1. An­ga­ben, die ein ge­werb­li­cher Kfz-Händ­ler in ei­nem In­ter­net­in­se­rat (hier: zur Lauf­leis­tung ei­nes Fahr­zeugs) macht und die die Kauf­ent­schei­dung ei­nes In­ter­es­sen­ten er­kenn­bar be­ein­flus­sen, wer­den auch dann im Sin­ne ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung Be­stand­teil ei­nes spä­ter ge­schlos­se­nen (schrift­li­chen) Kauf­ver­tra­ges, wenn sie sich dar­in nicht ex­pli­zit wie­der­fin­den.
  2. An­ga­ben in ei­ner nicht ge­werb­li­chen An­zei­ge sol­len den Kauf­ge­gen­stand in der Re­gel nur be­schrei­ben. Ist der Ver­käu­fer ei­ne Pri­vat­per­so­nen, ist des­halb re­gel­mä­ßig, da­von aus­zu­ge­hen, dass das, was nicht in den Kauf­ver­trag auf­ge­nom­men wird, auch nicht Ver­trags­be­stand­teil wer­den soll. Die Ver­ein­ba­rung ei­nes um­fas­sen­den Ge­währ­leis­tungs­aus­schlus­ses spricht in der­ar­ti­gen Fäl­len ge­gen ei­ne Zu­si­che­rung bei Ver­trags­schluss (im An­schluss an OLG Schles­wig, Urt. v. 06.06.2003 – 14 U 110/02, ju­ris).
  3. Dass ein Ge­braucht­wa­gen „im Kun­den­auf­trag“ ver­kauft wird, be­deu­tet, dass ihn der An­bie­ter als Kom­mis­sio­när i. S. des § 383 HGB im ei­ge­nen Na­men für Rech­nung ei­nes an­de­ren ver­kauft, und be­dingt, dass der An­bie­ter als Un­ter­neh­mer i. S. des § 14 BGB han­delt.
  4. Tritt ein pri­va­ter Ver­käu­fer wie ein Un­ter­neh­mer auf oder han­delt er als Stroh­mann ei­nes Un­ter­neh­mers, muss er sich – ins­be­son­de­re hin­sicht­lich der Zu­läs­sig­keit ei­nes Ge­währ­leis­tungs­aus­schlus­ses – auch wie ein Un­ter­neh­mer be­han­deln las­sen.

AG Hal­le (Saa­le), Ur­teil vom 17.03.2011 – 93 C 230/10

Sach­ver­halt: Am 03.11.2009 wur­de der Klä­ger auf der In­ter­net­platt­form „mobile.​de“ auf ei­nen Mer­ce­des-Benz E 220 CDI T. Die­ses Fahr­zeug, des­sen Ki­lo­me­ter­stand 180.000 be­tra­gen soll­te, wur­de von ei­nem in B. an­säs­si­gen „A-Au­to­han­del“ zum Kauf an­ge­bo­ten. In­ha­ber des „A-Au­to­han­del“ ist der Sohn des Be­klag­ten.

Der Klä­ger fuhr nach B., wo er mit dem Sohn des Be­klag­ten zu­sam­men­traf, und un­ter­nahm ei­ne Pro­be­fahrt mit dem im In­ter­net zum Kauf an­ge­bo­te­nen Fahr­zeug. Drei Ta­ge spä­ter, am 07.11.2009, er­schien er wie­der bei dem „A-Au­to­han­del“ in B., wo er die­ses Mal von dem Be­klag­ten emp­fan­gen wur­de, und er­warb den Mer­ce­des-Benz E 220 CDI T für 5.000 €. In dem mit „Kauf­ver­trag für ein ge­brauch­tes Fahr­zeug von pri­vat zu pri­vat“ über­schrie­be­nen Kauf­ver­trag ist als Ver­käu­fer der Be­klag­te und als Käu­fer die „Fir­ma F“ ge­nannt; ein Ki­lo­me­ter­stand ist nicht an­ge­ge­ben. Der Ver­trag ent­hält un­ter an­de­rem fol­gen­de Klau­sel:

„Das Fahr­zeug wur­de be­sich­tigt und Pro­be ge­fah­ren. Das Fahr­zeug wird un­ter Aus­schluss der Sach­män­gel­haf­tung ver­kauft.“

Mit an den Be­klag­ten ge­rich­te­tem An­walts­schrei­ben vom 10.11.2009 er­klär­te der Klä­ger den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag mit der Be­grün­dung, dass das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug am 09.11.2007 – al­so zwei Jah­re vor Ab­schluss des streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­tra­ges – schon ei­ne Lauf­leis­tung von 359.802 km ge­habt ha­be.

