1. An­ga­ben von Ge­braucht­wa­gen­händ­lern über tech­ni­sche Da­ten wer­den – un­ter an­de­rem we­gen ih­rer gro­ßen Be­deu­tung für den Wert des Au­tos – nach der Ver­kehrs­an­schau­ung als Über­nah­me ei­ner Ga­ran­tie für ih­re Rich­tig­keit an­ge­se­hen, wo­bei ei­ne An­wen­dung die­ser Grund­sät­ze auch auf den Pri­vat­ver­käu­fer ge­bo­ten er­scheint.
  2. All­ge­mei­ne An­prei­sun­gen wie „ein­wand­frei“, „in Ord­nung“, „män­gel­frei“ oder „oh­ne Män­gel“ stel­len beim Kauf ei­nes Ge­braucht­wa­gens von ei­ner Pri­vat­per­son kei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung bzw. -ga­ran­tie dar.

LG Kle­ve, Ur­teil vom 27.08.2004 – 5 S 57/04

Sach­ver­halt: Der Klä­ger ver­langt Min­de­rung und Scha­dens­er­satz, weil die Be­klag­te – bzw. ihr Ver­tre­ter – ihn beim Ver­kauf ei­nes Ge­braucht­wa­gens arg­lis­tig ge­täuscht und Zu­si­che­run­gen nicht ein­ge­hal­ten ha­be. Am 24.02.2003 kauf­te der Klä­ger von der Be­klag­ten für 4.390 € ei­nen Ge­braucht­wa­gen, den er trotz der gel­tend ge­mach­ten Män­gel be­hal­ten will. Der Klä­ger be­haup­tet, ent­ge­gen den Zu­si­che­run­gen ha­be der Wa­gen meh­re­re Män­gel auf­ge­wie­sen. Er sei in­so­weit arg­lis­tig ge­täuscht wor­den. Die Be­klag­te be­haup­tet, ihr Ver­tre­ter, der die Ver­trags­ver­hand­lun­gen ge­führt hat, ha­be kei­ne Zu­si­che­run­gen ge­ge­ben.

Das Amts­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Hin­sicht­lich der ent­ge­gen den An­ga­ben in der In­ter­net­an­zei­ge feh­len­den Alarm­an­la­ge und des feh­len­den Sei­ten­air­bags hat es zur Be­grün­dung aus­ge­führt, im schrift­li­chen Kauf­ver­trag fin­det sich hier­über kein Ein­trag, so­dass es an ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung feh­le. Im Hin­blick auf den wirk­sam ver­ein­bar­ten Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss schei­te­re auch ei­ne Haf­tung aus § 434 I 3 BGB, da das Vor­han­den­sein von Alarm­an­la­ge und Sei­ten­air­bag nicht ga­ran­tiert wor­den sei. Hier­ge­gen wen­det sich der Klä­ger mit der Be­ru­fung. Das Rechts­mit­tel hat­te teil­wei­se Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … Der zu­er­kann­te Min­de­rungs­be­trag steht dem Klä­ger auf­grund des zwi­schen den Par­tei­en ge­schlos­sen Kauf­ver­tra­ges ge­mäß §§ 433, 434, 437 Nr. 2, 441, 346 BGB zu, weil der Pkw mit Män­geln be­haf­tet war.

