erst im Zusammenhang mit den tatsächlichen Feststellungen des LG Flensburg (Urt. v. 01.09.2003 – 8 O 112/03, juris Rn. 3) im Ausgangsurteil. Daraus ergibt sich nämlich, dass im dortigen Verfahren die Verbrauchsmessungen, die Grundlage für die Behauptung der durchschnittlichen Verbrauchsmenge waren, ausdrücklich vorgetragen wurden. Dabei handelt es sich also genau um den Vortrag, den der Senat im vorliegenden Verfahren (mit dem Landgericht) vermisst. Der Senat weicht mithin nicht von der von der Berufung als alleinigen Beleg für ihren Rechtsstandpunkt benannten Entscheidung des OLG Schleswig ab.
Da der Vortrag des Klägers nach wie vor unsubstanziiert ist, kann die Berufung keinen Erfolg haben. …