Der Nie­der­las­sungs­lei­ter ei­nes Au­to­hau­ses gilt nach § 56 HGB grund­sätz­lich als er­mäch­tigt, Bar­zah­lun­gen von Kun­den in Emp­fang zu neh­men. Be­schrän­kun­gen die­ser La­den­voll­macht muss ein Kun­de nur ge­gen sich gel­ten las­sen, wenn er sie kann­te oder ken­nen muss­te. Das ist nicht oh­ne Wei­te­res des­halb der Fall, weil es „im Klein­ge­druck­ten“ ei­ner Auf­trags­be­stä­ti­gung oh­ne druck­tech­ni­sche Her­vor­he­bung heißt, „Ver­kaufs­an­ge­stell­te“ sei­en „nur bei schrift­li­cher Er­mäch­ti­gung zur An­nah­me von Zah­lun­gen be­fugt“.

OLG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 28.04.2008 – I-1 U 239/07

Sach­ver­halt: Die in Braun­schweig an­säs­si­ge Be­klag­te han­delt un­ter an­de­rem ge­werb­lich mit Rei­se­mo­bi­len. Ei­ne „Fi­lia­le“ der Be­klag­ten be­fin­det sich in Mül­heim an der Ruhr; dort war ab An­fang 2006 S als „Fi­li­al­lei­ter“ be­schäf­tigt. S wur­de in ei­nem Ver­kaufs­pro­spekt der Be­klag­ten als „Lei­ter der Nie­der­las­sung in Mül­heim a. d. Ruhr“ be­zeich­net.

Im Sep­tem­ber/Ok­to­ber 2006 in­ter­es­sier­te sich der Klä­ger für ein Rei­se­mo­bil. Al­lei­ni­ger An­sprech­part­ner des Klä­gers bzw. des für ihn han­deln­den J war S. Am 07.09.2006 un­ter­zeich­ne­te J in Ver­tre­tung des Klä­gers ein als „Ver­bind­li­che Be­stel­lung“ be­zeich­ne­tes Schrift­stück. Dar­in ist ein Fahr­zeug­kal­ku­la­ti­ons­wert von 43.731 € aus­ge­wie­sen. Un­ten rechts heißt es in ei­nem se­pa­ra­ten Text­feld un­ter an­de­rem wört­lich:

„Die Ver­kaufs­an­ge­stell­ten sind nur bei schrift­li­cher Er­mäch­ti­gung zur An­nah­me von Zah­lun­gen be­fugt. An die­se Be­stel­lung bin ich/sind wir 6 Wo­chen ge­bun­den. Der Kauf­ver­trag ist ab­ge­schlos­sen, wenn [die Be­klag­te] die An­nah­me der Be­stel­lung des nä­her be­zeich­ne­ten Kauf­ge­gen­stan­des in­ner­halb die­ser Frist schrift­lich be­stä­tigt hat oder die Lie­fe­rung aus­ge­führt ist.“

Die Be­klag­te über­sand­te dem Klä­ger von ih­rem Haupt­haus in Braun­schweig aus un­ter dem 20.10.2006 ei­ne „Auf­trags­be­stä­ti­gung“. Dar­in teil­te sie dem Klä­ger mit, dass das be­stell­te Fahr­zeug erst im Jahr 2007 ge­lie­fert wer­den kön­ne. Un­ter Be­rück­sich­ti­gung des hö­he­ren Mehr­wert­steu­er­sat­zes er­ge­be sich da­her ein er­höh­ter End­preis in Hö­he von 44.861,97 €. Die In­zah­lung­nah­me ei­nes ge­brauch­ten Fahr­zeugs des Klä­gers lehn­te die Be­klag­te in dem als „Auf­trags­be­stä­ti­gung“ be­zeich­ne­ten Schrei­ben ab. Fer­ner heißt es in die­sem Schrei­ben, dass die Be­klag­te die wei­te­re Ab­wick­lung mit dem Klä­ger ab­stim­men wer­de, so­bald das be­stell­te Fahr­zeug ein­ge­trof­fen sei.

