Weist ein Kfz-Ver­käu­fer den Käu­fer vor Ab­schluss des Kauf­ver­tra­ges nicht dar­auf hin, dass das Fahr­zeug nicht über ein in ei­nem In­ter­net­in­se­rat ge­nann­tes Aus­stat­tungs­merk­mal (z. B. ei­ne Alarm­an­la­ge) ver­fügt, schul­det er ver­trag­lich die Über­ga­be und Über­eig­nung ei­nes Fahr­zeugs mit die­sem Aus­stat­tungs­merk­mal. Das ge­lie­fer­te Fahr­zeug ist i. S. des § 434 I 1 BGB man­gel­haft, wenn ihm die ent­spre­chen­de Aus­stat­tung fehlt.

AG Ho­yers­wer­da, Ur­teil vom 06.03.2008 – 1 C 506/05

Sach­ver­halt: Die Par­tei­en strei­ten um die Min­de­rung des Kauf­prei­ses für ei­nen VW Mul­tivan, den der Klä­ger von der Be­klag­ten für 44.199 € er­wor­ben hat. Das Fahr­zeug hat­te die Be­klag­te zu­vor mit dem vom Klä­ger ge­zahl­ten Kauf­preis im In­ter­net be­wor­ben und da­bei als Aus­stat­tungs­merk­ma­le un­ter an­de­rem ei­ne Mo­bil­te­le­fon­vor­be­rei­tung und ei­ne Alarm­an­la­ge an­ge­ge­ben.

In der Fol­ge­zeit über­sand­te die Be­klag­te dem Klä­ger, ver­tre­ten durch den Zeu­gen Z, ein schrift­li­ches An­ge­bot vom 03.03.2004. Die­ses ent­hielt ei­ne um­fang­rei­che tech­ni­sche Be­schrei­bung des Fahr­zeugs, in der we­der ei­ne Alarm­an­la­ge noch ei­ne Te­le­fon­vor­be­rei­tung als Aus­stat­tungs­merk­ma­le ge­nannt wa­ren. Der Kauf­preis für den Mul­tivan war mit 44.200 € an­ge­ge­ben.

Un­ter dem 04.03.2004 be­stell­te der Klä­ger dar­auf­hin bei der Be­klag­ten das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug zum Preis von 44.199 €.

Der an den Klä­ger aus­ge­lie­fer­te Mul­tivan war we­der mit ei­ner Te­le­fon­vor­be­rei­tung noch mit ei­ner Alarm­an­la­ge aus­ge­rüs­tet. Au­ßer­dem fehl­te die Be­die­nungs­an­lei­tung für das Na­vi­ga­ti­ons­sys­tem, die al­ler­dings wäh­rend des Rechts­streits nach­ge­lie­fert wur­de. Mit Schrei­ben vom 01.04.2004 for­der­te der Klä­ger die Be­klag­te des­halb – er­folg­los – zur Nach­er­fül­lung auf.

Mit der Kla­ge ver­langt der Klä­ger die Rück­zah­lung ei­nes Teils des Kauf­prei­ses (2.000 €) nebst Zin­sen und be­haup­tet, in die­ser Hö­he sei der Wert des Fahr­zeugs we­gen des Feh­lens der Alarm­an­la­ge und der Te­le­fon­vor­be­rei­tung ge­min­dert.

Die Be­klag­te be­haup­te­te, die Alarm­an­la­ge und die Te­le­fon­vor­be­rei­tung sei­en im In­ter­net irr­tüm­lich als Aus­stat­tungs­merk­ma­le auf­ge­führt ge­we­sen. Rich­tig sei die Be­schrei­bung des Fahr­zeugs in dem schrift­li­chen An­ge­bot vom 03.03.2004. Dem Klä­ger sei an­läss­lich ei­nes te­le­fo­ni­schen Be­ra­tungs­ge­sprächs auch mit­ge­teilt wor­den, dass das Fahr­zeug we­der über ei­ne Alarm­an­la­ge noch über ei­ne Te­le­fon­vor­be­rei­tung ver­fü­ge.

Die Kla­ge hat­te teil­wei­se Er­folg.

