In Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die ein Kfz-Händler gegenüber Verbrauchern in Verträgen über den Verkauf gebrauchter Kraftfahrzeuge verwendet, verstößt folgende, für den Fall der Nichtabnahme des Fahrzeugs durch den Käufer vorgesehene Schadenspauschalierungsklausel nicht gegen das Klauselverbot nach § 309 Nr. 5 lit. b BGB: „Verlangt der Verkäufer Schadensersatz, so beträgt dieser 10 % des Kaufpreises. Der Schadensersatz ist höher oder niedriger anzusetzen, wenn der Verkäufer einen höheren oder der Käufer einen geringeren Schaden nachweist.“
BGH, Urteil vom 14.04.2010 – VIII ZR 123/09
Sachverhalt: Durch Vertrag vom 10./14.01.2008 kaufte die Beklagte von der Klägerin, die einen Kraftfahrzeughandel betreibt, ein gebrauchtes Kraftfahrzeug zum Preis von 29.000 € . Dabei sollte ein Gebrauchtfahrzeug in Zahlung gegeben und mit 6.200 € auf den Kaufpreis angerechnet werden. Die einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin bestimmen unter „IV. Abnahme“ Folgendes:
„1. Der Käufer ist verpflichtet, den Kaufgegenstand innerhalb von acht Tagen ab Zugang der Bereitstellungsanzeige abzunehmen. Im Falle der Nichtabnahme kann der Verkäufer von seinen gesetzlichen Rechten Gebrauch machen.
2. Verlangt der Verkäufer Schadensersatz, so beträgt dieser 10 % des Kaufpreises. Der Schadensersatz ist höher oder niedriger anzusetzen, wenn der Verkäufer einen höheren oder der Käufer einen geringeren Schaden nachweist.“
Mit einem am 15.01.2008 bei der Klägerin eingegangenen Schreiben erklärte die Beklagte, vom Kaufvertrag zurückzutreten. Die Klägerin bestätigte den Vertragsrücktritt und erklärte, die Beklagte aus den Verpflichtungen des mit ihr geschlossenen Kaufvertrags entlassen zu wollen. Gleichzeitig bat sie um Zahlung der im Vertrag vorgesehenen Abstandssumme in Höhe von 10 % des Kaufpreises und wies darauf hin, dass mit Zahlung dieses Betrages die vertraglichen Pflichten der Beklagten abgegolten seien. Die Beklagte ihrerseits ließ durch Anwaltsschreiben vom 28.01.2008 mitteilen, dass sie den Schadensersatz nicht zahlen werde, und erklärte hilfsweise die Anfechtung des Kaufvertrags, weil sie sich von der Klägerin über den für das in Zahlung gegebene Gebrauchtfahrzeug anzurechnenden Betrag als getäuscht ansah.
Das Amtsgericht hat der auf Zahlung eines pauschalierten Schadensersatzes von 2.900 € zuzüglich vorgerichtlicher Anwaltskosten gerichteten Klage stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Ihre Revision hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: [5] I. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
[6] Die von der Beklagten erklärte Anfechtung des Kaufvertrags greife nicht durch. Zwar sei bei der ersten Besichtigung ein Inzahlungnahmebetrag von 9.000 € genannt worden. Dieser Betrag habe jedoch unter dem Vorbehalt genauerer Besichtigung gestanden. Soweit die Klägerin aufgrund der dabei unstreitig festgestellten Mängel zu der Einschätzung gelangt sei, das Fahrzeug werde die TÜV-Plakette nicht erhalten, und deshalb nur noch einen geringeren Inzahlungnahmebetrag angeboten habe, könne dies ein Anfechtungsrecht nicht begründen. Die Beklagte sei deshalb nach dem von ihr grundlos erklärten Rücktritt zur Zahlung des von der Klägerin nach Maßgabe ihrer Geschäftsbedingungen in Höhe von 10 % des Kaufpreises beanspruchten Schadensersatzes verpflichtet. Die betreffende Klausel sei wirksam. Zwar verlange § 309 Nr. 5 lit. b BGB den ausdrücklichen Hinweis auf die Möglichkeit des Gegenbeweises, dass kein Schaden eingetreten oder dass dieser geringer sei als die vorgesehene Pauschale. Dass hiervon abweichend in der Klausel der Hinweis auf die Nachweismöglichkeit fehle, dass ein Schaden überhaupt nicht entstanden sei, sei jedoch unschädlich. Denn es sei nicht erforderlich, dass insoweit der Gesetzeswortlaut übernommen werde. Eine solche Klausel werde entgegen teilweise vertretener Auffassung den bestehenden Anforderungen vielmehr schon dann gerecht, wenn sie dem Käufer – wie hier – ausdrücklich die Möglichkeit eröffne nachzuweisen, dass dem Verkäufer ein geringerer Schaden entstanden sei. Ein solcher Hinweis schließe nämlich erkennbar auch die Möglichkeit des Nachweises ein, dass überhaupt kein Schaden entstanden sei.
