Beim Au­to­kauf kann der Käu­fer, der den Kauf­preis noch nicht ge­zahlt hat, die Ein­be­hal­tung des Fahr­zeug­briefs bei der Über­ga­be des Fahr­zeugs re­gel­mä­ßig nur so ver­ste­hen, dass der Ver­käu­fer ihm das Ei­gen­tum am Fahr­zeug zur Si­che­rung sei­ner Kauf­preis­for­de­rung nur un­ter der auf­schie­ben­den Be­din­gung voll­stän­di­ger Zah­lung des Kauf­prei­ses über­tra­gen will.

BGH, Ur­teil vom 13.09.2006 – VI­II ZR 184/05

Sach­ver­halt: Mit Kauf­ver­trag vom 20.11.2003 ver­kauf­te der Klä­ger sein Fahr­zeug zum Preis von 10.000 € an die W-GmbH. Er über­gab die­ser das Fahr­zeug, nicht aber den zu­ge­hö­ri­gen Fahr­zeug­brief. Die W-GmbH ver­äu­ßer­te den Wa­gen, oh­ne den Kauf­preis an den Klä­ger ge­zahlt zu ha­ben, zum Preis von 11.560 € an den Be­klag­ten. Der Be­klag­te zahl­te den Kauf­preis an die W-GmbH und er­hielt das Fahr­zeug. Zu dem Fahr­zeug­brief heißt es im Kauf­ver­trag vom 25.11.2003, die­ser wer­de per Ein­schrei­ben nach­ge­schickt. Dies ge­schah al­ler­dings nicht. Der Klä­ger hat den Fahr­zeug­brief noch in Be­sitz.

Mit sei­ner Kla­ge ver­langt der Klä­ger Her­aus­ga­be des Fahr­zeugs so­wie im We­ge der Stu­fen­kla­ge Aus­kunft über die von dem Be­klag­ten mit dem Fahr­zeug zu­rück­ge­leg­te Fahr­stre­cke und Zah­lung ei­ner sich dar­aus er­rech­nen­den Nut­zungs­ver­gü­tung. Der Be­klag­te be­gehrt im We­ge der Wi­der­kla­ge Her­aus­ga­be des Fahr­zeug­briefs.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen und der Wi­der­kla­ge statt­ge­ge­ben. Die hier­ge­gen ge­rich­te­te Be­ru­fung des Klä­gers hat das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­ge­wie­sen. Die Re­vi­si­on des Klä­gers, mit der er sein Kla­ge­be­geh­ren und sei­nen An­trag auf Ab­wei­sung der Wi­der­kla­ge wei­ter­ver­folg­te, hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: [4]    I. Zur Be­grün­dung sei­ner Ent­schei­dung hat das Be­ru­fungs­ge­richt aus­ge­führt:

[5]    Der Klä­ger ha­be ge­gen den Be­klag­ten kei­nen An­spruch aus § 985 BGB auf Her­aus­ga­be des Fahr­zeugs. Nach § 1006 I BGB wer­de das Ei­gen­tum des Be­klag­ten an dem Pkw ver­mu­tet. Die­se Ver­mu­tung ha­be der Klä­ger nicht zu wi­der­le­gen ver­mocht. Auch der Be­sit­zer ei­nes Kraft­fahr­zeug­briefs, der dar­in als Hal­ter ein­ge­tra­gen sei, ha­be den Be­weis zu füh­ren, dass der Fahr­zeug­be­sit­zer das Ei­gen­tum nie er­langt oder aber wie­der ver­lo­ren ha­be. Für die Be­haup­tung ei­nes Kaufs un­ter Ei­gen­tums­vor­be­halt fin­de sich in der Ver­trags­ur­kun­de vom 20.11.2003 kei­ne Stüt­ze. Sons­ti­gen Be­weis für sei­ne Be­haup­tung ha­be der Klä­ger nicht an­ge­tre­ten. Es sei da­her da­von aus­zu­ge­hen, dass er das Kraft­fahr­zeug der W-GmbH nach dem Ab­schluss des Ver­tra­ges aus­ge­hän­digt und – so sei­ne Er­klä­rung vor dem Se­nat – er­klärt ha­be, den Kraft­fahr­zeug­brief bis zur Über­wei­sung des Kauf­prei­ses zu­rück­zu­be­hal­ten. Aus der Sicht der W-GmbH ha­be der Klä­ger ihr da­mit das Ei­gen­tum an dem Kraft­wa­gen vor­be­halt­los über­tra­gen und le­dig­lich den Kraft­fahr­zeug­brief als Si­cher­heit bis zur Be­glei­chung des Kauf­prei­ses ein­be­hal­ten. Die W-GmbH ha­be dem­nach als Be­rech­tig­te über das Fahr­zeug ver­fügt, so­dass sich die Fra­ge nach ei­nem et­wai­gen gut­gläu­bi­gen Er­werb des Kraft­wa­gens durch den Be­klag­ten nicht stel­le.

