In­dem ein Ver­käu­fer nicht nur nur un­we­sent­li­che Nach­bes­se­rungs­ar­bei­ten vor­nimmt, kann er sei­ne Nach­bes­se­rungs­pflicht i. S. des § 212 I Nr. 1 BGB mit der Fol­ge an­er­ken­nen, dass die Ver­jäh­rung der Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che des Käu­fers neu zu lau­fen be­ginnt. Ob ein An­er­kennt­nis vor­liegt, ist un­ter Wür­di­gung al­ler Um­stän­de des Ein­zel­falls zu be­ur­tei­len. Es kommt dar­auf an, ob der Ver­käu­fer aus der Sicht des Käu­fers nicht nur aus Ku­lanz oder zur güt­li­chen Bei­le­gung ei­nes Streits, son­dern in dem Be­wusst­sein han­delt, zur Män­gel­be­sei­ti­gung ver­pflich­tet zu sein.

LG Ko­blenz, Ur­teil vom 10.10.2006 – 6 S 132/06

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin ver­kauf­te dem Be­klag­ten ei­nen Neu­wa­gen, der dem Be­klag­ten am 15.01.2003 über­ge­ben wur­de. Am 18.06.2004 wur­de das Steu­er­ge­rät der Ein­park­hil­fe (PARK­TRO­NIC) des Fahr­zeugs we­gen ei­nes De­fekts aus­ge­tauscht; ein wei­te­rer Aus­tausch des Steu­er­ge­räts fand im März 2005 statt.

Die Klä­ge­rin nimmt den Be­klag­ten auf Zah­lung der Kos­ten für den zwei­ten Aus­tausch in Hö­he von 575,87 € in An­spruch. Das Amts­ge­richt hat der Kla­ge mit Ur­teil vom 31.03.2006 statt­ge­ge­ben. Die Be­ru­fung des Be­klag­ten hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: Der Klä­ge­rin steht ge­gen­über dem Be­klag­ten kein An­spruch auf Zah­lung von 575,87 € zu, ins­be­son­de­re nicht aus §§ 631 I, 632 BGB.

Zwar hat der Be­klag­te am 08.03.2005 ei­nen Auf­trag zur Vor­nah­me der Re­pa­ra­tur un­ter­schrie­ben. Auch liegt schon nach dem ei­ge­nen Vor­trag des Be­klag­ten kei­ne Ku­lanz­ab­spra­che hin­sicht­lich die­ser Re­pa­ra­tur vor. Nach dem ei­ge­nen Vor­trag des Be­klag­ten im Schrift­satz vom 27.01.2006 hat der Zeu­ge Z le­dig­lich zu­ge­sagt, den Vor­gang dem Her­stel­ler vor­zu­le­gen. Dar­auf kommt es je­doch nicht an, da die Klä­ge­rin im Rah­men der Ge­währ­leis­tung nach § 437 Nr. 1 BGB i. V. mit § 439 BGB zur kos­ten­lo­sen Nach­bes­se­rung ver­pflich­tet war.

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Amts­ge­richts sind die ent­spre­chen­den An­sprü­che des Be­klag­ten nicht ver­jährt, da die Ver­jäh­rung ge­mäß § 212 I Nr. 1 BGB durch An­er­kennt­nis der Klä­ge­rin neu zu lau­fen be­gon­nen hat. Ein An­er­kennt­nis lag hier in der Vor­nah­me der Er­stre­pa­ra­tur am 18.06.2004.

