- Eine Klausel in Garantiebedingungen, wonach ein Gebrauchtwagenkäufer nur dann einen Garantieanspruch hat, wenn er Inspektionen in den vom Hersteller vorgeschriebenen Intervallen und durch eine vom Hersteller anerkannte Vertragswerkstatt durchführen lässt, unterliegt keiner Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB. Denn eine solche Klausel schränkt nicht etwa einen einmal entstandenen Anspruch wieder ein, sondern lässt einen Anspruch gar nicht erst entstehen („negative Leistungsbeschreibung“).
- Es ist für den Handel mit Kraftfahrzeugen typisch, im Geschäftsverkehr allgemein üblich und für einen Durchschnittskunden erkennbar, dass Garantieleistungen davon abhängig gemacht werden, dass die vom Hersteller vorgeschriebenen Inspektionen und Wartungsmaßnahmen durch einen autorisierten Vertragshändler durchgeführt werden. Diese Bindung des Käufers an autorisierte Vertragshändler ist nicht rechtsmissbräuchlich.
LG Freiburg, Urteil vom 27.05.2005 – 1 O 153/04
Sachverhalt: Der Kläger verlangt von der Beklagten im Wesentlichen Kostenersatz für einen Austauschmotor, den er in ein bei der Beklagten erworbenes Fahrzeug anstelle des vorhandenen defekten Motors hat einbauen lassen.
Der Kläger bestellte am 27.05.2003 bei der Beklagten einen gebrauchten Pkw (Baujahr 2001), der ihm am 06.06.2003 übergeben wurde. Vereinbart war eine Garantie von zwei Jahren.
Am 19.11.2003 ließ der Kläger beim Stand von 43.244 km eine Inspektion bei A durchführen. Am 14.12.2003 kam es während einer Fahrt zum Ausfall des Motors. Bei der anschließenden Überprüfung des Fahrzeugs bei der Beklagten konnte ein Fehler nicht gefunden werden. Am 24.01.2004 schließlich kam es zu einem zweiten Motorausfall; der Motor war daraufhin irreparabel beschädigt. Mit Schreiben vom 24.02.2004 setzte der Kläger der Beklagten eine Frist zum Einbau eines anderen Motors, was die Beklagte verweigerte. Nachdem weitere Reparaturkosten angefallen waren, wurde schließlich am 31.08.2004 auf Kosten des Klägers ein Austauschmotor eingebaut.
Der Kläger behauptet, der den Motorschaden verursachende Mangel der Einspritzanlage habe bereits bei Übergabe des Pkw am 06.06.2003 vorgelegen. Jedenfalls aber hätte der Fehler bei der Überprüfung bei der Beklagten im Dezember 2003 entdeckt werden müssen. Seine auf Zahlung von 15.717 € nebst Zinsen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: … [D]em Kläger stehen weder Ansprüche aus Kauf- noch Werkvertragsgewährleistung noch vertraglicher Garantie zu.
1. Schadensersatzansprüche aus Kaufgewährleistungsrecht gemäß §§ 437 Nr. 3, 434 I BGB sind nicht gegeben, da ein Mangel des bei der Klägerin erworbenen Kfz im Zeitpunkt der Übergabe nicht vorlag, jedenfalls aber vom insofern beweisbelasteten Kläger – die Vermutung des § 476 BGB greift nicht ein, da das Fahrzeug am 06.06.2003 übergeben wurde, und der Motor am 14.12.2003 und damit nach Ablauf von mehr als sechs Monaten erstmals ausfiel – nicht bewiesen werden konnte.
Der Sachverständige S hat in der mündlichen Verhandlung vom 06.04.2005 überzeugend erläutert , dass der Motorschaden – nämlich am Kolben des fünften Zylinders – plausibel auf eine defekte Einspritzdüse zurückzuführen ist. Er hat sodann überaus nachvollziehbar dargelegt, dass dieser Einspritzdüsendefekt angesichts der vom Kläger seit der Übergabe zurückgelegten etlichen tausend Kilometer am 06.06.2003, also bei Übergabe, keinesfalls schon existent gewesen sein kann, da ein Motorschaden sonst deutlich früher hätte eintreten und der Motor dann bereits damals auffällige Geräusche im Sinne eines unrunden Motorlaufs hätte zeigen müssen. Die Ausführungen des Sachverständigen haben deshalb beim Gericht nicht nur nicht die Überzeugung von einem Mangel erbracht, sondern darüberhinaus keinen Zweifel daran gelassen, dass der vom Kläger behauptete Mangel im Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht vorlag.