Aus den Grün­den: I. … 1. Der Klä­ger hat ei­nen An­spruch … auf Zah­lung von 663 € aus Min­de­rung des Kauf­prei­ses ge­mäß §§ 433, 434 I 1, 437 Nr. 2, 441 BGB.

a) Zwi­schen den Par­tei­en be­steht un­strei­tig ein Kauf­ver­trag über ei­nen Pkw VW Mul­tivan zu ei­nem Kauf­preis von 44.199 €.

b) Dem Klä­ger steht ge­gen­über der Be­klag­ten ein Min­de­rungs­recht aus §§ 437 Nr. 2, 441 BGB zu, denn der ge­lie­fer­te Pkw war mit ei­nem Sach­man­gel i. S. von § 434 BGB be­haf­tet.

Rich­tig ist zwar der An­satz der Be­klag­ten, dass der Klä­ger ein Min­de­rungs­recht ent­ge­gen sei­ner Rechts­auf­fas­sung nicht aus § 434 I 3 BGB her­lei­ten kann. Auf ei­ne Män­gel er­zeu­gen­de Wer­be­aus­sa­ge kann näm­lich auf­grund des ge­staf­fel­ten Sys­tems des § 434 I BGB erst dann ab­ge­stellt wer­den, wenn die bei­den vor­her­ge­hen­den Al­ter­na­ti­ven nicht ein­grei­fen, al­so kei­ne be­son­de­re Be­schaf­fen­heit der Kauf­sa­che ver­ein­bart war und auch auf die Eig­nung für die ver­trag­lich vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung nicht ab­ge­stellt wer­den kann. Dies ist hier nicht der Fall, denn die Par­tei­en hat­ten in der von der Be­klag­ten an­ge­nom­me­nen Be­stel­lung des Klä­gers vom 04.03.2004 in Ver­bin­dung mit dem schrift­li­chen An­ge­bot der Be­klag­ten vom 03.03.2004 ei­ne Be­schaf­fen­heit der Kauf­sa­che aus­drück­lich ver­ein­bart. Aus dem­sel­ben Grun­de kann ent­ge­gen der Rechts­auf­fas­sung des Klä­gers ein Min­de­rungs­recht auch nicht auf § 434 I 2 Nr. 2 BGB ge­stützt wer­den.

Al­ler­dings hat­ten die Par­tei­en hier im Um­fang der Be­stel­lung vom 04.03.2004 in Ver­bin­dung mit dem An­ge­bot vom 03.03.2004 ei­ne Be­schaf­fen­heit der Kauf­sa­che ver­ein­bart, wo­bei der tat­säch­lich von der Be­klag­ten an den Klä­ger in der Fol­ge­zeit ge­lie­fer­te Pkw die­se Be­schaf­fen­heit nicht auf­wies. Rich­tig ist zwar der Ein­wand der Be­klag­ten, dass so­wohl in der Be­stel­lung als auch in dem An­ge­bot we­der ei­ne Alarm­an­la­ge noch ei­ne Te­le­fon­vor­be­rei­tung auf­ge­zählt wa­ren. Hier­aus kann aber nicht oh­ne Wei­te­res der Schluss ge­zo­gen wer­den, dass die Kauf­sa­che die­se Aus­stat­tungs­merk­ma­le nicht ent­hal­ten soll­te. Denn Aus­gangs­punkt des spä­ter zwi­schen den Par­tei­en zu­stan­de ge­kom­me­nen Kauf­ver­trags war ur­sprüng­lich die In­ter­net­wer­bung der Be­klag­ten, wel­che ge­ra­de die bei­den vor­ge­nann­ten Aus­stat­tungs­merk­ma­le ent­hielt und mit ei­nem Kauf­preis von 44.199 € warb.

Eben die­ser Kauf­preis war (er­höht um ei­nen Eu­ro) auch in dem An­ge­bot vom 03.03.2004 so­wie (in Hö­he der ur­sprüng­li­chen An­ga­be in der In­ter­net­wer­bung) in der ver­bind­li­chen Be­stel­lung vom 04.03.2004 ent­hal­ten. Auf­grund die­ser Über­ein­stim­mung durf­te der Klä­ger durch­aus da­von aus­ge­hen, dass nicht nur die aus­drück­lich ge­nann­ten Aus­stat­tungs­merk­ma­le Ge­gen­stand der Ver­ein­ba­rung sind, son­dern sämt­li­che Aus­stat­tungs­merk­ma­le aus der In­ter­net­wer­bung zu dem gleich­ge­blie­be­nen Kauf­preis.

