Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Neuwagenhändlers, wonach ein Käufer, der ein bestelltes Fahrzeug vertragswidrig nicht abnimmt, Schadensersatz in Höhe von 15 % des vereinbarten Kaufpreises leisten muss, ist wirksam.
LG Coburg, Urteil vom 23.06.2004 – 13 O 197/04
(nachfolgend: OLG Bamberg, Beschl. v. 14.09.2004 – 5 U 147/04)
Sachverhalt: Der Kläger ist Fachhändler für Kraftfahrzeuge der Marke BMW und betreibt einen Kfz-Handel nebst Reparaturwerkstatt.
Am 08.12.2003 erschien der Beklagte in den Geschäftsräumen des Klägers und bestellte schriftlich einen Neuwagen BMW 330d zum Gesamtpreis von 40.835 €. Unter „sonstige Vereinbarungen“ wurde in das Bestellformular „Leasingfahrzeug“ eingetragen.
Bereits am 06.12.2003 hatte der Bruder des Klägers den Beklagten beraten, und zwar auch über Finanzierungmöglichkeiten. Am 08.12.2003 wurde dem Beklagten dann der Entwurf eines Leasingvertrags übergeben. Die Parteien gingen davon aus, dass ein Leasingvertrag zunächst zwischen dem Beklagten und der BMW-Leasing GmbH geschlossen und später vom Vater des Beklagten übernommen werden sollte.
Der Bestellung vom 08.12.2003 lagenden die Verkaufsbedingungen des Klägers für neue Fahrzeuge zugrunde. Darin heißt es unter anderem:
„I. Vertragsabschluss/Übertragung von Rechten und Pflichten des Käufers
1. Der Käufer ist an die Bestellung bis 4 Wochen, bei Fahrzeugen, die beim Verkäufer vorhanden sind, bis 10 Tage gebunden. Der Kaufvertrag ist abgeschlossen, wenn der Verkäufer die Annahme der Bestellung des näher bezeichneten Kaufgegenstandes innerhalb der jeweiligen genannten Fristen schriftlich bestätigt oder die Lieferung ausführt …
V. Abnahme
1. Der Käufer ist verpflichtet, den Kaufgegenstand innerhalb von 14 Tagen, ab Zugang der Bereitstellungsanzeige abzunehmen. Im Falle der Nichtabnahme kann der Verkäufer von seinen gesetzlichen Rechten Gebrauch machen.
2. Verlangt der Verkäufer Schadensersatz, so beträgt dieser 15 % des Kaufpreises. Der Schadensersatz ist höher oder niedriger anzusetzen, wenn der Verkäufer einen höheren oder der Käufer einen niedrigeren Schaden nachweist …“
Mit Schreiben vom 08.12.2003, das am 12.12.2003 zur Post gegeben wurde und dem Beklagten am 22.12.2003 zuging, bestätigte der Kläger die Bestellung des Beklagten. Bereits am12.12.2003 erhielt er ein auf den 13.12.2003 datiertes Telefax des Beklagten, mit dem dieser seine Bestellung „kündigte“. Dieser „Kündigung“ widersprach der Kläger mit Schreiben vom 22.12.2003, in dem er auf die Rechtswirksamkeit des Kaufvertrags hinwies. Mit Schreiben vom selben Tag, eingegangen beim Kläger am 29.12.2003, „kündigte“ der Beklagte seine Bestellung erneut. Daraufhin fordere der Kläger den Beklagten unter dem 15.10.2004 erfolglos auf, Schadensersatz in Höhe von 6.067,50 € (15 % des Kaufpreises ohne Überführungskosten) zu leisten.
Die auf Zahlung dieses Betrags nebst Zinsen gerichtete Klage hatte Erfolg.
Aus den Gründen: II. Dem Kläger steht … gegen den Beklagten aus Ziffer V. 2. der Verkaufsbedingungen für neue Fahrzeuge in Verbindung mit §§ 433, 283 I 1, II BGB ein pauschalierter Schadensersatzanspruch in Höhe von 6.067,50 € zu.
