- Verhandelt der Halter eines Kraftfahrzeugs mit einem angeblichen Kaufinteressenten über einen Erwerb des Fahrzeugs, so begründet es weder eine Anscheinsvollmacht noch eine Duldungsvollmacht, wenn der Halter den Fahrzeugbrief (Zulassungsbescheinigung Teil II) vorübergehend unbeaufsichtigt lässt und sich der angebliche Kaufinteressent unmittelbar anschließend mithilfe der Zulassungsbescheinigung gegenüber einem echten Kaufinteressenten als Vertreter des Fahrzeughalters ausgibt und das Fahrzeug veräußert.
- Zu den – hier verneinten – Voraussetzungen einer Haftung wegen des schuldhaften Nichtverhinderns vollmachtloser Vertretung unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen.
OLG Hamm, Urteil vom 20.07.2010 – I-28 U 2/10
Sachverhalt: Der Kläger, der mit Lastkraftwagen handelt, verlangt von der beklagten Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die in B. eine Spedition betreibt, die Zustimmung zur Freigabe von drei bei einem Gerichtsvollzieher hinterlegten Fahrzeugscheinen.
Die Beklagte war Leasingnehmerin von zwei MAN-Sattelzugmaschinen. Ein ihr nahestehendes, in L. ansässiges Unternehmen, das von ihrem Geschäftsführer geführt wurde, war Leasingnehmerin einer dritten MAN-Sattelzugmaschine. Das diesem Fahrzeug zugeteilte Kennzeichen wies ein anderes Unterscheidungszeichen auf als die beiden Fahrzeuge der Beklagten. Die Unternehmen waren jeweils als Halterinnen in den Fahrzeugbriefen eingetragen. Für das in L. zugelassene Fahrzeug gibt es zwei Fahrzeugbriefe, nämlich einen ungültigen und einen neuen in Gestalt der Zulassungsbescheinigung Teil II. Eigentümerin der Sattelzüge und Leasinggeberin ist die L-Deutschland GmbH.
Die Beklagte plante, die Fahrzeuge, deren Wert jeweils rund 20.000 € betrug, zu veräußern. Ende September 2008 oder im Oktober 2008 trat ein Kaufinteressent (fortan: Zwischenhändler) an die Beklagte heran, der sich als polnischer Fahrzeughändler ausgab. Er überreichte dem Geschäftsführer der Beklagten eine Visitenkarte, auf der der Name Z und der Name eines polnischen Unternehmens angegeben waren. Die Beklagte beschreibt den Zwischenhändler als Deutschen; nach ihren Angaben wollte er die Lkw für je 28.000 € kaufen, sobald er seinerseits einen Abnehmer dafür gefunden habe. Der Geschäftsführer der Beklagten zog Erkundigungen über das auf der Visitenkarte angegebene polnische Unternehmen ein und stellte über seinen Steuerberater fest, dass das Unternehmen unter der angegebenen Steuernummer in Polen gemeldet war.
In der Folgezeit besichtigten polnisch oder russisch sprechende Personen, die sich als Kaufinteressenten ausgaben, die in Rede stehenden Fahrzeuge in Gegenwart des Geschäftsführers der Beklagten ausgiebig. Es kam jedoch kein Kaufvertrag mit der Beklagten zustande.
Am 10.12.2008 suchte der Zwischenhändler die Beklagte erneut auf und erklärte, einen Käufer für die Sattelzugmaschinen gefunden zu haben. Die L-Deutschland GmbH überließ dem Geschäftsführer der Beklagten auf seinen Wunsch die Fahrzeugbriefe zum Zwecke der Abmeldung der Fahrzeuge.
Am 12.12.2008, einem Freitag, erhielt der Vater des Klägers per Telefax ein Schreiben ohne Absenderkennung – angegeben war lediglich eine Mobiltelefonnummer –, in dem jemand drei Sattelzugmaschinen zum Kauf anbot. Dieses Schreiben reichte der Vater des Klägers, der ebenso wie sein Sohn mit Lastkraftwagen handelt, an den Kläger weiter, der nach eigenen Angaben im Jahr rund 600 Lkw erwirbt. Der Kläger nahm unter der angegebenen Telefonnummer Kontakt mit dem Zwischenhändler auf. Anfangs hat der Kläger angegeben, der Zwischenhändler habe sich mit dem Nachnamen des Geschäftsführers der Beklagten gemeldet. Später hat er hingegen erklärt, dass er auf den Namen seines Gesprächspartners nicht geachtet habe. Der Zwischenhändler sandte dem Kläger per E-Mail zuvor angefertigte Fotos von den Sattelzügen und einigte sich schließlich mit dem Kläger auf einen Kaufpreis von 13.000 € pro Lkw. Der Kläger erklärte, dass er sich die Fahrzeuge noch ansehen wolle.
Ebenfalls am 12.12.2008 rief der Zwischenhändler bei dem Geschäftsführer der Beklagten an und bat diesen, schon Rechnungen vorzubereiten und sie ihm per Telefax zuzusenden. Der Zwischenhändler erklärte diese Bitte damit, dass er die Rechnungsadresse und die Steuernummer prüfen wolle.
Am Montag, dem 15.12.2008, teilte der Zwischenhändler der Beklagten mit, dass ein Kaufinteressent die Fahrzeuge abnehmen werde. Die Beklagte erstellte drei Rechnungen über jeweils 28.000 € netto, die an das auf der Visitenkarte genannte polnische Unternehmen adressiert waren. Dabei verwendete die Beklagte eine alte, mittlerweile unrichtige Anschrift. Auf Wunsch des Zwischenhändlers sandte die Beklagte die Rechnungen per Telefax an eine Faxnummer, die – was die Beklagte nicht wusste – einem Internetcafé zugeteilt war.
Der Zwischenhändler erstellte eine neue (gefälschte) „Rechnung“ unter Verwendung des Firmennamens der Beklagten. Diese „Rechnung“ über 13.500 € netto je Fahrzeug sandte er dem Kläger am 15.12.2008 per Telefax zu. In der Absenderzeile war ein Hotel in H. angegeben; die angegebene Festnetztelefonnummer im Briefkopf ist nicht identisch mit der Telefonnummer im Firmenstempel. Die „Rechnung“ enthält Schreibfehler, so heißt es unter anderem: „Wir Verkaufen ihnen wie besichtigt und unter Ausschluß jeglicher Gewärleistung …“. In der untersten Zeile heißt es vorgedruckt: „wir arbeiten ausschließlich auf grund der algemeinen Deutschen Speditionsbedinunen. … Gerichtsland Bielefeld“.
