1. Ein Neu­wa­gen ist man­gel­haft, wenn die er­ziel­ba­re Höchst­ge­schwin­dig­keit er­heb­lich hin­ter der im Ver­kaufs­pro­spekt für das ent­spre­chen­de Mo­dell an­ge­ge­be­nen Höchst­ge­schwin­dig­keit zu­rück­bleibt, ob­wohl Rei­fen ver­wen­det wer­den, die zur „we­sent­li­chen Se­ri­en­aus­stat­tung“ des Fahr­zeugs ge­hö­ren. Ei­ne er­heb­li­che Ab­wei­chung ist an­zu­neh­men, wenn sich die er­ziel­ba­re und die im Pro­spekt an­ge­ge­be­ne Höchst­ge­schwin­dig­keit um min­des­tens 5 % zum Nach­teil des Käu­fers un­ter­schei­den.
  2. Dass grö­ße­re Rei­fen zu ei­ner Ver­rin­ge­rung der Höchst­ge­schwin­dig­keit füh­ren kön­nen, mag un­ter Fach­leu­ten oder be­son­ders In­ter­es­sier­ten be­kannt sein; all­ge­mein be­kannt ist es aber nicht.

OLG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 07.09.2005 – I-3 U 8/04

Sach­ver­halt: Der Klä­ger kauf­te am 24.10.2002 bei der Be­klag­ten ei­nen Neu­wa­gen X für 32.720 €. Er gab sein Alt­fahr­zeug für 9.600 € in Zah­lung und leis­te­te zu­dem ei­ne Bar­an­zah­lung in Hö­he von 600 €. Der rest­li­che Kauf­preis wur­de über die B-Bank fi­nan­ziert. Die vom Klä­ger zu leis­ten­den Fi­nan­zie­rungs­ra­ten be­tra­gen mo­nat­lich 325,85 €.

Das Fahr­zeug wur­de am 02.01.2003 zu­ge­las­sen und an den Be­klag­ten aus­ge­lie­fert.

Vor Ab­schluss des Kauf­ver­trags war dem Klä­ger ein Ver­kaufs­pro­spekt aus­ge­hän­digt wor­den, der die tech­ni­schen Da­ten des Fahr­zeugs ent­hielt und den der Klä­ger auch las. In dem tech­ni­schen Da­ten­blatt wur­den un­ter an­de­rem die Höchst­ge­schwin­dig­keit mit 202 km/h und die Rei­fen­grö­ße mit 195/65 R15 an­ge­ge­ben. Zu­dem ent­hielt der Pro­spekt fol­gen­den Hin­weis:

„Al­le Wer­te be­zie­hen sich auf EU-Ba­sis­mo­del­le mit se­ri­en­mä­ßi­ger Aus­stat­tung. Die Ver­brauch­ser­mitt­lung nach Richt­li­nie 1999/100/EG be­rück­sich­tigt das in Über­ein­stim­mung mit die­ser Vor­schrift fest­ge­leg­te Fahr­zeugleer­ge­wicht. Zu­sätz­li­che Aus­stat­tun­gen kön­nen zu ge­ring­fü­gig hö­he­ren als den an­ge­ge­be­nen Ver­brauchs- so­wie CO2-Wer­ten füh­ren. Sie kön­nen au­ßer­dem das Leer­ge­wicht und in man­chen Fäl­len auch die zu­läs­si­gen Achs­las­ten so­wie das zu­läs­si­ge Ge­samt­ge­wicht er­hö­hen bzw. die zu­läs­si­ge An­hän­ge­last re­du­zie­ren. Folg­lich kön­nen sie die Höchst­ge­schwin­dig­keit ver­min­dern und die Be­schleu­ni­gungs­zeit er­hö­hen. Die an­ge­ge­be­nen Fahr­leis­tun­gen sind er­reich­bar bei Leer­ge­wicht (oh­ne Fah­rer) plus 200 kg Zu­la­dung.“

Das Fahr­zeug war bei Aus­lie­fe­rung ver­ein­ba­rungs­ge­mäß mit 225/55 R16-Rei­fen aus­ge­stat­tet. Mit die­ser Be­rei­fung er­reich­te es die im Fahr­zeug­schein ein­ge­tra­ge­ne Höchst­ge­schwin­dig­keit von 202 km/h nicht.

Mit An­walts­schrei­ben vom 09.09.2003 er­klär­te der Klä­ger ge­gen­über der Be­klag­ten den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag.

