Durch den Rücktritt vom Kaufvertrag über einen Pkw wegen Sachmängeln wird ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung insoweit ausgeschlossen, als es um den Ersatz eines Nutzungsausfallschadens geht, der dadurch entstanden ist, dass dem Käufer infolge des Mangels der Kaufsache deren Nutzung entgeht. Dies gilt auch für einen infolge der Rückgabe der mangelhaften Sache entstandenen Nutzungsausfall (gegen BGH, Urt. v. 28.11.2007 – VIII ZR 16/07, BGHZ 174, 290 = NJW 2008, 911).
KG, Urteil vom 30.04.2009 – 12 U 241/07
(nachfolgend: BGH, Urteil vom 14.04.2010 – VIII ZR 145/09)
Sachverhalt: Die Klägerin verlangt im Anschluss an die mangelbedingte Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrags eine Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 6.384 €, und sie begehrt den Ersatz aufgewendeter Versicherungskosten, Kfz-Steuer und Zulassungskosten in Höhe von insgesamt 917,45 €. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 3.017,45 € nebst Zinsen stattgegeben (2.100 € Nutzungsausfallentschädigung; 917,45 € weitere Forderungen) und sie im Übrigen abgewiesen. Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Nur das Rechtsmittel der Beklagten war erfolgreich.
Aus den Gründen: B. I. … 1. Der Klägerin steht entgegen der Auffassung des Landgerichts kein Geldersatz in Form einer abstrakt berechneten Nutzungsausfallentschädigung für die Nichtnutzung des von ihr bei der Beklagten erworbenen und später zurückgegebenen Pkw in der Zeit ab Vorliegen des Privatgutachtens des Sachverständigen S bis zum Erwerb eines Ersatzfahrzeugs zu, also auch nicht für den vom Landgericht nach § 287 I ZPO auf 60 Tage begrenzten Teil dieses Zeitraums.
a) Zwar hat das Landgericht rechtsfehlerfrei unter Hinweis auf die § 437 Nr. 3, §§ 280 I, 276 I, II BGB ein haftungsbegründendes Verschulden der Beklagten am Abschluss des Vertrags über ein mangelhaftes Fahrzeug bejaht.
Die Beklagte war angesichts der ihr vorliegenden Informationen über die Vorgeschichte des Fahrzeugs gehalten, das Fahrzeug vor der Weiterveräußerung näher zu überprüfen. Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass sie bei dieser Überprüfung die … sachverständig festgestellten erheblichen Mängel mit Verkehrsgefährdung bemerkt hätte und das Fahrzeug infolgedessen nicht in diesem Zustand weiterveräußert worden wäre.
Erfolglos verweist die Beklagte auf den von ihr eingeholten Zustandsbericht der X-GmbH, nach dem das Fahrzeug nur an der Karosserie Mängel ohne Beeinflussung der Betriebs- und Verkehrssicherheit aufgewiesen haben soll, ansonsten aber in Ordnung gewesen sein soll. Dieser Bericht kann die Beklagte deshalb nicht entlasten, weil er erst am 13.04.2005 und damit nach Abschluss des Kaufvertrags vom 11.04.2005 gefertigt worden ist. Die vom Landgericht richtig dargestellten Überprüfungspflichten vor Vertragsabschluss sind dadurch nicht rückwirkend entfallen, die Beklagte ist nicht entlastet.
b) Zu Recht hat das Landgericht zudem jedenfalls für den von ihm geschätzten Zeitraum von 60 Tagen einen für eine Nutzungsausfallentschädigung erforderlichen Nutzungswillen der Klägerin bejaht.
c) Ein Anspruch der Klägerin scheitert auch nicht an einem Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht nach § 254 II BGB. Es ist – einen Ersatzanspruch unterstellt – weder vorgetragen noch ersichtlich, was die Klägerin zur Vermeidung eines Schadens der Beklagten hätte tun können oder sollen.
d) Aus Rechtsgründen kann die Klägerin jedoch keinen abstrakt berechneten Schadensersatz für entgangene Nutzungen des Fahrzeugs … für die Zeit ab Beendigung der Nutzung des gekauften Pkw bis zur Rückabwicklung des Vertrags verlangen.