Am 06.02.2007 teil­te S dem Klä­ger te­le­fo­nisch mit, dass das be­stell­te Fahr­zeug zur Ab­ho­lung be­reit­ste­he. Dar­auf­hin er­schien am 08.02.2007 J in der Mül­hei­mer Nie­der­las­sung der Be­klag­ten und hän­dig­te S den Kauf­preis in Hö­he von 44.861,97 € in bar aus. Das Rei­se­mo­bil, wel­ches sich zu die­sem Zeit­punkt auf dem Ge­län­de der Be­klag­ten in Mül­heim be­fand, er­hielt J nicht, weil an dem Fahr­zeug noch di­ver­se Um­bau­ten durch­ge­führt wer­den soll­ten.

S gab den er­hal­te­nen Bar­geld­be­trag nicht an die Be­klag­te wei­ter. Viel­mehr setz­te er sich ab und war ei­ne Zeit lang flüch­tig. Zum Zeit­punkt der münd­li­chen Ver­hand­lung in ers­ter In­stanz be­fand er sich un­ter an­de­rem we­gen des hier strei­ti­gen Ge­sche­hens in Un­ter­su­chungs­haft. Der Ver­bleib des Gel­des ist un­be­kannt.

Mit sei­ner Kla­ge hat der Klä­ger von der Be­klag­ten zu­nächst die Über­ga­be und Über­eig­nung des be­stell­ten Fahr­zeugs ver­langt. Mit Schrift­satz vom 24.07.2007 hat er ge­gen­über der Be­klag­ten den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klärt und an­schlie­ßend mit sei­ner Kla­ge die Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses so­wie den Er­satz vor­pro­zes­su­al ent­stan­de­ner Rechts­an­walts­kos­ten be­gehrt.

Der Klä­ger hat ge­meint, er ha­be sei­ne ge­gen­über der Be­klag­ten be­ste­hen­de Pflicht, den ver­ein­bar­ten Kauf­preis zu zah­len, er­füllt. S – so hat der Klä­ger gel­tend ge­macht – sei von der Be­klag­ten be­voll­mäch­tigt ge­we­sen, den Kauf­preis in Emp­fang zu neh­men. Je­den­falls sei in­so­weit von ei­ner Dul­dungs- und/oder An­scheins­voll­macht aus­zu­ge­hen. S ha­be sich nach au­ßen wie ein Stell­ver­tre­ter der Be­klag­ten ge­riert, war der Be­klag­ten ha­be auf­fal­len müs­sen. Zu­dem sei­en die Vor­aus­set­zun­gen des § 56 HGB er­füllt. Der Hin­weis der Be­klag­ten im Be­stell­for­mu­lar, dass ih­re Ver­kaufs­an­ge­stell­ten „nur bei schrift­li­cher Er­mäch­ti­gung zur An­nah­me von Zah­lun­gen be­fugt“ sei­en, sei un­wirk­sam, weil er un­ge­wöhn­lich und im Hin­blick auf das Auf­tre­ten des S auch über­ra­schend sei. Au­ßer­dem sei der Hin­weis in dem Be­stell­for­mu­lar "ver­steckt". Da­von ab­ge­se­hen ha­be S dem J bei der Geld­über­ga­be ei­ne schrift­li­che Geld­emp­fangs­voll­macht der Be­klag­ten vor­ge­legt; die­se sei al­ler­dings mög­li­cher­wei­se ge­fälscht ge­we­sen.