Der Wa­gen war bei Über­ga­be nicht frei von Män­geln, weil er hin­sicht­lich Alarm­an­la­ge und Sei­ten­air­bag nicht die (kon­klu­dent au­ßer­halb der Kauf­ver­trags­ur­kun­de) ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit hat­te (§ 434 I 1 BGB). Zwar er­folg­te der Ver­kauf des Ge­braucht­wa­gens „un­ter Aus­schluss der Sach­män­gel­haf­tung“. Da es sich bei der Be­klag­ten nicht um ei­ne Un­ter­neh­me­rin han­delt, ste­hen auch die Son­der­vor­schrif­ten zum Ver­brauchs­gü­ter­kauf (§§ 474 ff. BGB, ins­be­son­de­re § 475 BGB) ei­nem Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss nicht ent­ge­gen. Nach § 444 BGB kann sich der Ver­käu­fer aber nicht wirk­sam auf ei­nen Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss be­ru­fen, wenn er den Man­gel arg­lis­tig ver­schwie­gen oder ei­ne Ga­ran­tie für die Be­schaf­fen­heit der Sa­che über­nom­men hat. Als Ga­ran­tie i. S. des § 444 BGB ist re­gel­mä­ßig die Zu­si­che­rung ei­ner be­stimm­ten Ei­gen­schaft zu qua­li­fi­zie­ren (LG Kle­ve, Urt. v. 25.06.2004 – 5 S 12/04; Pa­landt/Putzo, BGB, 63. Aufl., § 444 Rn. 12). Ei­ne Kom­bi­na­ti­on von Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung und ver­schul­dens­un­ab­hän­gi­ger Haf­tung ent­spricht in­halt­lich der al­ten Ei­gen­schafts­zu­si­che­rung, die der Ge­setz­ge­ber bei Schaf­fung des § 444 BGB vor Au­gen hat­te. Falls – wie hier – kein Form­zwang be­steht, müs­sen (ge­ge­be­nen­falls auch kon­klu­dent ge­trof­fe­ne) Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­run­gen nicht in die Ver­trags­ur­kun­de selbst auf­ge­nom­men wer­den; es ge­nü­gen et­wa An­ga­ben auf ei­nem an dem zum Ver­kauf ste­hen­den Pkw an­ge­brach­ten Schild, wenn die Ver­trags­part­ner die­sen Punkt nicht be­son­ders auf­grei­fen (Faust, in: Bam­ber­ger/Roth, BGB, Stand: April 2004, § 444 Rn. 19 und § 434 Rn. 40; vgl. OLG Ko­blenz, Urt. v. 01.04.2004 – 5 U 1385/03, NJW 2004, 1670: die Ga­ran­tie­über­nah­me nach neu­em Recht ist an die Stel­le der Zu­si­che­rung ei­ner Ei­gen­schaft ge­tre­ten). An­ga­ben von Ge­braucht­wa­gen­händ­lern über tech­ni­sche Da­ten wer­den – un­ter an­de­rem we­gen ih­rer gro­ßen Be­deu­tung für den Wert des Au­tos – nach der Ver­kehrs­an­schau­ung als Über­nah­me ei­ner Ga­ran­tie für ih­re Rich­tig­keit an­ge­se­hen (Ham­pel, JuS 2003, 465 [467]), wo­bei in sol­chen Fäl­len ei­ne An­wen­dung die­ser Grund­sät­ze auch auf den Pri­vat­ver­käu­fer ge­bo­ten er­scheint. Auch bei ih­nen greift die Ra­tio der Vor­schrift – das Ver­bot wi­der­sprüch­li­chen Ver­hal­tens – ein.

Hier hat die Be­klag­te aus­weis­lich ih­res An­ge­bots an­ge­ge­ben, dass das Fahr­zeug über ei­ne Alarm­an­la­ge und Sei­ten­air­bags ver­fügt. Dies sind kon­kre­te und für den Wert des Wa­gens er­heb­li­che Ei­gen­schafts­zu­si­che­run­gen. Dass in­so­weit in der Kauf­ver­trags­ur­kun­de oder bei den Ver­trags­ver­hand­lun­gen ei­ne Rich­tig­stel­lung er­folgt ist, kann dem Par­tei­vor­trag nicht ent­nom­men wer­den. Mit­hin ist von ei­ner (nicht ein­ge­hal­te­nen) Be­schaf­fen­heits­ga­ran­tie aus­zu­ge­hen, die in­so­weit zur Un­wirk­sam­keit des Ge­währ­leis­tungs­aus­schlus­ses führt.

Ei­ne Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung war hier nicht er­for­der­lich, da die Be­klag­te je­de Haf­tung ab­ge­lehnt hat. Ein Ver­schul­den ist für den Min­de­rungs­an­spruch nicht er­for­der­lich. Der vom Klä­ger gel­tend ge­mach­ten Hö­he des Min­de­rungs­be­tra­ges ist die Be­klag­te nicht ent­ge­gen­ge­tre­ten …

Ein wei­ter­ge­hen­der An­spruch steht dem Klä­ger nicht zu, auch nicht un­ter dem Ge­sichts­punkt des Scha­dens­er­sat­zes ge­mäß §§ 433, 434, 437 Nr. 3, 440, 280, 281 BGB.