Eine vertragliche Vereinbarung zum pauschalen Ersatz derartiger Nutzungsmöglichkeiten haben die Parteien nicht getroffen. Im Kaufvertrag vom 11.04.2005 ist von derartigen Ansprüchen keine Rede. Die Ansprüche lassen sich auch nicht aus dem Gesetz ableiten. Es ist entgegen der Rechtsprechung des BGH (Urt. vom 28.11.2007 – VIII ZR 16/07, BGHZ 174, 290 = NJW 2008, 911) sowie einiger Oberlandesgerichte nicht gerechtfertigt, dem Käufer eines Fahrzeuges nach Rücktritt vom Kaufvertrag im Rahmen seines Schadensersatzanspruches Ersatz für zwischenzeitlich entstandenen Nutzungsausfall zuzusprechen. Dies hat das Landgericht jedoch getan.
(1) Der erkennende Richter kann sich dem vom BGH gewählten schadensrechtlichen Ansatz für die Begründung eines Anspruchs des Käufers auf Nutzungsausfallentschädigung nicht anschließen.
(a) Die Neuregelung des § 325 BGB, nach der das Recht, bei einem gegenseitigen Vertrag Schadensersatz zu verlangen, durch den Rücktritt nicht ausgeschlossen wird, wirft die Frage auf, wie sich das am negativen Interesse orientierte Rücktrittsfolgenrecht mit dem auf das positive Interesse gerichteten vertraglichen Schadensersatzanspruch vereinbaren lässt und was in diesem Zusammenhang für die gezogenen oder pflichtwidrig nicht gezogenen Nutzungen gilt, die das Rücktrittsfolgenrecht dem Rücktrittsgläubiger – bei einem Fahrzeugkauf also dem Verkäufer – zuweist (§§ 346 I und II, 347 I 2 BGB).
(b) Der BGH hat diese Frage in der vorgenannten Entscheidung, in dem Ersatz von Mietwagenkosten nach Rücktritt vom Kauf eines gebrauchten Pkw verlangt wurde, jüngst dahin beantwortet, die gesetzgeberische Grundentscheidung für einen Anspruch auf Ersatz des Erfüllungsschadens neben dem Rücktrittsrecht führe dazu, dass auch der Nutzungsausfallschaden zum Erfüllungsschaden gehöre. In diesem Fall – so der BGH – verbleibe trotz der am negativen Interesse orientierten Rückgabe des gekauften Fahrzeugs gegen Erstattung des geleisteten Kaufpreiss abzüglich einer Nutzungsausfallentschädigung für den Verkäufer ein Schaden in Form zwischenzeitlich entgangener Nutzungsmöglichkeiten. Die Einordnung dieses Ausfalls als ersatzfähiger Schaden des Käufers werde nicht dadurch berührt, dass nach dem Rücktrittsrecht (§§ 346, 347 BGB) die zurückgetretene Partei Wertersatz für gezogene Nutzungen und für pflichtwidrig nicht gezogene Nutzungen zu leisten habe. Allerdings seien in die schadensersatzrechtliche Betrachtung die vermögensmäßigen Folgen des Rücktritts einzubeziehen.
Im Ergebnis führt diese Auslegung dazu, dass die gesetzlichen Regelungen über das Rücktrittsfolgenrecht durch eine schadensrechtliche Betrachtung „überspielt“ und die gesetzlichen Anordnungen des Rücktrittsfolgenrechts durch die Schadensberechnung „korrigiert“ werden (Soergel/Gsell, BGB, 13. Aufl. [2005], § 325 Rn. 3; dies., NJW 2008, 912, 913). Dem Rücktrittsrecht kommt in einem zweistufigen Verfahren im Wesentlichen noch die Funktion zu, die nach dem Vertrag ausgetauschten Leistungen zu stornieren, um so den Boden für eine schadensersatzrechtliche Prüfung am Maßstab der von den Parteien vertraglich festgelegten Äquivalenz dieser Leistungen zu bereiten.
(c) Das begegnet in mehrfacher Hinsicht Bedenken.
