- Der Inhalt eines Kfz-Kaufvertrags wird maßgeblich auch durch Äußerungen des Verkäufers in einem Inserat bestimmt, auch wenn dieses lediglich eine invitatio ad offerendum darstellt. Erklärt ein Verkäufer in einem Inserat, ein Pkw erbringe nach Tuningmaßnahmen eine Motorleistung von 228 kW/310 PS, obwohl er diese Leistung nicht erbringt und eine etwaige Leistungssteigerung über 150 kW/204 PS hinaus auch nicht in den Fahrzeugpapieren eingetragen ist, bedarf es deshalb vor Abschluss des Kaufvertrags einer klaren, unmissverständlichen Berichtigung durch den Verkäufer. Fehlt diese Berichtigung, wird die im Inserat genannte Motorleistung i. S. einer Beschaffenheitsvereinbarung Vertragsinhalt.
- Ein pauschaler Gewährleistungsausschluss in einem Kfz-Kaufvertrag kann eine Beschaffenheitsvereinbarung nicht aushebeln. Andernfalls wäre die Beschaffenheitsvereinbarung für den Käufer – außer bei Arglist des Verkäufers (§ 444 Fall 1 BGB) – ohne Sinn und Wert. Eine nach allen Seiten interessengerechte Auslegung der Kombination von Beschaffenheitsvereinbarung und Gewährleistungsausschluss kann deshalb nur zu dem Ergebnis führen, dass der Ausschluss nur für Mängel gilt, die darin bestehen, dass die Sache sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet oder für die gewöhnliche Verwendung ungeeignet ist und keine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.
OLG Koblenz, Beschluss vom 25.01.2011 – 2 U 590/10
Sachverhalt: Der Kläger verlangt von dem Beklagten die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über ein Gebrauchtfahrzeug.
Der Beklagte bot im Juli 2009 über das Internetportal AutoScout24 ein umgebautes und leistungsgesteigertes Gebrauchtfahrzeug des Typs Opel Corsa (Erstzulassung Juni 1991, Kilometerstand 12.000 km) unter der Überschrift „Opel Corsa Turbo mit 310 PS“ zu einem Preis von 5.600 € zum Kauf an. In der tabellarischen Fahrzeugbeschreibung ist die Leistung mit „228/310 (kW/PS)“ angegeben. Im Textteil der Fahrzeugbeschreibung heißt es weiter:
„hallo verkaufe hir mein geliebten opel corsa a mit c20letmotor mit f28 getriebe neue aufbau wegen abstell platz problem muss ich leider verkaufen fast alle neue motor neue überhollt neue zylinderkopf dichtung metal neue ölwane dichtung neue zahnriemen kit lader überholt viell neue teile fase 3,5 eds ca 310 ps 1 bar dauar druck alles eingetragen und neue tüv und au sehr gepflegt mehr fragen einfach anrufen.“
In dem TÜV-Gutachten zur Erlangung der Betriebserlaubnis vom 07.07.2009 ist eine Motorleistung von 150 kW (204 PS) eingetragen und unter anderem ein Motorumbau auf einen Opel Calibra 16V-Turbo-Motor mit Sechsganggetriebe F28 genehmigt.
Am 31.07.2009 schlossen die Parteien nach Besichtigung des Fahrzeugs durch den Kläger einen Gebrauchtwagenkaufvertrag, mit dem der Kläger den Opel Corsa zu einem Kaufpreis von 5.600 € erwarb. Der Vertrag enthält folgenden formularmäßigen Gewährleistungsausschluss:
„Das nachstehend beschriebene Fahrzeug wird unter Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung verkauft. Der Ausschluss bezieht sich auch auf jede öffentliche Äußerung und Werbung seitens des Herstellers zu Eigenschaften des Fahrzeuges. Der Ausschluss bezieht sich nicht auf zugesicherte Eigenschaften des Fahrzeuges, nicht auf eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung und auch nicht bei Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit.“
Darüber hinaus ist in dem Vertrag noch handschriftlich vermerkt „Wie gesehen so gekauft, keine Garantie, Privatverkauf“.