[6]    II. Dies hält der re­vi­si­ons­recht­li­chen Nach­prü­fung nicht stand.

[7]    1. Zu Un­recht hat das Be­ru­fungs­ge­richt an­ge­nom­men, dem Klä­ger ste­he kein Her­aus­ga­be­an­spruch ge­mäß § 985 BGB zu, weil das Ei­gen­tum des Be­klag­ten an dem Fahr­zeug nach § 1006 I BGB ver­mu­tet wer­de und der Klä­ger die­se Ver­mu­tung nicht wi­der­legt ha­be. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat nicht er­kannt, dass der Klä­ger – bei rechts­feh­ler­frei­er Aus­le­gung des Ver­hal­tens der Par­tei­en – Ei­gen­tü­mer des Fahr­zeugs ge­blie­ben ist. Steht aber fest, wer Ei­gen­tü­mer ei­ner be­weg­li­chen Sa­che ist, bleibt für die zu­guns­ten des Be­sit­zers spre­chen­de Ei­gen­tums­ver­mu­tung des § 1006 BGB kein Raum (vgl. Schul­te, BB 1977, 269, 270, 272).

[8]    Der Klä­ger hat sein Ei­gen­tum am Fahr­zeug – was hier al­lei­ne in Be­tracht kommt – we­der auf die W-GmbH über­tra­gen (a) noch an den Be­klag­ten ver­lo­ren (b).

[9]    a) Der Klä­ger hat der W-GmbH das Ei­gen­tum an dem Fahr­zeug nur un­ter der auf­schie­ben­den Be­din­gung voll­stän­di­ger Zah­lung des Kauf­prei­ses über­tra­gen (§ 449 I BGB). Da die W-GmbH den Kauf­preis nicht ent­rich­tet hat, ist die­se Be­din­gung nicht ein­ge­tre­ten und das Ei­gen­tum nicht auf sie über­ge­gan­gen.

[10]   Dass der Klä­ger der W-GmbH das Fahr­zeug nur un­ter der auf­schie­ben­den Be­din­gung der Kauf­preis­zah­lung über­eig­net hat, er­gibt sich al­ler­dings nicht schon aus der vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­trof­fe­nen – wenn auch recht­lich ab­wei­chend ge­wür­dig­ten – Fest­stel­lung, der Klä­ger ha­be bei der Über­ga­be des Fahr­zeugs er­klärt, den Kraft­fahr­zeug­brief bis zur Über­wei­sung des Kauf­prei­ses zu­rück­zu­be­hal­ten. Denn die da­hin ge­hen­de Be­haup­tung des Klä­gers ist, wie die Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung mit Recht rügt, vom Be­klag­ten be­strit­ten und vom Klä­ger nicht un­ter Be­weis ge­stellt wor­den. Un­ab­hän­gig da­von ver­stößt die Aus­le­gung durch das Be­ru­fungs­ge­richt ge­gen den Grund­satz ei­ner nach bei­den Sei­ten hin in­ter­es­sen­ge­rech­ten Aus­le­gung (vgl. BGH, Urt. v. 26.09.2002 – I ZR 44/00, BGHZ 152, 153, 156 m. w. Nachw.). Mit Rück­sicht dar­auf, dass sie dem Klä­ger den Kauf­preis nicht ge­zahlt hat­te, konn­te die W-GmbH das Ein­be­hal­ten des Fahr­zeug­briefs auch oh­ne ent­spre­chen­de Er­läu­te­rung red­li­cher­wei­se nur da­hin ver­ste­hen, dass der Klä­ger sei­ne Kauf­preis­for­de­rung si­chern und sich des­halb das Ei­gen­tum an dem Fahr­zeug bis zur Zah­lung des Kauf­prei­ses vor­be­hal­ten woll­te. Mit der Ent­ge­gen­nah­me des Fahr­zeugs hat die W-GmbH die­ses nur be­ding­te Über­eig­nungs­an­ge­bot des Klä­gers an­ge­nom­men.

