Als un­mit­tel­ba­rer An­sprech­part­ner des Käu­fers ist ein Kfz-Ver­trags­händ­ler ver­pflich­tet, den Kun­den über ihm be­kannt ge­wor­de­ne Ge­fah­ren im Zu­sam­men­hang mit der Nut­zung des Fahr­zeugs zu in­for­mie­ren und vor ih­nen zu war­nen. Hat der Händ­ler sei­ne Warn- und In­struk­ti­ons­pflich­ten ver­letzt, kann dem Käu­fer – auch nach Ver­jäh­rung sei­ner Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che – ein Scha­dens­er­satz­an­spruch (§ 823 I BGB) ge­gen den Händ­ler zu­ste­hen.

OLG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 29.07.2009 – I-22 U 157/08

Sach­ver­halt: Der Klä­ger kauf­te am 13.07.2005 bei der Be­klag­ten, ei­ner Al­fa-Ro­meo-Ver­trags­händ­le­rin, ei­nen ge­brauch­ten Pkw (Bau­jahr 2001) zum Preis von 12.000 €. Die Ge­währ­leis­tungs­frist wur­de im Kauf­ver­trag auf ein Jahr ab Ab­lie­fe­rung des Fahr­zeugs, die am 19.07.2005 statt­fand, be­grenzt.

Hin­sicht­lich der Fahr­zeu­ge die­ses Typs hat­te der Her­stel­ler im De­zem­ber 2004 ei­ne Rück­ruf­ak­ti­on durch­ge­führt. Es hat­te sich her­aus­ge­stellt, dass die Mo­tor­hau­ben­schlös­ser bei nicht hin­rei­chen­der War­tung kor­ro­die­ren und sich des­we­gen Mo­tor­hau­ben wäh­rend der Fahrt öff­nen kön­nen. Zeit­gleich wur­den die her­stel­ler­sei­ti­gen In­spek­ti­ons­vor­ga­ben da­hin ge­hend ge­än­dert, dass sie auch ei­ne ge­son­der­te War­tung des Mo­tor­hau­ben­schlos­ses vor­ga­ben.

Am 12.07.2007 er­litt der Klä­ger mit dem von der Be­klag­ten er­wor­be­nen Fahr­zeug ei­nen Un­fall, weil sich die Mo­tor­hau­be des Pkw we­gen des kor­ro­dier­ten Mo­tor­schlos­ses auf der Au­to­bahn bei ei­ner Ge­schwin­dig­keit von ca. 100 km/h öff­ne­te und auf Front­schei­be und Dach des Fahr­zeugs prall­te. Hier­bei wur­den die Front­schei­be durch­schla­gen, das Dach ver­beult und der In­nen­spie­gel des Fahr­zeugs ab­ge­ris­sen. Für die Re­pa­ra­tur wand­te der Klä­ger Kos­ten in Hö­he von ins­ge­samt 5.757,75 € auf, die in Hö­he von 701,81 € ab­züg­lich ei­ner Selbst­be­tei­li­gung von 150 € als Glas­scha­den von ei­ner Teil­kas­ko­ver­si­che­rung des Klä­gers ge­deckt wa­ren. Die­sen Scha­den macht der Klä­ger ge­gen­über der Be­klag­ten, die sich u. a. auf Ver­jäh­rung be­ruft, gel­tend.

Der Klä­ger hat be­haup­tet, er ha­be den Pkw ord­nungs­ge­mäß war­ten las­sen. Ein War­tungs­plan sei ihm mit dem Fahr­zeug nicht über­ge­ben wor­den. Er hat sei­ne zu­nächst auf Zah­lung von 5.757,75 € ge­rich­te­te Kla­ge erst­in­stanz­lich zu­rück­ge­nom­men, so­weit der Glas­scha­den von sei­ner Teil­kas­ko­ver­si­che­rung ge­deckt war.