Der Schadensersatzanspruch des Klägers setzt voraus, dass zwischen den Parteien ein Kaufvertrag gemäß § 433 BGB zustande gekommen ist und der Beklagte die Erfüllung seiner Pflichten aus § 433 II BGB ernsthaft und endgültig verweigert hat, sodass es einer angemessenen Fristsetzung zur Leistung nicht mehr bedurfte. Ferner setzt das Schadenssatzbegehren des Klägers voraus, dass die Schadenspauschalierung wirksam und kein niedriger Schaden des Klägers nachweisbar ist.
1. Zwischen den Parteien kam es am 22.12.2003 mit Zugang der Auftragsbestätigung des Klägers an den Beklagten zum Abschluss eines Kaufvertrags über einen neuen Pkw BMW 330d.
Mit der Bestellung vom 08.12.2003 unterbreitete der Beklagte dem Kläger ein Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrags gemäß § 145 BGB. Dieses Angebot des Beklagten wurde im Umkehrschluss aus § 130 I 1 BGB sofort wirksam, da es in Gegenwart des Zeugen B als dem Vertreter des Klägers abgegeben wurde (§§ 164 I, 166, 167 BGB). Ein Widerruf dieses Angebots des Beklagten war daher mit Schreiben vom 13.12.2003, dem Kläger als Telefax am 12.12.2003 zugegangen, von vornherein nicht mehr möglich.
Entgegen § 147 I 1 BGB war jedoch der Kläger nicht gehalten, das Angebot des Beklagte sofort anzunehmen. Vielmehr war der Beklagte gemäß Ziffer I. 1. der Verkaufsbedingungen für neue Fahrzeuge bis zu vier Wochen an seine Bestellung gebunden. Die Verkaufsbedingungen des Klägers für neue Fahrzeuge, die nach unstreitigem Sachvortrag beider Parteien als Allgemeine Geschäftsbedingungen gemäß § 305 BGB wirksam in den Vertrag einbezogen worden sind, sehen in Ziffer I. 1. Satz 1 eine Bindung des Beklagten an sein Angebot von vier Wochen vor. Eine derartige Bindungsdauer des Beklagten an sein Angebot verstößt … nicht gegen § 308 Nr. 1 BGB. Eine Annahmefrist von vier Wochen ist jedenfalls im Kfz-Neuwagengeschäft nicht als unangemessen bewertet worden (vgl. BGH, Urt. v. 13.12.1989 – VIII ZR 94/89, BGHZ 109, 359 [362]). Mithin sind die schriftlichen Kündigungserklärungen des Beklagten vom 22.12.2003 und 29.12.2003 im Ergebnis ohne Wirkung, da insoweit die dem Kläger eingeräumte Annahmefrist von vier Wochen, innerhalb der der Beklagte an seine Bestellung gebunden war, noch nicht abgelaufen war.
Im Ergebnis kam daher mit Zugang der Auftragsbetätigung des Klägers am 22.12.2003 beim Beklagten gemäß §§ 147, 130 I 1 BGB i. V. mit Ziffer I. 1. Satz 1 der Verkaufsbedingungen für neue Fahrzeuge ein Kaufvertrag gemäß § 433 BGB über den BMW 330d zustande.
Der Kaufvertrag … stand auch nicht unter der auflösenden Bedingung des Zustandekommens eines Leasingvertrags zwischen der BMW-Leasing GmbH und dem Beklagten … Insoweit ergaben sich gegenteilige Anhaltspunkte weder aus der Bestellung des Beklagten vom 08.12.2003 noch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu den Vertragsverhandlungen.
Eine aufschiebende Bedingung … ergibt sich insbesondere nicht aus dem Hinweis „Leasingfahrzeug“ in der … Bestellung vom 08.12.2003. Die rechtliche Bedeutung dieser Vereinbarung erschöpft sich letztendlich darin, dass dem Beklagten mit dem Hinweis die Möglichkeit nach § 267 II BGB genommen wird, einer Erfüllung des Kaufpreisanspruchs durch einen Leasinggeber zu widersprechen (vgl. BGH, Urt. v. 09.05.1990 – VIII ZR 222/89, NJW-RR 1990, 1009) . Weitergehende rechtliche Konsequenzen sind mangels gegenteiliger Anhaltspunkte aus dem von den Parteien aufgenommenen Hinweis jedoch nicht zu ziehen.