[11]   Die­ser Aus­le­gung des Ver­hal­tens der Par­tei­en steht nicht ent­ge­gen, dass sich aus der Kauf­ver­trags­ur­kun­de vom 20.11.2003 kei­ne An­halts­punk­te für die Ver­ein­ba­rung ei­nes Ei­gen­tums­vor­be­halts er­ge­ben. Vor­be­halts­ei­gen­tum kann auch da­durch nach­träg­lich be­grün­det wer­den, dass der Ver­käu­fer – un­ter Um­stän­den so­gar ver­trags­wid­rig – die ding­li­che Ei­ni­gungs­er­klä­rung nur un­ter der Be­din­gung voll­stän­di­ger Kauf­preis­zah­lung ab­gibt und der Käu­fer dies hin­nimmt. Vor­aus­set­zung ist al­ler­dings, dass der Vor­be­halt spä­tes­tens bei der Be­sitz­über­ga­be der ver­kauf­ten Sa­che dem Emp­fän­ger ge­gen­über deut­lich er­klärt wird, wo­bei an die Klar­heit ei­ner sol­chen Er­klä­rung ein stren­ger Maß­stab an­zu­le­gen ist (Se­nat, Urt. v. 09.07.1975 – VI­II ZR 89/74, BGHZ 64, 395, 397). Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind hier je­doch er­füllt.

[12]   Es kann da­hin­ste­hen, ob ein kon­klu­dent ver­ein­bar­ter Ei­gen­tums­vor­be­halt all­ge­mein schon dann an­zu­neh­men ist, wenn der Käu­fer bei Über­ga­be des Kauf­ge­gen­stan­des den Kauf­preis nicht zahlt (vgl. MünchKomm-BGB/Wes­ter­mann, 4. Aufl., § 449 Rn. 15 f. m. w. Nachw.; Faust, in: Bam­ber­ger/Roth, BGB, 2003, § 449 Rn. 12; Schul­te, BB 1977, 269 ff.). Je­den­falls beim Au­to­kauf kann der Käu­fer, der den Kauf­preis noch nicht ge­zahlt hat, die Ein­be­hal­tung des Fahr­zeug­briefs bei der Über­ga­be des Fahr­zeugs re­gel­mä­ßig nur da­hin ver­ste­hen, dass der Ver­käu­fer ihm das Ei­gen­tum am Fahr­zeug zur Si­che­rung sei­ner Kauf­preis­for­de­rung nur un­ter der auf­schie­ben­den Be­din­gung voll­stän­di­ger Zah­lung des Kauf­prei­ses über­tra­gen will (vgl. OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 24.04.1996 – 11 U 52/95, OLGR 1997, 4, 6; vgl. zu ei­nem Son­der­fall Se­nat, Urt. v. 14.07.1965 – VI­II ZR 216/63, WM 1965, 1136 [un­ter III 1]).

[13]   Mit dem Ein­be­hal­ten des Kraft­fahr­zeug­briefs bringt der Ver­käu­fer in al­ler Re­gel zum Aus­druck, sich ge­gen un­be­rech­tig­te Ver­fü­gun­gen des Käu­fers über das Fahr­zeug schüt­zen zu wol­len. Dies folgt aus der den be­tei­lig­ten Ver­kehrs­krei­sen be­kann­ten Schutz­funk­ti­on des Kraft­fahr­zeug­briefs. Der Kraft­fahr­zeug­brief ist nach § 25 IV 2 StV­ZO zur Si­che­rung des Ei­gen­tums oder an­de­rer Rech­te am Fahr­zeug bei je­der Be­fas­sung der Zu­las­sungs­be­hör­de mit dem Fahr­zeug, be­son­ders bei Mel­dun­gen über den Ei­gen­tums­wech­sel (§ 27 III StV­ZO), vor­zu­le­gen und soll da­durch – auch wenn er kein Tra­di­ti­ons­pa­pier ist – den Ei­gen­tü­mer oder sonst ding­lich am Kraft­fahr­zeug Be­rech­tig­ten vor Ver­fü­gun­gen Nicht­be­rech­tig­ter schüt­zen (Se­nat, Urt. v. 09.02.2005 – VI­II ZR 82/03, WM 2005, 761 = NJW 2005, 1365 [un­ter II 1]; BGH, Urt. v. 13.05.1996 – II ZR 222/95, WM 1996, 1318 = NJW 1996, 2226 [un­ter 2 a] m. w. Nachw.). Im Streit­fall gibt es kei­ne An­halts­punk­te da­für, dass dem Ein­be­hal­ten des Fahr­zeug­briefs aus­nahms­wei­se nicht die­se Be­deu­tung bei­zu­mes­sen wä­re. Dass der Klä­ger den Brief mög­li­cher­wei­se nur des­halb nicht zu­sam­men mit dem Fahr­zeug über­gab, weil er ihn bei der Über­ga­be nicht ver­füg­bar hat­te, ist le­dig­lich ei­ne un­be­acht­li­che Ver­mu­tung des Be­klag­ten.

