1. Die auf­grund ei­nes Dieb­stahls­ver­dachts er­folg­te, auf § 111b StPO ge­stütz­te Be­schlag­nah­me ei­nes Kraft­fahr­zeugs be­grün­det ei­nen Rechts­man­gel i. S. des § 435 Satz 1 BGB, weil die­ser staat­li­che Ein­griff für den Käu­fer die Ge­fahr mit sich bringt, dass ihm die Sa­che ent­zo­gen wird. Ob auch ei­ne – recht­mä­ßi­ge – Si­cher­stel­lung oder Be­schlag­nah­me zu Be­weis­zwe­cken nach § 94 StPO ei­nen Rechts­man­gel be­grün­den kann, bleibt of­fen.
  2. Oh­ne be­son­de­re An­halts­punk­te muss ein ge­werb­li­cher Ge­braucht­wa­gen­händ­ler we­der bei In­lands­ge­schäf­ten noch bei grenz­über­schrei­ten­den Ge­schäf­ten prü­fen oder prü­fen las­sen, ob ein zum Wei­ter­ver­kauf er­wor­be­nes Fahr­zeug zur Fahn­dung aus­ge­schrie­ben ist.
  3. Ver­langt der am Kauf­ver­trag fest­hal­ten­de Käu­fer den Er­satz des Nut­zungs­aus­fall­scha­dens, der ihm in­fol­ge der Lie­fe­rung ei­ner man­gel­haf­ten Kauf­sa­che ent­stan­den ist, so han­delt es sich um ei­nen An­spruch auf Scha­dens­er­satz „ne­ben der Leis­tung“ (§ 437 Nr. 3, § 280 I BGB) und nicht um ei­nen An­spruch auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung (§ 437 Nr. 3, §§ 280 I, III, 281 BGB).

OLG Hamm, Ur­teil vom 20.01.2011 – I-28 U 139/10

Sach­ver­halt: Der Klä­ger ver­langt von dem Be­klag­ten, von dem er ei­nen ge­brauch­ten KIA Pi­can­to er­wor­ben hat, ei­ne Nut­zungs­aus­fall­ent­schä­di­gung.

Hal­ter des erst­mals En­de 2007 in Spa­ni­en zu­ge­las­se­nen Fahr­zeugs war ein spa­ni­sches Un­ter­neh­men, das den Pkw im März 2009 als ge­stoh­len mel­de­te. Spä­ter ver­äu­ßer­te das Un­ter­neh­men das Fahr­zeug, oh­ne den Be­hör­den zu­vor mit­ge­teilt zu ha­ben, dass der KIA Pi­can­to wie­der auf­ge­taucht sei. Der Pkw ge­lang­te über Zwi­schen­händ­ler nach Deutsch­land. Dort er­warb ihn der Be­klag­te, der mit Ge­braucht­wa­gen han­delt, zu­sam­men mit vier­zig an­de­ren Fahr­zeu­gen.

Der Be­klag­te ver­äu­ßer­te das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug mit Kauf­ver­trag vom 02.11.2009 für 5.500 € an den Klä­ger. Die­ser mel­de­te es noch am 02.11.2009 um. Mit An­walts­schrei­ben vom 23.11.2009 er­klär­te der Klä­ger den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag, nach­dem der KIA Pi­can­to am 20.11.2009 ge­mäß § 94 I StPO po­li­zei­lich si­cher­ge­stell wor­den war.

Ein Mit­ar­bei­ter des spa­ni­schen Un­ter­neh­mens, das ur­sprüng­lich Hal­ter des KIA Pi­can­to ge­we­sen war, teil­te der spa­ni­schen Po­li­zei am 24.11.2009 mit, dass man ver­ges­sen ha­be, die Dieb­stahls­an­zei­ge zu­rück­zu­neh­men. Mit Schrei­ben vom 25.11.2009 un­ter­rich­te­te die Ehe­frau des Be­klag­ten die An­wäl­te des Klä­gers un­ter Vor­la­ge ei­ner ent­spre­chen­den Be­stä­ti­gung des spa­ni­schen In­nen­mi­nis­te­ri­ums dar­über, dass die Dieb­stahls­an­zei­ge in Spa­ni­en zu­rück­ge­nom­men wor­den sei.