Infolge der Regelung des § 325 BGB, der keine eigenständige materielle Regelung über Voraussetzungen und Inhalt des Schadensersatzanspruchs trifft, stehen Rücktrittsrecht und Schadensersatzrecht im Gesetz gleichwertig nebeneinander, was nahelegt, bei ihrer Auslegung ein Ergebnis praktischer Konkordanz anzustreben, also beiden Regelungssystemen zu größtmöglicher Geltung zu verhelfen (vgl. Faust, JZ 2008, 471, 474). Letztlich verfolgt auch der BGH dieses Ziel, indem er zwar einerseits einen Schadensersatzanspruch für den Fall annimmt, dass der Käufer vom Vertrag zurückgetreten ist, den Kaufpreis gegen Rückgabe der mangelhaften Kaufsache zurückerhalten hat und für die bis zur Rückgabe gezogenen Nutzungen Wertersatz geleistet hat, andererseits die vermögensmäßigen Folgen des Rücktritts bei der schadensrechtlichen Betrachtung einbeziehen will. Dabei begründet er die Ausgangsentscheidung zugunsten einer schadensrechtlichen Perspektive ausschließlich mit der aus § 325 BGB abgeleiteten Reichweite des positiven Interesses, das eben generell auch den Nutzungsausfallschaden umfasse. Das erscheint nicht überzeugend. Mit gleichem Recht ermöglicht das einschränkungslose Nebeneinander beider Regelungen ein Gesetzesverständnis, nach dem das im Schadensersatzrecht generell umfassende positive Interesse durch die Rücktrittsregelungen zum Nutzungsausfall für diesen Fall eingeschränkt wird und Ersatzansprüche des Rücktrittsgläubigers im Hinblick auf kongruente Regelungen zu dessen Herausgabe- und Ersatzpflicht ausgeschlossen sind (für eine abschließende Regelung durch das Rücktrittsrecht Staudinger/Otto, BGB, Neubearb. 2004, § 325, Rn. 28; a. A. Soergel/Gsell, a. a. O., § 325 Rn. 42; dies. JZ 2004, 643, 644).
Für dieses Verständnis – Schadensersatz nur, soweit nicht das Rücktrittsrecht eigene Regelungen enthält – sprechen nicht nur die „Proportionen“ der gesetzlichen Regelungen, also der Umstand, dass eine detaillierte Rücktrittsfolgenregelung dem knappen Hinweis in § 325 BGB gegenübersteht, Schadensersatzforderungen seien durch den Rücktritt nicht ausgeschlossen. Hierfür spricht auch die Regelung des § 281 V BGB. Verlangt der Schuldner Schadensersatz statt der Leistung wegen nicht oder nicht wie geschuldet erbrachter Leistung („großer Schadensersatz“), so ist der Schuldner zur Rückforderung des Geleisteten nach den §§ 346 bis 348 BGB berechtigt. Damit gelten in diesem Fall, der auch nach Auffassung des BGH dem Rücktritt mit gleichzeitigem Schadensersatzverlangen vergleichbar ist, ebenfalls die Regelungen zur Nutzungsentschädigung (vgl. Staudinger/Otto, a. a. O., § 281 Rn. E 4; Schmidt-Kessel, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 4. Aufl. [2009], § 281 Rn. 32; Jauernig/Stadler, BGB, 12. Aufl. [2007], § 282 Rn. 32; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl. [2009], Rn. 1874).
Zu Recht weist Faust (JZ 2008, 471, 474) unter Bezug auf die Gesetzesbegründung auf die Unvereinbarkeit der BGH-Lösung mit dieser Regelung hin: Würde das Gesetz in derartigen Fällen von einer schadensrechtlichen Lösung ausgehen und bildete die Anwendung des Rücktrittsrechts dabei nur eine verfahrensmäßige Zwischenstation, wäre die gesetzliche Verweisung auf das Rücktrittsrecht nicht nur überflüssig, sondern unzutreffend, weil irreführend (vgl. zu den Grenzen der Auslegung einer Verweisungsnorm auf das Rücktrittsrecht bei klarem Wortlaut BGH, Urt. v. 26.11.2008 – VIII ZR 200/05, BGHZ 179, 27 = NJW 2009, 427).