Ebenso scheiden die vom Kläger geltend gemachten Gewährleistungsansprüche aus Werkvertragsrecht – weil, wie vom Kläger ins Feld geführt, der Einspritzdüsendefekt bei der in der Werkstatt der Beklagten nach dem Motorausfall vorgenommenen Untersuchung hätte erkannt werden müssen – aus. Auch insofern hat der Sachverständige nachvollziehbar dargelegt, dass ein Schaden an der Einspritzdüse bei der Überprüfung durch die Beklagte nicht hätte erkannt werden können, weil die Einspritzdüsen dazu an den Hersteller hätten versandt werden müssen, wofür mangels „Nageln“ oder unrunden Motorlaufs aber kein Anlass bestanden habe. Eine mangelhafte Werkleistung konnte der Kläger daher nicht beweisen.
2. Ansprüche aus der unstreitig vereinbarten Garantie hingegen scheiden deswegen aus, weil der Kläger die nach Garantiebedingungen erforderliche Inspektion bei 40.000 km – ebenfalls unstreitig – nicht vertragsgemäß hat durchführen lassen und deshalb die Ausschlussklausel des § 11 Nr. 1q eingreift .
a) Die Garantiebedingungen sind Vertragsbestandteil geworden, denn sie sind dem Kläger nach den schlüssigen und überzeugenden Schilderungen des Zeugen Z übergeben worden. Dieser hat bei seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung ausgesagt, dass er dem Kläger eine Mappe übergeben und ihm erläutert habe, dass sich darin das Serviceheft, das Händlerverzeichnis, eine Bedienungsanleitung und auch die Garantiebedingungen befänden. Das Gericht hat – auch unter Einbeziehung der Stellung des Zeugen als Verkäufer der Beklagten – keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser Aussage zu zweifeln.
Den somit erbrachten Hauptbeweis hat der Kläger nicht erschüttern können, zumal sich in der Verhandlung herausstellte, dass der ursprünglich für die Übergabe benannte Zeuge X nicht die vom Kläger gemeinte Person war, und eine weitere an der Übergabe angeblich beteiligte Person als Beweismittel nicht mehr benannt wurde.
b) Gemäß § 10 Nr. 1b der Garantiebedingungen hat der Käufer Inspektionen in den vom Hersteller vorgeschriebenen Intervallen durch eine vom Hersteller … anerkannte Vertragswerkstatt durchführen zu lassen. Die hieran anknüpfende Ausschlussklausel des § 11 Nr. 1q sieht sodann vor, dass keine Garantie besteht, wenn sich der Käufer nicht an diese Vorgaben hält.
Es ist im vorliegenden Fall unstreitig, dass der Kläger die Vorgaben des § 10 Nr. 1b nicht eingehalten hat.
Die Klausel ist auch nicht gemäß §§ 307 ff. BGB unwirksam – was unter dem Aspekt der ursächlichkeitsunabhängigen Befreiung von der Leistungspflicht in Betracht zu ziehen wäre –, da sie schon nicht Gegenstand einer dementsprechenden Inhaltskontrolle ist. Es handelt sich vorliegend nämlich um eine das Ob der Leistung festlegende negative Leistungsbeschreibung und nicht um eine das Hauptleistungsversprechen unter bestimmten Voraussetzungen einschränkende Modifikation desselben. Zwar ist in § 10 der Garantiebedingungen von „Obliegenheiten“ die Rede, was dafür sprechen könnte, dass es sich bei § 11 lediglich um eine Leistungseinschränkung handelt. Andererseits aber trägt die entscheidende Vorschrift des § 11 selbst die Überschrif „Ausschlüsse“ und stellt klar , dass eine Garantie in den sodann genannten Fällen „nicht besteht“. Dem allgemeinen Wortverständnis nach ist die Vorschrift deshalb dahin gehend zu verstehen, dass nicht etwa ein einmal entstandener Anspruch wieder eingeschränkt wird, sondern dass er von vorneherein schon nicht zur Entstehung gelangt. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Wortlaut gerade von demjenigen der Garantiebedingungen des vom BGH entschiedenen Falls, auf den sich der Kläger beruft (NJW-RR 1991, 1013 ff.), denn dort wurde der Verwender der Garantiebedingungen gerade von seiner Leistungspflicht „befreit“, und die entsprechende Klausel war unter einer Überschrift des Wortlauts „Garantiebegrenzung“ aufgeführt. Darüber hinaus betraf jener Fall eine sogenannte produktbezogene Garantie auf Additivbasis, bei der die Garantieleistung nicht in einem Nachbesserungsanspruch des Kunden bestand, sondern in einer bloßen Reparaturkostenübernahme, die das Hauptleistungsversprechen darstellte. Dem Wortlaut der entsprechenden Klausel nach war der Garantiegeber von der Leistungspflicht befreit, wenn bestimmte Garantiebehandlungen und werkseitig vorgeschriebene Inspektionen nicht durchgeführt wurden. Das dort relevante Klauselwerk hatte damit einen vom hier vorliegenden verschiedenen Charakter (vgl. OLG Nürnberg, NJW 1997, 2186). Bei der vorliegend eingeräumten Garantie handelt es sich um die Einräumung zu den gesetzlichen Gewährleistungsansprüchen zusätzlichen Rechten, die der Verwender von vorneherein nur dann gewähren will, wenn die von ihm dazu gesetzten Voraussetzungen erfüllt sind. Der Garantiegeber ist deshalb bei der Ausgestaltung seiner Haftung grundsätzlich frei; die „Draufgabe“ der Garantie bedarf prinzipiell keiner Reglementierung. Insbesondere kann eine Garantie davon abhängig gemacht werden, dass ein Pkw im Rahmen bestimmter Intervalle in einer autorisierten Werkstatt gewartet wird (s. Hensen, in: Ulmer/Brander/Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl., Anh. §§ 9–11 Rn. 372 f.).
c) Die Verwendung der folgenden Klauseln stellt auch keinen individuellen Rechtsmissbrauch gemäß § 242 BGB dar.
Die vorliegende Garantie gewährt dem Käufer zusätzliche Rechte neben den gesetzlichen Gewährleistungsansprüchen. Dass eine solche Garantieleistung davon abhängig gemacht wird, dass die von Herstellerseite vorgeschriebenen Inspektionen und Wartungsmaßnahmen durch einen autorisierten Vertragshändler durchgeführt werden, ist für den Handel mit Kraftfahrzeugen typisch und im Geschäftsverkehr allgemein üblich (vgl. Reinking, DAR 1995, 1 [3]) sowie für einen Durchschnittskunden durchaus erkennbar (vgl. OLG Düsseldorf, OLGR 1997, 145 [146]). Zweck der Klausel ist es, den Verwender der Garantiebedingungen von Beweisproblemen zu befreien. Zwar trägt grundsätzlich der Käufer die Beweislast hinsichtlich des Nachweises der fehlenden Ursächlichkeit zwischen Versäumnis und Schaden (vgl. BGH, NJW-RR 1991, 1013 [1014]). Die Einräumung der Möglichkeit des Nachweises eines ursächlichen Zusammenhangs, um einem Ausschluss der Garantie entgegenzuwirken, kann aber zu erheblichen Beweisstreitigkeiten führen, die eine reibungslose Abwicklung der Garantiefälle verhindern. Dies widerspricht nicht nur den Interessen des Garantiegebers, sondern auch denen des Garantienehmers und soll deswegen von vorneherein vermieden werden (vgl. OLG Düsseldorf, OLGR 1997, 145).
Darüber hinaus spricht gegen die Annahme eines Rechtsmissbrauchs gemäß § 242 BGB auch, dass der Garantiegeber mit der Regelung, eine Garantieleistung von der Wartung in einer Vertragswerkstatt abhängig zu machen, nicht nur eine Verhinderung des Garantiefalls bezweckt, sondern auch das wirtschaftliche Ziel einer Gegenleistung durch den Garantienehmer verfolgt. Durch die Anknüpfung des Garantieanspruchs an die Durchführung der nötigen Wartungen ausschließlich durch einen autorisierten Vertragshändler erreicht er nämlich zugleich die Bindung des Käufers und Garantienehmers an das Kundendienst- und Reparatursystem des Vertragshändlers. Dadurch sichert sich der Vertragshändler – neben dem Verkauf des Pkw – eine einkunftsträchtige Verdienstquelle im Rahmen seines Kundendienst- und Reparaturgeschäfts. Dies stellt ein berechtigtes Anliegen des Verkäufers und Verwenders der Garantiebedingungen dar und schließt in nicht treuwidriger Weise Rechte desjenigen Käufers aus, der die vereinbarte Garantieleistung in Anspruch nehmen will, ohne seinerseits die mit dieser verknüpfte „Gegenleistung“ der Nutzung des Kundendienst- und Reparatursystems eines autorisierten Vertragshändlers zu erbringen …