Der Kläger und der Zwischenhändler vereinbarten telefonisch einen Übergabetermin für den 16.12.2008, von dem der Zwischenhändler den Geschäftsführer der Beklagten am 15.12.2008 telefonisch informierte. Dieser ging nach Angaben der Beklagten davon aus, dass der Zwischenhändler am Folgetag mit einem Kaufinteressenten erscheinen werde. Den für den 16.12.2008 vereinbarten Termin sagte der Zwischenhändler jedoch ab; der Termin wurde auf den 17.12.2008 verschoben.
Am 17.12.2008 erschien der Zwischenhändler in Begleitung eines weiteren Mannes, der den Zwischenhändler bereits zuvor begleitet hatte und den der Geschäftsführer der Beklagten als „Kofferträger“ bezeichnet. Beide wurden in ein Besprechungszimmer gebeten. Der Geschäftsführer der Beklagten nahm die Mappe mit den Fahrzeugunterlagen aus dem Tresor der Beklagten. Darin befanden sich die Fahrzeugbriefe, die Fahrzeugscheine, TÜV-Bescheinigungen, Rechnungen und Verträge.
Der Kläger war unterdessen mit seinen drei Begleitern zu der ihm angegebenen – falschen – Adresse gefahren, nämlich zum ehemaligen Betriebssitz der Beklagten. Er meldete sich telefonisch bei dem Zwischenhändler, der ihm den richtigen Weg zum Betriebsgelände der Beklagten beschrieb.
Der Geschäftsführer der Beklagten händigte dem Zwischenhändler die Fahrzeugscheine und die Fahrzeugschlüssel aus. Wie der Zwischenhändler an die Fahrzeugbriefe gelangte, ist streitig; nach der Behauptung des Klägers hat der Geschäftsführer der Beklagten sie dem Zwischenhändler ebenfalls ausgehändigt. Der Geschäftsführer der Beklagten verließ das Besprechungszimmer, um sich seiner Arbeit zu widmen; nach seinen Angaben erwartete er eine längere Besichtigung der Fahrzeuge durch den Kaufinteressenten. Mit dem Kläger traf der Geschäftsführer der Beklagten nicht zusammen.
Der Begleiter des Zwischenhändlers nahm den Kläger in Empfang und führte ihn in das Besprechungszimmer. Der Kläger hat den Begleiter als schwarzhaarig beschrieben; er dachte nach seinen späteren Angaben daran, einen Händler vor sich zu haben. Im Besprechungszimmer traf der Kläger auf den zweiten Täter, den er als Deutschen beschreibt. Nach Angaben des Klägers hat dieser erklärt, er wickele das Geschäft als Angestellter im Namen des „Chefs“. Der Kläger erhielt nach seinen Angaben unter anderem die Fahrzeugbriefe.
Der Kläger verließ sodann das Besprechungszimmer und besichtigte mit seinen Begleitern die Fahrzeuge. Der Geschäftsführer der Beklagten nahm an dieser Besichtigung nicht teil; als Grund dafür gibt er an, dass er die Fahrzeuge bereits bei einer früheren Gelegenheit mit dem Zwischenhändler und früheren Kaufinteressenten ausgiebig besichtigt habe und er die Fahrzeuge nicht an den Kläger, sondern an den Zwischenhändler habe verkaufen wollen, nicht an den Kläger.
Der Kläger händigte seinen Begleitern die Fahrzeugschlüssel aus und ging zum Bezahlen erneut in das Besprechungszimmer. Dort teilte er den beiden Tätern mit, dass er nicht den gesamten Kaufpreis in bar mitgebracht habe. 15.000 € könne er nur per Scheck zahlen. Damit erklärte sich einer der beiden Täter nach einem Telefonat mit einer von ihm als „Chef“ bezeichneten Person einverstanden. Der Kläger übergab dem Zwischenhändler – nach den Feststellungen des Landgerichts im unstreitigen Teil des Tatbestands – 33.195 € in bar und einen Scheck über 15.000 €. Auf das Original der „Rechnung“ schrieb der Kläger: „33.195 € in bar erhalten, 15.000 € Scheck“. Einer der beiden Täter unterschrieb mit „i.a. A“. Nach Angaben des Klägers einigte er sich mit den beiden Tätern darauf, dass er die Kennzeichenschilder der Fahrzeuge bis zum nächsten Tag verwenden könne und keine roten Kennzeichen verwenden müsse. Anschließend fuhren der Kläger und seine drei Begleiter mit den drei Sattelzügen vom Betriebshof der Beklagten. Der Zwischenhändler und sein Begleiter fuhren mit ihrem Auto vom Betriebshof der Beklagten.
Als der Geschäftsführer der Beklagten bemerkte, dass die Sattelzüge den Betriebshof verließen, stellte er fest, dass das Auto, mit dem Zwischenhändler erschienen war, ebenfalls verschwunden war. Der Geschäftsführer der Beklagten informierte die Polizei und nahm mit seinem Schwiegersohn die Verfolgung der Sattelzüge auf. Die Autobahnpolizei beschlagnahmte schließlich die Fahrzeuge einschließlich der zugehörigen Schlüssel und Dokumente.
Ausweislich eines Vernehmungsprotokoll vom 17.12.2008 gab der Geschäftsführer der Beklagten unter anderem an: „Ich habe ihm [= dem Zwischenhändler] die Schlüssel dann zusammen mit den Fahrzeugscheinen gegeben. Fahrzeugbriefe und Rechnungen an die polnische Firma lagen auch auf dem Tisch im Besprechungszimmer.“
Den Scheck ließ der Kläger stornieren. Der Zwischenhändler blieb jedoch mit dem Bargeld verschwunden.
Der Kläger beantragte am 19.12.2009 den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Beklagte. Außerdem widersprach er der Beschlagnahme. Die Ermittlungsrichterin des AG Bielefeld entschied durch Beschluss vom 19.12.2008, dass die Sattelzüge – nicht die Fahrzeugbriefe – an den letzten Gewahrsamsinhaber – den Kläger – herauszugeben seien, der „gutgläubig Eigentum erworben haben dürfte“.
Mit Anwaltsschreiben vom 22.12.2008 forderte die Beklagte den Kläger auf, die Sattelzüge an sie herauszugeben. Als Leasingnehmerin entstehe ihr ein Schaden, wenn sie die Fahrzeuge nicht nutzen könne. Der Kläger lehnte eine Herausgabe der Fahrzeuge mit anwaltlichem Schreiben vom selben Tag ab.
Die Beklagte entrichtete weitere Leasingraten. Das von dem Geschäftsführer der Beklagten geführte Unternehmen trat seine Rechte am 13.01.2009 an die Beklagte ab.
Die Parteien einigten sich im Rahmen des einstweiligenVerfügungsverfahrens durch Prozessvergleich vom 28.01.2009 darauf, die Fahrzeuge bei dem Kläger und die Fahrzeugscheine in der Verwahrung des Gerichtsvollziehers zu belassen, bis das Hauptsacheverfahren abgeschlossen ist.