Die Be­klag­te hat be­haup­tet, S sei we­der be­voll­mäch­tigt ge­we­sen, Ver­trä­ge zu ih­ren Las­ten ab­zu­schlie­ßen, noch Gel­der in Emp­fang zu neh­men. Er ha­be zu­vor auch nie­mals Bar­geld von Kun­den an­ge­nom­men. Ins­be­son­de­re ha­be sie – die Be­klag­te – S kei­ne schrift­li­che In­kas­so­voll­macht er­teilt. Ei­ne sol­che ha­be S dem J da­her auch nicht vor­ge­legt; al­len­falls ha­be S dem J ein ge­fälsch­tes Do­ku­ment vor­ge­legt. Die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Dul­dungs- und/oder An­scheins­voll­macht – so hat die Be­klag­te ge­meint – sei­en des­halb nicht er­füllt. Der Klä­ger kön­ne sich an­ge­sichts des aus­drück­li­chen Hin­wei­ses im Be­stell­for­mu­lar auch nicht mit Er­folg auf § 56 HGB be­ru­fen.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Zur Be­grün­dung hat es im We­sent­li­chen aus­ge­führt, dass der Klä­ger nur dann wirk­sam von dem mit der Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag zu­rück­ge­tre­ten sei und des­halb nur dann ei­nen An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses ha­be, wenn die Be­klag­te den Kauf­preis emp­fan­gen ha­be. Das sei je­doch nicht der Fall. Die Be­klag­te müs­se sich die Bar­zah­lung an S nicht zu­rech­nen las­sen. Die­ser sei näm­lich nicht be­voll­mäch­tigt ge­we­sen, für die Be­klag­te Gel­der in Emp­fang zu neh­men. Wie sich aus der Aus­sa­ge des Zeu­gen S er­ge­be, ha­be die Be­klag­te die­sem rechts­ge­schäft­lich kei­ne ent­spre­chen­de Voll­macht er­teilt. Ei­ne Dul­dungs­voll­macht sei nicht an­zu­neh­men, weil zwei­fel­haft sei, ob die Be­klag­te ge­wusst ha­be, dass der Zeu­ge S sich ei­ner In­kas­so­voll­macht be­rühmt ha­be. Es sei be­reits nicht er­wie­sen, dass S dem J ei­ne In­kas­so­voll­macht vor­ge­legt ha­be. Ei­ne An­scheins­voll­macht lie­ge eben­falls nicht vor. Durch S ver­mit­tel­te Kauf­ver­trä­ge hät­ten der Be­stä­ti­gung durch die Be­klag­te be­durft. Zu­dem ha­be die Be­klag­te im Be­stell­for­mu­lar klar­ge­stellt, dass ih­re Ver­kaufs­an­ge­stell­ten oh­ne be­son­de­re Voll­macht nicht zur Ent­ge­gen­nah­me von Zah­lun­gen be­rech­tigt sei­en. Dass S be­reits zu­vor un­be­rech­tigt Bar­geld ent­ge­gen­ge­nom­men ha­be, las­se sich nicht fest­stel­len.

Mit sei­ner da­ge­gen ge­rich­te­ten Be­ru­fung hat der Klä­ger sei­ne Zah­lungs­an­sprü­che wei­ter­ver­folgt. Er hat ge­meint, durch die Aus­sa­ge des Zeu­gen J sei be­wie­sen, dass S dem J vor der Über­ga­be des Bar­gelds ei­ne schrift­li­che Emp­fangs­voll­macht vor­ge­legt ha­be. Zu­dem sei je­den­falls ei­ne An­scheins­voll­macht an­zu­neh­men. Die Be­klag­te hät­te wis­sen müs­sen, dass der S wie ein Be­voll­mäch­tig­ter der Be­klag­ten auf­ge­tre­ten sei. Aus der Aus­sa­ge des Zeu­gen J fol­ge näm­lich auch, dass S schon frü­her Bar­geld­be­trä­ge für die Be­klag­te in Emp­fang ge­nom­men ha­be.

Die Be­klag­te hat das an­ge­foch­te­ne Ur­teil ver­tei­digt. Sie hat ge­meint, es kom­me nicht dar­auf an, ob S dem J tätsäch­lich ei­ne In­kas­so­voll­macht vor­ge­legt ha­be. Denn soll­te S ei­ne sol­che Voll­macht vor­ge­legt ha­ben, so sei die­se je­den­falls ge­fälscht ge­we­sen. Im Üb­ri­gen hat sich die Be­klag­te er­neut auf ih­ren Hin­weis im Be­stell­for­mu­lar be­ru­fen und wei­ter­hin be­haup­tet, S ha­be nie­mals vor­her Bar­geld für sie, die Be­klag­te, in Emp­fang ge­nom­men. Zu­letzt hat die Be­klag­te gel­tend ge­macht, dass der Klä­ger – un­strei­tig – zwi­schen­zeit­lich ei­nen rechts­kräf­ti­gen Voll­stre­ckungs­be­scheid ge­gen S über die hier strei­ti­ge For­de­rung er­wirkt ha­be. Sie hat ge­meint, der Klä­ger kön­ne nicht so­wohl S als auch sie in An­spruch neh­men, da der Streit­ge­gen­stand der­sel­be sei.

Die Be­ru­fung hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: II. Die Be­ru­fung ist zu­läs­sig und be­grün­det.