[14]   Dem mit dem Ein­be­hal­ten des Fahr­zeug­briefs deut­lich ge­mach­ten Si­che­rungs­in­ter­es­se des Ver­käu­fers ent­sprä­che es nicht, das Ein­be­hal­ten des Fahr­zeug­brie­fes nicht als Er­klä­rung ei­nes Ei­gen­tums­vor­be­halts am Fahr­zeug, son­dern le­dig­lich als Gel­tend­ma­chung ei­nes Zu­rück­be­hal­tungs­rechts am Fahr­zeug­brief zu ver­ste­hen. Die Re­vi­si­on weist zu­tref­fend dar­auf hin, dass das Zu­rück­be­hal­ten des Fahr­zeug­briefs kein taug­li­ches Si­che­rungs­mit­tel dar­stellt. Al­lei­ne durch das Zu­rück­be­hal­ten des Fahr­zeug­briefs kann der Ver­käu­fer nicht ver­hin­dern, dass der Käu­fer das Ei­gen­tum am Fahr­zeug auf ei­nen Drit­ten über­trägt. Denn ist der Käu­fer be­reits Ei­gen­tü­mer ge­wor­den, kann er als Be­rech­tig­ter auch oh­ne Vor­la­ge des Fahr­zeug­briefs wirk­sam über das Fahr­zeug ver­fü­gen. Nur wenn der Ver­käu­fer nicht nur den Fahr­zeug­brief ein­be­hält, son­dern sich auch das Ei­gen­tum am Fahr­zeug vor­be­hält, kann er ei­ne Über­tra­gung des Ei­gen­tums auf ei­nen Drit­ten ver­hin­dern und da­mit ei­nem Ver­lust der ding­li­chen Si­che­rung sei­ner Kauf­preis­for­de­rung vor­beu­gen.

[15]   b) Der Klä­ger hat sein Ei­gen­tum am Fahr­zeug auch nicht da­durch ver­lo­ren, dass die W-GmbH das Fahr­zeug an den Be­klag­ten ver­äu­ßert hat. Da die W-GmbH nicht Ei­gen­tü­me­rin des Fahr­zeugs ge­wor­den ist, hat sie als Nicht­be­rech­tig­te über das Fahr­zeug ver­fügt. Der Be­klag­te hät­te da­her nur dann Ei­gen­tum er­wor­ben, wenn die Ver­fü­gung der W-GmbH mit Ein­wil­li­gung des Klä­gers er­folgt wä­re (§ 185 I BGB), oder wenn der Be­klag­te hin­sicht­lich des Ei­gen­tums oder der Ver­fü­gungs­be­fug­nis der W-GmbH in gu­tem Glau­ben ge­we­sen wä­re (§ 932 I 1 BGB, § 366 I HGB). Dies ist je­doch nicht der Fall.

[16]   Ent­ge­gen der An­sicht der Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung kann nicht an­ge­nom­men wer­den, dass der Klä­ger die W-GmbH mit der Über­ga­be des Fahr­zeugs still­schwei­gend zur Ver­äu­ße­rung im Rah­men des ord­nungs­ge­mä­ßen Ge­schäfts­ver­kehrs er­mäch­tig­te. Ei­ner sol­chen Aus­le­gung sei­nes Ver­hal­tens steht das durch das Ein­be­hal­ten des Kraft­fahr­zeug­briefs ver­deut­lich­te In­ter­es­se des Klä­gers ent­ge­gen, zur Si­che­rung sei­ner Kauf­preis­for­de­rung bis zur Kauf­preis­zah­lung Ei­gen­tü­mer des Fahr­zeugs zu blei­ben.