Das Land­ge­richt hat die Be­klag­te durch am 19.08.2008 ver­kün­de­tes Ur­teil zur Zah­lung von 5.108,95 € nebst Zin­sen und vor­ge­richt­li­cher An­walts­kos­ten ver­ur­teilt und die wei­ter­ge­hen­de Kla­ge ab­ge­wie­sen. Zur Be­grün­dung hat es un­ter an­de­rem aus­ge­führt, ein An­spruch auf Er­satz des vol­len Scha­dens, ins­be­son­de­re der Kos­ten der Schloss­re­pa­ra­tur, be­ste­he nicht, weil die­ser je­den­falls ver­jährt sei. Die Be­ru­fung der Be­klag­ten hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: II. Die zu­läs­si­ge Be­ru­fung ist in der Sa­che un­be­grün­det, denn dem Klä­ger steht der gel­tend ge­mach­te Scha­dens­er­satz­an­spruch ge­gen die Be­klag­te aus § 823 I BGB zu.

1. Kauf­ver­trag­li­che Scha­dens­er­satz­an­sprü­che des Klä­gers sind ent­spre­chend der Auf­fas­sung des Land­ge­richts je­den­falls … mit Ab­lauf des ers­ten Jahrs ab Ab­lie­fe­rung [des Fahr­zeugs] ver­jährt. Ei­ne der­ar­ti­ge Ver­kür­zung der ge­setz­li­chen Ver­jäh­rungs­frist wird von § 475 II BGB aus­drück­lich zu­ge­las­sen. Grün­de, die im vor­lie­gen­den Fall gleich­wohl für ei­ne un­wirk­sa­me Ver­trags­be­stim­mung spre­chen könn­ten, sind we­der vor­ge­tra­gen noch sonst er­sicht­lich.

Zu Recht geht das Land­ge­richt auch da­von aus, dass ein arg­lis­ti­ges Ver­schwei­gen ei­nes Man­gels, wel­ches ge­mäß § 438 III BGB zum Lauf der re­gel­mä­ßi­gen Ver­jäh­rungs­frist von drei Jah­ren ge­mäß § 195 BGB führt, nicht hin­rei­chend dar­ge­tan ist. Selbst wenn das Schloss bei Über­ga­be an den Klä­ger kor­ro­diert ge­we­sen sein soll­te, ist nicht er­kenn­bar, dass dies bei den Mit­ar­bei­tern der Be­klag­ten, die die Ver­kaufs­ge­sprä­che mit dem Klä­ger ge­führt ha­ben, be­kannt war.

Die – der Be­klag­ten un­strei­tig be­kann­te – kon­struk­ti­ons­be­ding­te Feh­ler­an­fäl­lig­keit des Schlos­ses stellt ei­nen Man­gel nicht dar, wenn die­se durch ei­ne re­gel­mä­ßi­ge War­tung kon­trol­liert wer­den kann. Denn bei Durch­füh­rung der War­tung ist die Funk­ti­ons­fä­hig­keit des Schlos­ses ge­währ­leis­tet, und die Not­wen­dig­keit, Fahr­zeug­tei­le ei­ner re­gel­mä­ßi­gen War­tung und Pfle­ge zu un­ter­zie­hen, um de­ren Funk­ti­ons­tüch­tig­keit zu ge­währ­leis­ten, zählt zu den all­ge­mei­nen, ty­pi­scher­wei­se mit der Nut­zung von Kraft­fahr­zeu­gen ver­bun­de­nen Auf­wen­dun­gen. Da­von, dass die re­gel­mä­ßi­ge War­tung die Funk­ti­ons­tüch­tig­keit des Schlos­ses ge­währ­leis­tet, ist man­gels ent­ge­gen­ste­hen­der An­halts­punk­te aus­zu­ge­hen.

