An­sprü­che we­gen Ver­schul­dens bei Ver­trags­schluss sind im Sach­be­reich der §§ 434 ff. BGB nach Ge­fahr­über­gang grund­sätz­lich aus­ge­schlos­sen; das gilt je­doch zu­min­dest dann nicht, wenn der Ver­käu­fer den Käu­fer über die Be­schaf­fen­heit der Sa­che arg­lis­tig ge­täuscht hat.

BGH, Ur­teil vom 27.03.2009 – V ZR 30/08

Sach­ver­halt: Mit no­ta­ri­el­lem Ver­trag vom 04.10.2006 kauf­ten die Klä­ger von den Be­klag­ten ein Haus­grund­stück un­ter Aus­schluss der „Ge­währ für Feh­ler und Män­gel“. Das Wohn­ge­bäu­de war im Jahr 1980 in Fer­tig­bau­wei­se er­rich­tet wor­den. Den Be­klag­ten war vor dem Ver­trags­schluss be­kannt, dass in der Fas­sa­de As­best­ze­ment­plat­ten ver­ar­bei­tet wur­den. Sie teil­ten dies den Klä­gern je­doch nicht mit, ob­wohl zu­vor ein Kauf­in­ter­es­sent we­gen der As­best­be­las­tung von sei­nen Kauf­ab­sich­ten ab­ge­rückt war.

Nach der Über­ga­be for­der­ten die Klä­ger die Be­klag­ten er­folg­los auf, die Fas­sa­de im We­ge der Nach­er­fül­lung zu sa­nie­ren.

Die Klä­ger ver­lan­gen nun­mehr un­ter an­de­rem Scha­dens­er­satz in Hö­he von 38.455,34 €. In dem ein­zi­gen Ter­min zur münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Land­ge­richt ha­ben sie erst­mals be­haup­tet und un­ter Be­weis ge­stellt, ei­ner der Be­klag­ten ha­be vor Ver­trags­schluss auf Nach­fra­ge wahr­heits­wid­rig be­haup­tet, er wis­se nicht, aus wel­chem Ma­te­ri­al die Fas­sa­de sei. Die­ses Vor­brin­gen ha­ben die Be­klag­ten be­strit­ten.

Die Kla­ge ist in bei­den Vor­in­stan­zen er­folg­los ge­blie­ben. Die Re­vi­si­on der Klä­ger führ­te zur Auf­he­bung des Be­ru­fungs­ur­teils und zur Zu­rück­ver­wei­sung der Sa­che an das Be­ru­fungs­ge­richt.

Aus den Grün­den: [4]    I. Das Be­ru­fungs­ge­richt meint, die Klä­ger könn­ten von den Be­klag­ten nicht nach §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB Scha­dens­er­satz in Hö­he der Kos­ten ei­ner As­best­sa­nie­rung ver­lan­gen. Die Ver­klei­dung der Au­ßen­wän­de des Ge­bäu­des mit As­best­ze­ment­plat­ten stel­le schon kei­nen Sach­man­gel dar, der Ge­gen­stand ei­ner Of­fen­ba­rungs­pflicht hät­te sein kön­nen … Ein Scha­dens­er­satz­an­spruch aus Ver­schul­den bei Ver­trags­schluss (§ 280 BGB i. V. mit § 311 II Nr. 1 BGB) schei­de aus. Nach Ge­fahr­über­gang bil­de­ten die Vor­schrif­ten der §§ 434 ff. BGB ei­ne ab­schlie­ßen­de Son­der­re­ge­lung, so­weit es um Merk­ma­le der Sa­che ge­he, die – wie hier die Frei­heit von As­best – ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung zu­gäng­lich sei­en.

[5]    II. Die Re­vi­si­on ist be­grün­det. Sie führt zur Auf­he­bung des an­ge­foch­te­nen Ur­teils und zur Zu­rück­ver­wei­sung der Sa­che an das Be­ru­fungs­ge­richt.

