1. Der Käu­fer ei­nes Neu­wa­gens (Au­di RS4 Avant 4,2 quat­tro) ist nach er­folg­lo­sen Nach­bes­se­rungs­ver­su­chen zum Rück­tritt vom Kauf­ver­trag be­rech­tigt, wenn das Fahr­zeug nicht die ver­trag­lich ver­ein­bar­te Mo­tor­leis­tung von 309 kW/420 PS, son­dern al­len­falls ei­ne Leis­tung von 283,9 kW/386 PS er­reicht.
  2. Ei­ne Nach­bes­se­rung gilt nicht erst dann als fehl­ge­schla­gen i. S. von § 440 Satz 2 BGB, wenn der Ver­käu­fer zu­vor ver­geb­lich um­fang­rei­che Ak­ti­vi­tä­ten ent­fal­tet hat. Ein er­folg­lo­ser Nach­bes­se­rungs­ver­such liegt viel­mehr auch dann vor, wenn der Ver­käu­fer prak­tisch nichts un­ter­nimmt, be­vor er den Kauf­ge­gen­stand mit dem Man­gel wie­der an den Käu­fer zu­rück­gibt. Nur dies ent­spricht dem Sinn der Vor­schrift, die zu­vör­derst dem Schutz des Käu­fers dient.

LG Wup­per­tal, Ur­teil vom 16.11.2010 – 16 O 134/08

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin ver­lang­te von der Be­klag­ten un­ter an­de­rem die Er­stat­tung des Kauf­prei­ses für ei­nen Pkw in Hö­he von 66.488 €.

Der Ge­schäfts­füh­rer der Kom­ple­men­tär-GmbH der Klä­ge­rin be­stell­te am 23.06.2006 bei der Be­klag­ten ei­nen Neu­wa­gen mit der an­ge­bo­te­nen und im Be­stell­schrei­ben so­wie im Fahr­zeug­schein auf­ge­führ­ten Leis­tung von 309 kW/420 PS zum Preis von 66.488 € brut­to (= 57.317,24 € net­to). Der Be­stel­lung la­gen die All­ge­mei­nen Ver­kaufs­be­din­gun­gen für Au­di-Au­to­mo­bi­le zu­grun­de. Dar­in heißt es un­ter an­de­rem:

„An­sprü­che auf Män­gel­be­sei­ti­gung kann der Käu­fer beim Ver­käu­fer oder bei an­de­ren vom Her­stel­ler/Im­por­teur für die Be­treu­ung des Kauf­ge­gen­stands an­er­kann­ten Be­trie­ben gel­tend ma­chen; im letz­te­ren Fall hat der Käu­fer den Ver­käu­fer hier­von zu un­ter­rich­ten.“

In den Ver­trag mit der Be­klag­ten trat auf Käu­fer­sei­te die S-Lea­sing GmbH ein. Die­se schloss als Lea­sing­ge­be­rin mit dem Ge­schäfts­füh­rer der Kom­ple­men­tär-GmbH un­ter dem 29.08.2006 ei­nen Lea­sing­ver­trag über das Fahr­zeug.

Am 14.11.2006 wur­de der Wa­gen von der Be­klag­ten be­reit­ge­stellt und ge­gen Zah­lung des Kauf­prei­ses über­ge­ben. Die Ab­ho­lung er­folg­te durch den Ge­schäfts­füh­rer der Kom­ple­men­tär-GmbH der Klä­ge­rin. Im De­zem­ber 2006 über­nahm die Klä­ge­rin durch ei­ne Än­de­rungs­ver­ein­ba­rung von die­sem die Rech­te und Pflich­ten aus dem Lea­sing­ver­trag mit der S-Lea­sing GmbH. In die­sem Lea­sing­ver­trag ist ei­ne Ab­tre­tung von Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­chen vom Lea­sing­ge­ber an den Lea­sing­neh­mer vor­ge­se­hen so­wie ei­ne Er­mäch­ti­gung des Lea­sing­neh­mers zur Gel­tend­ma­chung von An­sprü­chen nach ei­nem Rück­tritt vom Kauf­ver­trag mit der Maß­ga­be, Zah­lun­gen an die Lea­sing­ge­be­rin zu ver­lan­gen.