So­weit der Klä­ger be­haup­tet, das Fahr­zeug sei ent­ge­gen ei­ner Zu­si­che­rung nicht scheck­heft­ge­pflegt ge­we­sen, kann ei­ne ent­spre­chen­de Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung i. S. des § 434 I 1 BGB und da­mit ein Man­gel nicht fest­ge­stellt wer­den. Die blo­ße An­ga­be des Wor­tes „Check­heft“ in der An­zei­ge ist un­klar. Die Kauf­ver­trags­ur­kun­de, die u. a. („an­ge­kreuz­te“ und hand­schrift­li­che) Ga­ran­tie­er­klä­run­gen ent­hält, schweigt sich in­so­weit aus. Der vom Klä­ger be­nann­te Zeu­ge M hat aus­ge­führt, bei den Ver­kaufs­ver­hand­lun­gen sei er­klärt wor­den, die In­spek­tio­nen sei­en „ge­mäß Pflich­ten­heft“ durch­ge­führt wor­den. Auch in der Kauf­ver­trags­ur­kun­de wird auf über­reich­te Un­ter­la­gen hin­ge­wie­sen, und zwar mit dem Zu­satz „s. letz­te In­spek­ti­on“. Dem „Ga­ran­tie- und War­tungs­heft“ ist zu ent­neh­men, dass die letz­te In­spek­ti­on vor Über­ga­be des Fahr­zeugs beim Ki­lo­me­ter­stand von 35.890 vor­ge­nom­men wur­de. Dass an­schlie­ßend kei­ne In­spek­ti­on mehr statt­ge­fun­den hat­te, war dem Klä­ger mit­hin bei Kauf­ver­trags­schluss be­kannt; ei­ne an­ders­lau­ten­de Ver­ein­ba­rung ist nicht be­wie­sen.

Auch ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung bzw. Ga­ran­tie­er­klä­rung da­hin­ge­hend, dass die Brems­be­lä­ge „erst nach ca. 8.000 km er­neu­ert wer­den müss­ten“, ist nicht be­wie­sen. Die An­zei­ge und die Kauf­ver­trags­ur­kun­de ent­hal­ten in­so­weit kei­ne An­ga­ben. Der vom Klä­ger be­nann­te Zeu­ge hat da­zu aus­ge­sagt: „Der Ver­käu­fer … hat da­mals mit­ge­teilt, … [er] ha­be das Fahr­zeug über­prü­fen las­sen. Da­bei ha­be man kei­ne Män­gel fest­ge­stellt bis auf den Um­stand, dass die Brems­be­lä­ge er­neue­rungs­be­dürf­tig sei­en. In die­ser Werk­stät­te ha­be man ihm mit­ge­teilt, dass nach ca. 8.000 km die Brems­be­lä­ge aus­ge­tauscht wer­den müss­ten.“ Es ist mit­hin aus­drück­lich auf die Er­neue­rungs­be­dürf­tig­keit der Brems­be­lä­ge hin­ge­wie­sen wor­den. Bei der An­ga­be hin­sicht­lich der Halt­bar­keit han­delt es sich nach An­ga­ben des Zeu­gen er­klär­ter­ma­ßen um ei­ne Schät­zung ei­nes Drit­ten. Dass die Be­klag­te als tech­ni­scher Laie dies­be­züg­lich ei­ne Ga­ran­tie über­nom­men hat, ist dem nicht zu ent­neh­men.

All­ge­mei­ne An­prei­sun­gen wie „ein­wand­frei“, „in Ord­nung“, „män­gel­frei“ oder „oh­ne Män­gel“ stel­len beim Kauf ei­nes Ge­braucht­wa­gens von ei­ner Pri­vat­per­son kei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung bzw. -ga­ran­tie dar (Pa­landt/Putzo, a. a. O., § 434 Rn. 78; vgl. auch OLG Hamm, NJW-RR 1997, 429; Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 8. Aufl., Rn. 1124 ff.) …

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