Mit sei­ner am 02.12.2009 er­ho­be­nen Kla­ge hat der Klä­ger zu­nächst un­ter dem Ge­sichts­punkt des Scha­dens­er­sat­zes die Rück­zah­lung des ge­sam­ten Kauf­prei­ses so­wie den Er­satz di­ver­ser Kos­ten be­gehrt. Nach­dem die Po­li­zei das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug An­fang Ja­nu­ar 2010 wie­der frei­ge­ge­ben hat­te, hat der Klä­ger den Rechts­streit in der Haupt­sa­che in­so­weit für er­le­digt er­klärt, als er die Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses ver­langt hat­te. Er hat so­dann ei­ne Nut­zungs­aus­fall­ent­schä­di­gung für 49 Ta­ge (20.11.2009 bis 07.01.2010) in Hö­he von 29 €/Tag, al­so in Hö­he von ins­ge­samt 1.421 €, ver­langt. Au­ßer­dem hat der Klä­ger Er­satz der Kos­ten für neue Kenn­zei­chen (37 €), für ei­ne Fein­staub­pla­ket­te (44,10 €) und für ei­ne neue Bat­te­rie (136,39 €) be­gehrt. Der Be­klag­te hat sich der Tei­ler­le­di­gungs­er­klä­rung nicht an­ge­schlos­sen.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Zur Be­grün­dung hat es aus­ge­führt, dass ei­ne vor­über­ge­hen­de „Be­schlag­nah­me“ zu Be­weis­si­che­rungs­zwe­cken, die aus­schließ­lich auf Grund­la­ge des § 94 StPO er­fol­ge, kein Rechts­man­gel des Kraft­fahr­zeugs sei, da sie die Ei­gen­tü­mer­stel­lung des Käu­fers nicht be­ein­träch­ti­ge. Die po­li­zei­li­che Maß­nah­me sei ein vom Käu­fer zu tra­gen­des all­ge­mei­nes Ri­si­ko.

Die Be­ru­fung des Klä­gers hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … Als An­spruchs­grund­la­ge kommt nur § 437 Nr. 3, § 280 I BGB in Be­tracht. Da­nach kann der am Ver­trag fest­hal­ten­de Käu­fer sei­nen Nut­zungs­aus­fall­scha­den er­setzt ver­lan­gen, der ihm in­fol­ge der Lie­fe­rung ei­ner man­gel­haf­ten Sa­che ent­stan­den ist (BGH, Urt. v. 19.06.2009 – V ZR 93/08, BGHZ 181, 317 Rn. 12 ff.; Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 10. Aufl., Rn. 1846; Rei­ni­cke/Tiedt­ke, Kauf­recht, 8. Aufl., Rn. 529 f.; s. auch Se­nat, Urt. v. 23.02.2006 – 28 U 164/05, ju­ris Rn. 22). Hält der Käu­fer – wie hier – am Ver­trag fest, han­delt es sich nicht um Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung i. S. von § 281 BGB, son­dern um Scha­dens­er­satz ne­ben der Leis­tung. Die Vor­aus­set­zun­gen ei­nes Scha­dens­er­satz­an­spruchs ne­ben der Leis­tung sind in­des nicht voll­stän­dig er­füllt.

1. Ein Rechts­man­gel i. S. von § 435 Satz 1 BGB liegt hier nicht un­ter dem Ge­sichts­punkt des ent­ge­gen­ste­hen­den Ei­gen­tums ei­nes Drit­ten vor. Der Klä­ger ist Ei­gen­tü­mer des Fahr­zeugs ge­wor­den; er hat das Ei­gen­tum vom Be­rech­tig­ten er­wor­ben. Es ge­nügt nicht, dass zeit­wei­se der Ver­dacht ei­nes Dieb­stahls be­stand. Nur tat­säch­lich be­ste­hen­de Rech­te Drit­ter be­grün­den un­ter Gel­tung des Bür­ger­li­chen Ge­setz­bu­ches ei­nen Rechts­man­gel (BT-Drs. 14/6040, S. 217 f.; Be­ckOK-BGB/Faust, Stand: Fe­bru­ar 2007, § 435 Rn. 8; an­ders Art. 41 CISG; s. MünchKomm-BGB/Gru­ber, 5. Aufl., Art. 41 CISG Rn. 6 m. w. Nachw.).