Die Be­klag­te hat auch nicht nach­ge­wie­sen, den Klä­ger – ver­tre­ten durch den Zeu­gen Z – vor Ver­trags­schluss auf ei­ne irr­tüm­li­che Auf­nah­me der bei­den Aus­stat­tungs­merk­ma­le in die In­ter­net­wer­bung und de­ren Feh­len in der Kauf­sa­che hin­ge­wie­sen zu ha­ben. Be­reits aus der Aus­sa­ge des von der Be­klag­ten be­nann­ten Zeu­gen X er­gibt sich, dass über die Alarm­an­la­ge an­läss­lich des Te­le­fo­nats nicht ge­spro­chen wur­de.

Hin­sicht­lich der Te­le­fon­vor­be­rei­tung hat der Zeu­ge X im Üb­ri­gen zwar aus­ge­sagt, Ge­gen­stand des Te­le­fo­nats sei auch ge­we­sen, dass die­se nicht vor­han­den sei. Dem­ge­gen­über hat al­ler­dings der Zeu­ge Z im Rah­men sei­ner Ver­neh­mung aus­qe­saqt, ihm sei bei die­sem Te­le­fo­nat von dem Zeu­gen X mit­ge­teilt wor­den, dass in dem Pkw hin­sicht­lich der Te­le­fon­vor­be­rei­tung ei­ne Grund­aus­stat­tung oh­ne Rück­sicht auf das zu ver­wen­de­ne Han­dy vor­han­den sei, wo­bei le­dig­lich die Te­le­fon­scha­le nach­ge­rüs­tet wer­den müs­se. Das Ge­richt ist nicht von der Wahr­heit oder Un­wahr­heit der ei­nen oder an­de­ren Zeu­gen­aus­sa­ge so sehr über­zeugt, dass es den je­weils an­de­ren Zeu­gen mit an Si­cher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit der Un­wahr­heit be­zich­ti­gen könn­te. Es muss da­her da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass kei­ne Par­tei die Rich­tig­keit ih­res Vor­trags be­wie­sen hat. Das Ge­richt sieht im Er­geb­nis bei­de Aus­sa­gen als gleich­wer­tig an und kann we­der der ei­nen noch der an­de­ren fol­gen, so­dass ei­ne so­ge­nann­te Be­weis­las­tent­schei­dung zu tref­fen ist. Dies geht zu­las­ten der Be­klag­ten, die be­haup­tet hat­te, ei­nen ent­spre­chen­den Hin­weis über die irr­tüm­li­che Aus­wei­sung die­ser Aus­stat­tungs­merk­ma­le im In­ter­net und de­ren Nicht­vor­han­den­sein in der Kauf­sa­che mit­ge­teilt zu ha­ben.

So­fern man ent­ge­gen der vor­ste­hend ver­tre­te­nen Rechts­auf­fas­sung da­von aus­geht, dass le­dig­lich die aus­drück­lich in dem An­ge­bot vom 03.03.2004 auf­ge­führ­ten Aus­stat­tungs­merk­ma­le Ge­gen­stand der ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­rung und da­her ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit i. S. von § 434 I 2 Nr. 1 BGB sei­en, stün­de den Klä­ger je­den­falls in glei­cher Hö­he wie das Min­de­rungs­recht ein Scha­dens­er­satz­an­spruch we­gen ei­nes Ver­schul­dens der Be­klag­ten bei Ver­trags­schluss (cul­pa in con­tra­hen­do) zu. Auf­grund der – nach ih­rem Vor­trag irr­tüm­li­chen – Auf­nah­me der bei­den streit­ge­gen­ständ­li­chen Aus­stat­tungs­merk­ma­le in ih­re In­ter­net­wer­bung ob­lag es der Be­klag­ten, ih­ren Kun­den bei dem spä­te­ren Ver­trags­schluss hier­auf hin­zu­wei­sen. Dass ein sol­cher Hin­weis er­folgt ist, hat die Be­klag­te auf das Be­strei­ten des Klä­gers hin – wie vor­ste­hend dar­ge­legt – nicht zur Über­zeu­gung des Ge­richts nach­ge­wie­sen.

c) Mit ih­rem Schrei­ben vom 01.04.2004 hat der Klä­ger die Be­klag­te auch – un­ter Frist­set­zung – er­folg­los zur Nach­er­fül­lung auf­ge­for­dert.

