Zu den Aus­wir­kun­gen der rechts­kräf­ti­gen Ab­wei­sung ei­ner Kla­ge, die auf Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­trags we­gen ei­nes Man­gels der Kauf­sa­che ge­rich­tet war, auf ei­ne die­ses Be­geh­ren wei­ter­ver­fol­gen­de, neue Kla­ge, die dar­auf ge­stützt wird, dass der Ver­käu­fer den Man­gel bei Ab­schluss des Ver­trags arg­lis­tig ver­schwie­gen und der Käu­fer den Ver­trag des­halb – nach Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung des Vor­pro­zes­ses – an­ge­foch­ten ha­be (Fort­füh­rung von BGH, Urt. v. 01.06.1964 – VII ZR 16/63, BGHZ 42, 37; Urt. v. 25.02.1985 – VI­II ZR 116/84, BGHZ 94, 29).

BGH, Ur­teil vom 19.11.2003 – VI­II ZR 60/03

Die­se Ent­schei­dung ist zum „al­ten“ Schuld­recht er­gan­gen und kann nicht oh­ne Wei­te­res auf das seit dem 01.01.2002 gel­ten­de Recht über­tra­gen wer­den. Ins­be­son­de­re ist an die Stel­le der Wan­de­lung der Rück­tritt vom Kauf­ver­trag ge­tre­ten.

Sach­ver­halt: Der Klä­ger kauf­te von der Be­klag­ten am 14.09.1998 ei­nen ge­brauch­ten Pkw zum Preis von 12.500 DM. Der schrift­li­che Kauf­ver­trag ent­hielt die be­son­de­re Ver­ein­ba­rung „Fahr­zeug ist un­fall­frei“. Den Kauf­preis fi­nan­zier­te der Klä­ger, in­dem er sich von der B-Bank ein Dar­le­hen ge­wäh­ren ließ.

Im Mai 1999 er­fuhr der Klä­ger, dass das Fahr­zeug vor Ab­schluss des Kauf­ver­trags ei­nen Un­fall­scha­den er­lit­ten hat­te. Er be­gehr­te die Wan­de­lung des Kauf­ver­trags und er­hob Kla­ge auf Rück­zah­lung ei­nes Teils des Kauf­prei­ses in Hö­he der bis da­hin an die B-Bank ge­leis­te­ten Dar­le­hens­ra­ten und auf Er­stat­tung wert­er­hö­hen­der Ver­wen­dun­gen. Un­ter Be­rück­sich­ti­gung ei­nes Ab­zugs für er­lang­te Nut­zungs­vor­tei­le be­an­trag­te der Klä­ger die Ver­ur­tei­lung der Be­klag­ten zur Zah­lung von 2.097,94 DM nebst Zin­sen, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs an die Be­klag­te, so­wie die Fest­stel­lung, dass die Be­klag­te seit dem 16.06.1999 in An­nah­me­ver­zug sei. Das Amts­ge­richt wies die Kla­ge durch Ur­teil vom 20.06.2000 mit der Be­grün­dung ab, der gel­tend ge­mach­te An­spruch sei als kauf­recht­li­cher Ge­währ­leis­tungs­an­spruch auf Voll­zug der Wan­de­lung we­gen der hier­für gel­ten­den Frist von sechs Mo­na­ten ver­jährt. Die län­ge­re Ver­jäh­rungs­frist für An­sprü­che aus be­reits voll­zo­ge­ner Wan­de­lung grei­fe nicht ein, weil der Klä­ger sei­ne Be­haup­tung, die Be­klag­te ha­be sich vor­pro­zes­su­al mit ei­ner Wan­de­lung ein­ver­stan­den er­klärt, nicht be­wie­sen ha­be. Be­ru­fung ge­gen die­ses Ur­teil leg­te der Klä­ger nicht ein; das Ur­teil wur­de am 03.10.2000 rechts­kräf­tig.