Der Ge­schäfts­füh­rer der Kom­ple­men­tär-GmbH der Klä­ge­rin stell­te das Fahr­zeug am 29.03.2007 und am 05.02.2008 bei der T-GmbH, ei­ner Au­di-Ver­trags­händ­le­rin, in S. vor. Im War­tungs­pro­to­koll des zwei­ten Werk­statt­be­suchs ist als Kun­den­be­an­stan­dung fest­ge­hal­ten, dass die Höchst­ge­schwin­dig­keit nur schlep­pend er­reicht wer­de. Das War­tungs­pro­to­koll vom 29.03.2007 nennt ei­ne ähn­li­che Be­an­stan­dung. Ein Man­gel be­züg­lich der Mo­tor­leis­tung des Wa­gens ist in bei­den Fäl­len nicht be­ho­ben wor­den. Re­pa­ra­tu­ren fan­den nicht statt.

Am 26.08.2008 ließ der Ge­schäfts­füh­rer der Kom­ple­men­tär-GmbH der Klä­ge­rin das Fahr­zeug auf ei­nem Leis­tungs­prüf­stand prü­fen. Dort wur­de aus­weis­lich des Leis­tungs­dia­gno­se­pro­to­kolls ei­ne Mo­tor­min­der­leis­tung von 48,5 kW/65 PS fest­ge­stellt.

An­fang Sep­tem­ber 2008 kam es we­gen des Fahr­zeugs zu ei­nem te­le­fo­ni­schen Kon­takt zwi­schen dem Ge­schäfts­füh­rer der Kom­ple­men­tär-GmbH der Klä­ge­rin und dem Zeu­gen L von der Be­klag­ten. Der In­halt die­ses Ge­sprächs ist zwi­schen den Par­tei­en strei­tig ge­blie­ben. Der Ge­schäfts­füh­rer über­sand­te dem Mit­ar­bei­ter B der Be­klag­ten in der Fol­ge un­ter dem 04.09.2008 ei­ne Fax­ko­pie der das Fahr­zeug be­tref­fen­den Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung mit ei­nem hand­schrift­li­chen Zu­satz. Hier­auf er­hielt er von ei­nem Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten die fern­münd­li­che Aus­kunft, dass ei­ne Rück­ab­wick­lung des Ver­tra­ges nicht in Be­tracht kom­me.

Am 08.10.2008 stell­te die Klä­ge­rin das Fahr­zeug noch­mals bei der T-GmbH vor. Im Ab­hol­schein heißt es un­ter an­de­rem: „Fahr­zeug er­reicht nicht die End­ge­schwin­dig­keit“. Ein Man­gel des Mo­tors wur­de an­läss­lich die­ses Werk­statt­auf­ent­halts aber­mals nicht be­ho­ben.

Mit An­walts­schrei­ben vom 17.10.2008, in dem drei Nach­bes­se­rungs­ver­su­che bei der T-GmbH er­wähnt wur­den, er­klär­te die Klä­ge­rin ge­gen­über der Be­klag­ten den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag und for­der­te sie un­ter Frist­set­zung bis zum 30.10.2008 zur Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses an die S-Lea­sing GmbH Zug um Zug ge­gen Rück­nah­me des Fahr­zeugs auf. Die Be­klag­te lehn­te die Rück­ab­wick­lung des Ver­tra­ges mit An­walts­schrei­ben vom 28.10.2008 ab.

Nach Ab­lauf des Lea­sing­ver­trags er­warb die Klä­ge­rin das Fahr­zeug von der Lea­sing­ge­be­rin zu den im Lea­sing­ver­trag ge­nann­ten Kon­di­tio­nen und er­hielt von die­ser den Fahr­zeug­brief aus­ge­hän­digt. Der Wa­gen wies An­fang No­vem­ber 2008 ei­ne Lauf­leis­tung von 34.000 km auf, am 19.10.2010 be­trug der Ki­lo­me­ter­stand 56.000 km.