2. Un­ter die Rech­te Drit­ter i. S. des § 435 Satz 1 BGB fal­len aber auch öf­fent­lich-recht­li­che Be­fug­nis­se wie ei­ne staat­li­che Si­cher­stel­lung bzw. Be­schlag­nah­me, so­fern die­se tat­säch­lich aus­ge­übt wird, zu Recht er­folgt und den Ver­fall oder die Ein­zie­hung der Sa­che zur Fol­ge ha­ben kann (BGH, Urt. v. 18.02.2004 – VI­II ZR 78/03, NJW 2004, 1802 un­ter II 1 m. w. Nachw.; s. auch OLG Hamm, Urt. v. 30.09.1999 – 22 U 139/98, OLGR 2000, 6 [zu §§ 76, 327 AO]). Dies gilt auch für Maß­nah­men der Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den, die so­wohl auf § 111b StPO als auch auf § 94 StPO ge­stützt sind (BGH, Urt. v. 18.02.2004 – VI­II ZR 78/03, NJW 2004, 1802 un­ter II 2). Be­reits die auf­grund ei­nes Dieb­stahls­ver­dachts er­folg­te Be­schlag­nah­me ge­mäß § 111b StPO ist da­her ein Rechts­man­gel, weil ei­ne sol­che Be­schlag­nah­me für den Käu­fer die Ge­fahr be­grün­det, dass die Sa­che ihm durch ei­nen staat­li­chen Ein­griff ent­we­der zu­guns­ten des Staa­tes (§ 73e I 1 StGB) oder zu­guns­ten des wah­ren Rechts­in­ha­bers (§ 111b V StPO) ent­zo­gen wird.

a) Die Si­cher­stel­lung des Fahr­zeugs dien­te hier in­des nicht zum Zwe­cke des Ver­falls oder der Ein­zie­hung, son­dern nur zu Be­weis­zwe­cken. Das hat das Land­ge­richt zu­tref­fend und un­an­ge­grif­fen fest­ge­stellt. Zwi­schen Si­cher­stel­lung (§ 94 I StPO) und Be­schlag­nah­me (§ 94 II StPO) be­steht in­so­weit kein re­le­van­ter Un­ter­schied. Die Si­cher­stel­lung des Fahr­zeugs des Klä­gers war recht­mä­ßig. Ge­mäß § 94 I StPO sind Ge­gen­stän­de, die als Be­weis­mit­tel für die Un­ter­su­chung von Be­deu­tung sein kön­nen, in Ver­wah­rung zu neh­men oder in an­de­rer Wei­se si­cher­zu­stel­len. Die Vor­aus­set­zun­gen die­ser Be­stim­mung sind er­füllt. Das Fahr­zeug war ein po­ten­zi­el­ler Be­weis­ge­gen­stand. Es kommt nicht dar­auf an, ob die Per­son, bei der ein Be­weis­mit­tel ge­fun­den wird, an der Tat be­tei­ligt ist (KK-StPO/Nack, 6. Aufl., § 94 Rn. 6 m. w. Nachw.). Si­cher­stel­lun­gen sind be­reits bei ei­nem An­fangs­ver­dacht zu­läs­sig (KK-StPO/Nack, a. a. O., § 94 Rn. 8). Ein sol­cher Ver­dacht be­stand auf­grund der Dieb­stahls­an­zei­ge der ur­sprüng­li­chen Hal­te­rin in Spa­ni­en. Dass die­ses Un­ter­neh­men spä­ter ver­ges­sen hat­te, die Dieb­stahls­an­zei­ge zu­rück­zu­neh­men, ent­zog sich der Kennt­nis der Er­mitt­lungs­be­hör­den.