2. Auch ei­ne Haf­tung der Be­klag­ten aus dem Ge­sichts­punkt des Ver­schul­dens bei Ver­trags­ver­hand­lun­gen (§§ 311 II, 280 BGB) ist … aus­ge­schlos­sen. In die­sem Zu­sam­men­hang be­darf es kei­ner Ent­schei­dung, ob die Haf­tung aus §§ 311 II, 280 BGB hin­ter dem Sach­män­gel­ge­währ­leis­tungs­recht zu­rück­tritt, wenn der zwi­schen den Par­tei­en ge­schlos­se­ne Ver­trag zu­stan­de ge­kom­men ist (vgl. hier­zu nur Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 68. Aufl., § 311 Rn. 15 m. w. Nachw.). Denn je­den­falls liegt, wo­von das Land­ge­richt zu­tref­fend und von den Par­tei­en nicht an­ge­grif­fen aus­geht, kein Vor­satz der Be­klag­ten vor.

3. Die Haf­tung der Be­klag­ten er­gibt sich im vor­lie­gen­den Fall je­doch aus § 823 I BGB we­gen ei­ner Ver­let­zung ei­ner der Be­klag­ten ob­lie­gen­den Ver­kehrs­si­che­rungs­pflicht. Zwar haf­tet die Be­klag­te nach de­lik­ti­schen Grund­sät­zen nicht des­we­gen, weil das Mo­tor­raum­schloss des an den Klä­ger ver­kauf­ten Pkw man­gel­haft war und die Be­klag­te ein man­gel­haf­tes Pro­dukt in den Ver­kehr ge­bracht hät­te (da­zu so­gleich a). Ei­ne Haf­tung der Be­klag­ten ist aber des­we­gen be­grün­det, weil sie Warn- und In­struk­ti­ons­pflich­ten ge­gen­über dem Klä­ger ver­letzt hat (un­ten b).

a) Ei­ne Haf­tung der Be­klag­ten aus § 823 I BGB un­ter dem Ge­sichts­punkt des In­ver­kehr­brin­gens ei­nes feh­ler­haf­ten Pro­dukts schei­det aus, denn es kann nicht fest­ge­stellt wer­den, dass sie ein feh­ler­haf­tes Pro­dukt in den Ver­kehr ge­bracht hat.

Die Be­klag­te als Händ­le­rin kann für ei­nen kon­struk­ti­ons­be­ding­ten Man­gel des Fahr­zeugs de­lik­tisch haf­ten. Zwar haf­tet der Händ­ler, dem nicht die Kon­struk­ti­on und Fa­bri­ka­ti­on der Wa­re ob­liegt, grund­sätz­lich nicht un­ter de­lik­ti­schen Ge­sichts­punk­ten für de­ren Man­gel­haf­tig­keit, so­fern die­se für ihn nicht of­fen­sicht­lich ist (vgl. nur BGH, NJW 1980, 1219 [1220]; NJW 1981, 2250 f.; Fo­ers­te, in: v. West­pha­len, Pro­dukt­haf­tungs­hand­buch, 2. Aufl. [1999], § 26 Rn. 20 m. zahlr. w. Nachw., MünchKomm-BGB/Wag­ner, 4. Aufl. [2004], § 823 Rn. 561 m. w. Nachw.). Ei­ne er­wei­ter­te Haf­tung kann den Händ­ler al­ler­dings dann tref­fen, wenn be­son­de­re Um­stän­de hin­zu­tre­ten, ins­be­son­de­re wenn er weiß oder wis­sen muss, dass das Pro­dukt den an ein si­che­res Pro­dukt zu stel­len­den An­for­de­run­gen nicht ge­nügt. Dies ent­sprach schon bis­lang der herr­schen­den Mei­nung (vgl. nur die Nach­wei­se bei Fo­ers­te, a. a. O., § 26 Rn. 22) und ist nun­mehr durch § 5 III GPSG aus­drück­lich nor­miert wor­den. Da die Rück­ruf­ak­ti­on … der Be­klag­ten un­strei­tig be­kannt war, wür­de sie auch für das In­ver­kehr­brin­gen ei­ner man­gel­haf­ten Sa­che haf­ten.