Die Klä­ge­rin hat be­haup­tet, das er­wor­be­ne Fahr­zeug ha­be seit sei­ner Aus­lie­fe­rung die ver­ein­bar­te Mo­tor­leis­tung nicht er­bracht. Die Mo­tor­min­der­leis­tung ha­be zu­letzt 70 PS be­tra­gen. Der Wa­gen sei des­halb drei­mal der T-GmbH zur Man­gel­be­sei­ti­gung zur Ver­fü­gung ge­stellt wor­den.

Die Kla­ge hat­te über­wie­gend Er­folg.

Aus den Grün­den: I. … 1. Die Klä­ge­rin hat ge­gen die Be­klag­te ei­nen An­spruch auf Rück­zah­lung des von der S-Lea­sing GmbH für den Au­di ge­zahl­ten Kauf­prei­ses in Hö­he von 66.488 € an sich selbst aus §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 440 Satz 2, 346 I, 398 BGB. Die Klä­ge­rin ist in­zwi­schen Ei­gen­tü­me­rin des Fahr­zeugs, die Ge­währ­leis­tungs­rech­te wa­ren ihr von der S-Lea­sing GmbH be­reits mit Ab­schluss des Lea­sing­ver­tra­ges über­tra­gen wor­den. Seit sie von der S-Lea­sing GmbH Ei­gen­tum an dem Fahr­zeug er­warb, kann sie Zah­lung an sich selbst ver­lan­gen.

Die ge­mäß § 349 BGB er­for­der­li­che Rück­tritts­er­klä­rung der Klä­ge­rin er­folg­te mit ih­rem an­walt­li­chen Schrei­ben vom 17.10.2008.

Der von der Be­klag­ten ver­kauf­te Au­di war und ist man­gel­haft i.&tnbsp;S. von § 437 BGB. Ge­mäß § 434 I 1 BGB ist ei­ne Sa­che frei von Sach­män­geln, wenn sie die ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit auf­weist. Dies ist be­züg­lich des er­wor­be­nen Fahr­zeugs nicht der Fall. Ver­trag­lich ver­ein­bart war ei­ne Mo­tor­leis­tung des Fahr­zeugs von 309 kW/420 PS. Auf­grund des Er­geb­nis­ses der Be­weis­auf­nah­me steht zur Über­zeu­gung der Kam­mer fest, dass der ge­kauf­te Wa­gen ei­ne sol­che Mo­tor­leis­tung nicht er­reicht. Nach dem in je­der Hin­sicht über­zeu­gen­den Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen M er­reicht das Fahr­zeug un­ter an­ge­mes­se­nen und rea­lis­ti­schen Um­welt­be­din­gun­gen und un­ter Be­rück­sich­ti­gung ei­nes Kor­rek­tur­fak­tors von 1 % ei­ne ma­xi­ma­le Mo­tor­leis­tung von le­dig­lich 274,6 kW/373,3 PS. Selbst un­ter Be­rück­sich­ti­gung ei­nes von der Au­di AG an­ge­ge­be­nen Kor­rek­tur­fak­tors von 4,4 %, wel­cher ver­deck­te Leis­tungs­ver­lus­te für an den Mo­tor an­ge­bau­te Ne­be­nag­gre­ga­te wie die Hy­drau­lik­pum­pe und die elek­tri­sche Ser­vo­len­kung ab­de­cken soll, er­gibt sich nach den Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen ei­ne Mo­tor­ma­xi­mal­leis­tung von nur 283,9 kW/386 PS. Wie der Sach­ver­stän­di­ge im Rah­men sei­ner münd­li­chen An­hö­rung stim­mig aus­führ­te, hat auf die­se fest­ge­stell­te Min­der­leis­tung des Mo­tors ei­ne Ge­schwin­dig­keits­ab­re­ge­lung des Fahr­zeugs kei­nen Ein­fluss. Bis zu ei­nem Ge­schwin­dig­keits­be­reich von 259,5 km/h war ein Ein­grei­fen ei­ner Ge­schwin­dig­keits­ab­re­ge­lung nach sei­nen An­ga­ben nicht ein­mal fest­stell­bar.