Der Klä­ger meint, dass die in dem In­ter­net­in­se­rat an­ge­ge­be­ne Lauf­leis­tung von 180.000 km Ver­trags­be­stand­teil ge­wor­den sei, ob­wohl im schrift­li­chen Kauf­ver­trag kei­ne Lauf­leis­tung ge­nannt wer­de. Er be­haup­tet, dass der Sohn des Be­klag­ten ge­zielt Ge­braucht­fahr­zeu­ge – so auch das streit­ge­gen­ständ­li­che – durch sei­nen Va­ter, den Be­klag­ten, als (schein­ba­re) Pri­vat­per­son ver­kau­fen las­se, um ei­nen Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss zu er­mög­li­chen. Wei­ter be­haup­tet der Klä­ger, er ha­be das hier in­te­r­ers­sie­ren­de Fahr­zeug als Ver­brau­cher ge­kauft. Im Kauf­ver­trag sei als Käu­fer nur des­halb die „Fir­ma F“ an­ge­ge­ben, weil der Be­klag­te sei­nen – des Klä­gers – Na­men von ei­ner Vi­si­ten­kar­te ab­ge­schrie­ben ha­be und die­se Vi­si­ten­kar­te ihn, den Klä­ger, als Mit­ar­bei­ter des Un­ter­neh­mens sei­nes Soh­nes aus­wei­se.

Die im We­sent­li­chen auf Rück­zah­lung von 5.000 € nebst Zin­sen ge­rich­te­te Kla­ge hat­te ganz über­wie­gend Er­folg.

Aus den Grün­den: Die Kla­ge ist zu­läs­sig.

Das AG Hal­le (Saa­le) ist ört­lich zu­stän­dig, weil das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug sich in Hal­le beim Klä­ger be­fin­det und Er­fül­lungs­ort i. S. des § 29 ZPO der Ort ist, an dem sich die Kauf­sa­che zur Zeit des Rück­tritts be­fin­det (Zöl­ler/Voll­kom­mer, ZPO, 27. Aufl., § 29 Rn. 25 – „Kauf­ver­trag“) …

Die Kla­ge ist – bis auf ei­nen Teil der Zins­for­de­rung – auch be­grün­det. An­spruchs­grund­la­ge ist §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 346 I BGB.

Die Kauf­sa­che hat ei­nen Sach­man­gel i. S. des § 434 BGB. Denn ent­ge­gen den Ver­ein­ba­run­gen im Kauf­ver­trag hat­te das Fahr­zeug ei­ne Lauf­leis­tung von min­des­tens 359.802 km und nicht le­dig­lich 180.000 km.

Nach der glaub­haf­ten Aus­sa­ge des glaub­wür­di­gen Zeu­gen Z ist das Ge­richt da­von über­zeugt, dass das Fahr­zeug schon am 09.11.2007 ei­ne Lauf­leis­tung von 359.802 km hat­te. Dass die Zahl „359.802“ im Com­pu­ter­sys­tem von Mer­ce­des – wie es der Zeu­ge Z ehr­li­cher­wei­se nicht aus­schlie­ßen konn­te – auf ei­nem Tipp­feh­ler be­ruht, hält das Ge­richt für ei­ne rein theo­re­ti­sche Mög­lich­keit, die als völ­lig un­wahr­schein­lich au­ßer Be­tracht zu blei­ben hat, zu­mal der Tipp­feh­ler ja auch noch aus­ge­rech­net die ers­te von sechs Stel­len hät­ten be­tref­fen müs­sen, um recht­lich re­le­vant zu sein.

Der Ki­lo­me­ter­stand ist zwi­schen den Par­tei­en ver­ein­bart i. S. des § 434 I 1 BGB. Zwar ist in den schrift­li­chen Kauf­ver­trag kein Ki­lo­me­ter­stand auf­ge­nom­men wor­den. Ei­ne sol­che Ver­ein­ba­rung er­gibt sich aber aus dem Text der An­zei­ge auf der In­ter­net­platt­form „mobil.​de“.

Not­wen­dig ist ei­ne Dif­fe­ren­zie­rung zwi­schen re­kla­me­haf­ter An­prei­sung und kon­kre­ter Be­schaf­fen­heits­an­ga­be. Ent­schei­dend ist der aus der Sicht des Käu­fers er­kenn­ba­re Wil­le des Ver­käu­fers, das Vor­han­den­sein ei­ner be­stimm­ten Be­schaf­fen­heit zu­zu­si­chern, wo­bei es auf die Aus­le­gung der Er­klä­run­gen der Par­tei an­kommt.

