1. Fehlt einem Gebrauchtwagen ein in einem (Inernet-)Inserat angepriesenes Ausstattungsmerkmal – hier: eine Antriebsschlupfregelung/Traktionskontrolle –, ist das Fahrzeug grundsätzlich mit einem Fehler i. S. des §459 I BGB a.F. behaftet.
  2. Ein Gebrauchtwagenhändler, der sich nicht dem Vorwurf der arglistigen Täuschung aussetzen will, muss sich über die Ausstattung eines zum Kauf angebotenen Fahrzeugs vergewissern, bevor er dazu – etwa in einem (Internet-)Inserat – Angaben macht. Denn Arglist liegt nicht nur vor, wenn der Händler ein Ausstattungsmerkmal anpreist, von dem er weiß, dass es nicht vorhanden ist. Vielmehr handelt der Händler grundsätzlich auch dann arglistig, wenn er zur Ausstattung des Fahrzeugs „ins Blaue hinein“ Angaben macht, die sich später als unzutreffend erweisen.

LG Köln, Urteil vom 10.01.2002 – 15 O 237/01

Sachverhalt: Der Kläger nimmt den beklagten Gebrauchtwagenhändler auf Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrages in Anspruch.

Er kaufte von dem Beklagten mit schriftlichem Kaufvertrag vom 23.11.2000 einen seinerzeit knapp acht Jahre alten BMW-Gebrauchtwagen mit einer Laufleistung von 200.000 km zum Preis von 10.000 DM. Mit dem Fahrzeug hatte der Kläger zuvor zwei Probefahrten unternommen. Die Haftung des Beklagten für Mängel des Pkw wurde im Kaufvertrag ausgeschlossen.

Auf den BMW war der Kläger durch ein Inserat des Beklagten im Internet aufmerksasm geworden. Darin war unter „Ausstattung“ unter anderem angegeben, dass das Fahrzeug über eine Traktionskontrolle verfüge. Tatsächlich ist dieses – im schriftlichen Kaufvertrag nicht erwähnte – Ausstattungsmerkmal jedoch nicht vorhanden.

Am 28.11.2000 führte der Beklagte das Fahrzeug im Beisein des Klägers zur Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO vor. Dabei wurden erhebliche Mängel (Kennzeichenbeleuchtung ohne Funktion; Stabilisatorgelenk der Vorderachse ausgeschlagen) festgestellt. Nachdem diese Mängel – mit Ausnahme des Mangels in Gestalt der fehlenden Kennzeichenbeleuchtung – beseitigt worden waren, wurde noch am selben Tag eine Prüfplakette erteilt. Anschließend übernahm der Kläger den erworbenen Pkw.

Der Kläger ließ das Fahrzeug am 06.12.2000 in einer BMW-Vertragswerkstatt prüfen und Mängel, die bei der Prüfung zutage getreten sein sollen, beseitigen. Im Januar 2001 ließ der Kläger weitere angebliche Mängel beseitigen.

Er hat behauptet, der BMW habe bereits bei der Übergabe Mängel – unter anderem einen Defekt des Katalysators, der einen Austausch der Lambdasonde erforderlich gemacht habe – aufgewiesen, und hat von dem Beklagten über die Rückzahlung des Kaufpreises hinaus den Ersatz von Reparaturkosten in Höhe von 1.374,57 DM brutto verlangt. Die Klage hatte im Wesentlichen Erfolg.

Aus den Gründen: 1. Die Klageforderung ist aufgrund des Fehlens einer Traktionskontrolle grundsätzlich gerechtfertigt, allerdings nur abzüglich der Gebrauchsvorteile und hinsichtlich der Reparaturen nur in Höhe des Nettobetrages …

a) Unabhängig davon, ob die behaupteten sonstigen Mängel vorliegen oder nicht, ist das Wandelungsbegehren gerechtfertigt wegen des – unstreitigen – Fehlens einer Traktionskontrolle. Zwar ist die Angabe in der Internetanzeige mangels Rechtsbindungswillens entgegen der Auffassung des Klägers keine Zusicherung nach §§ 463 Satz 1, 459 II BGB a.F.; es handelt sich vielmehr um eine Beschaffenheitsangabe, deren Unrichtigkeit einen Fehler gemäß § 459 I BGB a.F. begründet.