Der in der Ab­wei­chung der tat­säch­li­chen von der ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Mo­tor­leis­tung lie­gen­de Man­gel des Fahr­zeugs war zur Über­zeu­gung der Kam­mer auch be­reits zum Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs bei Über­ga­be des Wa­gens an die Käu­fe­rin vor­han­den. Ob sich die Klä­ge­rin in­so­weit be­reits auf § 476 BGB be­ru­fen kann, kann letzt­lich da­hin­ste­hen. Nicht nur auf­grund der Art des fest­ge­stell­ten Man­gels, son­dern auch auf­grund der stim­mi­gen Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen M im Rah­men sei­ner münd­li­chen An­hö­rung ist die Kam­mer da­von über­zeugt, dass der Man­gel be­reits zum Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs vor­lag. Wie der Sach­ver­stän­di­ge sehr plau­si­bel aus­ge­führt hat, hat er kei­ner­lei An­halts­punk­te da­für ge­fun­den, dass es zu nach­träg­li­chen leis­tungs­min­dern­den De­fek­ten oder Ma­ni­pu­la­tio­nen am Mo­tor ge­kom­men ist, die Ein­fluss auf die Mo­tor­leis­tung hät­ten ha­ben kön­nen.

Die Klä­ge­rin muss­te der Be­klag­ten vor Er­klä­rung des Rück­tritts auch kei­ne Nach­frist zur Man­gel­be­sei­ti­gung mehr set­zen. Ei­ne sol­che Nach­frist­set­zung war ge­mäß § 440 Satz 1 BGB we­gen Fehl­schla­gens der Nach­er­fül­lung ent­behr­lich. Die der Klä­ge­rin zu­ste­hen­de und von ihr ge­wähl­te Nach­er­fül­lung in Form der Be­sei­ti­gung des Man­gels ge­mäß § 439 I BGB war ge­mäß § 440 Satz 2 BGB fehl­ge­schla­gen. Es hat ins­ge­samt drei er­folg­lo­se Nach­bes­se­rungs­ver­su­che ge­ge­ben. Dass die Klä­ge­rin das Fahr­zeug an den drei un­strei­ti­gen Ter­mi­nen – dem 29.03.2007, dem 05.02.2008 und dem 08.10.2008 – je­weils zum Zwe­cke der Nach­bes­se­rung hin­sicht­lich der Mo­tor­leis­tung bei der T-GmbH vor­stell­te, be­strei­tet die Be­klag­te nach Vor­la­ge der Re­pa­ra­tur­his­to­rie und des Ab­hol­scheins durch die Klä­ge­rin nicht sub­stan­zi­iert ge­nug. An­ge­sichts der deut­li­chen For­mu­lie­run­gen in die­sen Do­ku­men­ten ist nicht er­sicht­lich, aus wel­chem an­de­ren Grund der Wa­gen an den be­tref­fen­den Ta­gen dort vor­ge­stellt wor­den sein soll­te.