Zwar soll ei­ne nicht ge­werb­li­che An­zei­ge ge­wöhn­lich den Kauf­ge­gen­stand nur be­schrei­ben. Bei Pri­vat­per­so­nen ist in der Re­gel da­von aus­zu­ge­hen, dass das, was nicht in den Kauf­ver­trag auf­ge­nom­men wird, auch nicht Ver­trags­be­stand­teil wer­den soll. Die Ver­ein­ba­rung ei­nes um­fas­sen­den Ge­währ­leis­tungs­aus­schlus­ses spricht in der­ar­ti­gen Fäl­len ge­gen ei­ne Zu­si­che­rung bei Ver­trags­schluss (OLG Schles­wig, Urt. v. 06.06.2003 – 14 U 110/02, ju­ris).

Vor­lie­gend geht es aber um ei­ne ge­werb­li­che An­zei­ge, denn als Ver­käu­fer tritt „A-Au­to­han­del“ auf. Die Ki­lo­me­ter­leis­tung ist gleich nach dem Preis als zwei­te An­ga­be auf­ge­führt. Ei­nem ge­werb­li­chem Händ­ler ist klar, dass die Lauf­leis­tung ei­nes Fahr­zeugs als wich­ti­ger wert­bil­den­der Fak­tor für die Kauf­ent­schei­dung des Kun­den von ent­schei­den­der Be­deu­tung ist. Nach die­sen Um­stän­den muss­te der Klä­ger die An­zei­ge so auf­fas­sen, dass die Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs Ver­trags­be­stand­teil wer­den soll­te. Ob der Be­klag­te tat­säch­lich als Ver­brau­cher han­del­te oder als Stroh­mann für sei­nen Sohn und da­her wie ein Un­ter­neh­mer zu be­han­deln ist, ist in­so­weit un­er­heb­lich. Nach der Ver­kehrs­auf­fas­sung ist ent­schei­dend, wie der Klä­ger die In­ter­net­an­zei­ge ver­ste­hen muss­te. Da dort ein ge­werb­li­cher Händ­ler ge­nannt war, durf­te der Klä­ger dar­auf ver­trau­en, dass die­se An­zei­ge – ganz gleich, wer spä­ter ein­mal der Ver­käu­fer sein wird – so ver­stan­den wer­den kann wie auch sonst die An­zei­gen ge­werb­li­cher Händ­ler. Der Be­klag­te hat ja selbst ein­ge­räumt, dass er sei­nen Sohn für sich wer­ben ließ. Wenn er aber die Diens­te sei­nes Soh­nes in An­spruch nimmt und ins­be­son­de­re auch den dar­aus er­wach­sen­den Ge­winn an (schein­ba­rer) Se­rio­si­tät, weil näm­lich ein ge­werb­li­cher Händ­ler auf­tritt, dann muss er auch die sich hier­aus er­ge­ben­den Kon­se­quen­zen tra­gen.

Das LG Köln hat in ei­ner ak­tu­el­len Ent­schei­dun­gen be­tref­fend des hier eben­falls ver­wen­de­ten In­ter­net­por­tals „mobile.​de“ ent­schie­den, dass bei ei­nem ge­werb­li­chen Händ­ler das In­ter­net­in­se­rat bei der Aus­le­gung des Kauf­ver­tra­ges her­an­zu­zie­hen ist (LG Köln, Urt. v. 20.01.2011 – 8 O 338/10, ju­ris). Auch das LG Karls­ru­he hat an­ge­nom­men, dass An­ga­ben auf ei­ner In­ter­net­platt­form als Be­schaf­fen­heits­an­ga­be ge­mäß § 434 I 1 BGB aus­zu­le­gen sind (LG Karls­ru­he, Urt. v. 15.02.2010 – 1 S 59/09, ju­ris).

Un­er­heb­lich ist, dass im In­ter­net­an­ge­bot stand: „Pri­vat­fahr­zeug, im Kun­den­auf­trag“. Der Be­klag­te selbst hält ja das In­ter­net­an­ge­bot für un­ver­bind­lich, da er sich dar­auf be­ruft, dass die An­ga­be der Lauf­leis­tung nicht Ver­trags­be­stand­teil ge­wor­den sei. Zu­dem be­deu­tet „Pri­vat­fahr­zeug“ nur, dass das Fahr­zeug pri­vat ge­nutzt wur­de, al­so nicht et­wa als Fir­men­fahr­zeug oder als Miet­wa­gen. „Im Kun­den­auf­trag“ ist so zu ver­ste­hen, dass der An­bie­ter als Kom­mis­sio­när i. S. des § 383 HGB im ei­ge­nen Na­men für Rech­nung ei­nes an­de­ren ver­kauft, was ein Han­deln als Un­ter­neh­mer nicht nur nicht aus­schließt, son­dern im Ge­gen­teil ge­ra­de be­dingt.

