Ein Ge­braucht­wa­gen, der ent­ge­gen der Zu­sa­ge des Ver­käu­fers – gleich aus wel­chen Grün­den – kein „DE­KRA Sie­gel“ für Ge­braucht­fahr­zeu­ge er­hält, weist ei­nen Man­gel i. S. von § 434 I 1 BGB auf, der den Käu­fer grund­sätz­lich zu ei­ner Min­de­rung des Kauf­prei­ses be­rech­tigt.

AG Pots­dam, Ur­teil vom 10.08.2007 – 22 C 170/07

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb von dem Be­klag­ten ei­nen ge­brauch­ten Ford Mon­deo zum Preis von 5.000 €. Aus­weis­lich der schrift­li­chen Kauf­ver­trags vom 17.10.2006, der un­ter an­de­rem ei­ne Ge­währ­leis­tungs­frist von ei­nem Jahr vor­sah, soll­te das Fahr­zeug ein „DE­KRA Sie­gel“ für Ge­braucht­fahr­zeu­ge er­hal­ten.

Der Be­klag­te ließ am 18.10.2006 ei­nen „DE­KRA Sie­gel“-Be­richt an­fer­ti­gen. Dar­in wur­de als Er­geb­nis fest­ge­hal­ten: „Das un­ter­such­te Fahr­zeug er­füllt par­ti­ell die ‚DE­KRA Sie­gel‘-Kri­te­ri­en.“

Am 08.11.2006 und am 16.11.2006 ließ der Klä­ger das Fahr­zeug prü­fen. Im An­schluss an die­se Un­ter­su­chun­gen ver­lang­te er von dem Be­klag­ten fol­gen­de Nach­bes­se­rungs­ar­bei­ten:

„1. Er­neue­rung der hin­te­ren Bremstrom­meln/-?schei­ben
2. Re­pa­ra­tur der Ne­bel­schein­wer­fer
3. Re­pa­ra­tur des Gum­mi­la­gers der Vor­der­achs­auf­hän­gung an der Buch­se links
4. Aus­tausch der Quer­len­ker­buch­se.“

Au­ßer­dem stell­te sich her­aus, dass das Fahr­zeug nicht über die von dem Be­klag­ten zu­ge­si­cher­te Front­schei­ben­hei­zung ver­füg­te.

Der Klä­ger min­der­te den Kauf­preis we­gen des Feh­lens der Front­schei­ben­hei­zung um 150 € und um wei­te­re 100 €, weil der Ford Mon­deo kein „DE­KRA Sie­gel“ er­hal­ten hat­te.

Da der Be­klag­te nicht nach­er­füll­te, ließ der Klä­ger sein Fahr­zeug am 23.11.2006 in ei­ner Fach­werk­statt re­pa­rie­ren. Da­bei wur­den Ar­bei­ten an den vor­de­ren und hin­te­ren Brem­sen, der Len­ker­la­ge­rung, der Vor­der­achs­auf­hän­gung und den Ne­bel­schein­wer­fer aus­ge­führt. Da­für ent­stan­den dem Klä­ger Kos­ten in Hö­he von ins­ge­samt 538,54 € brut­to.

Der Klä­ger hat be­haup­tet, dass am 23.11.2006 aus­schließ­lich die im zu­vor ein­ge­hol­ten Prüf­be­richt fest­ge­stell­ten Män­gel be­sei­tigt wor­den sei­en. Gleich­wohl – so meint der Klä­ger – lie­ge dar­in, dass das Fahr­zeug kein „DE­KRA Sie­gel“ er­hal­ten ha­be, ein Man­gel; denn der Be­klag­te ha­be die Er­tei­lung ei­nes „DE­KRA Sie­gels“ zu­ge­si­chert, und des­sen Feh­len min­de­re den Wert des Fahr­zeugs.

Nach­dem der Klä­ger zu­nächst die Zah­lung von 788,54 € ver­langt hat­te, hat der Be­klag­te die Kla­ge­for­de­rung in Hö­he von 595,82 € an­er­kannt. Das Ge­richt hat dar­auf­hin ein ent­spre­chen­des Teil-?An­er­kennt­nis­ur­teil er­las­sen. Der Klä­ger hat an­schlie­ßend die Kla­ge hin­sicht­lich ei­nes Teil­be­trag von 8,72 €, der die Re­pa­ra­tur des Ne­bel­schein­wer­fers be­traft, zu­rück­ge­nom­men und zu­letzt be­an­tragt, den Be­klag­ten zur Zah­lung von 184 € nebst Zin­sen aus ei­nem Be­trag von 779,82 € seit dem 13.03.2007 zu zah­len.

Die Kla­ge hat­te zum Teil Er­folg.