Die Klä­ge­rin durf­te sich we­gen der durch­zu­füh­ren­den Nach­bes­se­rung auch an die von ihr ge­wähl­te Au­di-Ver­trags­händ­le­rin in S. wen­den. Die Ver­kaufs­be­din­gun­gen für Au­di-Au­to­mo­bi­le räum­ten der Lea­sing­ge­be­rin und da­mit auch der Klä­ge­rin, wel­che die Ge­währ­leis­tungs­rech­te ab­ge­tre­ten er­hal­ten hat­te, die­se Mög­lich­keit ein. Bei der Ver­trags­händ­le­rin wa­ren nicht nur die von § 440 Satz 2 BGB ver­lang­ten zwei, son­dern so­gar drei Nach­bes­se­rungs­ver­su­che er­folg­los. Da­bei ist nicht ent­schei­dend, was die von der Klä­ge­rin um Man­gel­be­sei­ti­gung er­such­te Au­di-Ver­trags­händ­le­rin in S. tat­säch­lich un­ter­nom­men hat, um den Man­gel zu be­sei­ti­gen. Um ein Fehl­schla­gen von Nach­bes­se­rungs­ver­su­chen i. S. von § 440 BGB an­neh­men zu kön­nen, ist es nicht er­for­der­lich, dass der hier­mit be­trau­te Ver­käu­fer oder Un­ter­neh­mer zu­vor um­fang­rei­che Ak­ti­vi­tä­ten ent­fal­tet. Ein er­folg­lo­ser Nach­bes­se­rungs­ver­such i. S. von § 440 Satz 2 BGB liegt auch dann vor, wenn der Ver­käu­fer oder Un­ter­neh­mer prak­tisch nichts un­ter­nimmt, be­vor er den Kauf­ge­gen­stand mit dem Man­gel wie­der an den Käu­fer zu­rück­gibt. Nur dies ent­spricht dem Sinn der Vor­schrift, die zu­vör­derst dem Schutz des Käu­fers dient.

Der da­mit vor­lie­gend er­füll­ten ge­setz­li­chen Ver­mu­tung fehl­ge­schla­ge­ner Nach­bes­se­rung ste­hen auch nicht sons­ti­ge Um­stän­de im Sin­ne der Vor­schrift ent­ge­gen. Sol­che sons­ti­gen Um­stän­de, die ei­ne ab­wei­chen­de Sicht­wei­se recht­fer­ti­gen könn­ten, sind nicht er­sicht­lich. Sie er­ge­ben sich ins­be­son­de­re nicht aus der ver­trag­li­chen Re­ge­lung in den Ver­kaufs­be­din­gun­gen für Au­di-Au­to­mo­bi­le, in de­nen ei­ne Un­ter­rich­tungs­pflicht des Ver­käu­fers durch den Käu­fer über die Gel­tend­ma­chung von Män­gel­be­sei­ti­gungs­an­sprü­chen bei an­de­ren Au­di-Be­trie­ben vor­ge­se­hen ist. Die ent­spre­chen­de Klau­sel in den Ver­kaufs­be­din­gun­gen, bei de­nen es sich um All­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen han­delt, ist un­klar (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2006 – VI­II ZR 166/06). Ge­mäß § 305c II BGB ge­hen die sich dar­aus er­ge­ben­den Zwei­fel zu­las­ten des Ver­wen­ders, hier der Be­klag­ten. In­fol­ge­des­sen kann auch die zwi­schen den Par­tei­en strei­ti­ge Fra­ge da­hin­ste­hen, ob die Be­klag­te be­reits vor Er­klä­rung des Rück­tritts über die Nach­bes­se­rungs­ver­su­che bei der T-GmbH un­ter­rich­tet wur­de. Je­den­falls mit der Rück­tritts­er­klä­rung durch Schrei­ben vom 17.10.2008 sind ihr die ver­geb­li­chen Nach­bes­se­rungs­ver­su­che mit­ge­teilt wor­den. Dies reicht aus. Auch in die­sem Fall er­füllt die Un­ter­rich­tung näm­lich noch ei­nen Zweck. Sie er­mög­licht dem Ver­käu­fer die Prü­fung, ob die gel­tend ge­mach­ten Se­kun­där­an­sprü­che be­grün­det sind (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2006 – VI­II ZR 166/06).