aa) Der BGH hat in dem vor­ge­nann­ten Ur­teil vom 18.02.2004 of­fen­ge­las­sen, ob ei­ne le­dig­lich nach § 94 StPO vor­ge­nom­me­ne (recht­mä­ßi­ge) Si­cher­stel­lung der ver­kauf­ten Sa­che als Be­weis­mit­tel ei­nen Rechts­man­gel dar­stel­len kann (BGH, Urt. v. 18.02.2004 – VI­II ZR 78/03, NJW 2004, 1802 un­ter II 2). Dies wird über­wie­gend ver­neint. Die Ei­gen­tü­mer­po­si­ti­on des Käu­fers wer­de nicht be­ein­träch­tigt; die vor­über­ge­hen­de Ent­zie­hung der Sa­che nach Ge­fahr­über­gang sei ein all­ge­mei­nes Le­bens­ri­si­ko. Die­se Auf­fas­sung be­stand be­reits vor der Schuld­rechts­re­form (LG Bonn, Urt. v. 23.11.1976 – 2 O 87/76, NJW 1977, 1822; OLG Köln, Urt. v. 25.07.2001 – 11 U 201/00, OLGR 2002, 169; So­er­gel/Hu­ber, BGB, 12. Aufl., § 434 Rn. 69). Sie hat auch nach der Schuld­rechts­re­form in der Recht­spre­chung Zu­stim­mung ge­fun­den (LG Karls­ru­he, Urt. v. 28.11.2006 – 2 O 237/06, BeckRS 2007, 06492; LG Bonn, Urt. v. 30.10.2009 – 2 O 252/09, BeckRS 2010, 00670). Das Be­ru­fungs­ge­richt hat die Be­ru­fung ge­gen das vor­ge­nann­te Ur­teil im An­schluss an ei­nen ent­spre­chen­den Hin­weis­be­schluss zu­rück­ge­wie­sen (OLG Köln, Beschl. v. 16.03.2010 – 22 U 176/09, BeckRS 2010, 15943, und Beschl. v. 01.06.2010 – 22 U 176/09, BeckRS 2010, 15944). Auch im Schrift­tum wird die An­sicht ge­teilt, dass ei­ne Si­cher­stel­lung bzw. Be­schlag­nah­me ge­mäß § 94 StPO kein Rechts­man­gel sei (Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 70. Aufl., § 435 Rn. 13; Stau­din­ger/Ma­tu­sche-Beck­mann, BGB, Neu­be­arb. 2004, § 435 Rn. 31, je­doch mit der Maß­ga­be, dass der Ver­käu­fer ge­mäß §§ 280 I, 241 II BGB zur Auf­klä­rung ver­pflich­tet sei, wenn er die Mög­lich­keit ei­ner sol­chen Er­mitt­lungs­maß­nah­me auf­grund der Um­stän­de des Falls kennt oder ken­nen muss).