Gegen die vom BGH gefundene Auslegung spricht ferner, dass sie dem Gesetz bezüglich der Nutzungsentschädigung einen Inhalt beimisst, der zu einer selbstwidersprüchlichen „dolo-agit“-Situation der Beteiligten führt. Zwar hatte der BGH im entschiedenen Fall keine Veranlassung, sich im Einzelnen mit der Schadensberechnung im Hinblick auf gezahlte Nutzungsentschädigung des Käufers zu befassen, weil die Forderung von einem weiteren berücksichtigungspflichtigen Schaden überlagert wurde. Allerdings deutet die knappe Formulierung in Randnummer 10 an, dass der Käufer und Rücktrittsgläubiger offenbar – sofern er die Kaufsache trotz Mangels genutzt hat – zunächst eine Nutzungsentschädigung an den Verkäufer und Rücktrittsschuldner zu zahlen haben soll, sodann aber einen gegenläufigen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung geltend machen kann (vgl. zur Art der Berechnung und möglichen Aufrechnungslagen Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2004, Vorbem. § 346 Rn. 78; Dauner-Lieb/Heidel/Ring, BGB, § 325 BGB, Rn. 5; Faust, JZ 2008, 471, 474 weist auf Schwierigkeiten hin, sofern im Rahmen des Rücktrittsrecht Nutzungsausfallersatz zu leisten ist, ein gegenläufiger Schadensersatzverhältnis jedoch nur eingeschränkt besteht). Das Entstehen derartiger widersprüchlicher Ersatzanspruchszuweisungen spricht gegen die schadensrechtliche Auslegung und dafür, die rücktrittsrechtliche Lösung als abschließend anzusehen.
Ohne Bedeutung für diese Erwägungen zur Auslegung ist die Frage, ob es rechtspolitisch erstrebenswert ist, auch bei Rücktritt oder großem Schadensersatz einen Anspruch auf Ersatz eines Nutzungsausfallschadens zuzubilligen. Diese Frage hat der Gesetzgeber zu entscheiden. Der erkennende Richter kann abweichend vom BGH dem Gesetz gegenwärtig eine positive Antwort darauf nicht entnehmen.
(d) Auch aus den Entscheidungen des OLG Koblenz (Urt. v. 08.03.2007 – 5 U 1518/06, NJW-RR 2007, 1291) sowie des OLG Düsseldorf (Beschl. v. 28.01.2008 – I-1 U 151/07), die einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung bejaht haben, ergeben sich keine neuen Argumente. Das OLG Celle (Urt. v. 16.04.2008 – 7 U 224/07, NJW-RR 2008, 1635) hat seine entsprechende Auffassung im Wesentlichen auf das vorgenannte Urteil des BGH gestützt.
(2) Selbst bei Annahme der vom BGH verlangten primär schadensrechtlichen Betrachtung ist – aus schadensrechtlichen Gründen – ein Nutzungsausfall bei Rücktritt vom Kaufvertrag nicht ersatzfähig.
(a) Die Ersatzfähigkeit von Nutzungsausfall als Vermögensschaden beruht auf der Voraussetzung, dass Schäden nicht nur durch den Vergleich der Substanzwerte vor und nach dem schädigenden Ereignis zu erfassen sind, sondern dass eine wertende Betrachtung der Beeinträchtigung des auf dem Substanzwert beruhenden Nutzungswerts geboten ist.
Nach § 253 BGB kann wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden. Eine ausdrückliche generelle Regelung zur Ersatzfähigkeit entgangener Gebrauchsvorteile von Sachen enthält das Gesetz nicht. Der BGH hat allerdings im Wege der Auslegung den Rechtsbegriff „Vermögensschaden“ so weiterentwickelt, dass unter besonderen Bedingungen die entgangene Gebrauchsmöglichkeit einen ersatzfähigen Vermögensschaden darstellt. Ausgehend von dem Gedanken, dass „in einer am Vermögensbestand ausgerichteten Differenzrechnung der zeitweise Verlust des Eigengebrauchs einer Sache selbst nicht ausgewiesen ist“, hat der BGH ausgeführt, die Differenzmethode als wertneutrale Rechenoperation enthebe nicht davon, am Schutzzweck der Haftung und an der Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes die in die Differenzbilanz einzusetzenden Rechnungsposten wertend zu bestimmen (BGH [Großer Senat für Zivilsachen], Beschl. v. 09.07.1986 – GSZ 1/86, BGHZ 98, 212 = NJW 1987, 50, 51).