Auf die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss der Ermittlungsrichterin entschied die Beschwerdekammer des LG Bielefeld durch Beschluss vom 13.05.2009, dass auch die Fahrzeugbriefe an den Kläger herauszugeben seien; dieser habe gutgläubig Eigentum erworben.
Mit seiner Klage hat der Kläger in erster Instanz zuletzt im Wesentlichen erreichen wollen, dass die Beklagte dazu verurteilt wird, den Gerichtsvollzieher – Zug um Zug gegen Zahlung von 15.000 € – anzuweisen, die Fahrzeugscheine an den Kläger herauszugeben. Der Kläger hat geltend gemacht, dass er die Fahrzeuge gutgläubig erworben habe; jedenfalls habe die Beklagte den Anschein gesetzt, den Zwischenhändler zum Verkauf der Fahrzeuge bevollmächtigt zu haben.
Die Beklagte hat widerklagend die Zustimmung des Klägers zur Herausgabe der Fahrzeugscheine sowie die Herausgabe der Fahrzeuge nebst Fahrzeugbriefen und -schlüsseln an sie verlangt. Außerdem hat sie Schadensersatz wegen der von ihr zwischen dem 22.12.2008 und dem 20.03.2009 weiter gezahlten Leasingraten in Höhe von 11.243,85 € und die Freistellung von vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten begehrt.
Das Landgericht hat die von den Parteien benannten Zeugen – vier Mitarbeiter des Klägers und zwei Mitarbeiter der Beklagten – in erster Linie zu nachträglichen Äußerungen des Geschäftsführers der Beklagten gegenüber der Polizei vernommen. Anschließend hat es die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Weder sei zwischen dem Kläger und der Beklagten ein Kaufvertrag zustande gekommen, noch habe sich die Beklagte mit dem Kläger darauf geeinigt, dass das Eigentum an den Fahrzeugen auf ihn übergehen solle. Sie habe auch den Zwischenhändler nicht mit dem Verkauf der Fahrzeuge bevollmächtigt; eine Duldungs- oder eine Anscheinsvollmacht liege nicht vor. Der Geschäftsführer der Beklagten sei davon ausgegangen, dass allein der Zwischenhändler sein Vertragspartner sei; er habe nicht damit rechnen müssen, dass der Zwischenhändler betrügerischen Geschäften nachgehe. Das Landgericht hat sich – wie es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Einzelnen näher ausgeführt hat – nicht davon überzeugen können, dass die Behauptung des Klägers, der Geschäftsführer der Beklagten habe dem Zwischenhändler die Fahrzeugbriefe übergeben, wahr sei. Aus der Übergabe der Fahrzeugschlüssel und der Fahrzeugscheine lasse sich kein Rechtsschein herleiten.
Die Widerklage hat das Landgericht als zum Teil begründet erachtet. Die Beklagte könne die Zustimmung des Klägers zur Herausgabe der Fahrzeugscheine sowie die Herausgabe der Fahrzeuge und Fahrzeugbriefe an sich verlangen. Einen Anspruch auf Schadensersatz wegen der ab Dezember 2008 gezahlten Leasingraten – der nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens war – habe die Beklagten jedoch nicht.
Mit der Berufung hat der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt und in erster Linie die Beweiswürdigung des Landgerichts, insbesondere im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit des Geschäftsführers der Beklagten, beanstandet. Er meint, das Verhalten des Zwischenhändlers habe auf das Bestehen einer Vollmacht schließen lassen. Er, der Kläger, habe das Eigentum an den Sattelzügen gutgläubig erworben, weil die Beklagte den Rechtsschein gesetzt habe, den Zwischenhändler bevollmächtigt oder beauftragt zu haben. Jedenfalls – so meint der Kläger – müsse ihm die Beklagte unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen gegen Abtretung seiner Ansprüche gegen den Zwischenhändler Schadensersatz in Höhe der an den Zwischenhändler in bar gezahlten 33.195 € leisten. Diesen Anspruch hat der Kläger im Berufungsrechtszug hilfsweise geltend gemacht.
Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: II. … A. Mit dem Hauptantrag verlangt der Kläger vergeblich Zustimmung zur Herausgabe der Fahrzeugscheine, die die Parteien vereinbarungsgemäß einem Gerichtsvollzieher als Sequester in Verwahrung gegeben haben. Der Kläger kann gemäß § 812 I 1 Fall 2 BGB nur dann Zustimmung zur Herausgabe verlangen, wenn die Beklagte ohne rechtlichen Grund eine Sperrposition erworben hat (s. OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.08.1998 – 11 U 17/98, OLGR 1998, 402 f.; MünchKomm-BGB/Wenzel, 5. Aufl., § 378 Rn. 9; Staudinger/Olzen, BGB, Neubearb. 2006, § 378 Rn. 26). Daran fehlt es jedoch.
1. Der Freigabeanspruch setzt voraus, dass zwischen den Parteien ein Kaufvertrag über den Erwerb der drei Sattelzüge zustande gekommen ist (§ 433 I 1 BGB). Die Beklagte, vertreten durch ihren Geschäftsführer, hat indes keinen Kaufvertrag mit dem Kläger geschlossen. Der Zwischenhändler handelte – nach Angaben des Klägers – zwar im Namen der Beklagten, hatte aber keine Vertretungsmacht für die Beklagte (§ 164 I BGB). Sie muss sich das Handeln des Zwischenhändlers nicht zurechnen lassen.
a) Anknüpfungspunkte für eine Anwendung der Grundsätze der Duldungsvollmacht fehlen. Eine Duldungsvollmacht ist anzunehmen, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt, und der Geschäftsgegner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (BGH, Urt. v. 09.11.1989 – VII ZR 200/88, NJW-RR 1990, 404 unter I 2 b; Urt. v. 21.06.2005 – XI ZR 88/04, NJW 2005, 2985 unter II 2 b bb (1)).Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die Beklagte bzw. ihr Geschäftsführer wusste nicht, dass der Zwischenhändler und sein Mittäter sich als „Angestellte“ der Beklagten ausgeben würden.
b) Es bestand keine Anscheinsvollmacht des Zwischenhändlers und seines Mittäters. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Geschäftsführer der Beklagten dem Zwischenhändler die Fahrzeugbriefe ausgehändigt oder ob der Zwischenhändler die auf dem Tisch im Besprechungszimmer liegenden Fahrzeugbriefe eigenmächtig an sich genommen hat, als der Geschäftsführer der Beklagten nicht mehr im Besprechungszimmer war (aa). Auch die weiteren Voraussetzungen einer Anscheinsvollmacht sind im vorliegenden Fall nicht gegeben (bb bis dd).