bb) Nach der vor­ge­nann­ten An­sicht wä­re die Be­ru­fung be­reits des­halb zu­rück­zu­wei­sen, weil es an ei­nem Rechts­man­gel fehlt. Öf­fent­li­che Rech­te, die nur vor­über­ge­hend die Nutz­bar­keit der Sa­che ein­schrän­ken, be­grün­den nach ei­ner an­de­ren An­sicht hin­ge­gen ei­nen Rechts­man­gel, auch wenn sie nur von vor­über­ge­hen­der Dau­er sind (Er­man/Gru­ne­wald, BGB, 10. Aufl., § 435 Rn. 10; Wer­ten­bruch, ZGS 2004, 367; Be­ckOK-BGB/Faust, a. a. O., § 435 Rn. 20). Da­für spricht, dass die Po­si­ti­on des Ei­gen­tü­mers nicht nur ei­ne for­ma­le Stel­lung ist, son­dern die Mög­lich­keit der Nut­zung des Kauf­ge­gen­stands ent­hält. Die­ses Recht ist auch dann be­ein­träch­tigt, wenn der Käu­fer die Nut­zungs­mög­lich­keit vor­über­ge­hend auf­grund von Um­stän­den ver­liert, de­ren Ur­sa­che vor Ge­fahr­über­gang an­ge­legt ist. Hier hat der Klä­ger das Nut­zungs­recht durch ei­ne staat­li­che Zwangs­maß­nah­me, näm­lich ei­ne po­li­zei­li­che Si­cher­stel­lung, die ein öf­fent­lich-recht­li­ches Ver­wahr­ver­hält­nis be­grün­det (s. BGH, Urt. v. 09.04.1987 – III ZR 3/86, BGHZ 100, 335; Urt. v. 03.02.2005 – III ZR 271/04, NStZ 2005, 391), vor­über­ge­hend ver­lo­ren. Rechts­män­gel müs­sen nicht not­wen­di­ger­wei­se dau­er­haf­ter Na­tur sein. Ein Grund­stück kann et­wa we­gen ei­nes Miet- bzw. Pacht­rechts ei­nes Drit­ten mit ei­nem Rechts­man­gel be­haf­tet sein, auch wenn der Miet- bzw. Pacht­ver­trag be­fris­tet ist (BGH, Urt. v. 02.10.1987 – V ZR 105/86, NJW-RR 1988, 79; MünchKomm-BGB/Wes­ter­mann, 5. Aufl., § 435 Rn. 7). Auch öf­fent­lich-recht­li­che Be­schrän­kun­gen müs­sen nicht von dau­er­haf­ter Art sein. Das Feh­len ei­ner Bau­ge­neh­mi­gung kann et­wa vor­über­ge­hend sein, wenn der Grund­stücks­ver­käu­fer sie spä­ter be­schafft (s. BGH, Urt. v. 19.06.2009 – V ZR 93/08, BGHZ 181, 317).

Zwar ge­hö­ren recht­mä­ßi­ge Er­mitt­lungs­maß­nah­men zu den Be­las­tun­gen, de­nen in ei­nem Rechts­staat al­le be­trof­fe­nen Bür­ger, auch un­ver­däch­ti­ge, im In­ter­es­se des All­ge­mein­wohls in glei­cher Wei­se un­ter­wor­fen sein kön­nen, zum all­ge­mei­nen Le­bens­ri­si­ko (BGH, Urt. v. 09.04.1987 – III ZR 3/86, BGHZ 100, 335, 338). Al­ler­dings geht es in der vor­lie­gen­den Fall­ge­stal­tung nicht um die Ab­gren­zung der In­ter­es­sen des Ein­zel­nen ge­gen­über dem All­ge­mein­wohl, son­dern um ei­ne rechts­ge­schäft­li­che In­ter­es­sen­be­wer­tung. Ei­ne Si­cher­stel­lung ei­nes Kauf­ge­gen­stands nach Ge­fahr­über­gang ist kein Aus­druck ei­nes all­ge­mei­nen Le­bens­ri­si­kos, wenn der Ver­dacht ei­ner Straf­tat be­reits vor Über­ga­be der Kauf­sa­che an den Käu­fer ent­stan­den ist, denn ein sol­ches Ri­si­ko weist § 446 Satz 1 BGB dem Ver­käu­fer zu (Wer­ten­bruch, ZGS 2004, 367, 369). Le­dig­lich für ei­ne rechts­wid­rig durch­ge­führ­te Si­cher­stel­lung bzw. Be­schlag­nah­me haf­tet der Ver­käu­fer nicht; die­ses Ri­si­ko muss der Käu­fer selbst tra­gen (Stau­din­ger/Ma­tu­sche-Beck­mann, a. a. O., § 435 Rn. 31).

cc) Ob der im Schrift­tum ver­tre­te­nen Min­der­heits­an­sicht bei­zu­tre­ten ist, be­darf im vor­lie­gen­den Fall aus be­son­de­ren Grün­den des Ein­zel­falls kei­ner ab­schlie­ßen­den Ent­schei­dung.