[6]    1. Die Ver­nei­nung von An­sprü­chen nach §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB hält ei­ner re­vi­si­ons­recht­li­chen Über­prü­fung nicht stand …

[11]   2. Durch­grei­fen­den Be­den­ken be­geg­net auch die An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts, An­sprü­che der Klä­ger we­gen Ver­schul­dens bei Ver­trags­schluss (§ 280 BGB i. V. mit § 311 II Nr. 1 BGB) sei­en durch die Vor­schrif­ten der §§ 434 ff. BGB aus­ge­schlos­sen.

[12]   a) Die Fra­ge nach der An­wend­bar­keit der ge­nann­ten An­spruchs­grund­la­ge ist ent­schei­dungs­er­heb­lich, weil das Land­ge­richt das Vor­brin­gen der Klä­ger zu ei­ner arg­lis­ti­gen Täu­schung durch ak­ti­ves Tun zu Un­recht als nach §§ 296 II, 282 I ZPO präk­lu­diert an­ge­se­hen hat und schon des­halb ei­ne Bin­dung der Rechts­mit­tel­ge­rich­te nach § 531 II ZPO aus­schei­det. Vor­brin­gen im ers­ten Ter­min zur münd­li­chen Ver­hand­lung un­ter­liegt nicht der Zu­rück­wei­sung nach den Vor­schrif­ten der §§ 296 II, 282 I ZPO (BGH, Urt. v. 01.04.1992 – VI­II ZR 86/91, NJW 1992, 1965; Urt. v. 04.05.2005 – XII ZR 23/03, NJW-RR 2005, 1007). Ob das Land­ge­richt die Zu­rück­wei­sung rechts­feh­ler­frei auf § 296 I ZPO hät­te stüt­zen kön­nen, be­darf kei­ner Ent­schei­dung, weil das Rechts­mit­tel­ge­richt die feh­ler­haf­te Präk­lu­si­ons­ent­schei­dung nicht auf ei­ne an­de­re recht­li­che Grund­la­ge stel­len darf (BGH, Urt. v. 13.12.1989 – VI­II ZR 204/82, NJW 1990, 1302 [1304]; Urt. v. 01.04.1992 – VI­II ZR 86/91, NJW 1992, 1965; Urt. v. 04.05.2005 – XII ZR 23/03, NJW-RR 2005, 1007 [1008]).

[13]   b) Ob und ge­ge­be­nen­falls un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen auf die Grund­sät­ze des Ver­schul­dens bei Ver­trags­schluss (§ 280 BGB i. V. mit § 311 II Nr. 1 BGB) im Sach­be­reich der §§ 434 ff. BGB zu­rück­ge­grif­fen wer­den darf, ist um­strit­ten und bis­lang nicht höchst­rich­ter­lich ge­klärt (vgl. auch BGH, Urt. v. 17.01.2008 – III ZR 224/06, NJW-RR 2008, 564 [565]).

[14]   aa) Teil­wei­se wird ver­tre­ten, An­sprü­che aus kauf­recht­li­cher Ge­währ­leis­tung und sol­che aus Ver­schul­den bei Ver­trags­schluss be­stün­den stets ne­ben­ein­an­der. Es hand­le sich um un­ter­schied­li­che Haf­tungs­sys­te­me, die ver­schie­de­ne Zwe­cke ver­folg­ten und un­ter­schied­li­che Vor­aus­set­zun­gen hät­ten (Faust, in: Bam­ber­ger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 437 Rn. 190; MünchKomm-BGB/Em­me­rich, 5. Aufl., § 311 Rn. 143; Em­me­rich, Das Recht der Leis­tungs­stö­run­gen, 6. Aufl., § 7 Rn. 35; Der­le­der, NJW 2004, 969 [974 f.]; Em­me­rich, Fest­schr. f. Hon­sell, S. 209, 219 ff.; Häu­b­lein, NJW 2003, 388 [391 ff.]; Reischl, JuS 2003, 1076 [1079]; vgl. Barnert, WM 2003, 416 [424 f.]; Kindl, WM 2003, 409; Könd­gen, in: Schul­ze/Schul­te-Nöl­ke [Hrsg.], Die Schuld­rechts­re­form vor dem Hin­ter­grund des Ge­mein­schafts­rechts, S. 231, 238 f.).