[7] II. Diese Beurteilung lässt, soweit sie revisionsrechtlicher Nachprüfung unterliegt, keinen Rechtsfehler erkennen.
[8] 1. Die Revision ist allerdings nur insoweit zulässig, als sich das Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts über den Betrag des zugesprochenen Schadensersatzes wendet. Denn das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision wirksam hierauf beschränkt. Soweit die Revision das Berufungsurteil auch hinsichtlich der Entscheidung über den Anspruchsgrund angreift, ist das Rechtsmittel deshalb mangels Zulassung durch das Berufungsgericht unstatthaft und damit unzulässig (§ 543 I ZPO) …
[13] 2. Soweit die Revision zulässig ist, hält die Beurteilung des Berufungsgerichts rechtlicher Nachprüfung stand. Die Klägerin kann – wie aufgrund der beschränkten Revisionszulassung feststeht – gem. § 280 I und III, § 281 I 1, II BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen, weil die Beklagte unberechtigt ihre auf Zahlung des Kaufpreises und Abnahme des gekauften Fahrzeugs gerichtete Leistung (§ 433 II BGB) verweigert hat. Diesen Schadensersatz kann die Klägerin entgegen der Auffassung der Revision auch pauschal nach Maßgabe von Ziffer IV Nr. 2 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen berechnen, da die betreffende Klausel den in § 309 Nr. 5 BGB aufgestellten Anforderungen an eine wirksame Schadenspauschalierung gerecht wird.
[14] a) Das Berufungsgericht hat – von der Revision unbeanstandet – gegen die Angemessenheit der in Ziffer IV Nr. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin geregelten Schadenspauschale ersichtlich keine Bedenken gehabt und die Klausel deshalb am Maßstab des § 309 Nr. 5 lit. a BGB als wirksam angesehen. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal die Angemessenheit der Pauschale in den Tatsacheninstanzen weder angegriffen war, noch der angesetzte Wert als ungewöhnlich hoch angesehen werden kann (vgl. Senat, Urt. v. 03.11.1999 – VIII ZR 35/99, WM 2000, 81 [unter II 2]).
[15] b) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Schadenspauschalierung in Ziffer IV Nr. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin nicht vom Klauselverbot des § 309 Nr. 5 lit. b BGB erfasst wird, wonach die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz unwirksam ist, wenn dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale.