b) Der darauf gestützte Gewährleistungsanspruch ist trotz des an sich wirksamen Ausschlusses der Gewährleistung begründet, da der Beklagte insoweit jedenfalls arglistig gehandelt hat (§ 476 BGB a.F.). Denn entweder wusste der Beklagte konkret, dass der Wagen keine Traktionskontrolle besaß, und war deshalb arglistig. Oder er wußte es nicht; dann durfte er aber eine solche Angabe „ins Blaue“ hinein nicht abgeben, ohne vorher zu prüfen, ob dies zutraf, da er ansonsten ebenfalls als arglistig zu behandeln ist (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl. [2001], § 123 Rn. 11, § 463 Rn. 12). Dass er die Fehlangabe bloß fahrlässig gemacht habe, trägt der Beklagte nicht vor. Im Fall eines Gebrauchtwagenhändlers kann es nicht darauf ankommen, ob der Käufer noch zusätzlich Umstände vorträgt, die nahelegen, dass der Händler das Fehlen der angegebenen Beschaffenheit für möglich hielt (vgl. Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 123 Rn. 11, § 463 Rn. 12). Vielmehr ist der Gebrauchtwagenhändler gehalten, sich der Richtigkeit aller Angaben zu versichern, zum Beispiel durch eigene Prüfung oder, wo ihm dies nicht möglich oder zumutbar ist, durch genaues Studium der ihm bekannten oder von ihm anzufordernden Unterlagen über den Pkw. Entsprechendes hat der Beklagte, der insoweit darlegungspflichtig ist, nicht vorgetragen.

c) Der Höhe nach ist der Anspruch allerdings nur teilweise schlüssig und begründet.

aa) Rückzahlung des Kaufpreises kann der Kläger nach § 347 Satz 2 BGB a.F. jedenfalls nur abzüglich der gezogenen Vorteile verlangen. Dem steht die Mangelhaftigkeit des Pkw nicht entgegen, solange der Kläger dennoch gefahren ist. Auf der Basis einer erwarteten Laufleistung von weiteren 50.000 km ergibt sich ein Betrag von 0,20 DM auf 1.900 km, also 380 DM.

bb) Der Kläger kann nach §§ 467 Satz 1 Halbsatz 1, 347 Satz 2, 994 II BGB a.F. Verwendungsersatz für die geltend gemachten Reparaturen verlangen, soweit diese erforderlich sind …

Da der Kläger schon nach eigenem Bekunden die Mängel unmittelbar nach Übergabe bemerkte und er insoweit umgehend von Anfang an Wandelung verlangte, ist der Verwendungsersatzanspruch insgesamt auf § 347 Satz 2 BGB a.F. und nicht auf §§ 812 ff. BGB zu stützen (vgI. Palandt/Heinrichs, a. a. O.; § 347 Rn. 11 m. w. Nachw.).

Da der Beklagte die Mängel durchweg nicht als solche, sondern nur deren Vorliegen bei Übergabe bestreitet, sind die Beseitigungskosten insgesamt als notwendige Verwendungen zu ersetzen, da sie zur bestimmungsmäßen Nutzung objektiv erforderlich waren und dem Beklagten objektiv erforderliche Aufwendungen ersparten, da sie nicht nur Sonderzwecken des Klägers dienten (vgI. dazu BGH, Urt. v. 09.11.1995 – IX ZR 19/95, NJW-RR 1996, 336 [337]; Palandt/Bassenge, BGB, 60. Aufl. [2001], § 994 Rn. 5). Soweit die … Rechnung der Firma F auch Kosten der Prüfung von Mängelursachen umfaßt, sind diese ebenfalls zu ersetzen, da die Mängelprüfung der erste Schritt zur Beseitigung ist. Allerdings kann der Kläger nur den Nettobetrag (1.178,99 DM) und nicht auch die Mehrwertsteuer (188,64 DM) verlangen, da er sich selbst im Kaufvertrag … als vorsteuerabzugsberechtigt bezeichnet hat.

d) Die Zinsforderung ist der Höhe nach berechtigt aus §§ 291, 288 I 2 BGB n.F. Rechtshängigkeit ist mangels Zustellungsnachweises erst mit Datum der Verteidigungsanzeige des Beklagtenvertreters vom 23.05.2001 anzunehmen. …

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