aa) Die Anscheinsvollmacht unterscheidet sich von der Duldungsvollmacht dadurch, dass bei ihr der Vertretene das Handeln des in seinem Namen Auftretenden zwar nicht kennt und duldet, es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen müssen und verhindern können (BGH, Urt. v. 10.01.2007 – VIII ZR 380/04, NJW 2007, 987 Rn. 25). Die Beweislast trägt insoweit der Vertretene; er muss die mangelnde Zurechenbarkeit, also das Fehlen seiner Kenntnis oder des Kennenmüssens, behaupten und gegebenenfalls beweisen (OLG Rostock, Urt. v. 18.01.1996 – 1 U 33/95, NJW 1996, 1831, 1832; MünchKomm-BGB/Schramm, 5. Aufl., § 167 Rn. 64; Laumen, in: Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast II, 3. Aufl., § 167 Rn. 6). Beweisbelastet ist damit die Beklagte. Auf die (erneute) Vernehmung der Zeugen, die Indiztatsachen in Gestalt nachträglicher Äußerungen des Geschäftsführers der Beklagten auf der Polizeiwache bekundet haben, kommt es jedoch nicht an. Der Beklagten ist kein Sorgfaltsverstoß anzulasten, unabhängig davon, ob ihr Geschäftsführer dem Zwischenhändler nur die Fahrzeugscheine und -schlüssel ausgehändigt hat (1), ob er die Fahrzeugbriefe vorübergehend unbeaufsichtigt im Besprechungszimmer gelassen hat (2) oder ob er dem Zwischenhändler auch die Fahrzeugbriefe ausgehändigt hat (3).
(1) Nach dem Vortrag der Beklagten hat ihr Geschäftsführer dem Zwischenhändler nur die Fahrzeugscheine und -schlüssel ausgehändigt. Dies begründet keinen Anschein einer Vertretungsmacht, sondern ist nicht zu beanstanden, weil der Zwischenhändler aus Sicht der Beklagten seinerseits ein Eigengeschäft mit dem Kaufinteressenten anbahnen wollte.
(2) Ein vorübergehend unbeaufsichtigtes Liegenlassen der Fahrzeugbriefe im Besprechungszimmer begründete ebenfalls keinen Rechtsschein einer Vollmacht. Grundsätzlich kann zwar auch fahrlässig begründeter Rechtsschein zurechenbar sein (s. Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9. Aufl., § 48 Rn. 30). Der BGH hat aber entschieden, dass im Interesse der Verkehrssicherheit im Hinblick auf entwendete Urkunden ein so weitgehender Schutz gutgläubiger Dritter nicht erforderlich sei. Dafür spricht der Rechtsgedanke des § 172 BGB, der auf die Aushändigung der Vollmachtsurkunde abstellt (BGH, Urt. v. 30.05.1975 – V ZR 206/73, BGHZ 65, 13). Ob die Aushändigung von Urkunden fahrlässig ist, ist zudem eine Frage des jeweiligen Einzelfalls (Palandt/Ellenberger, BGB, 69. Aufl., § 172 Rn. 14). Das gilt auch für die hier – vorübergehende – Gewährung des Zugangs zur Urkunde. Der Geschäftsführer der Beklagten hatte kein Anzeichen für missbräuchliches Verhalten des Zwischenhändlers.
(3) Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn der Geschäftsführer der Beklagten dem Zwischenhändler nicht nur die Fahrzeugscheine und -schlüssel, sondern auch die Fahrzeugbriefe gegeben hätte. Dies diente lediglich zu dem Zweck, dem Zwischenhändler die Anbahnung eines Geschäfts mit dessen Abnehmer zu ermöglichen. Es liegt nahe, dass ein Kaufinteressent auch den Fahrzeugbrief einsehen möchte. Der Geschäftsführer der Beklagten hatte keine Anzeichen für einen Missbrauch der Fahrzeugbriefe durch den Zwischenhändler. Auch bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte er nicht erkennen müssen, dass der Zwischenhändler einen Missbrauch plant.
bb) Das Verhalten, das den Rechtschein einer Bevollmächtigung erzeugt, muss regelmäßig von einer gewissen Dauer oder Häufigkeit sein (BGH, Urt. v. 10.01.2007 – VIII ZR 380/04, NJW 2007, 987 Rn. 25; Urt. v. 09.06.1986 – II ZR 193/85, NJW-RR 1986, 1169 unter 1; Urt. v. 05.03.1998 – III ZR 183/96, NJW 1998, 1854 unter II 2 a; Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 172 Rn. 12). In aller Regel müssen mehrere Fälle oder ein längerer Zeitraum vorliegen (BGH, Urt. v. 21.06.2005 – XI ZR 88/04, NJW 2005, 2985 unter II 2 b bb (1)). Der BGH hat offengelassen, ob zwei Vorgänge ausreichen (BGH, Urt. v. 14.03.2000 – XI ZR 55/99, BGHR BGB § 167 Anscheinsvollmacht 9 = juris Rn. 10).
(1) Auch danach ist im vorliegenden Fall eine Anscheinsvollmacht abzulehnen, denn es ging nur um einen einzelnen Vorgang. Dieser war nicht geeignet, den Anschein einer Bevollmächtigung zu erzeugen. Zwar ist die wiederholte Verwendung überlassener Papiere ausreichend (BGH, Urt. v. 12.02.1952 – I ZR 96/51, BGHZ 5, 111, 116; Erman/Palm, BGB, 12. Aufl., § 167 Rn. 16). Vorliegend ging es aber nur um ein Geschäft, auch wenn sich die Anbahnung und Abwicklung, wie bei einem Kraftfahrzeugkauf nicht unüblich, über einige Tage hinzog, aus Sicht des Klägers zwischen dem 12. und dem 17.12. des Jahres. Dass der Zwischenhändler bereits am 12.12. ein Telefaxschreiben versandt hat, ist aber unerheblich, denn vom „Vertreter“ vorgelegte, selbst vorbereitete Unterlagen sind nicht ausschlaggebend (Staudinger/Schilken, BGB, Neubearb. 2009, § 167 Rn. 36). Dass der Zwischenhändler sich vor dem 17.12. telefonisch mit dem Nachnamen des Geschäftsführers der Beklagten gemeldet haben mag, ist ebenfalls ohne Belang, denn die Angaben des Vertreters sind nicht ausreichend (MünchKomm-BGB/Schramm, a. a. O., § 167 Rn. 57). Ohnehin hat der Kläger seine anfängliche Behauptung, dass sein Ansprechpartner am Telefon den Nachnamen des Geschäftsführers der Beklagten benutzte, im Senatstermin nicht aufrechterhalten. Einen relevanten Rechtsschein konnte so nur das erstmalige persönliche Zusammentreffen mit den Fahrzeugpapieren in der Hand des Zwischenhändlers am 17.12.2008 auslösen. Dies genügt indes nicht.