Der Zu­läs­sig­keit der Kla­ge steht ins­be­son­de­re nicht ent­ge­gen, dass der Klä­ger un­strei­tig ge­gen den Zeu­gen S … ei­nen Voll­stre­ckungs­ti­tel über die hier strei­ti­ge For­de­rung er­wirkt hat. So­weit die Be­klag­te meint, da­mit sei über den Streit­ge­gen­stand be­reits ent­schie­den, ver­kennt sie die sub­jek­ti­ven Gren­zen der Rechts­kraft, die grund­sätz­lich nur zwi­schen den Par­tei­en des Ver­fah­rens ein­tre­ten kann (§ 325 I ZPO). Dass ma­te­ri­ell-recht­lich so­wohl der Zeu­ge S als auch die Be­klag­te auf Zah­lung der strei­ti­gen For­de­rung ge­samt­schuld­ne­risch haf­ten kön­nen, be­darf kei­ner nä­he­ren Er­läu­te­rung.

Der Klä­ger kann von der Be­klag­ten nach wirk­sa­men Rück­tritt vom Kauf­ver­trag ge­mäß § 346 I BGB die Rück­ge­währ der emp­fan­ge­nen Leis­tun­gen ver­lan­gen, mit­hin den mit der ge­än­der­ten Kla­ge gel­tend ge­mach­ten Kauf­preis.

Ihm stand ein Rück­tritts­recht ge­mäß § 323 I BGB zu. Die Be­klag­te hat die aus dem Kauf­ver­trag fäl­li­ge Leis­tung, näm­lich Über­eig­nung und Über­ga­be des Rei­se­mo­bils, nicht er­bracht.

Ein Leis­tungs­ver­wei­ge­rungs­recht stand der Be­klag­ten nicht zu. Der Klä­ger hat­te mit der Über­ga­be des Bar­gelds durch den Zeu­gen J an den Zeu­gen S sei­ne Kauf­preis­zah­lungs­ver­pflich­tung er­füllt (§ 362 BGB). Die Be­klag­te hat den Kauf­preis auch i. S. des § 346 I BGB emp­fan­gen. Das Land­ge­richt hat zwar zu Recht an­ge­nom­men, dass der Zeu­ge S nicht auf­grund ei­ner rechts­ge­schäft­lich er­teil­ten Voll­macht emp­fangs­be­fugt war. Eben­so we­nig lie­gen die Vor­aus­set­zun­gen für die An­nah­me der so­ge­nann­ten Dul­dungs- oder An­scheins­voll­macht vor. Das an­ge­foch­te­ne Ur­teil er­weist sich aber in­so­weit als un­rich­tig, als das Land­ge­richt die Re­ge­lung des § 56 HGB über­se­hen hat. Der Klä­ger kann sich zu Recht dar­auf be­ru­fen, dass die­se Vor­schrift zu sei­nen Guns­ten ein­greift.

Da die Be­klag­te die Er­fül­lung ih­rer Ver­pflich­tun­gen aus dem Kauf­ver­trag un­ter Be­ru­fung auf die ver­meint­lich ihr nicht zu­zu­rech­nen­de Emp­fang­nah­me des Kauf­prei­ses durch den Zeu­gen S ernst­haft und end­gül­tig ver­wei­gert hat, war die Be­stim­mung ei­ner Nach­frist zur Leis­tung ent­behr­lich (§ 323 II Nr. 1 BGB).

Im Ein­zel­nen:

1. Es ist un­strei­tig, dass zwi­schen den Par­tei­en ein Kauf­ver­trag über das Rei­se­mo­bil … zu ei­nem Kauf­preis von 44.861,97 € zu­stan­de ge­kom­men ist. In­so­fern kann da­hin­ste­hen, dass die Auf­trags­be­stä­ti­gung der Be­klag­ten vom 20.10.2006 dem Klä­ger nicht in­ner­halb der An­nah­me­frist von sechs Wo­chen ab Da­tum der Be­stel­lung vom 07.09.2006 zu­ge­gan­gen ist. Der Klä­ger hat in der Be­stel­lung ei­ne An­nah­me­frist von sechs Wo­chen be­stimmt, so­dass die in der Auf­trags­be­stä­ti­gung zu se­hen­de An­nah­me der Be­klag­ten nur in­ner­halb die­ser Frist hät­te er­fol­gen kön­nen (§ 148 BGB). Die sechs­wö­chi­ge Frist en­de­te am 19.10.2006, so­dass die Auf­trags­be­stä­ti­gung ver­fris­tet war. In der ver­spä­te­ten An­nah­me der Be­klag­ten ist aber ein neu­er An­trag zu se­hen (§ 150 I BGB), den der Klä­ger zu­min­dest kon­klu­dent spä­tes­tens durch Zah­lung des Kauf­prei­ses an­ge­nom­men hat.