Da­nach focht der Klä­ger den Kauf­ver­trag we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung mit der Be­grün­dung an, er ha­be im Ok­to­ber 2000 von dem Vor­be­sit­zer Z er­fah­ren, dass die Be­klag­te Kennt­nis von dem Un­fall­scha­den ge­habt ha­be. Mit sei­ner er­neu­ten Kla­ge be­gehr­te der Klä­ger wie­der­um die Zah­lung von 2.097,94 DM, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs, so­wie die Fest­stel­lung, dass die Be­klag­te – nun­mehr seit dem 12.01.2001 – in An­nah­me­ver­zug sei. Au­ßer­dem ver­lang­te der Klä­ger die Er­stat­tung ei­ner für die Zeit von Sep­tem­ber 2000 bis Mai 2002 auf­ge­wand­ten Ga­ra­gen­mie­te in Hö­he von 2.100 DM nebst Zin­sen.

Das Amts­ge­richt hat die Be­klag­te zur Zah­lung von 1.717,55 € (= 3.359,24 DM) nebst Zin­sen, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs an sie, ver­ur­teilt und dem Fest­stel­lungs­an­trag ent­spro­chen; we­gen des wei­ter­ge­hen­den Zah­lungs­an­trags hat es die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten hat das Land­ge­richt das an­ge­foch­te­ne Ur­teil ab­ge­än­dert und die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Mit sei­ner Re­vi­si­on be­gehr­te der Klä­ger die Wie­der­her­stel­lung des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils. Das Rechts­mit­tel hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: I. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat aus­ge­führt:

Dem Kla­ge­be­geh­ren ste­he die ma­te­ri­el­le Rechts­kraft des Ur­teils des Amts­ge­richts vom 20.06.2000 ent­ge­gen. Der Streit­ge­gen­stand des neu­en Rechts­streits sei mit dem des Vor­pro­zes­ses iden­tisch. Der Tat­be­stand der arg­lis­ti­gen Täu­schung des Klä­gers durch die Be­klag­te ha­be – ob­jek­tiv – be­reits wäh­rend des Vor­pro­zes­ses vor­ge­le­gen. Mit der Aus­übung ei­nes hier­auf ge­stütz­ten An­fech­tungs­rechts sei der Klä­ger auf­grund der Rechts­kraft des Ur­teils im Vor­pro­zess präk­lu­diert. Dies gel­te un­ab­hän­gig da­von, ob der Klä­ger im Vor­pro­zess sub­jek­tiv be­reits da­zu in der La­ge ge­we­sen sei, die Rechts­la­ge durch ei­ne An­fech­tung des Kauf­ver­trags we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung zu sei­nen Guns­ten zu ge­stal­ten.

II. Die Aus­füh­run­gen des Be­ru­fungs­ge­richts hal­ten recht­li­cher Nach­prü­fung im Er­geb­nis stand, so­dass die Re­vi­si­on zu­rück­zu­wei­sen ist.

1. Zu­tref­fend hat das Be­ru­fungs­ge­richt an­ge­nom­men, dass der Zu­läs­sig­keit der Kla­ge die ma­te­ri­el­le Rechts­kraft (§ 322 I ZPO) des im Vor­pro­zess er­gan­ge­nen Ur­teils des Amts­ge­richts vom 20.06.2002 in­so­weit ent­ge­gen­steht, als der Klä­ger im vor­lie­gen­den Rechts­streit er­neut Rück­zah­lung ei­nes Teils des Kauf­prei­ses in Hö­he der an die B-Bank ge­leis­te­ten Kre­dit­ra­ten Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs so­wie Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs der Be­klag­ten be­gehrt.