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 11.08.2009 beanstandete der Kläger, dass folgende Veränderungen nicht eingetragen seien: (1) Leistungssteigerung von 204 PS auf ca. 310 PS, (2) Überrollkäfig, (3) Gewindefahrwerk, (4) Sportlenkrad samt Nabe, (5) Bremsen nur bis maximal 250 PS zugelassen. Er forderte Nachbesserung bis zum 19.08.2009. Innerhalb dieser Frist reichte der Beklagte durch seinen Bevollmächtigten die Kopie eines Gutachtens gemäß § 19 II StVZO vom 14.07.2006 nach, aus der sich die Eintragung der Punkte 2–4 ergab. Darüber hinaus forderte er den Kläger auf, das Fahrzeug zur Durchführung notwendiger Überprüfungen hinsichtlich der Bremsanlage vorzuführen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.08.2009 erklärte der Kläger daraufhin den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte den Beklagten erfolglos zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rücknahme des Fahrzeugs auf.
Der Kläger hat vorgetragen, der Beklagte habe anlässlich der Kaufvertragsverhandlungen die unzutreffenden Angaben zur Motorleistung und zur fehlenden Eintragung der Veränderungen im Internet-Verkaufsangebot nicht berichtigt und auch nicht darauf hingewiesen, dass er sich hinsichtlich der tatsächlichen Leistungssteigerung nicht sicher sei, da er das Fahrzeug nicht auf dem Prüfstand gehabt habe.
Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, an den Kläger 5.600 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Pkw sowie außergerichtlicher Mahnkosten in Höhe von 546,69 € zu zahlen. Außerdem hat es festgestellt, dass sich der Beklagte in Annahmeverzug befinde. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, mit der er die Abweisung der Klage erstrebt.
Das Berufungsgericht hat den Beklagten darauf hingewiesen, dass sein Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg habe und es deshalb erwäge, die Berufung gem. § 522 II ZPO zurückzuweisen.
Aus den Gründen: II. … Das Landgericht hat zu Recht den Beklagten auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs verurteilt (§§ 433 I, 434, 437 Nr. 3, 323 BGB). Der Beklagte befindet sich mit der Rücknahme des Pkw Opel Corsa in Annahmeverzug.
Zutreffend führt das Landgericht aus, dass dem verkauften Opel Corsa die vereinbarte Beschaffenheit fehlte, weil der Motor die zugesagte Motorleistung von 310 PS nicht erbringt und eine etwaige Leistungssteigerung über 150 kW/204 PS hinaus nicht in den Fahrzeugpapieren eingetragen ist (§ 434 I BGB). Mit dem Landgericht ist anzunehmen, dass die Parteien eine dahingehende Beschaffenheitsvereinbarung getroffen haben.
Der Inhalt der Beschaffenheitsvereinbarung richtet sich nicht ausschließlich nach dem geschlossen Kaufvertrag vom 31.07.2009. Die Beschaffenheitsvereinbarung wird auch maßgeblich durch öffentliche Äußerungen bestimmt, die der Verkäufer im Rahmen der Werbung oder seines Internetangebots hinsichtlich der Eigenschaften des Fahrzeugs gemacht hat (§ 434 I 3 BGB). Auch wenn die Fahrzeuganpreisung im Internet … noch kein Angebot i. S. des § 145 BGB darstellt, sondern lediglich als Aufforderung zur Abgabe eines Angebots durch den potenziellen Käufer anzusehen ist (invitatio ad offerendum), sind die dort gemachten Angaben für die Auslegung der Beschaffenheitsvereinbarung maßgebend (vgl. auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.08.2008 – 1 U 238/07, juris; AG Gummersbach, Urt. v. 08.02.2008 – 2 C 239/05, juris; AG Hoyerswerda, Urt. v. 06.03.2008 – 1 C 506/05, juris).