(2) Besondere Gründe, unter den Umständen des vorliegenden Falles abweichend von der Regel ein einmaliges Verhalten des „Vertreters“ genügen zu lassen, sind nicht erkennbar, zumal der Kläger im Senatstermin eingeräumt hat, dass sein erster Gedanke beim erstmaligen persönlichen Zusammentreffen mit dem Mittäter des Zwischenhändlers am 17.12.2008 ohnehin war, einen Händler vor sich zu haben.
cc) Wie die Duldungsvollmacht erfordert auch die Anscheinsvollmacht, dass der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben annehmen darf, der als Vertreter Handelnde sei bevollmächtigt. Das setzt in der Regel voraus, dass der Geschäftsgegner die Tatsachen kennt, aus denen sich der Rechtsschein der Bevollmächtigung ergibt, auf den Rechtsscheinvertraut hat und dieses Vertrauen für seine geschäftliche Entschließung ursächlich geworden ist (Kausalität; s. BGH, Urt. v. 10.01.2007 – VIII ZR 380/04, NJW 2007, 987 Rn. 25; Urt. v. 14.03.2000 – XI ZR 55/99, BGHR BGB § 167 Anscheinsvollmacht 9 = juris Rn. 11 m. w. Nachw.). Auch diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Bei der vom Kläger behaupteten Übergabe der Fahrzeugbriefe durch denGeschäftsführer der Beklagten an den Zwischenhändler war er unstreitig nicht zugegen. Er wusste daher nicht, wie die Fahrzeugbriefe in die Hand des Zwischenhändlers gekommen sind. Selbst wenn der Geschäftsführer der Beklagten dem Zwischenhändler die Fahrzeugbriefe gegeben hätte, hätte dies den Rechtsschein nicht verursacht, weil der Kläger nicht dabei war und darauf nicht vertrauen konnte.
dd) Der Geschäftsgegner, hier der Kläger, muss ferner gutgläubig gewesen sein (§ 173 BGB analog). Auf eine Anscheinsvollmacht kann sich nur berufen, wer ohne Fahrlässigkeit annehmen darf, der Vertretene kenne und dulde das Verhalten des für ihn auftretenden „Vertreters“ (BGH, Urt. v. 15.02.1982 – II ZR 53/81, NJW 1982, 1513 unter II 2 b). Auch leichte Fahrlässigkeit des Geschäftsgegners schadet (MünchKomm-BGB/Schramm, a. a. O., § 167 Rn. 70). Entscheidend ist, ob im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, die Anlass zu Misstrauen oder erhöhter Vorsicht geben (MünchKomm-BGB/Schramm, a. a. O, § 167 Rn. 70; Erman/Palm, a. a. O., § 167 Rn. 21). Bleiben Zweifel, muss sich der Geschäftsgegner bei dem Vertretenen erkundigen (OLG Köln, Urt. v. 03.04.1992 – 19 U 191/91, NJW-RR 1992, 915 f.; Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 172 Rn. 15). Den Vertretenen trifft die Beweislast für bösen Glauben des Geschäftsgegners (Laumen, in: Baumgärtel/Laumen/Prütting, a. a. O., § 167 Rn. 6; Erman/Palm, a. a. O, § 172 Rn. 17; MünchKomm-BGB/Schramm, a. a. O., § 173 Rn. 11). Beweisbelastet ist daher die Beklagte. Dem hat sie im vorliegenden Fall anhand mehrerer unstreitiger Umstände Rechnung getragen.
Der Kläger hat sich, wie die Würdigung der Gesamtumstände ergibt, aufgrund der bis 17.12.2008 zur Zeit des Kaufs vorliegenden Verdachtsmomente nicht nur leichtfahrlässig verhalten, sondern sogar grob fahrlässig. Der Erstkontakt am 12.12. war anonym und enthielt nur eine Handynummer. Der vom Kläger mit dem Zwischenhändler vereinbarte Kaufpreis von jeweils 13.500 € netto lag deutlich unter dem Wert der Sattelzügevon rund 20.000 €. Es besteht kein Zweifel, dass der Kläger, der nach eigenen Angaben im Jahr mehrere hundert Fahrzeuge erwirbt, dies erkannte, auch wenn die Konjunktur zu dieserZeit rückläufig gewesen sein mag. Ein offenkundig günstiger Preis ist geeignet, grobe Fahrlässigkeit des Erwerbers zu begründen (OLG Schleswig, Urt. v. 01.09.2006 – 14 U 201/05, NJW 2007, 3007, 3008; MünchKomm-BGB/Oechsler, BGB, § 932 Rn. 48, 56).
Der Telefaxschreiben vom 15.12.2008 mit der „Rechnung“ wies weitereAuffälligkeiten auf. Es leuchtet schon nicht ein, warum das Telefaxschreiben aus einem Hotel abgeschickt wurde. Auch die Firmenbezeichnung ist unklar; einiges deutet auf eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) hin. An anderer Stelle wird der GmbH-Zusatz nicht erwähnt. Die „Rechnung“ enthielt zudem mehrere auffällige Schreibfehler. Solche stellen ebenfalls Verdachtsmomente dar, die geeignet sind, grobe Fahrlässigkeit zu begründen (MünchKomm-BGB/Oechsler, a. a. O., § 932 Rn. 55). Zwar mag es sein, wie der Kläger ausführt, dass Schreibfehler vorkommen. Im vorliegenden Fall drängten sich jedoch aufgrund der Gesamtumstände des Geschäfts Zweifel an der Authentizität der „Rechnung“ auf.
Der Name des Veräußerers muss zudem im Fahrzeugbrief enthalten sein; handelt es sich um eine juristische Person, muss der Erwerber die Handlungsbefugnis der ihm gegenübertretenden natürlichen Person überprüfen (MünchKomm-BGB/Oechsler, a. a. O., § 932 Rn. 55 f.). Hier lautete einer der Fahrzeugbriefe auf eine Firma, die mit der in den beiden anderen Briefen nicht ganz übereinstimmte. Daher lag aus Sicht des Klägers die Frage nahe, wessen „Angestellter“ eigentlich vor ihm stand. Ohnehin war es der erste Gedanke des Klägers, als er einem der Täter erstmals persönlich gegenüberstand, einen Händler vor sich zu haben. Auch einer der Begleiter des Klägers, der Zeuge Z, hat bei seiner Vernehmung in erster Instanz bekundet, dass er sich dachte, dass die Täter keine Mitarbeiter oder Angestellten der Beklagten seien, sondern „Vermittler“. Umso mehr war es aus Ex-ante-Sicht geboten, deren Identität zu klären. Dies lag auch deshalb nahe, weil das Geschäft angesichts des finanziellen Volumens durchaus hervorgehobene Bedeutung hatte (zu diesem Gesichtspunkt siehe MünchKomm-BGB/Schramm, a. a. O., § 167 Rn. 69).
c) Die Berufungsbegründung des Klägers meint, dass die Vollmacht des Zwischenhändlers und seines Mittäters jedenfalls aus § 56 HGB herzuleiten sei („Ladenvollmacht“). Dem ist nicht zuzustimmen.