2. Aus dem Kauf­ver­trag war die Be­klag­te so­mit ver­pflich­tet, dem Klä­ger die Kauf­sa­che zu über­ge­ben und das Ei­gen­tum dar­an zu ver­schaf­fen (§ 433 I 1 BGB). Die­ser Ver­pflich­tung ist sie un­strei­tig nicht nach­ge­kom­men.

3. Das Leis­tungs­ver­wei­ge­rungs­recht aus der Ein­re­de des nicht er­füll­ten Ver­trags aus § 320 I BGB, wor­auf sich die Be­klag­te vor der Rück­tritts­er­klä­rung aus­schließ­lich be­ru­fen hat, stand ihr nicht zu. Der Klä­ger hat­te sei­ne Leis­tungs­ver­pflich­tung durch Über­ga­be des ba­ren Gel­des an den Zeu­gen S er­füllt. Die Be­klag­te muss sich die­se Zah­lung zu­rech­nen las­sen. Der Zeu­ge S war – ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten und des Land­ge­richts – be­voll­mäch­tigt, mit Wir­kung für die Be­klag­te Zah­lun­gen der Kun­den ent­ge­gen­zu­neh­men.

Da­bei kann da­hin­ste­hen, ob hier ei­ne rechts­ge­schäft­lich er­teil­te Stell­ver­tre­tungs­macht (Voll­macht) oder ei­ne so­ge­nann­te Dul­dungs- oder An­scheins­voll­macht vor­lag. Nach Auf­fas­sung des Se­nats spricht vie­les da­für, dass auf­grund des Auf­tre­tens des Zeu­gen S im ge­schäft­li­chen Ver­kehr be­reits ei­ne zu­min­dest kon­klu­dent er­teil­te Hand­lungs­voll­macht i. S. des § 54 HGB an­zu­neh­men ist. Auf je­den Fall kann sich der Klä­ger mit Er­folg auf die Re­ge­lung des § 56 HGB be­ru­fen.

a) Ge­mäß § 56 HGB gilt ein An­ge­stell­ter in ei­nem La­den oder of­fe­nen Wa­ren­la­ger als er­mäch­tigt zu Ver­käu­fen und Emp­fang­nah­men, die in ei­nem der­ar­ti­gen La­den oder Wa­ren­la­ger ge­wöhn­lich ge­sche­hen. Mit dem Be­griff der Emp­fang­nah­men sind ins­be­son­de­re Zah­lun­gen der Kun­den ge­meint (Hopt, in: Baum­bach/Hopt, HGB, 33. Aufl. [2008], § 56 Rn. 4). Es kann da­hin­ste­hen, ob die­se Vor­schrift ei­ne tat­säch­li­che Ver­mu­tung für die Er­tei­lung und den Um­fang ei­ner Voll­macht für den La­den­an­ge­stell­ten be­grün­det oder ei­nen Rechts­schein, was in Recht­spre­chung und Li­te­ra­tur um­strit­ten ist. Je­den­falls führt das Vor­lie­gen der tat­be­stand­li­chen Vor­aus­set­zun­gen des § 56 HGB da­zu, dass der An­ge­stell­te im Ver­hält­nis zum Kun­den als be­voll­mäch­tigt gilt.

b) Die tat­be­stand­li­chen Vor­aus­set­zun­gen des § 56 HGB lie­gen hier vor. Der Zeu­ge S war zu­min­dest „An­ge­stell­ter“ im Sin­ne die­ser Vor­schrift. Für die Ein­ord­nung als An­ge­stell­ter i. S. des § 56 HGB reicht es aus, dass es sich um ei­ne Per­son han­delt, die mit Wis­sen und Wol­len des In­ha­bers an der Ver­kaufs­tä­tig­keit mit­wirkt. Auf ei­ne ar­beits­recht­li­che An­stel­lung kommt es da­bei nicht an (Hopt, in: Baum­bach/Hopt, a. a. O., § 56 Rn. 2). Der Zeu­ge S war als „Fi­li­al­lei­ter“ in der Nie­der­las­sung der Be­klag­ten in Mül­heim an der Ruhr tä­tig. Er ist der Öf­fent­lich­keit durch das ge­nann­te Ver­kaufs­pro­spekt als Lei­ter der Nie­der­las­sung vor­ge­stellt wor­den. Es ist un­strei­tig und auch un­zwei­fel­haft, dass er für die Be­klag­te Ver­kaufs­tä­tig­kei­ten ent­wi­ckelt hat. Auch die Be­klag­te be­strei­tet das Vor­lie­gen der tat­be­stand­li­chen Vor­aus­set­zun­gen des § 56 HGB aus­drück­lich nicht.