Darüber hinaus hat der Beklagte nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme bei den Vertragsverhandlungen seine Bestellungen auch nicht unter der aufschiebenden Bedingung des Zustandekommen eines Leasingvertrags erkläre. Hierzu führte der Zeuge B glaubhaft und glaubwürdig aus, dass er dem Beklagten bei den Vorbesprechungen am 06.12.2003 und davor mehrere Finanzierungsmöglichkeiten erläutert habe. Am 08.12.2003 … habe er – der Beklagte – jedoch nichts mehr zu der beabsichtigten Finanzierung des Pkw erklärt, sondern lediglich den Ausdruck eines Musters eines Leasingvertrags gewünscht. Es sei zwar geplant gewesen, dass der Pkw … geleast werden sollte. Für ihn – B – sei jedoch der Beklagte als der Erwerber des Fahrzeugs aufgetreten, der die Bestellung unabhängig von dem Zustandekommen eines Leasingvertrags oder irgend einer anderen Finanzierungsart erklärt habe. Der Beklagte habe letztendlich auch den ihm überlassenen Leasingvertrag nicht mehr unterzeichnet an den Kläger zurückgereicht …
Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme steht daher zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der zwischen der Parteien abgeschlossene Kaufvertrag nicht unter der aufschiebenden Bedingung des Abschlusses eines Leasingvertrags zustande gekommen ist
Nachdem der Beklagte bereits mit Schreiben vom 22.12.2003 und 29.12.2003 die Abnahme und Bezahlung des Pkw BMW 320d ablehnte, bedurfte es daher keiner Fristsetzung i. S. des § 281 I 1 BGB nach § 281 II BGB mehr. Insoweit kommt in den Kündigungsschreiben des Beklagten vom 22.12.2003 und 29.3.2003 unmissverständlich zum Ausdruck, dass er den Pkw BMW 330d nicht abnehmen und den Kaufpreis nicht bezahlen wollte. Im Ergebnis steht daher dem Kläger gegen den Beklagten aus §§ 433, 281 I und II BGB ein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung dem Grunde nach zu.
4. Gemäß § 281 I und II BGB i. V. mit Ziffer V. 2. der Verkaufsbedingungen für neue Fahrzeuge kann der Kläger von dem Beklagten auch pauschalierten Schadensersatz in Höhe von 15 % des Kaufpreises … beanspruchen.
Die Regelung des pauschalen Schadensersatzes in Ziffer V. 2. der Verkaufsbedingungen für neue Fahrzeuge ist als Allgemeine Geschäftsbedingung wirksam und verstößt nicht gegen § 309 Nr. 5 BGB. Die Schadenspauschale von 15 % des Kaufpreises entspricht in dieser Höhe der Gewinnspanne des Kfz-Händlers bei Neuwagengeschäften (vgl. BGH, Urt. v. 16.06.1982 – VIII ZR 89/81, NJW 1982, 2316) . Insoweit entspricht die Pauschale dem nach den gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden des Klägers (§ 309 Nr. 5a BGB). Die Schadenspauschalierung in Ziffer V. 2. in den Verkaufsbedingungen … sieht für den Beklagten auch ausdrücklich die Möglichkeit vor, einen niedrigeren Schaden des Klägers darzutun und unter Beweis zu stellen. Insoweit entspricht die Regelung auch § 309 Nr. 5b BGB.
Den Eintritt eines niedrigeren Schadens hat jedoch der darlegungs- und beweispflichtige Beklagte bislang weder substanziiert behauptet noch unter Beweis gestellt …
Hinweis: Das OLG Bamberg hat den Beklagten mit Beschluss vom 14.09.2004 – 5 U 147/04 – darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, seine Berufung gegen das Urteil des LG Coburg mangels Aussicht auf Erfolg zurückzuweisen (§ 522 II ZPO). In dem Hinweisbeschluss heißt es unter anderem:
„Mit Recht geht das Landgericht davon aus, dass zwischen den Parteien ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen ist, sodass der dessen Erfüllung verweigernde Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet ist. Zutreffend stützt es diese Folgerung auf die vorgelegten Urkunden (Angebot des Beklagten, Annahmeerklärung des Klägers) sowie die Aussage des Zeugen B.