Am 08.10.2003 führ­ten die Par­tei­en un­ter Be­tei­li­gung ei­nes Werks­ver­tre­ters des Fahr­zeug­her­stel­lers ei­ne Pro­be­fahrt durch, bei der das Fahr­zeug von 225er Rei­fen auf 205er Rei­fen um­ge­rüs­tet wur­de. Mit die­ser Be­rei­fung ließ sich die Höchst­ge­schwin­dig­keit von 202 km/h er­rei­chen.

Der Klä­ger hat vor­ge­tra­gen, das aus­ge­lie­fer­te Fahr­zeug sei man­gel­haft, weil es mit den 225er Rei­fen die Höchst­ge­schwin­dig­keit von 202 km/h nicht er­rei­chen kön­ne. Über­dies sei trotz zwei­er Nach­bes­se­rungs­ver­su­che die Fah­rer­tür­dich­tung un­dicht und rib­be­le auf. Schließ­lich trä­ten beim Ein­schla­gen des Lenk­rads nach rechts Knack­ge­räu­sche auf.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Die Be­ru­fung des Klä­gers blieb oh­ne Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … 1. Die Kam­mer hat zur Be­grün­dung aus­ge­führt, die Be­klag­te sei nicht ver­pflich­tet, dem Klä­ger den Kauf­preis Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des er­wor­be­nen Fahr­zeugs ge­mäß §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 326 V BGB zu­rück­zu­zah­len.

Das Rück­tritts­recht des Käu­fers nach § 437 Nr. 2 BGB wer­de nach § 349 BGB durch Er­klä­rung ge­gen­über dem Ver­käu­fer aus­übt, was zur Fol­ge ha­be, dass mit Zu­gang der Er­klä­rung beim Ver­käu­fer (§ 130 I 1 BGB) das ver­trag­li­che Kauf­ver­hält­nis in ein ge­setz­li­ches Rück­ab­wick­lungs­ver­hält­nis (§§ 346 ff. BGB) um­ge­wan­delt wer­de. Der Käu­fer ha­be dann An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses ab­züg­lich ge­zo­ge­ner Ge­brauchs­vor­tei­le (§§ 346 I,100 BGB) Zug um Zug ge­gen Rück­über­eig­nung der Kauf­sa­che (§§ 346 I, 348, 320, 322 BGB).

Nach §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 326 V BGB set­ze das Rück­tritts­recht des Käu­fers ne­ben dem Vor­lie­gen ei­nes Sach­kaufs das Vor­han­den­sein ei­nes Sach­man­gels bei Ge­fahr­über­gang vor­aus, der stets als Ver­trags­ver­let­zung an­zu­se­hen sei. Wei­ter müs­se dem Ver­käu­fer Ge­le­gen­heit und Zeit ge­ge­ben wer­den, man­gel­frei zu er­fül­len. Der Käu­fer müs­se dem Ver­käu­fer ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt ha­ben (§ 439 BGB), de­ren Dau­er von der Art des Sach­man­gels ab­hängt. In ei­ni­gen Fäl­len dür­fe der Käu­fer oh­ne Nach­frist­set­zung vom Kauf­ver­trag zu­rück­tre­ten (§§ 323 II, 440, 326 V BGB).

Die Rück­tritts­vor­aus­set­zun­gen sei­en vor­lie­gend in­des nicht ge­ge­ben.

Dass das er­wor­be­ne Fahr­zeug mit den zum Aus­stat­tungs­pa­ket ge­hö­ren­den Rei­fen 225/55 R16 nicht die Höchst­ge­schwin­dig­keit von 202 km/h er­reicht, stel­le kei­nen Sach­man­gel i. S. des § 434 BGB dar. Aus dem tech­ni­schen Da­ten­blatt, das dem Klä­ger vor Ab­schluss des Kauf­ver­trags über­ge­ben und von die­sem ge­le­sen wor­den sei, er­ge­be sich, dass der X mit Rei­fen der Grö­ße 195/65 R15 ei­ne Höchst­ge­schwin­dig­keit von 202 km/h er­rei­chen kann. Dass der streit­ge­gen­ständ­li­che Pkw die­se Ei­gen­schaft auf­wei­se, sei un­strei­tig. Im Rah­men der Pro­be­fahrt am 08.10.2003 ha­be das aus­ge­lie­fer­te Fahr­zeug so­gar mit 205er Rei­fen die an­ge­ge­be­ne Höchst­ge­schwin­dig­keit er­reicht. We­der dem Ver­kaufs­pro­spekt noch der vor­ge­leg­ten Preis­lis­te der Be­klag­ten, in der un­ter der Über­schrift „we­sent­li­che Se­ri­en­aus­stat­tung X“ die Rei­fen­grö­ße mit 225/55 R16 an­ge­ge­ben ist, sei zu ent­neh­men, dass der X auch mit 225er Rei­fen ei­ne Höchst­ge­schwin­dig­keit von 202 km/h er­rei­chen kön­ne.