b) Maß­geb­li­cher Zeit­punkt für die Frei­heit von Rechts­män­geln ist al­ler­dings der Ei­gen­tums­über­gangs (Be­ckOK-BGB/Faust, a. a. O., § 435 Rn. 5 m. w. Nachw.). Ein et­wai­ger Rechts­man­gel lä­ge hier be­reits zur Zeit des Ei­gen­tums­über­gangs auf den Klä­ger vor, weil die Dieb­stahls­an­zei­ge be­reits vor­her er­stat­tet wor­den war und die Vor­aus­set­zun­gen ei­nes staat­li­chen Zu­griffs da­her be­reits ent­stan­den wa­ren (vgl. BGH, Urt. v. 18.02.2004 – VI­II ZR 78/03, NJW 2004, 1802 un­ter II 2).

c) Für den An­spruch auf Scha­dens­er­satz ne­ben der Leis­tung ist es auch un­schäd­lich, dass der Klä­ger den Be­klag­ten nicht zur Nach­er­fül­lung auf­ge­for­dert hat. Vom er­folg­lo­sen Ab­lauf ei­ner Frist zur Nach­er­fül­lung hängt nur der An­spruch auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung aus §§ 280 I und III, 281 BGB ab, al­so auf den­je­ni­gen Scha­dens­er­satz, der zum Aus­gleich da­für dient, dass der Gläu­bi­ger die ge­schul­de­te Leis­tung end­gül­tig nicht oder nicht wie ge­schul­det er­hält. Aus die­sem Grund war zwar der vom Klä­ger ur­sprüng­lich gel­tend ge­mach­te An­spruch auf Scha­dens­er­satz statt der gan­zen Leis­tung un­wirk­sam, weil er dem Be­klag­ten – mit Blick auf den zur Zeit der Rück­tritts­er­klä­rung noch be­ste­hen­den Dieb­stahls­ver­dacht – kei­ne Frist ge­setzt hat­te, um für die Frei­ga­be des Fahr­zeugs zu sor­gen und es ge­ge­be­nen­falls vom – ver­meint­lich – wah­ren Ei­gen­tü­mer zu er­wer­ben (s. Wer­ten­bruch, ZGS 2004, 367, 369). Hier­um geht es aber nicht, weil der Klä­ger nun­mehr Scha­dens­er­satz ne­ben der Leis­tung be­gehrt.

d) Die Scha­dens­er­satz­pflicht setzt je­doch vor­aus, dass der Ver­käu­fer die Lie­fe­rung der man­gel­haf­ten Sa­che nach § 276 I BGB zu ver­tre­ten hat. Dar­an fehlt es. An den Ent­las­tungs­be­weis des Ver­käu­fers (§ 280 I 2 BGB) sind kei­ne zu stren­gen An­for­de­run­gen zu stel­len (MünchKomm-BGB/Ernst, 5. Aufl., § 280 Rn. 34; Lo­renz, LMK 2009, 286449). Der Be­klag­te hat sich in­so­weit ent­las­tet.

aa) In zwei­ter In­stanz be­haup­tet der Klä­ger erst­mals, dass der Be­klag­te von der Dieb­stahls­an­zei­ge in Spa­ni­en ge­wusst ha­be. Die­se Be­haup­tung ent­behrt der Sub­stanz. Der Klä­ger selbst hat mit der Be­ru­fungs­be­grün­dung ein Do­ku­ment des spa­ni­schen In­nen­mi­nis­te­ri­ums ein­ge­reicht, wo­nach „das Fahr­zeug ver­kauft wur­de … an ei­nen deut­schen Kun­den nicht­wis­send von der An­zei­ge“. Zwar hat der Be­klag­te durch sei­ne Ehe­frau am 25.11.2009 mit­tei­len las­sen, dass die Dieb­stahls­an­zei­ge in Spa­ni­en zu­rück­ge­zo­gen wor­den sei. Dies be­deu­tet je­doch nicht, dass er die Dieb­stahls­an­zei­ge schon zur Zeit des Ei­gen­tums­über­gangs auf den Klä­ger kann­te.