Wer in einem Laden oder in einem offenen Warenlager angestellt ist, gilt nach der vorgenannten Bestimmung als ermächtigt zu Verkäufen und Empfangnahmen, die in einem derartigen Laden oder Warenlager gewöhnlich geschehen. Diese Vorschrift kommt hier nicht zum Tragen.
Der Zwischenhändler und sein Mittäter waren keine Angestellten der Beklagten. Aus dem Schutzzweck des § 56 HGB folgert der BGH, dass als im Laden „angestellt“ jeder mit Wissen und Wollen des Ladeninhabers im Laden Tätige zu gelten hat, der dort die in § 56 HGB genannten Verrichtungen ausübt, ganz unabhängig davon, was im Übrigen sein Aufgaben- und Pflichtenkreis im Unternehmen des Ladeninhabers sein mag (BGH, Urt. v. 24.09.1975 – VIII ZR 74/74, NJW 1975, 2191 unter II 2). § 56 HGB erfasst mithin keine Personen, die ohne Wissen und Wollen des Kaufsmanns tätig werden (Oetker/Schubert, HGB, 2009, § 56 Rn. 8; Weber, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 56 Rn. 5; Tiedtke, Gutgläubiger Erwerb, 1985, S. 236 f.). Soweit die Berufungsbegründung § 56 HGB für anwendbar hält, weil die Beklagte die Tätigkeit des Zwischenhändlers nicht verhindert habe, steht dies mit der vorgenannten Rechtsprechung des BGH nicht in Einklang. Das gilt auch für älteres, durch das Urteil des BGH überholtes Schrifttum, welches die Berufungsbegründung anführt (s. Weimar, MDR 1968, 901, 902).
2. Ein Herausgabeanspruch aus § 985 BGB im Hinblick auf die Fahrzeugscheine besteht nicht. Der Kläger ist nicht Eigentümer der Sattelzüge und der Fahrzeugbriefe (§ 952 II BGB in entsprechender Anwendung) geworden.
a) Er hat sich mit der Beklagten nicht über den Eigentumsübergang geeinigt (§ 929 Satz 1 BGB). Eine dingliche Einigung ist aus denselben Gründen abzulehnen wie das Zustandekommen eines Kaufvertrags.
b) Der Kläger hat das Eigentum an den Fahrzeugen auch nicht gutgläubig vom Nichtberechtigten erworben (§ 932 BGB). Der Zwischenhändler war zwar Nichtberechtigter. Der Kläger hat ihn jedoch nicht für den Eigentümer gehalten. Er hat den Zwischenhändler und den Mittäter als "Angestellte" angesehen; als Eigentümer haben sie sich nach eigenem Vortrag des Klägers nicht geriert. § 932 BGB bezieht sich aber nur auf den guten Glauben an das Eigentum (Baur/Stürner, Sachenrecht, 18. Aufl., § 52 Rn. 29).
c) Der Kläger hat nicht aufgrund des § 366 I HGB Eigentum an den Sattelzügen und den Fahrzeugbriefen erworben.
aa) Die Bestimmung ist nicht unmittelbar anwendbar. Sie setzt voraus, dass ein Kaufmann im Betriebe seines Handelsgewerbes eine ihm nicht gehörige bewegliche Sache veräußert. Das Vertrauen des Erwerbers stützt sich auf die Wahrscheinlichkeit, dass der Kaufmann verfügungsbefugt ist. Die Vorschrift verlangt somit, dass der Nichtberechtigte im eigenen Namen handelt (Oetker/Maultzsch, HGB, 2009, § 366 Rn. 26; Lettl, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, 2. Aufl., § 366 Rn. 2 f.). Ein solcher Fall liegt nicht vor.
bb) Das Landgericht hat eine entsprechende Anwendung der Vorschrift in der vorliegenden Fallgestaltung mit Recht abgelehnt. Dies gilt schon deshalb, weil die Frage, ob die vorgenannte Bestimmung guten Glauben an die Vertretungsmacht schützt, sich nur in dem Fall stellt, in dem der Kaufmann selbst in fremden Namen handelt (Tiedtke, a. a. O., S. 229). Eine solche Fallgestaltung ist hier aber nicht gegeben, denn es hat nicht der Kaufmann selbst gehandelt, sondern jemand, der sich – wie der Kläger geltend macht – als dessen Angestellter ausgegeben hat.
cc) Unbeschadet dessen gelten die sonstigen bürgerlich-rechtlichen Grenzen des Vertrauensschutzes auch für § 366 HGB. Das betrifft nicht nur die Gutgläubigkeit des Erwerbers (§ 932 II BGB). Gutgläubiger Erwerb nach § 366 HGB ist zudem ausgeschlossen, wenn die Sache gestohlen worden, verlorengegangen oder sonst abhandengekommen war (§ 935 BGB; Oetker/Maultzsch, a. a. O., § 366 Rn. 22; Lettl, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a. a. O., § 366 Rn. 1). Auch diese Gesichtspunkte stehen einem Eigentumserwerb durch den Kläger entgegen.
(1) Der Kläger war nicht gutgläubig, sondern hat grob fahrlässig gehandelt (§ 932 II BGB).
Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Im Gegensatz zur einfachen Fahrlässigkeit muss es sich bei einem grob fahrlässigen Verhalten um ein auch in subjektiver Hinsicht unentschuldbares Fehlverhalten handeln, das ein gewöhnliches Maß erheblich übersteigt (BGH, Urt. v. 15.07.2008 – VI ZR 212/07, NJW 2009, 681 Rn. 35; Palandt/Bassenge, BGB, 69. Aufl., § 932 Rn. 10).
Im vorliegenden Fall war das Verhalten des Klägers, wie oben ausgeführt, grob fahrlässig. Darauf wird Bezug genommen. Die Ausführungen der Ermittlungsrichterin und der Strafkammer, die (ohne nähere Begründung) gutgläubigen Erwerb des Klägers angenommen habe, stehen dem nicht entgegen. Eine Bindung des Zivilrichters an die Feststellungen selbst eines strafgerichtlichen Urteils ist mit § 286 ZPO nicht vereinbar. Erst recht besteht keine Bindung an die strafrichterliche Tatsachenwürdigung in Beschlüssen im Ermittlungsverfahren. An die als gegenstandslos aufgehobene Vorschrift des § 14 II Nr. 1 EGZPO, aus welcher dies positiv hervorging, hat der BGH noch in seinem Beschluss vom 20.05.2010 erinnert (BGH, Beschl. v. 20.05.2010 – IX ZR 101/07, juris Rn. 5; s. auch Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 14 EGZPO Rn. 2; Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, 31. Aufl., § 14 EGZPO Rn. 1).