Nach stän­di­ger Recht­spre­chung des BGH kann in der Vor­nah­me von nicht nur un­we­sent­li­chen Nach­bes­se­rungs­ar­bei­ten ein An­er­kennt­nis der Ge­währ­leis­tungs­pfI­icht des Ver­käu­fers lie­gen. Dies ist un­ter Wür­di­gung al­ler Um­stän­de des Ein­zel­fal­les zu ent­schei­den. Maß­geb­lich ist da­bei, dass der Ver­käu­fer aus Sicht der Käu­fers nicht nur aus Ku­lanz oder zur güt­li­chen Bei­le­gung ei­nes Streits, son­dern in dem Be­wusst­sein han­delt, zur Nach­bes­se­rung ver­pflich­tet zu sein (sie­he u. a. BGH, Urt. v. 02.06.1999 – VI­II ZR 322/98, NJW 1999, 2961). Dar­an hat sich auch nach der Schuld­rechts­re­form nichts ge­än­dert. So hält der BGH in sei­ner Ent­schei­dung NJW 2006, 47 (Urt. v. 05.10.2005 – VI­II ZR 16/05) aus­drück­lich an die­sen Grund­sät­zen fest. Al­lein die Tat­sa­che, dass das Kauf­recht nun ei­ne ge­setz­li­che Nach­bes­se­rungs­pflicht vor­sieht, schließt da­her ein An­er­kennt­nis nicht aus. Um­strit­ten ist le­dig­lich, ob ins­be­son­de­re im Fal­le des Aus­tauschs ei­nes Er­satz­teils un­ab­hän­gig vom Ein­zel­fall nach neu­em Schuld­recht die Ver­jäh­rung neu be­ginnt (so z. B. Pa­landt/Wei­den­kaff, 65. Aufl., § 437 Rn. 19, § 438 Rn. 16a). Der Be­ant­wor­tung die­ser Fra­ge be­darf es je­doch in vor­lie­gen­dem Fall nicht, da be­reits nach den all­ge­mei­nen von der Recht­spre­chung auf­ge­stell­ten An­for­de­run­gen ein An­er­kennt­nis der Klä­ge­rin vor­liegt.

Mit dem Aus­tausch des Steu­er­ge­räts am 18.06.2004 war ein nicht un­er­heb­li­cher Auf­wand ver­bun­den. Die­ser ist ver­gleich­bar mit den jetzt in Rech­nung ge­stell­ten Ar­bei­ten, die im­mer­hin ei­nen Wert von 496,44 € net­to aus­ma­chen, al­so nicht ganz un­er­heb­lich sind. Zu­dem war es im vor­lie­gen­den Ein­zel­fall so, dass zwi­schen den Par­tei­en kein Zwei­fel dar­über be­stand, dass die Er­stre­pa­ra­tur am 18.06.2004 im Rah­men der Ge­währ­leis­tung und nicht et­wa aus Ku­lanz­grün­den oder zur Bei­le­gung ei­nes Streits zwi­schen den Par­tei­en er­folg­te. Dies er­gibt sich auch ein­deu­tig aus dem Schrei­ben der Klä­ge­rin vom 07.04.2005, in dem die­se selbst fest­stellt, dass das Steu­er­ge­rät da­mals de­fekt war und aus­ge­wech­selt wer­den muss­te.

Schließ­lich hat die Klä­ge­rin im Schrift­satz vom 07.03.2006 selbst ein­ge­räumt, dass die Er­stre­pa­ra­tur nicht et­wa aus Ku­lanz­grün­den er­folg­te. Un­ter die­sen Um­stän­den kommt je­doch nur ein An­er­kennt­nis der Klä­ge­rin in Be­tracht. Die zwei­jäh­ri­ge Ver­jäh­rungs­frist hat mit­hin ge­mäß § 212 I Nr. 1 BGB am 18.06.2004 neu zu lau­fen be­gon­nen, so­dass der Ge­währ­leis­tungs­an­spruch im März 2005 noch nicht ver­jährt war.

Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen. Die Vor­aus­set­zun­gen des § 543 II ZPO sind nicht ge­ge­ben, da die Rechts­sa­che we­der grund­sätz­li­che Be­deu­tung hat, noch die Fort­bil­dung des Rechts oder die Si­che­rung ei­ner ein­heit­li­chen Recht­spre­chung ei­ne Ent­schei­dung des Re­vi­si­ons­ge­richts er­for­dert. Wie be­reits aus­ge­führt, ist die strit­ti­ge Fra­ge, ob ge­ne­rell die Vor­nah­me ei­ner Nach­bes­se­rungs­hand­lung, ins­be­son­de­re der Aus­tausch ei­nes Er­satz­teils wäh­rend der Ge­währ­leis­tungs­frist, die Ver­jäh­rung zu­min­dest teil­wei­se er­neut in Gang setzt, nicht Ge­gen­stand die­ser Ent­schei­dung …

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