Das Internetangebot des Beklagten ist aus Sicht des Empfängers eindeutig so zu verstehen, dass bei dem Pkw Opel Corsa Tuningmaßnahmen vorgenommen worden sind, die zu einer Leistungssteigerung auf 310 PS geführt haben, und diese Leistungssteigerung auch in den Fahrzeugpapieren dokumentiert ist. Die Motorsteigerung auf 310 PS lässt sich deutlich aus der mit Fettdruck hervorgehobenen Formulierung in der Überschrift der Fahrzeugbeschreibung (Opel Corsa Turbo mit 310 PS) entnehmen. Auch bei den tabellarisch aufgeführten Angaben der Fahrzeugbeschreibung heißt es unter Leistung „228/310 (kW/PS)“. Dem steht nicht entgegen, dass in der Fahrzugbeschreibung hinsichtlich der Motorstärke von 310 PS nur eine Circa-Angabe gemacht wird.
Diese Angaben weichen deutlich ab von der Leistungsstärke, die in dem TÜV-Gutachten zur Erlangung der Betriebserlaubnis vom 07.07.2009 ausgewiesen ist. Danach ist nur eine Motorleistung von 150 kW (204 PS) eingetragen und unter anderem ein Motorumbau auf einen Opel Corsa Calibra 16V-Turbo-Motor mit Sechsganggetriebe F28 genehmigt. Die Abweichung von 310 PS zu nur 204 PS lässt sich mit einer Circa-Angabe nicht mehr rechtfertigen. Hinzu kommt, dass der Beklagte mit den Zusätzen in der Fahrzeugbeschreibung seines Internetangebots (Phase 3.3 EDS, ca. 310 PS, 1 bar Dauerdruck) ins Blaue hinein den Eindruck vermittelt hat, eine Leistungsmessung sei auf dem Prüfstand erfolgt.
Der Senat ist mit dem Landgericht der Auffassung, dass der Beklagte diesen Hinweis gemäß § 434 I 3 BGB vor Abschluss des Kaufvertrags nicht hinreichend berichtigt hat. Hierzu hätte es eines klaren, unmissverständlichen Hinweises bedurft, welche Leistungssteigerung tatsächlich vorgelegen hat und eingetragen war (OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.04.2007 – 12 U 113/06, DAR 2007, 457; Palandt/Weidenkaff, BGB, 70. Aufl. § 434 Rn. 39; BeckOK-BGB/Faust, Stand: 01.02.2007, § 434 Rn. 86 m. w. Nachw.).
Das Landgericht ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme auch zu Recht zu der Auffassung gelangt, dass der Kläger von dem Beklagten nicht in ausreichender Weise darüber aufgeklärt worden ist, dass der Pkw Opel Corsa nicht über eine Leistung von 310 PS, sondern nur über eine Leistung von 204 PS verfügt. Das Landgericht hat der Aussage des Zeugen F, der die Gespräche der Parteien nicht dauernd verfolgt hat, zu Recht keine größere Bedeutung beigemessen. Der Zeuge will vernommen haben, dass der Beklagte gesagt habe, der Pkw verfüge über eine PS-Stärke von 250 PS, und die fehlende Eintragung in den Papieren stelle für den Kläger kein Problem dar. Derartiges hat selbst der Beklagte nicht behauptet. Die Bekundungen des Zeugen F, die fehlenden Eintragungen und die geringere PS-Stärke seien für den Kläger kein Problem gewesen, da er das Fahrzeug auf jeden Fall für seinen Sohn haben wolle, der Rennen fahren wolle sind wenig glaubhaft, da der Kläger kinderlos ist. Detaillierte Angaben, welche Eintragungen noch ausstanden, vermochte der Zeuge nicht zu machen. Die Angriffe der Berufung gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts verfangen nicht. Die Berufung stützt ihren Vortrag hinsichtlich der Berichtigung der auf der Internetseite AutoScout24 gemachten Angaben ausschließlich auf die Bekundungen des Zeugen F, erklärt aber nicht, wie die Zweifel an der Richtigkeit seiner Angaben – nur der Zeuge spricht von 250 PS, nicht der Beklagte, kein Detailwissen über die vom Kläger noch vorzunehmenden Eintragungen in den Papieren und Motivlage für den Kauf des Pkw für den Sohn des kinderlosen Klägers – aufgelöst werden können. Es ist auch nachvollziehbar, dass der Kläger nach Erhalt der Papiere erst zu Hause bei näherer Durchsicht feststellen konnte, dass die vom Beklagten gemachten Angaben mit den Eintragungen in den Fahrzeugpapieren nicht in Einklang zu bringen waren.
