Trägt der Käufer eines Neuwagens bei Abschluss des Kaufvertrages einer Bank den Abschluss eines vom Verkäufer vermittelten Leasing- oder Darlehensvertrages an, so ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass der Kaufvertrag durch das Nichtzustandekommen eines Leasing- oder Darlehensvertrages auflösend bedingt sein soll. Es macht allerdings im Ergebnis keinen wesentlichen Unterschied, ob man statt einer auflösenden Bedingung (§ 158 II BGB) eine aufschiebende Bedingung (§ 158 I BGB) annimmt oder ob man von einer Störung der Geschäftsgrundlage ausgeht.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.05.2005 – I-3 U 14/04
Sachverhalt: Der Beklagte, der ein Eiscafe betreibt, bestellte am 22.07.2003 unter seiner Firma bei der Klägerin einen Pkw zum Preis von 34.069,20 € brutto einschließlich 450 € netto Überführungskosten). In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin, deren Erhalt der Beklagte schriftlich bestätigte, ist bestimmt, dass im Falle der Nichtabnahme des Fahrzeugs 15 % des Kaufpreises als Schadenersatz an die Klägerin zu zahlen sind.
Ebenfalls am 22.07.2003 unterzeichnete der Beklagte einen an die B-Bank gerichteten Antrag auf Abschluss eines Leasingvertrages.
Die Auftragsbestätigung der Klägerin vom 24.07.2003 behielt deren Verkaufsmitarbeiterin W zunächst in ihren Akten. Nachdem der Leasingantrag von der D-Bank abgelehnt worden war, meldete sich W am 31.07.2003 telefonisch bei dem Beklagten und übersandte ihm nach dem Telefonat die Auftragsbestätigung.
Am 27.08.2003 unterzeichnete der Beklagte in den Geschäftsräumen der Klägerin einen an die B-Bank gerichteten Darlehensantrag. Die Bank lehnte die Gewährung eines Darlehens ab.
Nachdem die Klägerin den Beklagten erfolglos zur Abnahme des bestellten Pkw aufgefordert hatte, stellte sie ihm unter dem 04.11.2003 einen Betrag von 5.032 € in Rechnung und setzte ihm eine Zahlungsfrist bis zum 19.11.2003.
Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, 5.032 € nebst Zinsen an die Klägerin zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin gegen den Beklagten gemäß § 339 Satz 1 BGB einen Anspruch auf Zahlung von mindestens 5.032 € habe. Die Regelung in ihren – wirksam in den Kfz-Kaufvertrag einbezogenen – Verkaufsbedingungen, wonach bei Nichtabnahme eines Fahrzeugs Schadenersatz in Höhe von 15 % des vereinbarten Kaufpreises zu zahlen sei, stelle ein Vertragsstrafeversprechen dar. Dieses sei nicht gemäß § 309 Nr. 6 BGB unwirksam. Diese Vorschrift sei nach § 310 I 1 BGB hier nicht anwendbar, weil der Beklagte – der den Pkw unter seiner Firma bestellt habe – den Kaufvertrag Vertrag als Unternehmer (§ 14 I BGB) geschlossen habe. Auch seien Anhaltspunkte für eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten, die zu einer Unwirksamkeit des Vertragsstrafeversprechens nach § 307 I BGB führen könnten, nicht ersichtlich. Ein Verkäufer, dem die Kaufsache nicht abgenommen werde, könne ohnehin Ersatz des entgangenen Gewinns verlangen (§§ 280 I 1, 433 II BGB). Zwar werde die Vertragsstrafe auch verwirkt, wenn der Klägerin kein Schaden entsteht. Nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge erziele die Klägerin beim Verkauf eines Fahrzeugs aber einen Gewinn, sodass sich unter normalen Umständen kein wesentlicher Nachteil für den Kunden ergebe, wenn die Klägerin die Vertragsstrafe verlange, statt einen Schadensersatzsanspruch geltend zu machen.