Vom In­ver­kehr­brin­gen ei­ner feh­ler­be­haf­te­ten Sa­che i. S. die­ser Grund­sät­ze ist im vor­lie­gen­den Fall je­doch nicht aus­zu­ge­hen, denn es steht nicht fest, ob das Mo­tor­hau­ben­schloss zum Zeit­punkt der Über­ga­be an den Klä­ger de­fekt war. Der zeit­li­che Ab­lauf, ins­be­son­de­re die un­fall­freie Nut­zung des Pkw über ei­nen Zeit­raum von zwei Jah­ren lässt – wor­auf die Be­klag­te zu Recht hin­weist – eher den Schluss zu, dass der Klä­ger kei­ne von vor­ne­her­ein man­gel­haf­te Sa­che er­wor­ben hat, son­dern das Schloss viel­mehr im Lau­fe der Nut­zung durch die Kor­ro­si­on de­fekt ge­wor­den ist. Dar­le­gungs- und be­weis­be­las­tet für das In­ver­kehr­brin­gen ei­nes de­fek­ten Pro­dukts ist der Klä­ger (Pa­landt/Sprau, BGB, 68. Aufl., § 823 Rn. 183 m. w. Nachw.). Be­wei­ser­leich­te­run­gen et­wa im Sin­ne ei­nes An­scheins­be­wei­ses kom­men nach dem hier in Re­de ste­hen­den Zeit­ab­lauf zwi­schen Über­ga­be und Un­fall nicht mehr in Be­tracht. Ein ent­spre­chen­der Be­weis­an­tritt des Klä­gers ist trotz des aus­drück­li­chen Hin­wei­ses durch das Land­ge­richt im Be­schluss vom 15.04.2008 nicht er­folgt, viel­mehr hat der Klä­ger mit­ge­teilt, dass er sei­ne Kla­ge auf die un­ter­blie­be­ne Wei­ter­ga­be der bei der Be­klag­ten vor­han­de­nen In­for­ma­tio­nen stüt­ze. Da­her ist der Klä­ger für die­se Be­haup­tung be­weis­fäl­lig ge­blie­ben, so dass es auch auf die um­strit­te­ne Rechts­fra­ge, ob die zu den Wei­ter­fres­ser­schä­den ent­wi­ckel­te Recht­spre­chung nach In­kraft­tre­ten des Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rungs­ge­set­zes wei­ter­hin an­ge­wen­det wer­den kann (krit. hier­zu z. B. Heße­ler/Klein­henz, JuS 2007, 706), nicht an­kommt.

b) Die Be­klag­te haf­tet aber aus § 823 I BGB, weil sie ih­ren Warn- und In­struk­ti­ons­pflich­ten ge­gen­über dem Klä­ger nicht nach­ge­kom­men ist.

Das Ei­gen­tum des Klä­gers, na­ment­lich der von der Be­klag­ten er­wor­be­ne Pkw, wur­de un­strei­tig be­schä­digt. Da das haf­tungs­be­grün­den­de Ver­hal­ten, auf das im vor­lie­gen­den Zu­sam­men­hang ab­ge­stellt wird, nicht in der Lie­fe­rung ei­ner feh­ler­haf­ten Sa­che, son­dern in der Ver­let­zung von Auf­klä­rungs­ob­lie­gen­hei­ten liegt, kommt es auch in­so­weit auf die Fra­ge, ob die Grund­sät­ze der Recht­spre­chung zum sog. „wei­ter­fres­sen­den Man­gel“ auch un­ter Gel­tung des Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rungs­ge­set­zes An­wen­dung fin­den, nicht an. Denn die hier in Re­de ste­hen­de de­lik­ti­sche Pflicht­ver­let­zung be­steht un­ab­hän­gig von dem zwi­schen den Par­tei­en (eben­falls) ge­schlos­se­nen Ver­trag, so­dass es ei­ner Ab­gren­zung zur Sach­män­gel­ge­währ­leis­tungs­haf­tung nicht be­darf.