Im Rahmen dieser wertenden Bestimmung hat er hervorgehoben, häufig läge der Wert eines Vermögensgegenstands eher im Nutzungswert als im Substanzwert: „Eine auf den Ausgleich von Vermögensschäden ausgerichtete Differenzrechnung kann nicht außer Acht lassen, dass Wesen und Bedeutung des Vermögens sich nicht in dessen Bestand – dem ‚Haben‘ – erschöpfen, sondern dass sie auch die im Vermögen verkörperten Möglichkeiten für den Vermögensträger umfassen, es zur Verwirklichung seiner Lebensziele zu nutzen ([…]). Diese funktionale Zuweisung ist im vermögenswerten Recht mitgeschützt.“ (vgl. BGH [Großer Senat für Zivilsachen], Beschl. v. 09.07.1986 – GSZ 1/86, BGHZ 98, 212 = NJW 1987, 50, 51; vgl. auch Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl. [2009], Vorb. v. § 249, Rn. 11 ff., 20 ff. m. w. Nachw.). Auf dieser Grundlage hat der BGH für den Bereich der eigenwirtschaftlichen Nutzung bestimmter Güter des Geschädigten, darunter Kraftfahrzeuge, den vorübergehenden Verlust der Nutzungsmöglichkeit bei entsprechendem Nutzungswillen und Nutzungsmöglichkeit als abstrakt ersatzfähigen Vermögensschaden angesehen, und zwar unabhängig davon, auf welche haftungsbegründende Norm die Schadensersatzpflicht gestützt wird (BGH, Urt. v. 15.06.1983 – VIII ZR 131/82, BGHZ 88, 11 = NJW 1983, 2139; vgl. auch die Rechtsprechungsübersicht bei MünchKomm-BGB/Oetker, 5. Aufl. [2007], § 249 Rn. 60 ff. m. w. Nachw.).
(b) Die durch § 325 BGB eröffnete Kombination von Rücktritt und Schadensersatzverlangen führt zu einer Trennung der nach dieser Rechtsprechung vorausgesetzten Verbindung von Sach- und Nutzungswert beim Geschädigten und entzieht so der dargestellten schadensrechtlichen Auslegung nach altem Recht für diese Fallkonstellation ihre Rechtfertigung. Bei der gebotenen wertenden Betrachtung kann nicht außer Acht bleiben, dass im Rahmen des Rücktritts der anfängliche Zustand wieder hergestellt werden soll, der Schuldner und Käufer also nicht nur seinen Kaufpreis zurückerhalten soll, sondern nach § 347 I BGB einen Anspruch auf Ersatz für solche möglichen Nutzungen hat, die der Gläubiger und Verkäufer nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft hätte ziehen können und müssen. Damit findet sich im Gesetz eine Regelung, die den Käufer dafür entschädigt, dass er das an den Verkäufer Geleistete bis zur Rückabwicklung nicht nutzen konnte. Für eine Auslegung des Begriffs „Vermögensschaden“, die trotz Rückführung der Leistung nebst Begleitansprüchen bezüglich Nutzungen eigenständig an den Nutzungswert der Sache anknüpft, ist aus Sicht des erkennenden Richters kein Raum. Nicht überzeugend ist der Hinweis von Reinking/Eggert (Der Autokauf, 10. Aufl. [2009], Rn. 1872), der entgangene Gebrauchsvorteil büße seinen „fragwürdigen, aber anerkannten Charakter als Schadenposten nicht dadurch ein, dass der Käufer Rückzahlung des Kaufpreises beanspruchen“ könne: Er lässt die Gründe, die zur Akzeptanz als ersatzfähige Schadensposition geführt haben, außer Betracht.