Aus den Grün­den: Die … Kla­ge ist hin­sicht­lich des Teil­be­trags, der sich auf die Wert­min­de­rung we­gen der Nich­ter­tei­lung des „DE­KRA Sie­gels“ be­zieht, – in Hö­he von 100 € – be­grün­det. Dem Klä­ger steht in­so­weit ein Min­de­rungs­an­spruch ge­mäß § 346 I BGB i. V. mit § 437 Nr. 2 Fall 2, 433 I, 434 I 1, 441 BGB zu.

Die Nich­ter­tei­lung des „DE­KRA Sie­gels“ für Ge­braucht­wa­gen stellt ei­nen Sach­man­gel dar, weil dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug da­mit ei­ne ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit ge­mäß § 434 I 1 BGB in Form ei­ner zu­ge­si­cher­ten Ei­gen­schaft fehlt. Die Er­tei­lung ei­nes sol­chen Sie­gels war zwi­schen den Par­tei­en ver­eint.

Das Feh­len des zu­ge­si­cher­ten Sie­gels stellt ei­nen er­heb­li­chen Man­gel dar. Denn ein tech­nisch un­ver­sier­ter Laie wird im All­ge­mei­nen da­mit über­for­dert sein, ei­ne Lis­te ein­zel­ner Kri­te­ri­en auf­zu­stel­len und bei ei­nem Ge­braucht­wa­gen­kauf zu über­prü­fen, die bei ei­nem neu­tra­len sach­ver­stän­di­gen Drit­ten zu der Ein­schät­zung füh­ren wür­den, dass das je­wei­li­ge Fahr­zeug in ei­nem un­ter Be­rück­sich­ti­gung des Al­ters des Fahr­zeugs ein­wand­frei­em Zu­stand ist. Dem von der DE­KRA an­ge­bo­te­nen Sie­gel für Ge­braucht­fahr­zeu­ge kann des­halb die Auf­ga­be zu­fal­len, ei­nem Ge­braucht­wa­gen­käu­fer die­se Un­si­cher­heit zu neh­men. Da­bei braucht ein Ge­braucht­wa­gen­käu­fer, des­sen Kauf­ent­schei­dung von dem Vor­lie­gen ei­nes sol­chen Sie­gels be­ein­flusst war, nicht im Ein­zel­nen nach­voll­zie­hen zu kön­nen, auf­grund wel­cher Kri­te­ri­en das Gü­te­sie­gel er­teilt wor­den ist. Eben­so wird es für ei­nen auf das „DE­KRA Sie­gel“ ach­ten­den Lai­en auch von un­ter­ge­ord­ne­ter Be­deu­tung sein, aus wel­chen ein­zel­nen Grün­den ei­nem Ge­braucht­wa­gen die Er­tei­lung des Gü­te­sie­gels ver­sagt wur­de. Eben we­gen je­ner für ei­nen tech­nisch un­ver­sier­ten Ge­braucht­wa­gen­käu­fer be­ste­hen­den Un­si­cher­heit über die ent­schei­den­den Qua­li­täts­kri­te­ri­en für Ge­braucht­wa­gen wird die Ver­sa­gung des Gü­te­sie­gels bei ei­nem sol­chen Käu­fer zu der Ein­schät­zung füh­ren, dass mit dem Fahr­zeug et­was nicht in Ord­nung sei, mag die­se Ein­schät­zung auch nicht nä­her spe­zi­fi­ziert wer­den kön­nen.

Des­halb ist das Vor­lie­gen ei­nes DE­KRA-Gü­te­sie­gels als sol­ches, wie auch die Fä­hig­keit ei­nes Ge­braucht­wa­gens, ein sol­ches Sie­gel oh­ne Wei­te­res zu er­hal­ten, ein die Kauf­ent­schei­dung be­ein­flus­sen­der und da­mit wert­bil­den­der Fak­tor. Um­ge­kehrt ist es als Feh­len ei­ner zu­ge­si­cher­ten Ei­gen­schaft und als Sach­man­gel an­zu­se­hen, wenn – wie im Streit­fall – der Ge­braucht­wa­gen­ver­käu­fer bei Kauf­ver­trags­ab­schluss die Er­tei­lung des „DE­KRA Sie­gels“ zu­si­chert, im Wei­te­ren aber ein sol­ches Sie­gel, aus wel­chen Grün­den auch im­mer, nicht er­teilt wird. Dies muss selbst dann gel­ten, wenn dem Käu­fer zwar der zur Ver­sa­gung des Sie­gels füh­ren­de Um­stand be­kannt war, nicht aber die Tat­sa­che, dass eben die­ser Um­stand zur Ver­sa­gung des Sie­gels füh­ren könn­te. So­lan­ge Letz­te­res Son­der­wis­sen des Ver­käu­fers dar­stellt, muss er sich an sei­ner Zu­si­che­rung, das Fahr­zeug wür­de das Gü­te­sie­gel er­hal­ten, fest­hal­ten las­sen.