[15]   bb) Ei­ne zwei­te Auf­fas­sung lehnt ei­nen Rück­griff auf die Re­geln des Ver­schul­dens bei Ver­trags­schluss nach Ge­fahr­über­gang stets ab, so­fern es um Ver­hal­tens­pflich­ten des Ver­käu­fers im Zu­sam­men­hang mit der Be­schaf­fen­heit der Kauf­sa­che geht. Der Käu­fer sei durch das Ge­währ­leis­tungs­recht der §§ 434 ff. BGB hin­rei­chend ge­schützt. Das gel­te auch bei vor­sätz­li­chem Ver­hal­ten des Ver­käu­fers (AnwK-BGB/Krebs, § 311 Rn. 76; Grü­ne­berg/Sut­schet, in: Bam­ber­ger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 311 Rn. 79; Er­man/Kindl, BGB, 12. Aufl., § 311 Rn. 45 f.; Jau­er­nig/Stad­ler, BGB, 12. Aufl., § 311 Rn. 38; Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 68. Aufl., § 311 Rn. 14 f.; Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 68. Aufl., § 437 Rn. 51a f.; Roth, JZ 2006, 1026; Schaub, AcP 202 [2002], 757 [782 f.]; Schul­ze/Ebers, JuS 2004, 462 [463]; vgl. Me­di­cus, in: Prüt­ting/We­gen/Wein­reich, BGB, 3. Aufl., § 311 Rn. 58 ff.; so wohl auch HK-BGB/Schul­ze, 5. Aufl., § 311 Rn. 14; Stau­din­ger/Ma­tu­sche-Beck­mann, BGB, Neu­be­arb. 2004, § 437 Rn. 67 ff.).

[16]   cc) Die wohl herr­schen­de Mei­nung er­kennt zwar grund­sätz­lich ei­nen Vor­rang des Ge­währ­leis­tungs­rechts nach Ge­fahr­über­gang an, lässt hier­von aber Aus­nah­men zu.

[17]   (1) Ein Teil der Leh­re meint, bei vor­sätz­li­chem Ver­hal­ten haf­te der Ver­käu­fer auch aus Ver­schul­den bei Ver­trags­schluss, weil der Ver­käu­fer in die­sem Fall nicht schutz­wür­dig sei und kein be­rech­tig­tes In­ter­es­se an der Mög­lich­keit der Nach­er­fül­lung ha­be (Er­man/Gru­ne­wald, BGB, 12. Aufl., vor § 437 Rn. 15 ff.; Jau­er­nig/Ber­ger, BGB, 12. Aufl., § 437 Rn. 34; ju­risPK-BGB/Pamm­ler, 4. Aufl., § 437 Rn. 57; MünchKomm-BGB/Wes­ter­mann, 5. Aufl., § 437 Rn. 58; D. Schmidt, in: Prüt­ting/We­gen/Wein­reich, BGB, 3. Aufl., § 437 Rn. 75; Hu­ber, in: Hu­ber/Faust, Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rung, 14. Kap. Rn. 29; Krü­ger, in: Krü­ger/Her­tel, Der Grund­stücks­kauf, 9. Aufl., Rn. 669; Oechs­ler, Ver­trag­li­che Schuld­ver­hält­nis­se, 2. Aufl., § 2 Rn. 298; Rei­ni­cke/Tiedt­ke, Kauf­recht, 7. Aufl., Rn. 861; Ber­ger, JZ 2004, 276 [282] Fn. 77; Hu­ber, AcP 202 [2002], 179 [228] Fn. 165; Kul­ke, ZGS 2007, 89 [92]; Lo­renz, NJW 2006, 1925 [1926]; ders., NJW 2007, 1 [4]; Mül­ler, Fest­schr. f. Had­ding, S. 199, 205 ff.; Rös­ler, AcP 207 [2007], 564 [603]; Schrö­cker, ZGR 2005, 63 [89 f.]; vgl. auch OLG Hamm, Urt. v. 03.03.2005 – 28 U 125/04, ZGS 2005, 315 [317]).