[16] aa) Es ist umstritten, ob eine solche Klausel unwirksam ist, wenn in ihrem Wortlaut ein ausdrücklicher Hinweis fehlt, dass dem anderen Vertragsteil auch der Nachweis gestattet ist, dass ein Schaden überhaupt nicht entstanden ist. Teilweise wird mit Blick auf den insoweit für eindeutig erachteten Wortlaut des § 309 Nr. 5 lit. b BGB oder einen jedenfalls dahingehenden Willen des Gesetzgebers die Auffassung vertreten, dass die Schadenspauschalierungsklausel zu ihrer Wirksamkeit in ihrem Wortlaut den aus dem Gesetzestext entnommenen ausdrücklichen Hinweis enthalten müsse, dass der Nachweis des Nichteintritts eines Schadens möglich sei (OLG Celle, BauR 2009, 103 [107]; AG Haßfurt, Urt. v. 21.08.2006 – 3 C 624/05, BB 2007, 2706; Koch, MDR 2003, 661 [663]; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rn. 208). Teilweise wird es dagegen für ausreichend erachtet, wenn die gewählte Formulierung auch einem rechtsunkundigen Vertragspartner unzweideutig den ohne Weiteres verständlichen Hinweis gibt, er könne den Gegenbeweis führen, dass dem Verwender ein Schaden überhaupt nicht entstanden sei. Denn dem Gesetzgeber sei es nur auf die ausdrückliche Einräumung der Möglichkeit, die genannten anderweitigen Nachweise zu führen, nicht aber auf eine exakte Übernahme der Formulierungen des Gesetzestextes angekommen (AG München, NJW-RR 2008, 139 [140]; Dammann, in: Wolf/Lindacher/Pfeifer, AGB-Recht, 5. Aufl., § 309 Nr. 5 Rn. 96–99; Becker, in: Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 309 Nr. 5 Rn. 36; Albert/Holthusen, BB 2007, 2706 [2707]).
[17] bb) Der Senat, der sich in seinem Urteil vom 23.11.2005 (VIII ZR 154/04, WuM 2006, 97) nach der dortigen Fallgestaltung mit den Anforderungen, die an die Formulierung dieser Nachweismöglichkeit im Einzelnen zu stellen sind, noch nicht zu befassen brauchte, tritt letztgenannter Auffassung bei.
[18] (1) Der Wortlaut des § 309 Nr. 5 lit. b BGB verlangt nur, dass dem anderen Vertragsteil ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale. Die Zulassung des Nachweises muss danach in der Klauselformulierung zwar ausdrücklich angesprochen sein. Mit welchen Formulierungen dies zu geschehen hat, insbesondere ob der Klauselverwender sich dabei zwingend des Gesetzeswortlauts bedienen muss, lässt der Gesetzestext dagegen offen.
[19] Auch in der Gesetzesbegründung findet sich kein Anhalt, dass der Gesetzgeber dem Klauselverwender für die Zulassung des Nachweises eines niedrigeren Schadens gerade die Verwendung einer bestimmten Formulierung vorschreiben wollte. Nach § 11 Nr. 5 lit. b AGBG war eine Schadenspauschalierung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn dem anderen Vertragsteil der Nachweis abgeschnitten wurde, ein Schaden sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale (dazu BGH, Urt. v. 16.01.1984 – II ZR 100/83, NJW 1984, 2093 [unter II 4]). Im Gegensatz hierzu kam es dem Gesetzgeber bei Schaffung des § 309 Nr. 5 lit. b BGB darauf an, den Gesetzeswortlaut dahin gehend umzukehren, dass Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Schadenspauschale in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nunmehr sein sollte, dass dem anderen Vertragsteil ausdrücklich der Nachweis eines niedrigeren Schadens gestattet wird. Auf diese Weise sollte den zur Rechtsunsicherheit führenden Auslegungsproblemen begegnet werden, die sich in der Rechtspraxis im Hinblick auf Klauseln ergeben hatten, bei denen für den rechtsunkundigen Durchschnittskunden zweifelhaft war, ob aus ihnen die Möglichkeit des Nachweises eines niedrigeren Schadens herauszulesen war oder nicht. Künftig sollte deshalb die gesetzliche Regelung formal strenger und eine Klausel aus Gründen der Klarheit und Eindeutigkeit nur zulässig sein, wenn sie den Nachweis eines geringeren Schadens ausdrücklich zulässt (BT-Drs. 14/6040, S. 155).