Ein ent­spre­chen­der Prüf­be­richt, der be­schei­nigt, dass das Fahr­zeug die Prüf­kri­te­ri­en nur par­ti­ell er­füllt, bzw. aus dem her­vor­geht, dass die Ver­sa­gung der Sie­ge­ler­tei­lung al­lein dem Um­stand ge­schul­det sei, dass der er­for­der­li­che Min­dest­zeit­raum bis zur nächs­ten Haupt- und Ab­gas­un­ter­su­chung nicht ein­ge­hal­ten war, lag dem Käu­fer ent­ge­gen der Be­haup­tung des Be­klag­ten bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags nicht vor. Dies er­gibt der Ver­gleich der Da­ten des Kauf­ver­trags und des vom Klä­ger … über­ge­be­nen Prüf­be­richts. Auch von ei­ner grob fahr­läs­si­gen Un­kennt­nis des Klä­gers zum Zeit­punkt des Kauf­ver­trags­ab­schlus­ses, die die Rech­te des Klä­gers nach § 442 I 2 BGB aus­schlie­ßen wür­de, kann des­halb nicht aus­ge­gan­gen wer­den.

Un­ter Be­rück­sich­ti­gung, der in der Kauf­ver­trags­ur­kun­de ver­merk­ten Zu­si­che­rung kommt die Ver­sa­gung des Gü­te­sie­gels des­halb ei­nem Man­gel gleich, der den Klä­ger nach Schei­tern der Nach­er­fül­lung zur Kauf­preis­min­de­rung be­rech­tigt. Die Hö­he des Min­de­rungs­be­trags, im Streit­fall zwei Pro­zent des Kauf­prei­ses, al­so 100 €, wird als an­ge­mes­sen an­ge­se­hen.

Die dar­über hin­aus­ge­hen­de Kla­ge­for­de­rung ist je­doch un­be­grün­det. Sie be­trifft aus­schließ­lich die in der vom Klä­ger vor­ge­leg­ten Werk­statt­rech­nung vom 23.11.2006 die un­ter Pos. 1, 3 und 4 be­zeich­ne­ten Brem­sen­tei­le bzw. Ar­beits­leis­tung. Nach über­ein­stim­men­den Vor­trag der Par­tei­en han­delt es sich hier­bei um Er­satz­tei­le und Ar­beits­lei­tung be­züg­lich der Vor­der­rad­brem­sen. Ein Man­gel der Vor­der­rad­brem­sen wur­de durch den Klä­ger aber we­der in der Kla­ge­schrift vor­ge­tra­gen noch durch die in den Pro­zess ein­ge­führ­ten Un­ter­la­gen be­legt.

Zwar er­gibt sich aus der An­la­ge K 4 vor­ge­leg­ten Si­cher­heits­scheck­lis­te … vom 08.11.2006 so­wie aus dem als An­la­ge K 5 vor­ge­leg­ten Un­ter­su­chungs­be­richt … vom 16.11.2006, dass die vor­de­ren Brems­schei­ben dem­nächst aus­ge­wech­selt wer­den müss­ten, je­doch ist hier­in ei­ne bei Ge­braucht­wa­gen üb­li­che Ver­schleiß­er­schei­nung zu se­hen.

Der Klä­ger trägt auch nicht vor, dass ihm der Ver­käu­fer et­wa ei­nen be­stimm­ten Ma­xi­mal­ver­schleiß ge­ra­de zu­ge­si­chert hät­te oder ihm für die Brems­be­lä­ge oder -schei­ben ei­ne Be­schaf­fen­heits­ga­ran­tie ein­ge­räumt wor­den sei. Auch aus dem An­er­kennt­nis des Be­klag­ten zu Pos. 2 der Werk­statt er­gibt sich nicht be­reits ein Zu­ge­ständ­nis al­ler für die Vor­der­brem­sen auf­ge­wen­de­ten Kos­ten. Wenn­gleich der Be­klag­te dem An­er­kennt­nis ge­mäß zu ver­ur­tei­len war, er­gibt sich aus der Be­grün­dung der An­er­kennt­nis­er­klä­rung deut­lich, dass nur hin­sicht­lich der Re­pa­ra­tur der hin­te­ren Brems­an­la­ge an­er­kannt wer­de soll­te. Ein Prä­ju­diz für wei­te­re, mit der irr­tüm­li­cher­wei­se an­er­kann­ten Po­si­ti­on in Zu­sam­men­hang ste­hen­den Po­si­tio­nen lässt sich dar­aus nicht ab­lei­ten.

Der Zins­an­spruch er­gibt sich aus §§ 288 I 2, 291 BGB. Die Zin­sen wa­ren auch für den Be­trag des Tei­la­n­er­kennt­nis­ses zu­zu­spre­chen, weil es dort zu­nächst nicht er­folg­te. …

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