Nach der stän­di­gen Recht­spre­chung des BGH ver­bie­tet die ma­te­ri­el­le Rechts­kraft ei­ner ge­richt­li­chen Ent­schei­dung – als ne­ga­ti­ve Pro­zess­vor­aus­set­zung – ei­ne neue Ver­hand­lung über den­sel­ben Streit­ge­gen­stand (ne bis in idem; BGH, Urt. v. 18.01.1985 – V ZR 233/83, BGHZ 93, 287, 289 m. w. Nachw.). Un­zu­läs­sig ist des­halb ei­ne er­neu­te Kla­ge, de­ren Streit­ge­gen­stand mit dem ei­nes rechts­kräf­tig ent­schie­de­nen Rechts­streits iden­tisch ist (BGH, Urt. v. 17.03.1995 – V ZR 178/93, NJW 1995, 1757 un­ter II 1 a; Zöl­ler/​Voll­kom­mer, ZPO, 24. Aufl., vor § 322 Rn. 19 m. w. Nachw.). Streit­ge­gen­stand ei­nes Rechts­streits ist nicht ein be­stimm­ter ma­te­ri­ell-recht­li­cher An­spruch, son­dern der als Rechts­schutz­be­geh­ren oder Rechts­fol­gen­be­haup­tung ver­stan­de­ne ei­gen­stän­di­ge pro­zes­sua­le An­spruch, der durch den Kla­ge­an­trag (Rechts­fol­ge) und den Le­bens­sach­ver­halt (Kla­ge­grund), aus dem der Klä­ger die be­gehr­te Rechts­fol­ge her­lei­tet, be­stimmt wird (st. Rspr.; BGH, Urt. v. 19.12.1991 – IX ZR 96/91, BGHZ 117, 1, 5 m. w. Nachw.).

a) Im vor­lie­gen­den Fall ist der Streit­ge­gen­stand – das Rechts­schutz­be­geh­ren des Klä­gers – mit dem des Vor­pro­zes­ses in­so­weit iden­tisch, als der Klä­ger wie­der­um Teil­rück­zah­lung des Kauf­prei­ses Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs be­gehrt. In bei­den Rechts­strei­tig­kei­ten lei­tet der Klä­ger die­se Rechts­fol­ge aus ein und dem­sel­ben Sach­ver­halt her. Wie im Vor­pro­zess stützt der Klä­ger den gel­tend ge­mach­ten An­spruch auf Rück­ab­wi­ckung des Kauf­ver­trags dar­auf, dass das Fahr­zeug ent­ge­gen der im Kauf­ver­trag von der Be­klag­ten aus­drück­lich zu­ge­si­cher­ten Un­fall­frei­heit ei­nen Un­fall­scha­den er­lit­ten hat­te.

Auf­grund der Rechts­kraft des kla­ge­ab­wei­sen­den Ur­teils im Vor­pro­zess steht je­doch fest, dass die vom Klä­ger be­gehr­te Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses un­ter kei­nem denk­ba­ren recht­li­chen Ge­sichts­punkt aus der wahr­heits­wid­ri­gen Zu­si­che­rung der Un­fall­frei­heit durch die Be­klag­te her­ge­lei­tet wer­den kann. Die auf die­sen Le­bens­sach­ver­halt er­neut ge­stütz­te Kla­ge auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags ist des­halb un­zu­läs­sig, selbst wenn im Vor­pro­zess nicht al­le da­für er­heb­li­chen Tat­sa­chen und in Be­tracht kom­men­den An­spruchs­grund­la­gen vor­ge­tra­gen und ge­prüft wor­den wa­ren.

aa) Die Re­vi­si­on meint, der Streit­ge­gen­stand sei im vor­lie­gen­den Rechts­streit mit dem des Vor­pro­zes­ses des­halb nicht iden­tisch, weil dem Klä­ger erst kurz nach Ein­tritt der Rechts­kraft des Ur­teils vom 20.06.2000 be­kannt ge­wor­den sei, dass die Be­klag­te den Un­fall­scha­den des Fahr­zeugs bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags arg­lis­tig ver­schwie­gen ha­be; des­halb ha­be der Klä­ger die­se Tat­sa­che im Vor­pro­zess noch nicht vor­tra­gen und dar­aus kei­nen An­spruch her­lei­ten kön­nen. Die­ses Vor­brin­gen ver­mag der Re­vi­si­on nicht zum Er­folg zu ver­hel­fen.