Die Be­klag­te hat auf­grund ei­nes un­ter­blie­be­nen Warn­hin­wei­ses an den Klä­ger, dass das Mo­tor­hau­ben­schloss in er­höh­tem Ma­ße kor­ro­si­ons­an­fäl­lig ist und da­her re­gel­mä­ßi­ger War­tung be­darf, ei­ne ihr dem Klä­ger ge­gen­über ob­lie­gen­de Ver­kehrs­si­che­rungs­pflicht ver­letzt. Grund­sätz­lich hat der­je­ni­ge, der ei­ne Ge­fah­ren­la­ge gleich wel­cher Art für Drit­te schafft oder an­dau­ern lässt, die er­for­der­li­chen und ihm zu­mut­ba­ren Vor­keh­run­gen zu tref­fen, die ei­ne Schä­di­gung Drit­ter mög­lichst ver­hin­dern (Pa­landt/Sprau, a. a. O., § 823 Rn. 46 m. w. Nachw.). Dem­entspre­chend kön­nen auch den Ver­käu­fer ei­ner Sa­che In­struk­ti­ons- und Warn­pflich­ten als de­lik­ti­sche Ver­kehrs­pflich­ten ge­gen­über dem Er­wer­ber der Sa­che tref­fen, dies je­den­falls dann, wenn ihn der Her­stel­ler mit der Wei­ter­ga­be der In­for­ma­tio­nen an den Ver­brau­cher be­auf­tragt hat (Pa­landt/Sprau, a. a. O., § 823 Rn. 180). Zwar kön­nen ei­nem Ver­triebs­händ­ler nach all­ge­mei­ner An­sicht (vgl. nur BGH, NJW 1994, 517) nicht die glei­chen Pflich­ten auf­er­legt wer­den wie ei­nem Her­stel­ler. So ist der Händ­ler re­gel­mä­ßig nicht oh­ne be­son­de­re An­halts­punk­te ver­pflich­te­tet, die Kon­struk­ti­on des Pro­dukts zu über­prü­fen (BGH, NJW 1981, 2250). Als der un­mit­tel­ba­re An­sprech­part­ner des je­wei­li­gen Kun­den ist die Be­klag­te als Händ­le­rin aber ver­pflich­tet, Kun­den über ihr be­kannt ge­wor­de­ne Ge­fah­ren der Pro­dukt­nut­zung zu in­for­mie­ren und vor ih­nen zu war­nen. Ein­schrän­kun­gen der Warn­pflicht ei­nes Händ­lers kön­nen sich zwar un­ter dem As­pekt der Zu­mut­bar­keit er­ge­ben, wenn der pro­dukt­be­zo­ge­ne Ge­fahr­ver­dacht so ge­ring­fü­gig ist, dass sich der Händ­ler der Ge­fahr aus­setzt, sich durch ei­ne unf­un­dier­te Her­ab­set­zung frem­der Pro­duk­te dem Her­stel­ler ge­gen­über scha­dens­er­satz­pflich­tig zu ma­chen (vgl. hier­zu Fo­ers­te, a. a. O., § 26 Rn. 31). Die­se Ein­schrän­kung greift je­doch im vor­lie­gen­den Fall er­kenn­bar nicht ein, da die von der Be­klag­ten wei­ter­zu­ge­ben­de In­for­ma­ti­on ge­ra­de auf ei­ner Rück­ruf­ak­ti­on des Her­stel­lers ba­siert, so dass die Be­klag­te als Ver­trags­händ­le­rin … le­dig­lich ei­nen Auf­trag des Kon­zerns wahr­ge­nom­men hät­te.