Dem Beklagten sei es nicht gelungen, seine Behauptung, er habe seine auf den Abschluss des Kfz-Kaufvertrages gerichtete Erklärung nur unter der Bedingung abgegeben, dass die B-Bank den Kaufpreis finanziere, zu beweisen. Aufgrund der Aussage seiner Ehefrau, der Zeugin E, sei das Gericht zwar davon überzeugt, dass der Beklagte das Fahrzeug nur kaufen wollte, wenn der Kaufpreis finanziert würde. Diese Motivation sei gegenüber der Verkaufsmitarbeiterin der Klägerin W aber nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gekommen. Vielmehr es nach § 116 Satz 1 BGB für die Wirksamkeit seines gegenüber W abgegebenen Antrags ohne Bedeutung, dass der Beklagte den Pkw nur habe kaufen wollen, wenn die B-Bank den Kaufpreis finanziere.
Den Antrag des Beklagten habe die Klägerin mit der Auftragsbestätigung vom 24.07.2003 wirksam angenommen, sodass mit Zugang dieser Bestätigung beim Beklagten ein Kaufvertrag zustande gekommen sei.
Die Berufung des Beklagten hatte Erfolg.
Aus den Gründen: II. … Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist ein Kaufvertrag über die Lieferung des Fahrzeugs, an dessen Nichtabnahme der geltend gemachte und von der Kammer zugesprochene Schadensersatzanspruch der Klägerin anknüpft, nicht zustande gekommen.
1. Nach verbreiteter Meinung, der der Senat folgt (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 8. Aufl. [2003], Rn. 739), ist der Kaufvertrag über ein Neufahrzeug auflösend bedingt durch das Zustandekommen des Darlehensvertrages, wenn im Einzelfall keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen. Es macht allerdings im Ergebnis keinen wesentlichen Unterschied, ob man statt einer auflösenden Bedingung eine aufschiebende Bedingung annimmt, ob man die Rechtskonstruktion der Störung der Geschäftsgrundlage bemüht oder davon ausgeht, die Finanzierung sei ein Regelungspunkt des Kaufvertrages, der nicht zustande kommt, solange der Käufer die Bedingungen der Bank, mit welcher der Verkäufer zusammenarbeitet, nicht akzeptiert hat. In allen Fällen wird der Kaufvertrag hinfällig, wenn es – ohne dass der Käufer dies zu vertreten hat – nicht zum Abschluss des Darlehensvertrages kommt (so Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 739).
2. Dies vorausgeschickt ist ein Kaufvertrag zwischen den Parteien über die Lieferung des in Rede stehenden Fahrzeugs nicht wirksam zustande gekommen.
a) Am 22.07.2003 hat der Beklagte bei der Klägerin einen [Pkw] bestellt, das heißt ein Angebot im Rechtssinne gemacht. Dass die Bestellung noch nicht die Annahme eines Vertragsangebotes der Klägerin war, liegt auf der Hand. Denn sie wollte den Kaufvertrag erst im Wege der Auftragsbestätigung zustande bringen. Die Auftragsbestätigung ist die schriftliche Annahme eines Vertragsangebots (Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl. [2005], § 148 Rn. 12). Dieses lautete vorliegend auf Abschluss eines im Wege des Leasings finanzierten Kaufvertrages. Denn zeitgleich wurde mit Wissen und im Einverständnis der Klägerin der Leasingantrag gestellt. Damit stand der Kaufantrag bzw. ein eventueller späterer Kaufvertrag unter der auflösenden Bedingung des Gelingens der Finanzierung. Hierfür spricht auch, dass die Zeugin W die Auftragsbestätigung zunächst zurückgehalten hat.
b) Die Ablehnung der Kaufpreisfinanzierung im Wege des Leasings durch die B-Bank am 30.07.2003 führte somit zum Bedingungseintritt und damit zur Unwirksamkeit des Angebots (§ 158 II BGB). Dass es nicht zur Kreditfinanzierung in Gestalt des Leasings gekommen ist, hat der Beklagte nicht zu vertreten. Zwar waren seine Vermögensverhältnisse bei Vertragsschluss nicht rosig. Andererseits spricht nichts dafür, dass er sie beschönigend dargestellt hat, und immerhin hat er für [ein anderes Fahrzeug] später eine Kreditfinanzierung erhalten. Hiernach hat der Beklagte es nicht zu vertreten, dass es nicht zur Kreditierung des Kaufpreises gekommen ist (§ 162 BGB). Deshalb ist der an die Klägerin gerichtete Kaufantrag hinfällig geworden. Gegenteilige Anhaltspunkte liegen zunächst nicht vor.