c) Die Be­klag­te kann sich ent­ge­gen ih­rer Auf­fas­sung auch nicht mit Er­folg auf den Hin­weis auf die Er­for­der­lich­keit ei­ner schrift­li­chen Be­voll­mäch­ti­gung für die Ent­ge­gen­nah­me von Zah­lun­gen in der ver­bind­li­chen Be­stel­lung be­ru­fen.

In­so­weit ist zwar rich­tig, dass die durch den § 56 HGB ge­ge­be­ne Ver­mu­tung bzw. der Rechts­schein durch ei­nen kla­ren Hin­weis aus­schließ­bar ist (Hopt, in: Baum­bach/Hopt, a. a. O., § 56 Rn. 5). Bleibt näm­lich die tat­säch­li­che Voll­macht des La­den­an­ge­stell­ten hin­ter dem Um­fang des § 56 HGB zu­rück oder fehlt sie ganz, so gilt zu­guns­ten des Ge­schäfts­geg­ners die Gut­glau­bens­vor­schrift des § 54 III HGB ent­spre­chend (We­ber, in: Eben­roth/Bou­jong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl. [2008], § 56 Rn. 14 m. w. Nachw.). Be­schrän­kun­gen der Voll­macht aus § 56 HGB oder auch ihr Feh­len über­haupt wir­ken des­halb ge­gen Drit­te nur dann, wenn sie den Man­gel ken­nen oder ken­nen müs­sen (BGH, Urt. v. 29.01.1975 – VI­II ZR 101/73, NJW 1975, 642, 643; Urt. v. 19.03.2002 – X ZR 157/99, NJW-RR 2002, 967, 968). Ken­nen müs­sen in die­sem Sin­ne be­deu­tet fahr­läs­si­ge Nicht­kennt­nis i. S. des § 122 II BGB (We­ber, in: Eben­roth/Bou­jong/Joost/Strohn, a. a. O., § 56 Rn. 14).

Dass der Klä­ger bzw. der für ihn han­deln­de Zeu­ge J den Man­gel der In­kas­so­voll­macht po­si­tiv kann­te, ist nicht er­kenn­bar. Dies trägt die Be­klag­te auch nicht vor.

Dem Klä­ger bzw. sei­nem Bru­der J ist auch kein Fahr­läs­sig­keits­vor­wurf zu ma­chen. Er han­del­te nicht un­ter Au­ßer­acht­las­sung der im Ver­kehr er­for­der­li­chen Sorg­falt, als er nicht er­kann­te, dass der Zeu­ge S nicht emp­fangs­be­voll­mäch­tigt für den Kauf­preis war. Ein­zi­ger An­satz­punkt für den Vor­wurf ei­ner fahr­läs­si­gen Nicht­kennt­nis könn­te der in dem Be­stell­for­mu­lar ent­hal­te­ne Hin­weis sein. Un­ter Wür­di­gung al­ler Um­stän­de er­ach­tet der Se­nat je­doch die­sen Hin­weis als nicht aus­rei­chend.

aa) Es ist zwi­schen den Par­tei­en un­strei­tig, dass der tat­säch­li­che An­sprech­part­ner für den Klä­ger bzw. den Zeu­gen J der Zeu­ge S war. Kon­takt mit dem Haupt­haus in Braun­schweig hat­te der Klä­ger nur bei Er­halt der Auf­trags­be­stä­ti­gung vom 20.10.2006. Im üb­ri­gen wur­de der Klä­ger von dem Zeu­gen S be­ra­ten. Die ge­sam­te Ab­wick­lung er­folg­te über den als „Fi­li­al­lei­ter“ auf­tre­ten­den Zeu­gen. So ist eben­so un­strei­tig, dass das Fahr­zeug tat­säch­lich nach Mül­heim ge­lie­fert wor­den war und ur­sprüng­lich dort in Emp­fang hät­te ge­nom­men wer­den kön­nen.