[17]   Der Be­klag­te hat das Ei­gen­tum am Fahr­zeug auch nicht gut­gläu­big von der W-GmbH er­wor­ben. Beim Kauf ei­nes ge­brauch­ten Kraft­fahr­zeugs be­grün­det der Be­sitz des­sel­ben al­lein nicht den für ei­nen Gut­glau­bens­er­werb nach § 932 BGB bzw. § 366 HGB er­for­der­li­chen Rechts­schein. Der Be­klag­te kann sich ent­ge­gen der An­sicht der Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung auch nicht mit Er­folg dar­auf be­ru­fen, er sei hin­sicht­lich des Ei­gen­tums und der Ver­fü­gungs­be­fug­nis der W-GmbH gut­gläu­big ge­we­sen, weil es sich bei der W-GmbH um ei­ne über­re­gio­nal be­kann­te Au­to­händ­le­rin mit gro­ßem Ge­schäfts­be­trieb und re­prä­sen­ta­ti­ven Bü­ro­räu­men ge­han­delt ha­be und ihm er­klärt wor­den sei, der Fahr­zeug­brief be­fin­de sich noch bei der Bank, wer­de aber un­ver­züg­lich über­sandt. Es ge­hört zu den Min­dest­vor­aus­set­zun­gen gut­gläu­bi­gen Er­werbs ei­nes ge­brauch­ten Kraft­fahr­zeugs, dass sich der Käu­fer den Kraft­fahr­zeug­brief vor­le­gen lässt, um die Be­rech­ti­gung des Ver­äu­ße­rers über­prü­fen zu kön­nen (BGH, Urt. v. 13.05.1996 – II ZR 222/95, WM 1996, 1318 = NJW 1996, 2226 [un­ter 2 a]; Se­nat, Urt. v. 27.01.1965 – VI­II ZR 62/63, WM 1965, 196 = NJW 1965, 687 [un­ter 3]). Dies ist vor­lie­gend nicht ge­sche­hen. In­dem der Be­klag­te sich nicht an­hand des Briefs über das Ei­gen­tum oder die Ver­fü­gungs­be­fug­nis der W-GmbH ver­ge­wis­ser­te, han­del­te er grob fahr­läs­sig i. S. von § 932 II BGB.

[18]   Der Be­klag­te macht oh­ne Er­folg gel­tend, er ha­be von der W-GmbH gut­gläu­big Ei­gen­tum er­wer­ben kön­nen, weil für die­se die Ver­mu­tung des § 1006 II BGB strei­te. Zwar kommt die Ver­mu­tung, dass ein frü­he­rer Be­sit­zer wäh­rend der Dau­er sei­nes Be­sit­zes Ei­gen­tü­mer der be­weg­li­chen Sa­che ge­we­sen ist, je­dem zu­gu­te, der sein Recht – wie hier der Be­klag­te als Käu­fer des Fahr­zeugs – von dem frü­he­ren Be­sit­zer ab­lei­tet (Se­nat, Urt. v. 10.11.2004 – VI­II ZR 186/03, BGHZ 161, 90, 108 f.; BGH, Urt. v. 04.02.2002 – II ZR 37/00, WM 2002, 755 = NJW 2002, 2101 [un­ter I 2 a]). Die Ver­mu­tung des § 1006 BGB greift hier hin­sicht­lich ei­nes Ei­gen­tums­er­werbs der W-GmbH je­doch nicht ein, weil fest­steht, dass der Klä­ger das Fahr­zeug nur auf­schie­bend be­dingt an die W-GmbH über­eig­net hat und man­gels Be­din­gungs­ein­tritts Ei­gen­tü­mer des­sel­ben ge­blie­ben ist.