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten ist die Wei­ter­ga­be der War­nung auch nicht des­we­gen un­zu­mut­bar, weil sie bei Ver­äu­ße­rung des Fahr­zeugs an den Klä­ger im Be­trieb der Be­klag­ten „nicht mehr prä­sent“ war. In­so­weit liegt be­reits kei­ne sub­stan­zi­ier­te Be­haup­tung der Be­klag­ten vor, dass sie die In­for­ma­ti­on wei­ter­zu­ge­ben au­ßer Stan­de war, wenn sie dar­auf hin­weist, es sei „plau­si­bel“, wenn man an­neh­me, die Kennt­nis die­ses Sach­ver­halts sei (mög­li­cher­wei­se) in ih­rem Be­trieb ver­lo­ren ge­gan­gen. Je­den­falls hat der­je­ni­ge, der ei­ner Ver­kehrs­pflicht un­ter­liegt, re­gel­mä­ßig Vor­keh­run­gen zu tref­fen, da­mit er eben die­se Pflicht auch er­fül­len kann. Dem­entspre­chend hät­te die Be­klag­te si­cher­stel­len müs­sen, dass die In­for­ma­ti­on an die End­kun­den wei­ter­ge­ge­ben wird.

Das Be­ste­hen ei­ner ent­spre­chen­den Warn­pflicht kann auch nicht mit der Be­grün­dung ver­neint wer­den, dass es ei­nem Ver­brau­cher oh­ne Wei­te­res klar ist, dass die Nut­zung ei­nes nicht re­gel­mä­ßig ge­war­te­ten Fahr­zeugs mit Ge­fah­ren für Leib oder Le­ben der Fahr­zeug­in­sas­sen ver­bun­den sein kann. Zwar be­darf es ei­ner War­nung nicht, wenn die mit der Nut­zung des Pro­dukts ver­bun­de­nen Ge­fah­ren dem Nut­zer re­gel­mä­ßig be­kannt sind und zum Er­fah­rungs­wis­sen der in Be­tracht kom­men­den Ab­neh­mer­krei­se zäh­len (BGH, NJW 1987, 1009; Se­nat, NJW 1997, 2333; OLG Düs­sel­dorf, VersR 2003, 917). Er­for­der­lich ist aber die Kennt­nis der spe­zi­fi­schen Ge­fahr der Pro­dukt­nut­zung, von der im vor­lie­gen­den Fall nicht aus­ge­gan­gen wer­den kann, weil der durch­schnitt­li­che Au­to­käu­fer ge­ra­de nicht da­mit rech­net, dass ein Mo­tor­hau­ben­schloss bei nicht re­gel­mä­ßi­ger War­tung kor­ro­diert und in­fol­ge­des­sen die Mo­tor­hau­be wäh­rend der Fahrt auf­schlägt. Mo­tor­hau­ben­schlös­ser wer­den auch – wie ge­ra­de die hier ver­an­lass­te Än­de­rung des War­tungs­plans durch den Her­stel­ler zeigt – nicht bei je­dem Fahr­zeug rou­ti­ne­mä­ßig ge­war­tet.

Die nach al­le­dem be­ste­hen­de Warn­pflicht der Be­klag­ten hat sie durch die von ihr be­haup­te­te Wei­ter­ga­be des Ein­le­ge­blatts zu den War­tungs­ar­bei­ten nicht er­füllt. Der Um­fang und In­halt von In­struk­ti­ons­pflich­ten wird be­stimmt durch die in den be­trof­fe­nen Ver­kehrs­krei­sen vor­herr­schen­de Kennt­nis von der Ge­fähr­dung und dem Grad der be­ste­hen­den Ge­fähr­dung (Pa­landt/Sprau, a. a. O., § 3 Prod­HaftG Rn. 11 m. w. Nachw.). Die Warn­hin­wei­se müs­sen da­her deut­lich, aus­rei­chend und voll­stän­dig sein und dem Ver­brau­cher die be­kann­ten Ri­si­ken, die im Zu­sam­men­hang mit der Nut­zung des Pro­dukts ent­ste­hen kön­nen, un­miss­ver­ständ­lich vor Au­gen füh­ren (vgl. nur BGH, NJW 1992, 560). Die­sen An­for­de­run­gen ge­nügt das von der Be­klag­ten nach ih­rer Be­haup­tung über­ge­be­ne Ein­le­ge­blatt schon des­we­gen nicht, weil es die dro­hen­den Ge­fah­ren nicht be­nennt, die aus der un­ter­las­se­nen War­tung des Schlos­ses re­sul­tie­ren kön­nen. Ins­be­son­de­re fehlt es an jeg­li­chem Hin­weis dar­auf, dass im Fal­le der un­ter­las­se­nen War­tung die Mo­tor­hau­be wäh­rend der Fahrt auf­sprin­gen und so­mit Leib und Le­ben der im Fahr­zeug be­find­li­chen In­sas­sen ge­fähr­den kann. Viel­mehr wä­re von der Be­klag­ten zu er­war­ten ge­we­sen, dass sie zu­min­dest den In­halt der in den Rück­ru­fin­for­ma­tio­nen des Her­stel­lers, in de­nen aus­weis­lich der vom Klä­ger vor­ge­leg­ten Pres­se­infor­ma­tio­nen und des Rück­ruf­schrei­bens die Ge­fahr des Öff­nens der Mo­tor­hau­be wäh­rend der Fahrt aus­drück­lich be­nannt wur­de, an den Klä­ger wei­ter­gab.