Ent­ge­gen der An­sicht des Klä­gers er­ge­be sich dies auch nicht aus dem in Ab­lich­tung zur Ge­richts­ak­te ge­reich­ten Fahr­zeug­schein. Zwar sei auch dort die Höchst­ge­schwin­dig­keit mit 202 km/h an­ge­ge­ben. Der Klä­ger ver­ken­ne je­doch, dass … die Grö­ßen­be­zeich­nung der Be­rei­fung mit 205/65 R15 oder 195/65 R15 an­ge­ge­ben ist. Dies de­cke sich in­so­weit mit den tech­ni­schen Da­ten des Ver­kaufs­pro­spekts bzw. mit den Fest­stel­lun­gen, die im Rah­men der Pro­be­fahrt am 08.10.2003 ge­trof­fen wor­den sei­en. Dass ei­ne grö­ße­re Be­rei­fung zu ei­ner Ver­rin­ge­rung der Höchst­ge­schwin­dig­keit füh­ren kön­ne, sei all­ge­mein be­kannt. Un­ge­ach­tet des­sen sei der Klä­ger in dem Ver­kaufs­pro­spekt dar­auf hin­ge­wie­sen wor­den, dass ei­ne Ver­än­de­rung der Aus­stat­tungs­merk­ma­le zu ei­ner Ver­min­de­rung der Höchst­ge­schwin­dig­keit füh­ren kön­ne. Wel­che Rei­fen­grö­ße für EU-Ba­sis­mo­del­le da­bei als se­ri­en­mä­ßig er­ach­tet wird, und wel­che Höchst­ge­schwin­dig­keit mit die­sen Rei­fen bei se­ri­en­mä­ßi­ger Aus­stat­tung zu er­rei­chen ist, er­ge­be sich – wie be­reits dar­ge­legt – aus den tech­ni­schen Da­ten im Ver­kaufs­pro­spekt. Der Klä­ger ha­be da­her un­schwer er­ken­nen kön­nen, dass die Höchst­ge­schwin­dig­keit von 202 km/h nur bei ei­ner Be­rei­fung von 195/65 R15 vom Her­stel­ler bzw. von­sei­ten der Be­klag­ten zu­ge­sagt ge­we­sen sei. Ei­ne wei­te­re Hin­weis­pflicht ha­be der Be­klag­ten nicht ob­le­gen …

So­weit der Klä­ger vor­tra­ge, die Be­klag­te ha­be den X nur mit der Be­rei­fung 225/55 R16 an­ge­bo­ten und gleich­wohl durch ih­ren Ver­käu­fer, den Zeu­gen B, er­klä­ren las­sen, die­ser X sei schnel­ler als sein, des Klä­gers, al­ter X, der 202 km/h ge­fah­ren sei, sei ihm der Nach­weis der Rich­tig­keit sei­ner Be­haup­tung nicht ge­lun­gen. Der Zeu­ge ha­be im Rah­men sei­ner Ver­neh­mung aus­ge­sagt, er kön­ne sich heu­te nicht mehr dar­an er­in­nern, dass im Rah­men der Ver­kaufs­ge­sprä­che über die er­reich­ba­re Höchst­ge­schwin­dig­keit ge­spro­chen wor­den sei. Eben­so sei ihm nicht er­in­ner­lich, er­klärt zu ha­ben, der neue X fah­re noch schnel­ler als das Alt­fahr­zeug des Klä­gers. Zu­si­che­run­gen – so der Zeu­ge wei­ter –, die er ge­gen­über Käu­fern er­klä­re, fi­xie­re er stets in den Ver­trä­gen. An­halts­punk­te da­für, dass der Zeu­ge die feh­len­de Er­in­ne­rung nur vor­ge­täuscht und so­mit un­rich­tig aus­ge­sagt hat, sei­en nicht er­sicht­lich. Viel­mehr sei der Zeu­ge – so der Ein­druck des Ge­richts – er­kenn­bar be­müht ge­we­sen, wahr­heits­ge­mäß aus­zu­sa­gen. Der ne­ga­ti­ve Aus­gang der Be­weis­auf­nah­me ge­he zu­las­ten des in­so­weit be­weis­pflich­ti­gen Klä­gers.