bb) Im Hin­blick auf die­se Um­stän­de er­scheint be­reits frag­lich, ob der Hin­weis in der Be­stel­lung über­haupt für den Zeu­gen S Gel­tung be­an­sprucht. Der Hin­weis ist an­hand ei­nes ob­jek­ti­ven Emp­fän­ger­ho­ri­zonts ge­mäß §§ 133, 157 BGB aus­zu­le­gen. Wie be­reits aus­ge­führt, trat der Zeu­ge S als Fi­li­al­lei­ter bzw. Lei­ter der Nie­der­las­sung Mül­heim der Be­klag­ten auf. In dem Hin­weis in der Be­stel­lung ist die Re­de von „Ver­kaufs­an­ge­stell­ten“. Dem Se­nat er­scheint es durch­aus nach­voll­zieh­bar, dass ein ob­jek­ti­ver Emp­fän­ger die­ser Er­klä­rung mit dem Be­griff „Ver­kaufs­an­ge­stell­te“ nicht den Zeu­gen S ver­bin­det, son­dern an­de­re An­ge­stell­te in der Nie­der­las­sung in Mül­heim, die nicht in der her­vor­ge­ho­be­nen Po­si­ti­on ei­nes „Nie­der­las­sungs­lei­ters“ im Rechts­ver­kehr auf­tre­ten.

cc) Dar­über hin­aus ist nicht zu ver­ken­nen, dass der Hin­weis in der Be­stel­lung aus dem üb­ri­gen Text we­der druck­tech­nisch her­vor­ge­ho­ben noch an auf­fäl­li­ger Stel­le plat­ziert ist. Viel­mehr taucht die­ser Hin­weis im Zu­sam­men­hang mit ei­ner Viel­zahl an­de­rer Ver­trags­klau­seln auf, oh­ne dass die prak­tisch wich­ti­ge Be­deu­tung die­ses Hin­wei­ses zu er­ken­nen wä­re. Es er­scheint dem Se­nat da­her durch­aus le­bens­nah, dass die­se Re­ge­lung „im Klein­ge­druck­ten“ we­der von dem Zeu­gen J noch von dem Klä­ger selbst tat­säch­lich wahr­ge­nom­men wor­den ist.

dd) Bei der Be­wer­tung des Ver­hal­tens des Klä­gers als mög­li­cher­wei­se fahr­läs­si­ge Nicht­kennt­nis ist auch zu be­ach­ten, dass aus­weis­lich der All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen der Be­klag­ten … der Kauf­preis bei Über­ga­be des Kauf­ge­gen­stands, spä­tes­tens je­doch acht Ta­ge nach Zu­gang der Be­reit­stel­lungs­an­zei­ge und Aus­hän­di­gung oder Über­sen­dung der Rech­nung zur Zah­lung, Zug um Zug, in bar fäl­lig war. Der Klä­ger sah sich da­her ei­ner Re­ge­lung ge­gen­über, die Bar­zah­lung bei Über­ga­be vor­sah. An­de­rer­seits exis­tier­te der Hin­weis in der Be­stel­lung, wo­nach Bar­zah­lun­gen an Ver­kaufs­an­ge­stell­te nur bei schrift­li­cher Er­mäch­ti­gung mög­lich sein soll­ten. Auch dies deu­tet nach Auf­fas­sung des Se­nats dar­auf hin, dass die Tat­sa­che, dass dem Klä­ger nicht be­wusst war, dass auch für den Zeu­gen S ei­ne schrift­li­che Be­voll­mäch­ti­gung zur Ent­ge­gen­nah­me ba­rer Zah­lun­gen er­for­der­lich sein soll­te, ihm nicht zum Vor­wurf zu ma­chen ist.

ee) Na­he­ge­le­gen hät­te es, in der Auf­trags­be­stä­ti­gung auf ei­ne ver­meint­li­che feh­len­de Emp­fangs­voll­macht ge­son­dert hin­zu­wei­sen. Der dor­ti­ge Hin­weis auf die All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen der Be­klag­ten, in de­nen – wie oben aus­ge­führt – Bar­zah­lung bei Ab­ho­lung aus­drück­lich vor­ge­se­hen war, ist ein wei­te­rer Um­stand, der beim Klä­ger den Ein­druck ver­mit­teln muss­te, der Zeu­ge S sei emp­fangs­be­voll­mäch­tigt. Un­strei­tig wä­re näm­lich die Ab­wick­lung tat­säch­lich nicht über das Haupt­haus der Be­klag­ten in Braun­schweig er­folgt, son­dern über die Fi­lia­le in Mühl­heim und über den Zeu­gen S. So war das Rei­se­mo­bil be­reits nach Mühl­heim ver­bracht wor­den, als der Zeu­ge S te­le­fo­nisch mit dem Klä­ger Kon­takt auf­nahm. Es ist nichts da­für er­sicht­lich, dass die Be­klag­te vom Haupt­haus aus über­haupt in die Über­ga­be des Fahr­zeugs tat­säch­lich ein­ge­schal­tet wor­den wä­re, hät­te der Klä­ger den Kauf­preis über­wie­sen oder der Zeu­ge S den er­hal­te­nen Be­trag wei­ter­ge­lei­tet.