(2) Die Sattelzüge sind der Beklagten abhandengekommen.
(a) Darunter ist unfreiwilliger Besitzverlust zu verstehen (MünchKomm-BGB/Oechsler, a. a. O, § 935 Rn. 2; Baur/Stürner, a. a. O., § 52 Rn. 37). Besitzverlust ist bei Aufgabe der tatsächlichen Sachherrschaft anzunehmen (BGH, Urt. v. 30.05.1958 – V ZR 295/56, BGHZ 27, 360, 362; Urt. v. 06.03.1995 – II ZR 84/94, NJW 1995, 2097 unter II 3). Die Übergabe von Papieren ersetzt nicht die Übergabe des Fahrzeugs (BGH, Urt. v. 08.05.1978 – VIII ZR 46/77, NJW 1978, 1854 unter III 1; OLG Karlsruhe, Urt. v. 15.03.2005 – 17 U 180/04, MDR 2005, 1155, 1156; Palandt/Bassenge, a. a. O., § 929 Rn. 21). Für eine Übergabe ist es auch nicht ausreichend, dass durch die Aushändigung von Fahrzeugpapieren und Fahrzeugschlüsseln eine Zugriffsmöglichkeit auf das Fahrzeug geschaffen wird (OLG Karlsruhe, Urt. v. 15.03.2005 – 17 U 180/04, MDR 2005, 1155, 1156; Erman/Michalski, BGB, 12. Aufl., § 929 Rn. 10).
(b) Nach diesen Grundsätzen ist kein freiwilliger Besitzverlust der Beklagten an den Fahrzeugen festzustellen. Für den Geschäftsführer der Beklagten stand im vorliegenden Fall noch nicht fest, ob der Zwischenhändler die Fahrzeuge erwerben würde. Dies hing von der dem Geschäftsführer der Beklagten nicht bekannten Haltung des potenziellen Vertragspartners des Zwischenhändlers, hier des Klägers, ab. Der Zwischenhändler war aus Sicht der Beklagten seinerseits nur ein Kaufinteressent und als solcher nur ihr Besitzdiener i. S. von § 855 BGB (s. OLG Köln, Beschl. v. 18.04.2005 – 19 U 10/05, NZV 2006, 260; MünchKomm-BGB/Joost, BGB, 5. Aufl., § 855 Rn. 14). Der Geschäftsführer der Beklagten übergab dem Zwischenhändler dieFahrzeugpapiere und -schlüssel nur zum Zweck der Besichtigung zur Kaufanbahnung.
Zudem befanden sich die Fahrzeuge zur Zeit der Übergabe der Fahrzeugpapiere und -schlüssel noch auf dem Betriebsgelände der Beklagten, sodass ihre Zugriffsmöglichkeit trotz Schlüsselübergabe erhalten blieb. Selbst bei Gestattung einer Probefahrt ist nicht ohne Weiteres eine Besitzübergabe anzunehmen (OLG Köln, Beschl. v. 18.04.2005 – 19 U 10/05, NZV 2006, 260). Hier hat die Beklagte dem Zwischenhändler nicht einmal eine Probefahrt gestattet. Solange die Fahrzeuge noch auf dem Gelände der Beklagten standen und noch nicht über ihren Verkauf an den Zwischenhändler entschieden war, blieb die Beklagte Besitzerin. Das entspricht der Rechtslage im Strafrecht. Kraftwagen werden den Gewahrsamsinhabern erst dadurch i. S. der §§ 242, 243 StGB weggenommen, dass der Täter mit dem in Gang gesetzten Fahrzeug wegfährt und es dadurch der Einwirkungsmöglichkeit des Gewahrsamsinhabers entzieht (BGH, Urt. v. 07.09.1962 – 4 StR 266/62, BGHSt 18, 66, 69 = NJW 1963, 212, 213; von Heintschel-Heinegg/Wittig, StGB, 2010, § 242 Rn. 25.1).
dd) Da § 366 I HGB, wie aufgezeigt, unter mehreren Blickwinkeln nicht eingreift, kommt es nicht auf die im Schrifttum umstrittene Frage an, ob die Vorschrift überhaupt guten Glauben an die Vertretungsmacht schützt, sei es in extensiver Auslegung oder analoger Anwendung (ablehnend z. B. Oetker/Maultzsch, a. a. O., § 366 Rn. 26; Tiedtke, a. a. O., S. 229 ff.; Lettl, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, a. a. O., § 366 Rn. 11; bejahend z. B. Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, 34. Aufl., § 366 Rn. 5; offenlassend BGH, Urt. v. 02.07.1992 – IX ZR 274/91, BGHZ 119, 75, 92).
B. In zweiter Instanz macht der Kläger hilfsweise einen Schadensersatzanspruch in Höhe des dem Zwischenhändler gezahlten Barbetrags geltend. Den Anspruch stützt der Kläger auf den Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (§§ 280 I, 241 II, 311 II und III, 31 BGB); mit einer gegebenenfalls Zug um Zug erfolgenden Abtretung seiner Ansprüche gegen die Täter ist der Kläger einverstanden. Der vorgenannte Anspruch steht dem Kläger nicht zu. Auch insoweit kommt es nicht darauf an, ob der Geschäftsführer der Beklagten dem Zwischenhändler die Fahrzeugbriefe ausgehändigt hat oder nicht.
1. Zwischen den Parteien des Rechtsstreits bestand kein Schuldverhältnis (§ 241 II BGB). Es sollte auch keines angebahnt werden (§ 311 II Nr. 1 BGB); ebenso wenig sollten rechtsgeschäftliche Beziehungen oder Kontakte zwischen ihnen entstehen (§ 311 II Nr. 2 und Nr. 3 BGB). Der Kläger war aus Sicht der Beklagten nicht ihr Kunde und sollte es auch nicht werden. Aus der Sicht des Klägers sollte durch das Handeln des sich als „Angestellter“ gerierenden Zwischenhändlers allerdings ein rechtsgeschäftlicher Kontakt zur Beklagten hergestellt werden. Zwar kann ein geschäftlicher Kontakt i. S. von § 311 II Nr. 3 BGB auch bei unverbundenen Personen anzunehmen sein, wenn sich der eine Teil in einem von dem anderen Teil zu vertretenden Irrtum über die Person des Schuldners befindet und deshalb (zu Unrecht) den anderen Teil als seinen Verhandlungs- und Vertragspartner ansieht (MünchKomm-BGB/Emmerich, BGB, 5. Aufl., § 311 Rn. 76). Eine solche Fallgestaltung liegt jedoch nicht vor. Wie ausgeführt, braucht die Beklagte sich das Handeln des Zwischenhändlers nicht zurechnen zu lassen, sodass sie den Irrtum des Klägers nicht zu vertreten hat.