Der Klä­ger kön­ne nicht da­mit ge­hört wer­den, bei ei­nem Lenk­rad­einschlag nach rechts kom­me es zu Knack­ge­räu­schen. Ab­ge­se­hen da­von, dass die Be­klag­te die Man­gel­haf­tig­keit des Fahr­zeugs ins­ge­samt be­strit­ten und der in­so­weit be­weis­pflich­ti­ge Klä­ger für die Rich­tig­keit sei­ner Be­haup­tung kei­nen Be­weis an­ge­bo­ten ha­be, feh­le es an der für den Rück­tritt er­for­der­li­chen Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung (§ 439 BGB). Um­stän­de, die ei­ne Nach­frist­set­zung ent­behr­lich ma­chen, sei­en nicht ge­ge­ben. Be­son­de­re Grün­de, die un­ter Ab­wä­gung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen den so­for­ti­gen Rück­tritt recht­fer­tig­ten (§ 323 II Nr. 3 BGB), ins­be­son­de­re In­ter­es­sen­fort­fall, sei­en we­der gel­tend ge­macht noch sonst er­sicht­lich. Die von der Be­klag­ten ge­schul­de­te Art der Nach­bes­se­rung kön­ne auch nicht als fehl­ge­schla­gen gel­ten (§ 440 Satz 1 BGB). Letz­te­res wer­de in der Re­gel nach dem zwei­ten er­folg­lo­sen Nach­bes­se­rungs­ver­such ver­mu­tet (§ 440 Satz 2 BGB). Hin­sicht­lich der be­haup­te­ten Knack­ge­räu­sche bei ei­nem Lenk­rad­einschlag nach rechts sei nicht er­sicht­lich, dass bis­lang von der Be­klag­ten zwei ver­geb­li­che Nach­bes­se­rungs­ver­su­che un­ter­nom­men wor­den sind.

Der Klä­ger kön­ne sein Rück­tritts­recht auch nicht dar­auf stüt­zen, dass die Gum­mi­dich­tung an der Fah­rer­tür an­geb­lich nach wie vor un­dicht sei bzw. auf­rib­be­le. Zwar hät­ten dies­be­züg­lich – wohl un­strei­tig – zwi­schen­zeit­lich zwei Nach­bes­se­rungs­ver­su­che sei­tens der Be­klag­ten statt­ge­fun­den. Dass die Fah­rer­tür­dich­tung wei­ter­hin man­gel­haft sei, wer­de je­doch von der Be­klag­ten be­strit­ten, oh­ne dass der Klä­ger für die Man­gel­haf­tig­keit ge­eig­ne­ten Be­weis an­ge­tre­ten ha­be. Doch auch un­ter Zu­grun­de­le­gung des dies­be­züg­li­chen Klä­ger­vor­trags wä­re ein Rück­tritts­recht im Er­geb­nis zu ver­nei­nen, da die Pflicht­ver­let­zung der Be­klag­ten – be­zo­gen auf die ge­rüg­te feh­ler­haf­te Ab­dich­tung der Fah­rer­tür – un­er­heb­lich i. S. des § 323 V 2 BGB wä­re. Denn der Ge­schäfts­füh­rer der Be­klag­ten ha­be in der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 04.05.2004 un­be­strit­ten er­klärt, dass die Kos­ten für den Aus­tausch der Fah­rer­tür­dich­tung un­ge­fähr 50 € be­trü­gen. Auf­grund die­ser ge­rin­gen Man­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten, die ge­ra­de ein­mal 0,15 % des Kauf­prei­ses aus­ma­chen, sei die für den Rück­tritt er­for­der­li­che Über­schrei­tung der Ba­ga­tell­gren­ze zu ver­nei­nen.

2. Das Land­ge­richt hat hier­nach zu Recht die mit der Kla­ge bzw. mit dem Rechts­mit­tel sei­tens des Klä­gers gel­tend ge­mach­ten An­sprü­che ver­neint. Das Be­ru­fungs­vor­brin­gen des Klä­gers gibt zu ei­ner im Er­geb­nis ab­wei­chen­den recht­li­chen Be­ur­tei­lung kei­nen An­lass.