Auch wenn der Kauf­ver­trag mit „Kauf­ver­trag für ein ge­brauch­tes Fahr­zeug von pri­vat an pri­vat“ über­schrie­ben ist, wirk­te doch die durch die je­den­falls schein­bar ge­werb­li­che An­zei­ge her­vor­ge­ru­fe­ne Er­war­tungs­hal­tung des Klä­gers hin­sicht­lich des Ki­lo­me­ter­stan­des fort.

Der zwi­schen den Par­tei­en ver­ein­bar­te Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss ist ge­mäß § 475 I BGB un­wirk­sam, da es sich vor­lie­gend um ei­nen Ver­brauchs­gü­ter­kauf i. S. des § 474 BGB han­del­te. Die Fra­ge, die bei der Aus­le­gung des In­ter­net­an­ge­bots noch of­fen­ge­las­sen wer­den konn­te, ist an die­ser Stel­le da­hin ge­hend zu be­ant­wor­ten, dass der Be­klag­te als Un­ter­neh­mer i. S. des § 14 BGB zu be­han­deln ist.

Es ist vom Be­klag­ten ge­ra­de­zu arg­lis­tig, den Klä­ger mit­tels ei­ner je­den­falls schein­bar ge­werb­li­chen An­zei­ge an­zu­lo­cken, dann aber als Pri­vat­mann auf­zu­tre­ten. Im Üb­ri­gen ist es nach den Um­stän­den na­he­lie­gend, dass der Be­klag­te nur als Stroh­mann für sei­nen Sohn auf­trat, um als schein­ba­rer Pri­vat­mann Ver­käu­fe mit Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss zu tä­ti­gen. Dass der Be­klag­te sei­nen Sohn mit ei­ner ge­werb­li­chen An­zei­ge wer­ben und Kun­den an­lo­cken ließ und den Ver­kauf dann auch noch auf dem Ge­län­de ei­nes ge­werb­li­chen Au­to­han­dels ab­wi­ckel­te, spricht schon für sich. Auch gibt der Be­klag­te selbst an, er ha­be das Au­to am 03.11.2008 in Schwe­den er­wor­ben, aber erst am 27.08.2009 zu­ge­las­sen. Ein Pri­vat­mann, der nicht von vor­ne­her­ein ei­nen Wei­ter­ver­kauf, al­so ei­nen Ge­winn, im Au­ge hat, wird wohl kaum ein Au­to kau­fen und es dann neun Mo­na­te nicht zu­las­sen. Die Ge­samt­um­stän­de spre­chen da­her zwin­gend da­für, dass der Be­klag­te nur als Stroh­mann für sei­nen Sohn auf­ge­tre­ten ist und sich da­her wie die­ser, al­so wie ein Un­ter­neh­mer, be­han­deln las­sen muss.

Der Klä­ger han­del­te dem­ge­gen­über als Ver­brau­cher i. S. des § 13 BGB.

Der Klä­ger hat in der münd­li­chen Ver­hand­lung nach­voll­zieh­bar – und vom Be­klag­ten un­wi­der­spro­chen – dar­ge­legt, dass er das Fahr­zeug als Pri­vat­per­son ge­kauft hat, und dass die An­ga­be „Fir­ma“, die un­strei­tig der Be­klag­te ein­ge­tra­gen hat, nur da­durch in den Kauf­ver­trag ge­ra­ten ist, dass der Be­klag­te den Na­men des Klä­gers un­prä­zi­se von der Vi­si­ten­kar­te des Klä­gers ab­ge­schrie­ben hat­te (das „Fir­ma“ be­zog sich auf die Fir­ma, bei der der Klä­ger ar­bei­tet und von der die Vi­si­ten­kar­te stammt). Auch ist es vom Be­klag­ten arg­lis­tig und rechts­miss­bräuch­lich, erst ein For­mu­lar für ei­nen Ver­kauf „von pri­vat an pri­vat“ zu ver­wen­den, sich dann aber dar­auf zu be­ru­fen, nicht an ei­ne Pri­vat­per­son ver­kauft zu ha­ben. Zu­dem hat der Be­klag­te selbst an­ge­ge­ben, dass der Klä­ger mit Frau und Kind zum Kauf er­schie­nen sei, was ent­schei­dend für ei­nen Kauf als Pri­vat­per­son spricht …

PDF er­stel­len