[18]    (2) Teil­wei­se wird ei­ne wei­te­re Aus­nah­me für den Fall be­für­wor­tet, dass der Um­stand, auf den sich das Ver­schul­den des Ver­käu­fers bei dem Ver­trags­schluss be­zieht, zwar zum Ge­gen­stand ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung hät­te ge­macht wer­den kön­nen, dies aber nicht ge­sche­hen ist. Ei­nem Käu­fer, der von dem Ver­käu­fer ir­re­ge­führt wor­den sei und der des­halb kei­nen An­lass ge­habt ha­be, ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung zu tref­fen, kön­ne der An­spruch aus Ver­schul­den bei Ver­trags­schluss nicht ab­ge­schnit­ten wer­den (>OLG Hamm, Urt. v. 03.03.2005 – 28 U 125/04, ZGS 2005, 315 [317]; MünchKomm-BGB/Wes­ter­mann, a. a. O., § 437 Rn. 59; Mu­sielak, Grund­kurs BGB, 10. Aufl., Rn. 620; Ca­na­ris, in: E. Lo­renz [Hrsg.], Karls­ru­her Fo­rum, 2002: Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rung, S. 5, 89 f.; Gri­go­leit/Her­res­thal, JZ 2003, 118 [126]; Mer­tens, AcP 203 [2003], 818 [839 f].; Schmidt-Räntsch, ZfIR 2004, 569 [572]; Wei­ler, ZGS 2002, 249 [255]; vgl. AnwK-BGB/Bü­den­be­n­der, § 437 Rn. 116; Rös­ler, AcP 207 [2007], 564 [603]).

[19]   dd) Der Se­nat ent­schei­det die Rechts­fra­ge da­hin, dass nach Ge­fahr­über­gang zwar von ei­nem grund­sätz­li­chen Vor­rang der §§ 434 ff. BGB aus­zu­ge­hen ist, ei­ne Aus­nah­me je­doch zu­min­dest bei vor­sätz­li­chem Ver­hal­ten ge­bo­ten ist.

[20]   (1) Das Ge­setz ent­hält kei­ne aus­drück­li­che Re­ge­lung der Kon­kur­renz­fra­ge. Der Ge­setz­ge­ber hat die Pro­ble­ma­tik zwar ge­se­hen, sie aber of­fen­bar Recht­spre­chung und Leh­re zur Klä­rung über­las­sen (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 161 f.). Im Üb­ri­gen lässt sich den Ma­te­ria­li­en le­dig­lich ent­neh­men, dass die Her­an­zie­hung der Grund­sät­ze über das Ver­schul­den bei Ver­trags­schluss zu­min­dest beim Un­ter­neh­mens­kauf zu Guns­ten der kauf­recht­li­chen Re­ge­lun­gen zu­rück­ge­drängt wer­den soll­te (BT-Drs. 14/6040, S. 242). Das spricht eher für als ge­gen ei­ne ab­schlie­ßen­de Son­der­re­ge­lung durch die §§ 434 ff. BGB.

[21]   (2) Sys­te­ma­ti­sche und te­leo­lo­gi­sche Er­wä­gun­gen er­här­ten die An­nah­me ei­ner Sperr­wir­kung.