Der Streit­ge­gen­stand wird durch den ge­sam­ten his­to­ri­schen Le­bens­vor­gang be­stimmt, auf den sich das Rechts­schutz­be­geh­ren des Klä­gers be­zieht, un­ab­hän­gig da­von, ob ein­zel­ne Tat­sa­chen die­ses Le­bens­sach­ver­halts von den Par­tei­en vor­ge­tra­gen wor­den sind oder nicht (st. Rspr.; BGH, Urt. v. 15.10.1986 – IVb ZR 78/85, BGHZ 98, 353, 358 f.; Urt. v. 07.07.1993 – VI­II ZR 103/92, BGHZ 123, 137, 141; Urt. v. 17.03.1995 – V ZR 178/93, NJW 1995, 1757 un­ter II 1 b), und auch un­ab­hän­gig da­von, ob die Par­tei­en die im Vor­pro­zess nicht vor­ge­tra­ge­nen Tat­sa­chen des Le­bens­vor­gangs da­mals be­reits kann­ten und hät­ten vor­tra­gen kön­nen (eben­so Münch­Komm-ZPO/​Gott­wald, 2. Aufl., § 322 Rn. 133; Lei­pold, in: Stein/​Jo­nas, ZPO, 21. Aufl., § 322 Rn. 234; Zöl­ler/​Voll­kom­mer, a. a. O., vor § 322 Rn. 64; vgl. auch BGH, Urt. v. 24.06.1993 – III ZR 43/92, NJW 1993, 3204 un­ter II 1 zur spä­ter er­lang­ten Kennt­nis des tat­säch­li­chen Zeit­punkts ei­ner schä­di­gen­den Hand­lung). In­fol­ge­des­sen ge­hört zur Rechts­kraft­wir­kung nicht nur die Präk­lu­si­on der im ers­ten Pro­zess vor­ge­tra­ge­nen Tat­sa­chen, son­dern auch die der nicht vor­ge­tra­ge­nen Tat­sa­chen, so­fern die­se nicht erst nach Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung im ers­ten Pro­zess ent­stan­den sind, son­dern bei na­tür­li­cher An­schau­ung zu dem im Vor­pro­zess vor­ge­tra­ge­nen Le­bens­sach­ver­halt ge­hö­ren (st. Rspr.; BGH, Urt. v. 15.10.1986 – IVb ZR 78/85, BGHZ 98, 353, 358; Urt. v. 07.07.1993 – VI­II ZR 103/92, BGHZ 123, 137, 141; Urt. v. 17.03.1995 – V ZR 178/93, NJW 1995, 1757 un­ter II 1 b; zu­letzt BGH, Urt. v. 24.09.2003 – XII ZR 70/02, NJW 2004, 294 un­ter 2 c).

Die nach dem neu­en Vor­trag des Klä­gers von der Be­klag­ten be­gan­ge­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung über den Un­fall­scha­den ist kei­ne Tat­sa­che, die erst nach Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung im Vor­pro­zess ent­stan­den ist. Die arg­lis­ti­ge Täu­schung soll bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags be­gan­gen wor­den sein, ist al­so ei­ne Tat­sa­che, die wäh­rend des Vor­pro­zes­ses be­reits vor­ge­le­gen ha­ben soll. Sie ge­hör­te bei na­tür­li­cher An­schau­ung zu dem im Vor­pro­zess vor­ge­tra­ge­nen Le­bens­vor­gang. Denn sie stand in en­gem tat­säch­li­chen und recht­li­chen Zu­sam­men­hang mit der vom Klä­ger be­gehr­ten Wan­de­lung we­gen des Un­fall­scha­dens. Wä­re die arg­lis­ti­ge Täu­schung dar­über da­mals be­reits be­haup­tet und be­wie­sen wor­den, dann hät­te die Wan­de­lungs­kla­ge vom Amts­ge­richt nicht we­gen Ver­jäh­rung ab­ge­wie­sen wer­den kön­nen (§ 477 BGB in der ge­mäß Art. 229 § 5 EGBGB am 31.12.2001 gel­ten­den Fas­sung, im fol­gen­den: a.F.).

bb) Ein an­de­rer Streit­ge­gen­stand ist auch nicht da­durch ge­schaf­fen wor­den, dass der Klä­ger den Kauf­ver­trag erst nach rechts­kräf­ti­gem Ab­schluss des Vor­pro­zes­ses we­gen der be­haup­te­ten arg­lis­ti­gen Täu­schung an­ge­foch­ten hat. Die Aus­übung die­ses Ge­stal­tungs­rechts ist kei­ne neue Tat­sa­che für das Rechts­schutz­be­geh­ren des Klä­gers, aus der sich ein ge­gen­über dem Vor­pro­zess ver­än­der­ter Streit­ge­gen­stand er­gä­be.