[20] Nach der Gesetzesbegründung, die den vorgeschlagenen Gesetzeswortlaut dabei selbst nur verkürzend in der Weise zitiert, dass sie von der ausdrücklichen Zulassung des Nachweises eines geringeren Schadens spricht, kam es dem Gesetzgeber mithin entscheidend darauf an, in Umkehr der bisherigen Rechtslage die Möglichkeit des Nachweises eines niedrigeren Schadens durch ausdrücklichen Hinweis im Klauselwortlaut zu verankern. Wie und insbesondere mit welchem Wortlaut dies in der Klausel ihren Ausdruck finden sollte, ist indessen nicht Gegenstand der Neuregelung gewesen und hat demgemäß in ihr auch keinen Niederschlag gefunden. Es genügt deshalb, wenn der im Klauseltext enthaltene Hinweis auf die Möglichkeit des Gegenbeweises einem rechtsunkundigen Vertragspartner ohne Weiteres deutlich macht, dass darin die Möglichkeit des Nachweises, ein Schaden sei überhaupt nicht entstanden, eingeschlossen ist.
[21] (2) Das Berufungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die von der Klägerin verwendete Klausel dem Vertragspartner diese Möglichkeit des Nachweises gestattet, da aus der verwendeten Formulierung nach dem objektiven Empfängerhorizont zu ersehen sei, dass die Klausel auch den Nachweis des Nichteintritts eines Schaden einschließt. Der Senat, der die tatrichterliche Auslegung der Klausel uneingeschränkt nachprüfen kann, weil sie – wie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin insgesamt – auf eine Empfehlung des Zentralverbandes des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes e. V. zurückgeht und daher über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus Verwendung findet, teilt die Auffassung des Berufungsgerichts. Denn dass die Möglichkeit des Nachweises eines geringeren Schadens zugleich den Nachweis einschließt, dass überhaupt kein Schaden entstanden ist, liegt nach dem Wortlaut der Klausel und dem Zweck der Nachweismöglichkeit aus der Sicht eines verständigen, juristisch nicht vorgebildeten Vertragspartners der Klägerin auf der Hand. Ein anderes Verständnis liegt angesichts seiner Sinnwidrigkeit fern und kann deshalb auch gemessen am Maßstab des § 305c II BGB für die Klauselauslegung als unbeachtlich außer Betracht bleiben (vgl. Senat, Urt. v. 23.11.2005 – VIII ZR 154/04, WuM 2006, 97; BGH, Urt. v. 10.05.1994 – XI ZR 65/93, WM 1994, 1283 [unter II 2b bb] m. w. Nachw.).
[22] 3. Ohne Erfolg rügt die Revision schließlich erstmals, dass der Klägerin eine Erstattung ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht hätte zugesprochen werden dürfen, weil diese Rechtsverfolgungskosten in der Schadenspauschale enthalten seien. Dass die Beklagte die Schadenshöhe in den Tatsacheninstanzen dahingehend bestritten hatte, zeigt die Revision jedoch ebenso wenig auf wie Tatsachenvortrag, nach dem der branchentypische Durchschnittsschaden, an dem sich die Schadenspauschale auszurichten hat (vgl. BGH, Urt. v. 16.01.1984 – II ZR 100/83, NJW 1984, 2093; Hensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 309 Nr. 5 BGB Rn. 15), derartige Rechtsverfolgungskosten mit einschließt. Davon kann auch nicht ausgegangen werden. Zwar erstreckt sich die Schadenspauschalierung im Zweifel auf den Ersatz des gesamten bei dem Verwender typischerweise eintretenden Schadens (Becker, in: Bamberger/Roth, a. a. O., § 309 Nr. 5 Rn. 34). Dass zu diesem typischerweise eintretenden Schaden jedoch auch etwaige Rechtsverfolgungskosten zählen, deren Anfall und Höhe in der Regel durch den Einzelfall geprägt sind und die sich deshalb vorab noch nicht verlässlich einschätzen lassen, kann nicht angenommen werden.