(1) Nach Durch­füh­rung der Be­weis­auf­nah­me im Be­ru­fungs­rechts­zug ist un­strei­tig, dass das Fahr­zeug mit den 225er Rei­fen nicht die im Pro­spekt für das ge­kauf­te Mo­dell an­ge­ge­be­ne Ge­schwin­dig­keit von 202 km/h er­reicht. Da­mit ist al­ler­dings noch nicht ge­sagt, dass sich die­ser Um­stand als Man­gel im Rechts­sin­ne dar­stellt. Ein sol­cher setzt näm­lich vor­aus, dass es sich um ei­ne er­heb­li­che Ab­wei­chung von den zum Ver­trags­ge­gen­stand ge­wor­de­nen An­ga­ben im Ver­kaufs­pro­spekt han­delt.

a) An­ders als die Kam­mer ist der Se­nat der Auf­fas­sung, dass das Fahr­zeug prin­zi­pi­ell die an­ge­ge­be­ne Höchst­ge­schwin­dig­keit von 202 km/h auch mit 225er Rei­fen er­rei­chen muss. Denn die Rei­fen wur­den dem Klä­ger als Erst­aus­stat­tung ver­kauft. Sie ge­hö­ren of­fen­bar zur we­sent­li­chen Se­ri­en­aus­stat­tung des X. Dies er­gibt sich aus der mit der Kla­ge ein­ge­reich­ten Preis- und Aus­stat­tungs­lis­te.

aa) Zu Recht weist das Land­ge­richt dar­auf hin, dass sich aus dem tech­ni­schen Da­ten­blatt, das dem Klä­ger vor Ab­schluss des Kauf­ver­trags über­ge­ben und von die­sem ge­le­sen wor­den sei, er­ge­be, dass der X mit Rei­fen der Grö­ße 195/65 R15 ei­ne Höchst­ge­schwin­dig­keit von 202 km/h er­rei­chen kann. Dass der streit­ge­gen­ständ­li­che Pkw die­se Ei­gen­schaft auf­wei­se, sei un­strei­tig. We­der dem Ver­kaufs­pro­spekt noch der vom Klä­ger vor­ge­leg­ten Preis­lis­te der Be­klag­ten, in der un­ter der Über­schrift „we­sent­li­che Se­ri­en­aus­stat­tung X“ die Rei­fen­grö­ße mit 225/55 R16 an­ge­ge­ben ist, sei zu ent­neh­men, dass der X auch mit 225er Rei­fen ei­ne Höchst­ge­schwin­dig­keit von 202 km/h er­rei­chen kön­ne. Ent­ge­gen der An­sicht des Klä­gers er­ge­be sich dies auch nicht aus dem in Ab­lich­tung zur Ge­richts­ak­te ge­reich­ten Fahr­zeug­schein.

bb) Die ge­nann­ten Un­ter­la­gen be­sa­gen al­ler­dings nicht, dass das Fahr­zeug die an­ge­ge­be­ne Höchst­ge­schwin­dig­keit mit den von der Be­klag­ten an­ge­bo­te­nen 225er Rei­fen nicht er­reicht.

Dass ei­ne grö­ße­re Be­rei­fung zu ei­ner Ver­rin­ge­rung der Höchst­ge­schwin­dig­keit füh­ren kann, mag un­ter Fach­leu­ten – der Klä­ger ist Ober­stu­di­en­rat – oder be­son­ders in­ter­es­sier­ten Au­to­fans be­kannt sein, all­ge­mein be­kannt ist dies des­we­gen nicht.

Der Klä­ger ist zwar in dem Ver­kaufs­pro­spekt dar­auf hin­ge­wie­sen wor­den, dass ei­ne Ver­än­de­rung der Aus­stat­tungs­merk­ma­le zu ei­ner Ver­min­de­rung der Höchst­ge­schwin­dig­keit füh­ren kön­ne. Al­ler­dings liegt zum ei­nen ei­ne Ver­än­de­rung der Aus­stat­tungs­merk­ma­le nicht vor, wenn der Klä­ger ein mit ei­nem zur „we­sent­li­chen Se­ri­en­aus­stat­tung X“ ge­hö­ren­den Rei­fen­satz (225er) aus­ge­stat­te­tes Fahr­zeug bei ei­nem X-Händ­ler kauft. Zum an­de­ren be­zieht sich der an­ge­spro­che­ne Hin­weis auf ge­wichts­re­le­van­te Merk­ma­le, die hier oh­ne­hin nicht zur De­bat­te ste­hen.