Das Rück­tritts­recht der Klä­ge­rin wird auch nicht durch § 323 V 2 BGB aus­ge­schlos­sen. Nach die­ser Vor­schrift kommt ein Rück­tritt bei ei­ner nur un­er­heb­li­chen Pflicht­ver­let­zung nicht in Be­tracht. Bei dem vor­han­de­nen Man­gel des Fahr­zeugs han­delt es sich al­ler­dings nicht um ei­ne nur un­er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung. Der Sach­ver­stän­di­ge kommt ab­hän­gig von der An­wen­dung be­stimm­ter Kor­rek­tur­fak­to­ren von 1 % bzw. 4,4 % zu ei­ner Mo­tor­min­der­leis­tung von 34 kW/46 PS bzw. 25 kW/34 PS. Dar­aus er­ge­ben sich Ab­wei­chun­gen zu der ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Mo­tor­leis­tung von 11 % bzw. von 8,09 %. An­ge­sichts die­ser Ab­wei­chun­gen kann da­hin­ste­hen, ob der Auf­fas­sung der Be­klag­ten zu fol­gen und ein Kor­rek­tur­fak­tor von 4,4 % an­zu­wen­den ist. Da­ge­gen dürf­te spre­chen, dass ein Au­to­her­stel­ler nicht ei­ner­seits mit ei­ner be­stimm­ten Mo­tor­leis­tung wer­ben, die­se aber oh­ne Haf­tungs­fol­gen in­tern nach Be­lie­ben wie­der re­du­zie­ren kann. Un­ge­ach­tet des­sen ge­nügt vor­lie­gend aber auch ei­ne Ab­wei­chung von 8,09 % um ei­ne er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung i. S. von § 323 V 2 BGB zu be­grün­den. Bei dem von der Klä­ge­rin er­wor­be­nen Fahr­zeug han­delt es sich um ein be­son­ders hoch­wer­ti­ges, sport­li­ches Fahr­zeug, bei dem die Mo­tor­leis­tung aus Käu­fer­sicht von be­son­de­rer Be­deu­tung ist. Der Käu­fer er­war­tet bei ei­nem sol­chen Wa­gen in be­son­de­rem Ma­ße, schnell be­schleu­ni­gen und fah­ren zu kön­nen. Von ei­nem sol­chen Fahr­zeug, das aus ei­nem sol­chen Grund er­wor­ben wird, darf der Käu­fer da­her er­war­ten, dass die tat­säch­li­che Mo­tor­leis­tung nicht um 8,09 % hin­ter der ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Leis­tung zu­rück­bleibt.

Das Rück­tritts­recht bzw. der An­spruch der Klä­ge­rin auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses nach er­klär­tem Rück­tritt ist auch nicht ge­mäß § 242 BGB ver­wirkt. Zwar kann ein Käu­fer sein Rück­tritts­recht ver­wir­ken, wenn er nach Über­ga­be des Fahr­zeugs ei­nen Man­gel fest­stellt, den Wa­gen je­doch gleich­wohl in Be­nut­zung nimmt und sei­ne Rech­te erst un­mit­tel­bar vor Ab­lauf der zwei­jäh­ri­gen Ver­jäh­rungs­frist gel­tend macht. So liegt es hier je­doch nicht. Die Be­klag­te hat­te kei­nen An­lass, dar­auf zu ver­trau­en, dass die Klä­ge­rin kei­ne Rech­te aus dem Man­gel her­lei­ten wür­de. Die Klä­ge­rin hat das Fahr­zeug am 29.03.2007, am 05.02.2008 und am 08.10.2008 we­gen des­sel­ben Man­gels der T-GmbH vor­ge­stellt. Auf­grund der Re­ge­lung in den Ver­kaufs­be­din­gun­gen für Au­di-Au­to­mo­bi­le, wel­che der Klä­ge­rin die­se Wahl­mög­lich­keit ein­räum­ten, ist die Be­klag­te so zu be­han­deln, als wä­re sie selbst um Nach­bes­se­rung er­sucht wor­den. Dar­über hin­aus ließ die Klä­ge­rin im Au­gust 2008 an dem Fahr­zeug ei­ne Leis­tungs­prü­fung durch­füh­ren. Mit al­le­dem brach­te die Klä­ge­rin wie­der­holt und hin­rei­chend zum Aus­druck, dass sie ge­willt war, aus dem Man­gel Rech­te her­zu­lei­ten.