So­weit die Be­klag­te meint, ihr sei kei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt wor­den, ist dies nicht ent­schei­dungs­er­heb­lich, da durch das Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen je­den­falls ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist in Gang ge­setzt wur­de, in­ner­halb de­rer die Be­klag­te dem Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen des Klä­gers auch nicht nach­ge­kom­men ist.

d) Nach al­le­dem kann der Klä­ger ge­mäß § 437 Nr. 2 BGB i. V. mit § 441 BGB den Kauf­preis min­dern. Nach § 441 III BGB ist da­bei der Kauf­preis in dem Ver­hält­nis her­ab­zu­set­zen, in wel­chem zur Zeit des Ver­trags­schlus­ses der Wert der Sa­che in man­gel­frei­em Zu­stand zu dem wirk­li­chen Wert ge­stan­den ha­ben wür­de, wo­bei die Min­de­rung ge­ge­be­nen­falls durch Schät­zung zu er­mit­teln ist.

Im vor­lie­gen­den Fall ist im Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me durch Ein­ho­lung ei­nes schrift­li­chen Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens ei­ne Min­de­rung im Um­fang von ins­ge­samt 663 € ge­ge­ben. Der Sach­ver­stän­di­ge hat in sei­nem schrift­li­chen Gut­ach­ten über­zeu­gend dar­ge­legt, dass sich die Hö­he der Min­de­rung man­gels an­der­wei­ti­ger An­satz­punk­te am Ver­kaufs­er­lös sol­cher Fahr­zeu­ge mit die­sen bei­den Aus­stat­tungs­merk­ma­len ori­en­tie­ren muss. Hier­zu hat der Sach­ver­stän­di­ge ei­ne … all­ge­mei­ne Markt­ana­ly­se vor­ge­nom­men und in de­ren Er­geb­nis kei­ne Aus­wir­kun­gen des Vor­han­den­seins bzw. Nicht­vor­han­den­seins der bei­den streit­ge­gen­ständ­li­chen Aus­stat­tungs­merk­ma­le auf den Ver­kaufs­er­lös fest­ge­stellt. So­weit der Klä­ger ein­wen­det, der Sach­ver­stän­di­ge ha­be den spe­zi­el­len Markt un­ter Tier­ärz­ten ana­ly­sie­ren müs­sen, ist dies be­reits man­gels ei­nes sol­chen spe­zi­el­len Mark­tes nicht mög­lich.

Der Sach­ver­stän­di­ge hat im Wei­te­ren über­zeu­gend dar­ge­legt, dass der Min­der­wert man­gels Aus­wir­kung sol­cher Aus­stat­tungs­merk­ma­le auf den all­ge­mein zu er­war­ten­den Ver­kaufs­er­lös (le­dig­lich) in der Hö­he der Ein­bau­kos­ten für den nach­träg­li­chen Ein­bau die­ser Aus­stat­tun­gen liegt. Die­se Ein­bau­kos­ten be­tra­gen nach dem eben­falls über­zeu­gen­den Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen 638 €. Hin­zu kom­men nach Da­für­hal­ten des Ge­richts die ge­mäß § 441 III 2 BGB zu schät­zen­den Un­kos­ten, die im Zu­sam­men­hang mit dem nach­träg­li­chen Ein­bau üb­li­cher­wei­se an­fal­len. Hier­un­ter fal­len bei­spiels­wei­se Te­le­fon­kos­ten für die Ab­spra­che des Ein­baus so­wie Fahrt­kos­ten zwi­schen dem Sitz des Fahr­zeug­hal­ters und der Werk­statt. Die­se Un­kos­ten schätzt das Ge­richt man­gels ge­gen­tei­li­ger An­halts­punk­te – ähn­lich wie die Un­kos­ten­pau­scha­le nach Ver­kehrs­un­fäl­len – mit 25 €.

Nach al­le­dem be­trägt die Min­de­rung im vor­lie­gen­den Fall ins­ge­samt 663 €. Ei­ne hö­he­re Min­de­rung hat der Klä­ger nicht nach­ge­wie­sen.

e) Nach­dem der Klä­ger als Käu­fer im vor­lie­gen­den Fal­le be­reits mehr als den ge­min­der­ten Kauf­preis ge­zahlt hat, kann er von der Be­klag­ten als Ver­käu­fe­rin die Er­stat­tung des Mehr­be­tra­ges in Hö­he der vor­ge­nann­ten 663 € ver­lan­gen (§ 441 IV 1 BGB).

Nach al­le­dem war die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an den Klä­ger 663 € zu zah­len, wäh­rend die wei­ter­ge­hen­de Kla­ge – auch man­gels sons­ti­ger zu­guns­ten des Klä­gers ein­grei­fen­der An­spruchs­grund­la­gen – ab­zu­wei­sen war …

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