Die Kau­sa­li­tät der un­ter­las­se­nen War­nung für den Scha­den­s­ein­tritt ist ge­ge­ben. Es be­steht ei­ne tat­säch­li­che Ver­mu­tung da­für, dass der Klä­ger bei er­teil­ter War­nung sich auf­klä­rungs­rich­tig ver­hal­ten hät­te (BGH, NJW 1992, 560 [562] m. w. Nachw.).

Die Hö­he des ent­stan­de­nen Scha­dens als sol­chem ist zwi­schen den Par­tei­en mit den vom Land­ge­richt zu­er­kann­ten 5.108,95 € un­strei­tig. Ent­ge­gen der An­sicht der Be­klag­ten ist der Scha­dens­er­satz­an­spruch des Klä­gers nicht ge­mäß § 254 I BGB des­we­gen zu kür­zen, weil der Klä­ger nach der Be­haup­tung der Be­klag­ten das Fahr­zeug ent­we­der nicht tur­nus­mä­ßig zur In­spek­ti­on vor­ge­führt hat oder aber die In­spek­ti­on un­zu­rei­chend er­folg­te. Denn der Mit­ver­schul­dens­ein­wand setzt vor­aus, dass der Ge­schä­dig­te die­je­ni­ge Sorg­falt au­ßer Acht ge­las­sen hat, die je­dem or­dent­li­chen und ver­stän­di­gen Men­schen ob­liegt, um sich vor Scha­den zu be­wah­ren (Pa­landt/Hein­richs, BGB, 68. Aufl., § 254 Rn. 8 m. w. Nachw.). Das Ver­schul­den des Ge­schä­dig­ten er­for­dert da­her, dass der Scha­den­s­ein­tritt als sol­cher für den Ge­schä­dig­ten vor­her­seh­bar ist (BGH, NJW-RR 2006, 965). Da­her kann ein Mit­ver­schul­den des Au­to­käu­fers we­gen ei­ner un­ter­blie­be­nen In­spek­ti­on al­lein dann in Be­tracht kom­men, wenn für die­sen An­halts­punk­te da­für be­stan­den, dass ei­ne In­spek­ti­on ihn vor dem kon­kre­ten Scha­den schüt­zen könn­te (vgl. OLG Hamm, NZV 2006, 421). Im vor­lie­gen­den Fall be­deu­tet dies, dass für den Klä­ger An­halts­punk­te da­für hät­ten be­ste­hen müs­sen, dass die In­spek­ti­on er­for­der­lich war, um die Be­triebs­si­cher­heit des Mo­tor­hau­ben­schlos­ses zu ge­währ­leis­ten. Da die­ses Schloss aber nach den obi­gen Aus­füh­run­gen nicht zu den ty­pi­scher­wei­se bei ei­ner In­spek­ti­on ei­nes Pkw ge­war­te­ten Tei­len ge­hört, war dies für den Klä­ger oh­ne ge­son­der­ten Hin­weis nicht er­kenn­bar …

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