Die Klä­ge­rin hat das Rück­tritts­recht und den hier­aus fol­gen­den An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses nach er­klär­tem Rück­tritt auch nicht we­gen wi­der­sprüch­li­chen Ver­hal­tens ge­mäß § 242 BGB da­durch ver­wirkt, dass sie den Wa­gen nach er­klär­tem Rück­tritt und nach Ab­lauf der Lea­sing­zeit von der Lea­sing­ge­be­rin zu Ei­gen­tum er­wor­ben hat. Dar­in liegt mit Blick auf den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag über das Fahr­zeug und den Wunsch nach Rück­ab­wick­lung des Ge­schäfts kein wi­der­sprüch­li­ches Ver­hal­ten. Zum ei­nen er­folg­te der Ei­gen­tums­er­werb auf der Grund­la­ge der Re­ge­lun­gen des Lea­sing­ver­tra­ges. Zum an­de­ren ist die Klä­ge­rin auf­grund des Rück­tritts ver­pflich­tet, den Wa­gen an die Be­klag­te zu über­eig­nen. Dies ist ihr am ein­fachs­ten mög­lich, wenn sie selbst Ei­gen­tü­me­rin des Fahr­zeugs ist.

Der An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses in Hö­he von 66.488 € steht der Klä­ge­rin, wie be­an­tragt, ge­mäß § 348 Satz 1 BGB Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be und Rück­über­eig­nung des er­wor­be­nen Fahr­zeugs zu …

2. So­weit sich die Klä­ge­rin von ih­rem Rück­zah­lungs­an­spruch le­dig­lich ei­nen Ge­brauchs­vor­teil für die bis­he­ri­ge Nut­zung des Fahr­zeugs von 0,266 € pro ge­fah­re­nem Ki­lo­me­ter in Ab­zug brin­gen las­sen will, ist die Kla­ge teil­wei­se un­be­grün­det.

Die Kam­mer be­rech­net den ge­mäß § 346 I, II 1 Nr. 1 BGB von der Klä­ge­rin ge­schul­de­ten Wert­er­satz nach der üb­li­chen For­mel

\text{Ge­brauchs­vor­teil} = {\frac{\text{Brut­to­kauf­preis}\times\text{ge­fah­re­ne Ki­lo­me­ter}}{\text{er­war­te­te Ge­samt­fahr­leis­tung}}}

Hier­bei geht sie al­ler­dings ent­ge­gen der Klä­ge­rin nicht von ei­ner zu er­war­ten­den Ge­samt­lauf­leis­tung des Wa­gens von 250.000 km aus. Bei dem er­wor­be­nen Fahr­zeug han­delt es sich nach sei­ner Mo­to­ri­sie­rung um ein sehr sport­li­ches Fahr­zeug, mit dem ho­he Ge­schwin­dig­kei­ten ge­fah­ren wer­den sol­len. Bei ei­ner ent­spre­chen­den Nut­zung ist da­her auch bei ei­nem solch hoch­wer­ti­gen Fahr­zeug nur ei­ne Ge­samt­lauf­leis­tung von 200.000 km zu er­war­ten. Dar­aus er­gibt sich ei­ne Nut­zungs­ver­gü­tung von 0,5 % des Brut­to­kauf­prei­ses je 1.000 km (vgl. Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 11. Aufl., Rn. 633). Im vor­lie­gen­den Fall sind dem­entspre­chend von der Klä­ge­rin 0,33 € je ge­fah­re­nem Ki­lo­me­ter als Wert­er­satz für ge­zo­ge­ne Nut­zun­gen zu ver­gü­ten.

Die Kam­mer hat kei­ne Be­den­ken, den Ab­zug für den ge­schul­de­ten Wert­er­satz un­ab­hän­gig von der Fest­stel­lung der tat­säch­li­chen Nut­zung durch An­ga­be ei­nes Fak­tors im Te­nor, mit dem die bei Über­ga­be des Fahr­zeugs tat­säch­lich an­ge­fal­le­ne Lauf­leis­tung mul­ti­pli­ziert wird, an­zu­ge­ben (eben­so OLG Karls­ru­he, Urt. v. 28.06.2007 – 9 U 239/06, NJW 2003, 1950 = BeckRS 2007, 11305).