(2) Da dem­nach we­der ein Hin­weis im Pro­spekt auf ei­ne Re­du­zie­rung der Höchst­ge­schwin­dig­keit durch die an­ge­bo­te­ne Aus­rüs­tung des Fahr­zeugs vor­lag, noch das Phä­no­men ei­ner Ver­rin­ge­rung der Höchst­ge­schwin­dig­keit durch grö­ße­re Rei­fen als all­ge­mein be­kannt gel­ten kann, wä­re ein Man­gel im Rechts­sin­ne und mit Blick hier­auf ein Rück­tritts­grund ge­ge­ben, wenn die er­ziel­ba­re Höchst­ge­schwin­dig­keit (mit 225er Rei­fen) von der im Ver­kaufs­pro­spekt für das ent­spre­chen­de Mo­dell an­ge­ge­be­nen Höchst­ge­schwin­dig­keit (202 km/h) nach un­ten er­heb­lich ab­wi­che. Als er­heb­lich ist in die­sem Zu­sam­men­hang ei­ne Ab­wei­chung an­zu­se­hen, die um mehr als 5 % von den An­ga­ben im Pro­spekt zum Nach­teil des Käu­fers ab­weicht (vgl. z. B. OLG Ros­tock, Urt. v. 29.01.1997 – 6 U 316/96, OLGR 1997, 281, dort ging es um ei­ne Ab­wei­chung von der in den Kfz-Pa­pie­ren an­ge­ge­be­nen Höchst­ge­schwin­dig­keit; Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 7. Aufl. [2000], Rn. 416). Ein recht­lich re­le­van­ter Man­gel lä­ge dem­nach vor, wenn das Fahr­zeug mit 225er Rei­fen un­ter den im Ver­kaufs­pro­spekt an­ge­ge­be­nen Be­din­gun­gen … we­ni­ger als (202 km/h − 5 % =) 191,9 km/h lau­fen wür­de.

Dies al­ler­dings steht nach dem Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me nicht zur Über­zeu­gung des Se­nats fest.

Denn nach den über­zeu­gen­den Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen Dipl.-Ing. W in sei­nem schrift­li­chen Gut­ach­ten vom 17.03.2005 er­reich­te das in Re­de ste­hen­de Fahr­zeug … aus­ge­rüs­tet mit den mit­ver­kauf­ten 225/55 R16-Rei­fen, un­ter den werks­sei­tig an­ge­ge­be­nen bzw. für die Mes­sung zu ge­währ­leis­ten­den Be­din­gun­gen (Leer­ge­wicht oh­ne Fah­rer + 200 kg Zu­la­dung = 1.865 kg) hand­ge­stoppt ge­mes­sen auf der A 59 aus Le­ver­ku­sen kom­mend in Fahrt­rich­tung Düs­sel­dorf 198,17 km/h und von Düs­sel­dorf kom­mend in Fahrt­rich­tung Le­ver­ku­sen 197,51 km/h. Be­den­ken des Klä­gers ge­gen die Mess­me­tho­de hat der Sach­ver­stän­di­ge in sei­ner er­gän­zen­den schrift­li­chen Stel­lung­nah­me vom 17.05.2005 … über­zeu­gend aus­ge­räumt.

Hier­nach liegt – selbst wenn man für den Ver­gleich nicht von dem Mit­tel­wert der Mes­sun­gen aus­geht, son­dern den nied­rigs­ten Wert (197,51 km/h) zu­grun­de legt – ei­ne Un­ter­schrei­tung der Soll­ge­schwin­dig­keit von 202 km/h le­dig­lich um 2,22 % vor, die sich als un­er­heb­lich dar­stellt, nicht als Feh­ler im Rechts­sin­ne an­ge­se­hen wer­den kann und da­her den Klä­ger nicht zum Ver­trags­rück­tritt be­rech­tigt.

(3) Die üb­ri­gen, selbst vom Klä­ger le­dig­lich als „schmü­cken­des Bei­werk“ be­zeich­ne­ten Sach­män­gel hat das Land­ge­richt zu­tref­fend und nicht er­gän­zungs­be­dürf­tig ab­ge­han­delt.

Die Be­ru­fung des Klä­gers war hier­nach zu­rück­zu­wei­sen …

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