Die stän­di­ge Recht­spre­chung des BGH stellt für die zeit­li­chen Gren­zen der ma­te­ri­el­len Rechts­kraft bei Ge­stal­tungs­rech­ten nicht auf de­ren Aus­übung, son­dern – oh­ne Rück­sicht auf die Kennt­nis des Be­rech­tig­ten – auf den Zeit­punkt ih­res Ent­ste­hens und die ob­jek­ti­ve Be­fug­nis zu ih­rer Aus­übung ab (BGH, Urt. v. 25.02.1985 – VI­II ZR 116/84, BGHZ 94, 29, 34 m. w. Nachw.). Dies gilt nicht nur für die Auf­rech­nung, son­dern auch für ei­ne An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung (BGH, Urt. v. 01.06.1964 – VII ZR 16/63, BGHZ 42, 37, 42; Urt. v. 25.02.1985 – VI­II ZR 116/84, BGHZ 94, 29, 34; Urt. v. 16.10.1995 – II ZR 298/94, BGHZ 131, 82, 88). Die­se Recht­spre­chung ist zu der Präk­lu­si­ons­vor­schrift des § 767 II ZPO ent­wi­ckelt wor­den und be­stimmt da­mit zu­gleich die Gren­zen der ma­te­ri­el­len Rechts­kraft als ne­ga­ti­ve Pro­zess­vor­aus­set­zung für ei­ne neue Kla­ge. Denn die Vor­schrift des § 767 II ZPO ent­hält ei­ne über die Voll­stre­ckungs­ge­gen­kla­ge hin­aus­rei­chen­de ge­setz­li­che Re­ge­lung über den Ver­lauf der (zeit­li­chen) Gren­zen der ma­te­ri­el­len Rechts­kraft (Lei­pold, in: Stein/​Jo­nas, a. a. O, § 322 Rn. 236; Mu­sielak/​Mu­sielak, ZPO, 3. Aufl., § 322 Rn. 28; Zöl­ler/​Voll­kom­mer, a. a. O., vor § 322 Rn. 65). Die Präk­lu­si­on von Ein­wen­dun­gen der un­ter­le­ge­nen Par­tei bei der Voll­stre­ckungs­ge­gen­kla­ge be­zweckt, ei­nen Ein­griff in die ma­te­ri­el­le Rechts­kraft des im Vor­pro­zess er­gan­ge­nen Ur­teils nicht zu­zu­las­sen (BGH, Urt. v. 16.10.1995 – II ZR 298/94, BGHZ 131, 82, 83). Den glei­chen Zweck ver­folgt das Ver­bot des ne bis in idem für ei­ne neue Kla­ge. Ei­ne nach Schluss der letz­ten münd­li­chen Ver­hand­lung des Vor­pro­zes­ses er­klär­te An­fech­tung, die sich auf ei­nen im Zeit­punkt der letz­ten münd­li­chen Ver­hand­lung ob­jek­tiv be­reits vor­han­de­nen An­fech­tungs­grund stützt, ist des­halb nicht nur ei­ne nach § 767 II ZPO un­zu­läs­si­ge Ein­wen­dung (BGH, Urt. v. 25.02.1985 – VI­II ZR 116/84, BGHZ 94, 29, 34 m. w. Nachw.), son­dern stellt aus dem glei­chen sach­li­chen Grund auch kei­ne neue Tat­sa­che dar, die es recht­fer­ti­gen wür­de, die sich aus der An­fech­tung er­ge­ben­den Rechts­fol­gen zum Ge­gen­stand ei­ner neu­en Kla­ge zu ma­chen (eben­so Zöl­ler/​Voll­kom­mer, a. a. O., vor § 322 Rn. 66; a. A.: Münch­Komm-ZPO/​Gott­wald, a. a. O., § 322 Rn. 155 m. w. Nachw.).