Der Hinweis auf die vom BGH zitierte Rechtsprechung zum Nutzungsausfall im Rahmen der Lieferung einer mangelhaften Sache nach altem Recht führt – zumal unter der Geltung des bereits genannten § 281 V BGB – nicht zu einer anderen Beurteilung, denn keine der Entscheidungen bezieht sich auf einen Fall, in dem neben dem Schadensersatz die wechselseitigen Leistungen zurückzuführen waren, also Sach- und Nutzungswert verschiedenen Personen zustanden. Die Entscheidung BGH, Urt. v. 05.07.1978 – VIII ZR 172/77, NJW 1978, 2241, betrifft erkennbar einen Fall, in dem der Kläger das Fahrzeug behalten hat, denn Gegenstand der Forderungen waren außer Nutzungsentgang Reparaturkosten sowie Wertminderung; letztlich hat der BGH Nutzungsausfall auf deliktischer Grundlage für berechtigt gehalten. Im Fall BGH, Urt. v. 02.06.1980 – VIII ZR 78/79, BGHZ 77, 215 = NJW 1980, 1950, ging es um Nutzungsausfall als Mangelschaden in Abgrenzung zu einem Mangelfolgeschaden im Werkvertragsrecht. Gegenstand der Entscheidung BGH, Urt. v. 15.06.1983 – VIII ZR 131/82, BGHZ 88, 11 = NJW 1983, 2139, war ein Verzugsschadensersatz auf Nutzungsausfall.
Soweit ersichtlich, hat der BGH zu § 463 BGB a.F. keinen Fall entschieden, in dem einem Fahrzeugkäufer im Rahmen des „großen Schadensersatzes“ Nutzungsausfallentschädigung zugesprochen worden ist (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 7. Aufl. [2000], Rn. 1996; vgl. aber OLG Hamm, Urt. v. 20.12.1979 – 2 U 160/79, BB 1980, 962; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 06.05.1992 – 23 U 110/91, NZV 1993, 190 m. Anm. Eggert, der auf die Kompensationswirkung von Zinsen auf den zurückzuerstattenden Kaufpreis hinweist; gegen den Ersatz entgangener Gebrauchsvorteile beim großen Schadensersatz: OLG Düsseldorf, OLGR 1995, 84).
2. Die Berufung der Beklagten ist auch erfolgreich, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz für Auslagen betreffend Haftpflicht- und Kaskoversicherung vom 08.12.2005 bis zum 20.04.2007 in Höhe von 720,12 €, Kfz-Steuer für die Zeit vom 01.01.2006 bis zum 20.07.2007 in Höhe von 122,30 € sowie Zulassungskosten in Höhe von 75 € richtet.
Bezüglich der Versicherungskosten und der Kfz-Steuer muss sich die Klägerin ein haftungsausschließendes Mitverschulden anrechnen lassen (§ 254 I, II BGB). In erster Linie hätte es der Klägerin im Interesse der Schadensminderung oblegen, das Fahrzeug abzumelden, nachdem sie sich endgültig entschlossen hatte, es nicht mehr zu nutzen, sondern es zurückzugeben. Wenn sie aber – wie das Landgericht ausgeführt hat – das Fahrzeug nicht abgemeldet hat, weil sie darauf angewiesen war, den nicht betriebssicheren Wagen auf öffentlichem Straßenland abzustellen, wäre sie aufgrund ihrer Pflicht zur Schadensminderung gehalten gewesen, das der Beklagten mitzuteilen, damit diese zur Vermeidung eines sich immer weiter entwickelnden Schadens die Möglichkeit gehabt hätte, der Klägerin eine andere Abstellmöglichkeit zu verschaffen. Ernsthafte Zweifel, dass diese das getan hätte, bestehen nicht.
Die Anmeldekosten für das Interimsfahrzeug sind als „Sowiesokosten“ nicht ersatzfähig. Die Klägerin hätte diesen Betrag auch bei Anmeldung eines neuen, nach Rückabwicklung des Ursprungsvertrags erworbenen Fahrzeugs aufwenden müssen. Ob der Klägerin ein Schaden durch die Anmeldung des streitgegenständlichen Fahrzeugs entstanden ist, ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits.
II. Die auf Zahlung weitergehender Nutzungsausfallentschädigung gerichtete Berufung der Klägerin ist aus den zu I erläuterten Gründen erfolglos. …
Hinweis: Die Revision der Klägerin gegen diese Entscheidung hatte im Wesentlichen Erfolg. Der BGH hat seine Rechtsprechung bekräftigt, dass trotz eines mangelbedingten Rücktritts des Käufers vom Kaufvertrag Schadensersatzansprüche wegen eines mangelbedingten Nutzungsausfalls nicht abgeschnitten sind (Urt. v. 14.04.2009 – VIII ZR 145/09).