c) Es kann dahinstehen, ob der Beklagte bei dem Telefongespräch vom 31.07.2003 die von der Zeugin W bekundete Erklärung (Aktennotiz: „… bleibt alles bestellt, zahlt bar oder finanziert, nimmt FZG auf jeden Fall; AB versandt“) abgegeben hat und ob hierin das mündliche Angebot zum Abschluss eines – von der Finanzierung durch Leasing unabhängigen – Kaufvertrages gesehen werden kann. Denn hierbei würde es sich um ein mündliches Angebot unter Anwesenden gehandelt haben, das, mangels der Bestimmung einer Annahmefrist … nur sofort hätte angenommen werden können (§§ 146, 147 I BGB). Dies aber hat die Klägerin nicht getan. Denn die Zeugin W hat nicht sofort den Abschluss eines Kaufvertrages mündlich bestätigt, sondern erst nach Rücksprache mit der Zeugin J die Auftragsbestätigung abgeschickt.
Dass der Beklagte diese widerspruchslos hingenommen hat, bringt einen von der Finanzierung unabhängigen Kaufvertrag nach den Grundsätzen des Schweigens auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben nicht zustande. Denn – abgesehen von der Frage, ob der Beklagte, der ein Eiscafe betreibt, wie ein Kaufmann in größerem Umfang selbstständig am Rechtsverkehr teilnimmt (vgl. Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 148 Rn. 9) und deshalb der persönliche Anwendungsbereich für diese Grundsätze eröffnet ist – war der Beklagte nicht Adressat eines solchen Bestätigungsschreibens. Bei der ihm übersandten Auftragsbestätigung handelt es sich um ein lange vor dem Telefonat vom 31.07.2003 vorbereitetes, von der Beklagten zunächst zurückgehaltenes Schriftstück, das auf den von der Beklagten behaupteten Inhalt des Telefonats, mit dem angeblichen Ergebnis einer einverständlichen Lösung des Kaufs über den [Pkw] aus dem Finanzierungszusammenhang nicht einmal Bezug nahm, geschweige denn diesen bestätigte. Außerhalb des Bereichs des kaufmännischen Bestätigungsschreibens kommt dem Schweigen im Rechtsverkehr – auch unter Kaufleuten – im Allgemeinen eine Einwilligungswirkung nicht zu. Die Zurechnung von Schweigen als Zustimmung nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn besondere Umstände, insbesondere ein zugunsten des anderen Teils entstandener Vertrauenstatbestand, dies rechtfertigt (Palandt/Heinrichs, a. a. O., Einf. v. § 116 Rn. 10). Hierfür besteht vorliegend kein Anhalt. Dies gilt umso mehr, als es für die Beklagte nahegelegen hätte, ihre Bewertung des Ergebnisses der telefonischen Besprechung dem Beklagten zusammen mit der Auftragsbestätigung bekannt zu geben.
Aus alledem ergibt sich, dass die Auftragsbestätigung nicht als Annahme eines aktuellen Angebots, sondern nur als neues Angebot, gerichtet auf den Abschluss eines von der Finanzierung unabhängigen Kaufvertrages, gelten konnte (§ 150 I BGB). Ein solches hat der Beklagte indes nicht angenommen. Er hat im Gegenteil später erneut eine Finanzierung versucht, indem er am 27.08.2003 den Darlehensantrag an die B-Bank unterzeichnete, den dieses Finanzierungsinstitut … ebenfalls ablehnte.
Hiernach bleibt festzuhalten, dass ein wirksamer Kaufvertrag über das in Rede stehende Fahrzeug zwischen den Beteiligten nicht zustande gekommen ist und der Beklagte der Klägerin – entgegen der Auffassung der Vorinstanz – aus einem solchen in Verbindung mit den Allgemeinen Geschäftsbedinungen der Klägerin Schadensersatz nicht schuldet. …