[22]   (a) Nach stän­di­ger Recht­spre­chung war das bis zum 31.12.2001 gel­ten­de Schuld­recht von ei­nem grund­sätz­li­chen Vor­rang der Be­stim­mun­gen der §§ 459 ff. BGB a.F. ge­prägt, der nur bei Vor­satz ent­fiel (vgl. BGHZ 136, 102 [109]; Se­nat, BGHZ 60, 319 [320 ff.]; 114, 263 [266]; Urt. v. 10.07.1987 – V ZR 236/85, NJW-RR 1988, 10 [11]; Urt. v. 03.07.1992 – V ZR 97/91, NJW 1992, 2564 [2566]; Urt. v. 05.10.2001 – V ZR 275/00, NJW 2002, 208 [210]). Zwar ist das für die­se Lö­sung sei­ner­zeit ins Feld ge­führ­te Ar­gu­ment – die Be­schrän­kung des § 463 BGB a.F. auf Vor­satz dür­fe über die An­wen­dung der Grund­sät­ze des Ver­schul­dens bei Ver­trags­schluss nicht un­ter­lau­fen wer­den –, nun­mehr ob­so­let ge­wor­den; das gel­ten­de Recht bil­ligt ge­währ­leis­tungs­recht­li­che Scha­dens­er­satz­an­sprü­che nun­mehr schon bei Fahr­läs­sig­keit zu (§§ 437 Nr. 3, 280 I 2, 276 I 1 BGB). Auch er­scheint es zu­min­dest zwei­fel­haft, ob die von der re­gel­mä­ßi­gen Ver­jäh­rung nach §§ 195, 199 BGB ab­wei­chen­den Ver­jäh­rungs­fris­ten (§ 438 BGB) die An­nah­me ei­ner Sperr­wir­kung stüt­zen kön­nen, weil es für den hier in Re­de ste­hen­den Sach­be­reich na­he­lie­gen dürf­te, § 438 BGB auf An­sprü­che aus Ver­schul­den bei Ver­trags­schluss ent­spre­chend an­zu­wen­den (vgl. auch Ca­na­ris, a. a. O. S. 88; Krü­ger, in Krü­ger/Her­tel, a. a. O., Rn. 666). In­des­sen be­ste­hen auch hier­von ab­ge­se­hen kauf­recht­li­che Be­son­der­hei­ten, die die An­nah­me ei­ner Sperr­wir­kung ge­bie­ten. So steht dem Ver­käu­fer grund­sätz­lich das Recht zur Nach­er­fül­lung zu (§ 439 BGB), und An­sprü­che we­gen ei­nes Man­gels sind grund­sätz­lich schon bei grob fahr­läs­si­ger Un­kennt­nis des Käu­fers aus­ge­schlos­sen (§ 442 I 2 BGB). Die­se Son­der­re­ge­lun­gen wür­den un­ter­lau­fen, wenn die Re­geln über das Ver­schul­den bei Ver­trags­schluss da­ne­ben stets an­wend­bar wä­ren. Der Ge­setz­ge­ber hät­te in sinn­wid­ri­ger Wei­se et­was weit­hin Über­flüs­si­ges nor­miert. Da­von kann nicht aus­ge­gan­gen wer­den.

[23]   b) Der An­nah­me ei­ner Sperr­wir­kung steht nicht ent­ge­gen, dass An­sprü­che aus Ver­schul­den bei Ver­trags­schluss und sol­che aus § 437 BGB an un­ter­schied­li­che Haf­tungs­grund­la­gen an­knüp­fen. Denn bei der ge­bo­te­nen te­leo­lo­gi­schen Be­trach­tungs­wei­se ist nicht die for­ma­le An­knüp­fung – Ver­let­zung vor­ver­trag­li­cher (ge­setz­li­cher) Ver­pflich­tun­gen bei § 311 II Nr. 1 BGB, Man­gel­haf­tig­keit der Sa­che bei § 437 BGB – von ent­schei­den­der Be­deu­tung, son­dern der Um­stand, dass der Ge­setz­ge­ber die Ver­let­zung vor­ver­trag­li­cher Ver­pflich­tun­gen im Zu­sam­men­hang mit der Be­schaf­fen­heit der Kauf­sa­che dem spä­te­ren Ver­trag zu­ord­net (vgl. Schmidt-Räntsch, ZfIR 2004, 569 [571]). Es un­ter­liegt näm­lich kei­nem Zwei­fel, dass Scha­dens­er­satz­an­sprü­che we­gen Lie­fe­rung ei­ner an­fäng­lich man­gel­be­haf­te­ten Sa­che, die an ei­nen vor Ab­schluss der Ver­tra­ges lie­gen­den Um­stand an­knüp­fen (§ 311a II BGB), nach § 438 BGB ver­jäh­ren (vgl. nur Schmidt-Räntsch, ZfIR 2004, 569 [571]). Für be­heb­ba­re Män­gel, die sich auf ein an­fäng­li­ches Leis­tungs­hin­der­nis grün­den, kann nichts an­de­res gel­ten. Auf die Be­schaf­fen­heit der Sa­che be­zo­ge­ne Auf­klä­rungs­pflich­ten sind da­her in dem ei­nen wie in dem an­de­ren Fall grund­sätz­lich dem ver­trag­li­chen Re­gime un­ter­wor­fen.