2. Eine allgemeine Schutz- oder Verkehrspflicht eines Unternehmers, seine Angestellten oder gar Geschäftspartner zu überwachen, ob sie nicht als seine Vertreter auftreten, besteht nicht. Selbst wenn unter bestimmten Umständen in Teilen des Schrifttums eine Haftung fürschuldhaftes Nichtverhindern vollmachtloser Vertretung angenommen werden mag (Nachweise bei Larenz/Wolf, a. a. O., § 48 Rn. 29), würde dies im vorliegenden Fall voraussetzen, dass die Beklagte Anhaltspunkte für einen etwaigen Missbrauch der Fahrzeugbriefe durch den Zwischenhändler gehabt hätte. Daran fehlt es jedoch.
3. Ein etwaiger auf Ersatz des Vertrauensschadens gerichteter Schadensersatzanspruch des Klägers ist außerdem wegen überwiegenden Mitverschuldens ausgeschlossen (§ 254 I BGB). Die Mitverursachung aufseiten der Beklagten ist vergleichsweise gering; auch das Verschulden ihres Geschäftsführers bleibt deutlich hinter dem des Klägers zurück. Wie oben ausgeführt, waren seit dem 12.12.2008 mehr und mehr Verdachtsmomente entstanden, denen der Kläger sich bis zum Kauf am 17.12. des Jahres nicht hätte verschließen dürfen. Der Geschäftsführer der Beklagten hatte hingegen keine Anzeichen für rechtswidriges Handeln des Zwischenhändlers. Die Beklagte hat sich überdies zumindest über die Firma des angeblichen Zwischenhändlers erkundigt. Ihr Geschäftsführer hat die Fahrzeugbriefe zudem nur kurz allein gelassen. Dass er sie überhaupt aus dem Tresor geholt hat, ist nicht fahrlässig; vielmehr durfte er annehmen, dass der Abnehmer des Zwischenhändlers seinerseits die Fahrzeugunterlagen einsehen möchte. Zwar hat der Geschäftsführer der Beklagten die Fahrzeugbriefe vorübergehend nicht im Blick gehabt. Wie ausgeführt, hatte er jedoch keinen Anlass, mit einem Missbrauch durch den Zwischenhändlerzu rechnen.
C. Die Berufung des Klägers gegen seine Verurteilung aufgrund der Widerklage, soweit ihr das Landgericht stattgegeben hat, hat keinen Erfolg.
1. Da die Beklagte nicht Eigentümerin der Sattelzüge ist, steht ihr zwar kein Herausgabeanspruch aus § 985 BGB im Hinblick auf die Fahrzeuge bzw. die Fahrzeugbriefe zu. Ein anderer als der Eigentümer kann die Vindikation aber im eigenen Namen geltend machen, wenn er hierzu vom Eigentümer rechtsgeschäftlich ermächtigt worden ist (BGH, Urt. v. 13.10.1982 – VIII ZR 197/81, NJW 1983, 112 unter 2 d bb; Staudinger/Gursky, BGB, Neubearb. 2006, § 985 Rn. 3, 42). Das Landgericht hat vor diesem Hintergrund darauf abgestellt, dass die Leasinggeberin die Beklagte ermächtigt habe, den Herausgabeanspruch aus § 985 BGB geltend zu machen (§ 185 BGB). Diese Feststellung greift die Berufungsbegründung des Klägers nicht an.
2. Da die Beklagte Leasingnehmerin ist, steht ihr unabhängig von einer Ermächtigung der Leasinggeberin ein Herausgabeanspruch aus § 1007 I BGB und aus § 1007 II BGB zu (zum Anspruch des Leasingnehmers aus § 1007 BGB: H. Beckmann, Finanzierungsleasing, 3. Aufl., § 10 Rn. 2).
a) Wer eine bewegliche Sache im Besitz gehabt hat, kann von dem Besitzer gemäß § 1007 I BGB die Herausgabe der Sache verlangen, wenn dieser bei dem Erwerb des Besitzesnicht in gutem Glauben war. Es kommt danach darauf an, ob der Kläger ohne grobe Fahrlässigkeit gegenüber der Beklagten ein Besitzrecht angenommen hat (§ 932 II BGB). Das hat – als Anspruchstellerin – die Beklagte zu beweisen (s. MünchKomm-BGB/Baldus, 5. Aufl., § 1007 Rn. 15, 21, 29). Wie oben ausgeführt, hat der Kläger grob fahrlässig gehandelt.
b) Der Beklagten steht auch ein Anspruch aus § 1007 II BGB zu. Ist die Sache dem früheren Besitzer gestohlen worden, verlorengegangen oder sonst abhandengekommen, so kann er die Herausgabe nach dieser Bestimmung auch von einem gutgläubigen Besitzer verlangen, es sei denn, dass dieser Eigentümer der Sache ist oder die Sache ihm vor der Besitzzeit des früheren Besitzers abhandengekommen war. Das Abhandenkommen hat – als Anspruchstellerin – im vorliegenden Fall die Beklagte zu beweisen (s. MünchKomm-BGB/Baldus, a. a. O., § 1007 Rn. 29; MünchKomm-BGB/Oechsler, a. a. O., § 935 Rn. 19). Wie bereits aufgezeigt, sind die Fahrzeuge der Beklagten abhandengekommen.
c) Ein Recht zum Besitz (§ 1007 III 1, § 986 I BGB) steht dem Kläger – wie dargetan – mangels Kaufvertrags mit der Beklagten nicht zu.
D. Die Kostenentscheidung für die zweite Instanz folgt aus §§ 97 I, 516 III 1 ZPO, für die erste Instanz aus §§ 91a I, 92 1 ZPO. Der Kläger hat in erster Instanz zunächst auch Herausgabe der Fahrzeugbriefe verlangt. Später sind die beschlagnahmten Fahrzeugbriefe an ihn herausgegeben worden. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit bereits in erster Instanz übereinstimmend für erledigt erklärt. Mit der Berufungsbegründung beantragt der Kläger, der Beklagten insoweit entstandene Kosten aufzulegen. Dem ist nicht folgen, weil auch der ursprüngliche Anspruch des Klägers keinen Erfolg gehabt hätte. Gesonderte Kosten sind überdies nicht entstanden. Wenn sowohl das Fahrzeug als auch der Fahrzeugbrief Streitgegenstand ist, findet eine Zusammenrechnung des Streitwerts nach § 5 Halbsatz 1 ZPO wegen wirtschaftlicher Identität nicht statt (Schneider/Herget, Streitwert-Kommentar, 12. Aufl., Rn. 2772). …