3. So­weit die Klä­ge­rin ge­gen die Be­klag­te für den Zeit­raum vom 14.11.2006 bis zum 30.10.2008 ei­nen An­spruch auf Wert­er­satz für aus dem ge­zahl­ten Kauf­preis nicht ge­zo­ge­ne Zin­sen in Hö­he von 5.215,61 € gel­tend macht, steht ihr ein sol­cher An­spruch nur in Hö­he von 4.559,90 € aus § 347 I 1 BGB zu. Da die Be­klag­te Zin­sen, wel­che die Klä­ge­rin ge­mäß § 346 I BGB her­aus­ver­lan­gen könn­te, nicht er­wirt­schaf­tet hat, ist § 347 I 1 BGB an­wend­bar.

Ge­mäß § 287 II ZPO schätzt die Kam­mer, dass für den be­tref­fen­den Zeit­raum, der im We­sent­li­chen noch vor der Wirt­schafts­kri­se lag, ei­ne Ver­zin­sung von 4 % mög­lich ge­we­sen wä­re. Ei­ne sol­che Ver­zin­sung ent­spricht auch dem ge­setz­li­chen Re­gel­zins­satz ge­mäß § 246 BGB (vgl. auch Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 69. Aufl., § 346 Rn. 10). Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Klä­ge­rin ist der da­nach zu be­rech­nen­de Zins­an­spruch je­doch nicht auf der Grund­la­ge des Brut­to­kauf­prei­ses, son­dern le­dig­lich an­hand des Net­to­kauf­prei­ses zu be­stim­men (vgl. Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 606). Nur die­ser ist bei der Be­klag­ten ver­blie­ben, und nur aus die­sem hät­ten Zins­er­trä­ge er­wirt­schaf­tet wer­den kön­nen. Der Net­to­be­trag be­lief sich auf le­dig­lich 57.317,24 €. Hier­aus er­rech­net sich für die 716 Zins­ta­ge vom 14.11.2006 bis zum 30.10.2008 ein Zins­an­spruch in Hö­he von 4.559,90 €.

4. Der von der Klä­ge­rin gel­tend ge­mach­te An­spruch auf Er­satz au­ßer­ge­richt­li­cher Rechts­an­walts­kos­ten in Hö­he von 1.479,90 € steht ihr nicht zu.

Die Vor­aus­set­zun­gen ei­nes ent­spre­chen­des An­spruchs aus §§ 280 II, 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB sind nicht er­füllt. Der An­spruch auf Er­satz ei­nes Ver­zugs­scha­dens setzt auch im Fal­le ei­ner Er­fül­lungs­ver­wei­ge­rung ent­spre­chend dem Wort­laut des § 286 I 1 BGB die Fäl­lig­keit der gel­tend ge­mach­ten For­de­rung vor­aus (vgl. BGH, NJW-RR 2008, 210). Bis zur Er­klä­rung des Rück­tritts durch das An­walts­schrei­ben des Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten der Klä­ge­rin vom 17.10.2008 wa­ren die nun­mehr kla­ge­wei­se gel­tend ge­mach­ten For­de­run­gen je­doch noch nicht fäl­lig. Die Fäl­lig­keit trat erst mit der Rück­tritts­er­klä­rung ein. Un­ge­ach­tet ih­rer vor­an­ge­hen­den An­kün­di­gung, den Ver­trag nicht rück­ab­wi­ckeln zu wol­len, konn­te die Be­klag­te frü­hes­tens ab die­sem Zeit­punkt in Ver­zug ge­ra­ten. Zu die­sem Zeit­punkt war der Pro­zess­be­voll­mäch­tig­te der Klä­ge­rin je­doch be­reits tä­tig ge­wor­den, so­dass die hier­durch ent­stan­de­nen Kos­ten nicht in­fol­ge des Ver­zugs ent­stan­den sind.

5. Der Fest­stel­lungs­an­trag der Klä­ge­rin ist zu­läs­sig und be­grün­det. Das er­for­der­li­che Fest­stel­lungs­in­ter­es­se für die Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs er­gibt sich aus den Re­ge­lun­gen der §§ 756, 765 ZPO

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