[19]   2. Als Ei­gen­tü­mer des Fahr­zeugs kann der Klä­ger von dem Be­klag­ten als des­sen Be­sit­zer nach § 985 BGB Her­aus­ga­be des Fahr­zeugs ver­lan­gen. Es be­darf al­ler­dings in tat­säch­li­cher Hin­sicht noch der Klä­rung, ob der Be­klag­te die Her­aus­ga­be ver­wei­gern kann, weil er ein Recht zum Be­sitz am Fahr­zeug hat (§ 986 I 1 BGB).

[20]   a) Der Be­sit­zer kann die Her­aus­ga­be der Sa­che ver­wei­gern, wenn der mit­tel­ba­re Be­sit­zer, von dem er sein Recht zum Be­sitz ab­lei­tet, dem Ei­gen­tü­mer ge­gen­über zum Be­sitz be­rech­tigt ist (§ 986 I 1 Fall 2 BGB). Die­se Re­ge­lung ist über ih­ren Wort­laut hin­aus auch dann an­wend­bar, wenn – wie im Streit­fall – zwi­schen dem Be­sit­zer und dem Vor­be­sit­zer kein Be­sitz­mitt­lungs­ver­hält­nis be­steht und der un­mit­tel­ba­re Be­sit­zer da­her nicht Fremd­be­sit­zer, son­dern Ei­gen­be­sit­zer ist (statt al­ler: Stau­din­ger/Gurs­ky, BGB, Neu­be­arb. 2006, § 986 Rn. 37 m. w. Nachw.). Ein ab­ge­lei­te­tes Be­sitz­recht des Be­klag­ten be­stün­de je­doch nicht, wenn der Klä­ger von dem Kauf­ver­trag mit der W-GmbH – et­wa we­gen aus­blei­ben­der Kauf­preis­zah­lung – zu­rück­ge­tre­ten und die W-GmbH ge­gen­über dem Klä­ger des­halb nicht mehr zum Be­sitz be­rech­tigt wä­re. Die Par­tei­en ha­ben hier­zu bis­lang nichts vor­ge­tra­gen. Da­zu wer­den sie im wie­der­er­öff­ne­ten Be­ru­fungs­ver­fah­ren Ge­le­gen­heit ha­ben.

[21]   b) Von der Klä­rung der Fra­ge, ob der Klä­ger vom Kauf­ver­trag mit der W-GmbH zu­rück­ge­tre­ten ist, hängt es fer­ner ab, ob der Be­klag­te sich dem Klä­ger ge­gen­über auf ein ei­ge­nes Recht zum Be­sitz be­ru­fen kann (§ 986 I 1 Fall 1 BGB). Als ei­ge­nes Be­sitz­recht des Be­klag­ten kä­me al­len­falls – dies ist um­strit­ten (vgl. zum Mei­nungs­stand Stau­din­ger/Gurs­ky, a. a. O., § 986 Rn. 13 m. w. Nachw.) – ein ding­li­ches An­wart­schafts­recht am Fahr­zeug in Be­tracht. Der Klä­ger hat der W-GmbH durch die auf­schie­bend be­ding­te Ei­gen­tums­über­tra­gung ein ding­li­ches An­wart­schafts­recht am Fahr­zeug ver­schafft. In der fehl­ge­schla­ge­nen Über­tra­gung des Ei­gen­tums von der W-GmbH auf den Be­klag­ten liegt zu­gleich ei­ne wirk­sa­me Über­tra­gung die­ses An­wart­schafts­rechts (vgl. da­zu Se­nat, Urt. v. 25.11.1958 – VI­II ZR 57/58, LM § 929 BGB Nr. 11 a [un­ter 1]; Se­rick, Ei­gen­tums­vor­be­halt und Si­che­rungs­über­eig­nung I, 1963, S. 257). Auch die­ses An­wart­schafts­recht wä­re in­des­sen durch ei­nen Rück­tritt des Klä­gers vom Kauf­ver­trag mit der W-GmbH hin­fäl­lig (vgl. Se­nat, Urt. v. 10.04.1961 – VI­II ZR 68/60, BGHZ 35, 85, 94).

[22]   III. Nach al­le­dem kann das an­ge­foch­te­ne Ur­teil kei­nen Be­stand ha­ben. Der Rechts­streit ist nicht zur End­ent­schei­dung reif, da es noch wei­te­rer tat­säch­li­cher Fest­stel­lun­gen be­darf. Da­her ist das Be­ru­fungs­ur­teil auf­zu­he­ben, und die Sa­che ist an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­zu­ver­wei­sen.

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