bb) Der Be­klag­te hat auch die im Ver­kehr er­for­der­li­che Sorg­falt nicht au­ßer Acht ge­las­sen (§ 276 II BGB). Er hat un­ter den im vor­lie­gen­den Fall maß­geb­li­chen Um­stän­den kei­ne Er­kun­di­gungs­pflicht ver­letzt. Er hat das Fahr­zeug mit al­len Pa­pie­ren er­hal­ten und hat­te kei­ne kon­kre­ten An­halts­punk­te, sich da­nach zu er­kun­di­gen, ob es im Her­kunfts­land als ge­stoh­len ge­mel­det bzw. zur Fahn­dung aus­ge­schrie­ben ist. Dies be­legt auch der Um­stand, dass es dem Klä­ger pro­blem­los ge­lun­gen ist, den Wa­gen auf sich zu­zu­las­sen. Oh­ne be­son­de­re An­halts­punk­te muss der ge­werb­li­che Wie­der­ver­käu­fer ein Fahr­zeug nicht dar­auf­hin über­prü­fen las­sen, ob es zur Fahn­dung aus­ge­schrie­ben oder ob ein Such­ver­merk nie­der­ge­legt ist. Das gilt eben­so bei In­lands­ge­schäf­ten wie bei grenz­über­schrei­ten­den Ge­schäf­ten, sei es in­ner­halb der Eu­ro­päi­schen Uni­on oder über de­ren Gren­zen hin­aus. Die vom Klä­ger im Se­nats­ter­min an­ge­führ­te an­geb­lich mehr oder we­ni­ger gro­ße Häu­fig­keit von Fahr­zeug­dieb­stäh­len in be­stimm­ten Her­kunfts­län­dern ist le­dig­lich ein va­ger Um­stand, dem der Ver­käu­fer nicht oh­ne Wei­te­res nach­ge­hen muss.

cc) Zwar muss der be­weis­pflich­ti­ge Schuld­ner nicht nur die Um­stän­de wi­der­le­gen, die für sein Ver­schul­den spre­chen, son­dern auch die­je­ni­gen Um­stän­de, die für die Ur­säch­lich­keit ei­nes et­wai­gen Ver­schul­dens spre­chen (BGH, Urt. v. 14.11.1989 – X ZR 116/88, NJW-RR 1990, 446 un­ter I 2 c). Auf die Ur­säch­lich­keit ei­nes et­wai­gen Ver­schul­dens kommt es je­doch hier nicht an, weil der Be­klag­te be­reits die Ver­schul­dens­ver­mu­tung ent­kräf­tet hat.

3. Der Klä­ger hat die Kla­ge, so­weit sie ur­sprüng­lich auf Rück­zah­lung des ge­sam­ten Kauf­prei­ses ge­rich­tet war, in ers­ter In­stanz (ein­sei­tig) für er­le­digt er­klärt. Das Land­ge­richt hat die Kla­ge auch in­so­weit ab­ge­wie­sen. Da­ge­gen rich­tet sich das Rechts­mit­tel nicht. Zu­dem wä­re ein Fest­stel­lungs­an­trag un­be­grün­det, weil ein Rück­ab­wick­lungs­ver­lan­gen bzw. ein An­spruch auf Scha­dens­er­satz statt der gan­zen Leis­tung wie aus­ge­führt man­gels Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung un­be­grün­det war. …

Die Re­vi­si­on ist nicht zu­zu­las­sen (§ 543 ZPO). Ent­schei­dungs­er­heb­lich ist im vor­lie­gen­den Fall nicht die Fra­ge, ob ei­ne recht­mä­ßi­ge, vor­über­ge­hen­de po­li­zei­li­che Si­cher­stel­lung ei­nen Rechts­man­gel be­grün­det, son­dern das feh­len­de Ver­schul­den des Ver­käu­fers. Die­se Be­ur­tei­lung ist ein­zel­fall­ab­hän­gig und des­halb der Ver­all­ge­mei­ne­rung ent­zo­gen.

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