Die Aus­übung des An­fech­tungs­rechts durch den Klä­ger führ­te so­mit le­dig­lich zu ei­ner Än­de­rung der ma­te­ri­ell-recht­li­chen An­spruchs­grund­la­ge für die vom Klä­ger be­gehr­te Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags, in­dem die Vor­schrif­ten über die Leis­tungs­kon­dik­ti­on (§§ 812 ff. BGB) die Re­ge­lun­gen des ver­trag­li­chen Ge­währ­leis­tungs­rechts (§§ 459 ff. BGB a.F.) ver­dräng­ten. Dar­in liegt kei­ne Än­de­rung des Streit­ge­gen­stands. Denn vom Streit­ge­gen­stand er­fasst wer­den al­le ma­te­ri­ell-recht­li­chen An­sprü­che, die sich im Rah­men des ge­stell­ten An­trags aus dem dem Ge­richt zur Ent­schei­dung vor­ge­tra­ge­nen Le­bens­sach­ver­halt her­lei­ten las­sen; auf die recht­li­che Be­grün­dung des Klä­gers kommt es nicht an (BGH, Urt. v. 18.07.2000 – X ZR 62/98, NJW 2000, 3492 un­ter II 1 a; vgl. auch BGH, Urt. v. 14.05.2002 – X ZR 144/00, GRUR 2002, 787 un­ter I 1).

b) Aus dem Vor­ste­hen­den folgt, dass die Kla­ge hin­sicht­lich des Fest­stel­lungs­an­trags eben­falls un­zu­läs­sig ist. Auch in­so­weit ver­folgt der Klä­ger den­sel­ben pro­zes­sua­len An­spruch wie im Vor­pro­zess. Un­er­heb­lich ist, dass sich die Fest­stel­lungs­an­trä­ge hin­sicht­lich des Zeit­punkts für den Be­ginn des fest­zu­stel­len­den An­nah­me­ver­zugs der Be­klag­ten un­ter­schei­den. In­dem der Klä­ger im vor­lie­gen­den Rechts­streit die Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs der Be­klag­ten nur noch für die Zeit ab dem 12.01.2001 – statt dem 16.06.1999 – be­gehrt, schränkt er sein Rechts­schutz­be­geh­ren ge­gen­über dem Vor­pro­zess nur zeit­lich ein, oh­ne da­mit den Streit­ge­gen­stand ge­gen­über dem des Vor­pro­zes­ses sach­lich zu än­dern. Wei­ter­hin be­gehrt der Klä­ger die Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs der Be­klag­ten auf­grund ei­nes An­spruchs auf Rück­ab­wick­lung des Ver­trags we­gen der wahr­heits­wid­ri­gen Zu­si­che­rung der Un­fall­frei­heit im Hin­blick auf ein und den­sel­ben Un­fall­scha­den.

Der neue Vor­trag des Klä­gers, dass die Be­klag­te den Un­fall­scha­den arg­lis­tig ver­schwie­gen und ei­ne Rück­nah­me des Fahr­zeugs nach der An­fech­tung des Ver­trags er­neut ver­wei­gert ha­be, ver­mag – aus den oben dar­ge­leg­ten Grün­den – ei­ne Zu­läs­sig­keit der noch­ma­li­gen Fest­stel­lungs­kla­ge eben­so we­nig zu be­grün­den wie ei­ne Zu­läs­sig­keit der auf Rück­ab­wick­lung des Ver­trags ge­rich­te­ten noch­ma­li­gen Leis­tungs­kla­ge. Denn die arg­lis­ti­ge Täu­schung des Klä­gers, aus wel­cher er den Rück­ab­wick­lungs­an­spruch und da­mit auch den An­nah­me­ver­zug der Be­klag­ten her­lei­tet, ge­hör­te – wie dar­ge­legt – be­reits zum Streit­ge­gen­stand des Vor­pro­zes­ses, auch wenn sie dort nicht vor­ge­tra­gen und dem Klä­ger noch nicht be­kannt war. Die erst nach Ab­schluss des Vor­pro­zes­ses er­klär­te An­fech­tung we­gen die­ser arg­lis­ti­gen Täu­schung än­dert dar­an nichts, weil es für die Präk­lu­si­ons­wir­kung der Rechts­kraft auf den Zeit­punkt der Ent­ste­hung und nicht der Aus­übung des Ge­stal­tungs­rechts an­kommt.