[24]   (3) Al­ler­dings be­steht der Vor­rang der kauf­recht­li­chen Re­ge­lun­gen nicht aus­nahms­los. Auch un­ter der Gel­tung des neu­en Schuld­rechts ist ei­ne Aus­nah­me je­den­falls bei arg­lis­ti­gem (vor­sätz­li­chem) Ver­hal­ten des Ver­käu­fers ge­recht­fer­tigt. Kauf­recht­li­che Son­der­re­ge­lun­gen, die um­gan­gen wer­den könn­ten, grei­fen dann näm­lich nicht ein. Die Ver­jäh­rung rich­tet sich bei Arg­list nach der re­gel­mä­ßi­gen Ver­jäh­rungs­frist (§ 438 III 1 BGB). Der Ver­käu­fer kann sich auf ei­nen Haf­tungs­aus­schluss nicht be­ru­fen (§ 444 BGB). Er haf­tet auch bei grob fahr­läs­si­ger Un­kennt­nis des Käu­fers (§ 442 I 2 BGB) und ver­liert im Re­gel­fall die Mög­lich­keit der Nach­er­fül­lung (Se­nat, Beschl. v. 08.12.2006 – V ZR 249/05, NJW 2007, 835 [837]; BGH, Urt. v. 09.01.2008 – VI­II ZR 210/06, NJW 2008, 1371 [1373]). Auch nach neu­em Schuld­recht ist der arg­lis­tig han­deln­de Ver­käu­fer nicht schutz­be­dürf­tig (vgl. auch Se­nat, Urt. v. 24.03.2006 – V ZR 173/05, BGHZ 167, 19 [24]).

[25]   3. Nach al­lem ist das Be­ru­fungs­ur­teil auf­zu­he­ben (§ 562 I ZPO). Die Sa­che ist an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­zu­ver­wei­sen, weil die für ei­ne ab­schlie­ßen­de Ent­schei­dung er­for­der­li­chen Fest­stel­lun­gen noch ge­trof­fen wer­den müs­sen (§ 563 I 1 ZPO). Die Haf­tung we­gen Ver­schul­dens bei Ver­trags­schluss hängt da­von ab, ob die Klä­ger ak­tiv ge­täuscht wor­den sind, die­je­ni­ge aus §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB zu­nächst von dem Vor­lie­gen ei­nes auf­klä­rungs­pflich­ti­gen Sach­man­gels, der auf der Grund­la­ge des – je­den­falls in dem Be­ru­fungs­ur­teil als strei­tig dar­ge­stell­ten – tat­säch­li­chen Vor­brin­gens der Klä­ger zu be­ja­hen ist. Mit Blick auf die er­for­der­li­chen Fest­stel­lun­gen zur Arg­list (all­ge­mein zu den An­for­de­run­gen et­wa Se­nat, Beschl. v. 08.12.2006 – V ZR 249/05, NJW 2007, 835 [836] m. w. Nachw.) weist der Se­nat dar­auf hin, dass Fra­gen des Ver­trags­part­ners voll­stän­dig und rich­tig be­ant­wor­tet wer­den müs­sen (vgl. nur BGHZ 74, 383 [392]; BGH, Urt. v. 14.01.1993 – IX ZR 206/91, NJW 1993, 1323 [1324]). Al­ler­dings wä­ren Scha­dens­er­satz­an­sprü­che zu ver­nei­nen, wenn den Klä­gern die Ver­wen­dung von As­best be­kannt ge­we­sen sein soll­te. Grob fahr­läs­si­ge Un­kennt­nis scha­de­te da­ge­gen nicht. Dies folgt für bei­de An­spruchs­grund­la­gen aus § 442 I BGB. Mit Blick auf die Haf­tung we­gen Ver­schul­dens bei Ver­trags­schluss liegt je­den­falls bei arg­lis­ti­gen Täu­schun­gen, die sich auf die Be­schaf­fen­heit der Sa­che be­zie­hen, ei­ne plan­wid­ri­ge Ge­set­zes­lü­cke vor, die durch ei­ne ent­spre­chen­de An­wen­dung der Vor­schrift zu schlie­ßen ist.

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