d) Im Er­geb­nis geht der Se­nat da­her da­von aus, dass der Klä­ger den tat­säch­li­chen Man­gel der Voll­macht nicht er­kannt hat und ihm in­so­weit auch nicht der Vor­wurf des fahr­läs­si­gen Ver­hal­tens ge­macht wer­den kann. Der Zeu­ge S war ihm ge­gen­über als für die Be­klag­te hand­lungs­be­voll­mäch­tig­ter Fi­li­al­lei­ter auf­ge­tre­ten. Le­dig­lich ein druck­tech­nisch nicht her­vor­ge­ho­be­ner und schwer zu er­ken­nen­der Hin­weis in der ver­bind­li­chen Be­stel­lung deu­te­te über­haupt dar­auf hin, dass hier zur Emp­fang­nah­me ba­rer Zah­lun­gen, die an­de­rer­seits von dem Klä­ger durch die All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen der Be­klag­ten ver­langt wur­den, ei­ne ge­son­der­te Be­voll­mäch­ti­gung er­for­der­lich sein soll­te. An­ge­sichts der sons­ti­gen Um­stän­de, die aus Sicht des Klä­gers auf ei­ne um­fas­sen­de Voll­macht des Zeu­gen S hin­deu­te­ten, hät­te es ei­ner deut­li­che­ren War­nung be­durft, um den Recht­schein des § 56 HGB zu be­sei­ti­gen. Der Zeu­ge S galt dem­nach ge­mäß § 56 HGB als be­voll­mäch­tigt, die ba­re Zah­lung in Emp­fang zu neh­men. Die Be­klag­te hat da­her das Bar­geld er­hal­ten und der Klä­ger sei­ne Ver­pflich­tung aus dem Kauf­ver­trag er­füllt.

4. In­dem die Be­klag­te ih­rer Leis­tungs­ver­pflich­tung, näm­lich Über­ga­be und Über­eig­nung des Rei­se­mo­bils, nicht nach­ge­kom­men ist, hat sie ei­ne Pflicht­ver­let­zung ge­mäß § 323 I BGB be­gan­gen. Die Set­zung ei­ner an­ge­mes­se­nen Frist zur Leis­tung be­durf­te es hier nicht, da die Be­klag­te durch ihr Ver­hal­ten ge­zeigt hat­te, dass sie die Leis­tung ernst­haft und end­gül­tig ver­wei­gert (§ 323 II Nr. 1 BGB). Der Klä­ger hat so­mit zu Recht den Rück­tritt er­klärt und kann im Rah­men des Rück­ab­wick­lungs­ver­hält­nis­ses nun­mehr Rück­zah­lung der emp­fan­ge­nen Leis­tung ver­lan­gen. Der An­spruch der Hö­he nach ist un­strei­tig.

5. Dar­über hin­aus kann er im We­ge des Scha­den­er­sat­zes we­gen Ver­zö­ge­rung der Leis­tung ge­mäß §§ 280 I und II, 286 I 1, II Nr. 3, 325 BGB die vor­pro­zes­sua­len An­walts­kos­ten er­setzt ver­lan­gen, die nicht im Kos­ten­fest­set­zungs­ver­fah­ren an­ge­mel­det wer­den kön­nen. Es han­delt sich da­bei um ei­ne mit dem Fak­tor 1,3 an­zu­set­zen­de Ge­schäfts­ge­bühr ge­mäß Nr. 2300 VV RVG in Hö­he von 1.266,20 € zu­züg­lich Post­pau­scha­le in Hö­he von 20 € und 19 % Um­satz­steu­er (244,37 €), in der Sum­me mit­hin 1.530,58 €.

6. Der Zins­an­spruch er­gibt sich aus § 291 BGB. …

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