Insbesondere stand dieser Vertrag auch nicht – wie die Berufung meint – unter der aufschiebenden Bedingung des Abschlusses eines Leasingvertrags. Das Gegenteil ist der Fall. Entsprechend der Bedingung auf Seite 3 der Bestellung vom 08.12.2003 war der Kaufvertrag auflösend bedingt durch den Fall, dass ein solcher Leasingvertrag über das gekaufte Fahrzeug abgeschlossen wird. Nur in diesem Sinne ist auch der Vermerk ‚Leasingfahrzeug‘ in der später übersandten Auftragsbestätigung zu verstehen. Das Landgericht hat sich daher inhaltlich zu Recht auf die zitierte BGH-Entscheidung vom 09.05.1990 (NJW-RR 1990, 1009) berufen. Vorliegend haben die Parteien den Wegfall ihrer kaufvertraglichen Verpflichtung ausdrücklich vom Zustandekommen eines Leasingvertrags abhängig gemacht, sodass auch die in der zitierten Entscheidung unter 3b angesprochene naheliegende Überlegung, ob nicht der Kaufvertrag in seinem Bestand durch das Nichtzustandekommen eines Leasingvertrags auflösend bedingt sein sollte, nicht greift. Da – aus welchen Gründen auch immer (der Beklagte schweigt sich hierüber aus) – der diskutierte Leasingvertrag … nicht zustande kam, ist die vorgesehene auflösende Bedingung auch nicht eingetreten.
Die Berufung kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Entscheidung des OLG Schleswig vom 25.02.1998 – 12 U 11/97, MDR 1998, 892 (893) – berufen. Anders als in jenem Fall hat nämlich vorliegend das Landgericht gerade nicht festgestellt, dass der Kaufpreis für das Fahrzeug auf jeden Fall finanziert werden sollte. Es hat seiner Entscheidung vielmehr die Aussage des Zeugen B … zugrunde gelegt, wonach der Beklagte am 08.12.2003, dem Tag der Unterzeichnung der Bestellung ‚als der Erwerber des Fahrzeugs aufgetreten (sei), der die Bestellung unabhängig von dem Zustandekommen eines Leasingvertrags oder irgendeiner anderen Finanzierungsart erklärt habe‘. Damit fehlt aber gerade die vom OLG Schleswig für die von ihm vertretene analoge Anwendung des § 9 VerbrKrG geforderte Voraussetzung, nämlich ‚dass die von den Parteien bei Vertragsschluss beabsichtigte Finanzierung scheitert, die – wenn sie zustande gekommen wäre – das verbundene Rechtsgeschäft als ein solches i. S. des § 9 VerbrKrG abgestempelt hätte‘. Die Behauptung des Beklagten, wonach praktisch der Kaufvertrag mit einem positiven Entscheid über ‚irgendeine‘ Finanzierung habe stehen oder fallen sollen, findet jedoch in den Feststellungen des Landgerichts keine Stütze. Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass auch die Berufungsbegründung nur von einer ‚Finanzierungsvariante‘ spricht, die noch dazu ‚zwischen den Parteien angedacht‘ gewesen sein soll. Der Kaufvertrag und ein seitens des Beklagten möglicherweise tatsächlich ins Auge gefasstes Finanzierungsgeschäft stellten daher zumindest keine wirtschaftliche Einheit dar, sodass es an einem ‚verbundenen Geschäft‘ i. S. des § 9 VerbrKrG bzw. des § 358 III BGB n.F. fehlte. Die Beschaffung einer evtl. nötigen Finanzierung war nach den vorliegenden Vereinbarungen einzig und allein Sache des Beklagten (vgl. § 358 III 2 BGB n.F.). Ein diesbezügliches Scheitern berechtigte ihn auch aus verbraucherschutzrechtlichen Gründen nicht zum widerruf seines Kaufangebots …