2. Mit Be­zug auf den vom Klä­ger im vor­lie­gen­den Rechts­streit erst­mals gel­tend ge­mach­ten An­spruch auf Er­satz von Auf­wen­dun­gen für Ga­ra­gen­mie­te, den er dar­aus her­lei­tet, dass sich die Be­klag­te hin­sicht­lich der Rück­nah­me des Fahr­zeugs im An­nah­me­ver­zug be­fin­de (§ 304 BGB a.F.), ist die Kla­ge je­doch, an­ders als das Be­ru­fungs­ge­richt an­ge­nom­men hat, nicht un­zu­läs­sig, son­dern – wie der Se­nat selbst ent­schei­den kann (§ 563 III ZPO) – un­be­grün­det. Die Rechts­kraft des kla­ge­ab­wei­sen­den Ur­teils im Vor­pro­zess steht der Zu­läs­sig­keit der vor­lie­gen­den Kla­ge hin­sicht­lich die­ses An­spruchs nicht ent­ge­gen, weil der Klä­ger im Vor­pro­zess nur Rück­ab­wick­lung des Ver­trags so­wie Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs der Be­klag­ten be­gehrt, nicht aber ei­nen dar­aus ab­ge­lei­te­ten Auf­wen­dungs­er­satz­an­spruch gel­tend ge­macht hat. Folg­lich hat­te das Amts­ge­richt im Vor­pro­zess über die­ses – neue – Rechts­schutz­be­geh­ren des Klä­gers noch nicht ent­schie­den. In­so­weit hat der vor­lie­gen­de Rechts­streit ei­nen an­de­ren Streit­ge­gen­stand als der Vor­pro­zess.

Die Kla­ge auf Er­stat­tung von Ga­ra­gen­mie­te ist je­doch auf­grund der Rechts­kraft des Ur­teils im Vor­pro­zess un­be­grün­det. Wenn ei­ne im Vor­pro­zess ent­schie­de­ne Rechts­fra­ge Vor­fra­ge für die Ent­schei­dung des nach­fol­gen­den Rechts­streits ist, so be­steht die Rechts­kraft­wir­kung in ei­ner Bin­dung des Ge­richts im nach­fol­gen­den Rechts­streit an die Ent­schei­dung im Vor­pro­zess (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 17.03.1995 – V ZR 178/93, NJW 1995, 1757 un­ter II 1 a). Ei­ne sol­che Bin­dungs­wir­kung be­steht auch im vor­lie­gen­den Fall. Ein An­nah­me­ver­zug der Be­klag­ten hin­sicht­lich der vom Klä­ger an­ge­bo­te­nen Rück­ga­be des Fahr­zeugs ist Tat­be­stands­vor­aus­set­zung – Vor­fra­ge – für den vom Klä­ger gel­tend ge­mach­ten An­spruch aus § 304 BGB a.F. Nach­dem im Vor­pro­zess die Kla­ge auf Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs der Be­klag­ten im Zu­sam­men­hang mit der vom Klä­ger be­gehr­ten Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags we­gen der wahr­heits­wid­ri­gen Zu­si­che­rung der Un­fall­frei­heit rechts­kräf­tig ab­ge­wie­sen wor­den ist, steht für den vor­lie­gen­den Rechts­streit fest, dass die Be­klag­te im Hin­blick auf die­sen Le­bens­sach­ver­halt nicht in An­nah­me­ver­zug ge­ra­ten ist. Da­mit fehlt es an ei­ner Tat­be­stands­vor­aus­set­zung für den vom Klä­ger aus dem glei­chen Le­bens­sach­ver­halt her­ge­lei­te­ten An­spruch aus § 304 BGB a.F. auf Er­satz von Auf­wen­dun­gen für die An­mie­tung ei­ner Ga­ra­ge. An­de­re An­spruchs­grund­la­gen kom­men nicht in Be­tracht und wer­den auch vom Klä­ger nicht her­an­ge­zo­gen.

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