Der Annahme einer Beschaffenheitsvereinbarung steht auch nicht entgegen, dass die Parteien noch einen Gewährleistungsausschluss („Wie gesehen so gekauft, keine Garantie, Privatverkauf“) vereinbart haben. Ein pauschaler Gewährleistungsausschluss vermag nicht die Beschaffenheitsvereinbarung auszuhebeln. Denn bei einem solchen Verständnis wäre letztere für den Käufer – außer im Falle der Arglist des Verkäufers (§ 444 Fall 1 BGB) – ohne Sinn und Wert. Eine nach beiden Seiten interessengerechte Auslegung der Kombination von Beschaffenheitsvereinbarung und Gewährleistungsausschluss kann deshalb nach der Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, NJW 2007, 1346) nur dahin vorgenommen werden, dass der Haftungsausschluss nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit (§ 434 I 1 BGB), sondern nur für solche Mängel gelten soll, die darin bestehen, dass die Sache sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung (§ 434 I 2 Nr. 1 BGB) bzw. sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und keine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB).
Hinzu kommt, dass der in dem Vertragsformular verwendete Gewährleistungsausschluss die Haftung des Beklagten unberührt lässt. Der Ausschluss bezieht sich nicht auf zugesicherte Eigenschaften des Fahrzeugs. Zwar enthält der Vertrag auch einen Gewährleistungsausschluss für öffentliche Äußerungen und Werbung, allerdings nur des Herstellers, nicht des Gebrauchtwagenverkäufers. Die Parteien haben damit die vom Beklagten zugesagte Motorleistung und deren Eintragung in die Fahrzeugpapiere bindend vereinbart.
Die Berufung des Beklagten rügt ohne Erfolg, dass der Kläger den Rücktritt erklärt habe, ohne den Ablauf der zuvor gesetzten Nachfrist abzuwarten. Richtig ist zwar, dass der Kläger mit Schreiben seines Bevollmächtigten die fehlende Eintragung der zugesicherten Eigenschaften (Leistungssteigerung von 204 PS auf ca. 310 PS, Überrollkäfig, Gewindefahrwerk, Sportlenkrad samt Nabe, Bremsen nur bis maximal 250 PS zugelassen) beanstandet und Frist zur Nachbesserung bis zum 19.08.2009 gesetzt hat, gleichwohl bereits am 19.08.2009 den Rücktritt erklärte. Dieses Rücktrittsschreiben ist dem Beklagten aber erst nach Fristablauf zugegangen. Im Übrigen hat der Beklagte zwar mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 19.08.2009 unter Bezugnahme auf das TÜV-Gutachten dargelegt, dass hinsichtlich der Positionen 2–4 eine Genehmigung der nachverbauten Teile vorliege, eine Leistungssteigerung von 204 PS auf 310 PS aber nicht zugesagt. Vielmehr hat er erklärt, für eine konkrete Leistung nicht garantieren zu können. Der Beklagte ist dem Nacherfüllungsbegehren somit nicht nachgekommen.
Der Rücktritt vom Kaufvertrag ist wirksam. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw Opel Corsa zu …