Zur Frage, wann die Verjährung der kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche durch Nachbesserungsarbeiten, die der Verkäufer auf Verlangen des Käufers an der als mangelhaft beanstandeten Sache vornimmt, entsprechend § 639 II BGB gehemmt und wann sie nach § 208 BGB unterbrochen wird.
BGH, Urteil vom 02.06.1999 – VIII ZR 322/98
Diese Entscheidung ist zum „alten“ Schuldrecht und vor Inkrafttreten der ZPO-Reform 2002 ergangen. Sie kann nicht ohne Weiteres auf das seit dem 01.01.2002 geltende Recht übertragen werden (so ist z. B. an die Stelle der Wandelung der Rücktritt vom Kaufvertrag getreten). Die genannten Vorschriften existieren heute möglicherweise nicht mehr oder haben einen anderen Inhalt.
Sachverhalt: Der Kläger erwarb von der Beklagten einen Holzhäcksler. Der Preis betrug nach seinen Angaben 150.000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer; er wurde zum Teil – in Höhe von 138.000 DM – über einen Leasingvertrag des Klägers mit der F-Kredit- und Leasingbank AG (künftig: Leasinggeberin) finanziert. Die Maschine wurde dem Kläger am 19.02.1996 geliefert.
Der Kläger verlangt die Wandelung des Vertrages über den Erwerb des Häckslers und hat dazu behauptet:
Alsbald nach Lieferung seien mehrere Mängel aufgetreten, die zu einer Reihe von letztlich erfolglos gebliebenen Nachbesserungsversuchen durch die Beklagte und die von ihr eingeschaltete Herstellerin des Häckslers (K) geführt hätten. Nach einer ersten Besprechung am 08.03.1996 habe die Beklagte zunächst Nachbesserungsversuche vom 13.03. bis zum 25.03.1996 und erneut ab dem 25.03.1996 für einige Tage unternommen; am 17.04.1996 sei die „Inmontage“ der Maschine erfolgt. Wegen erneut aufgetretener Mängel habe am 12.08.1996 eine Besprechung stattgefunden; am 19.08.1996 habe er – der Kläger – weitere Mängel gerügt. Nach Probeläufen in der Zeit vom 18.09. bis zum 20.09.1996 habe am 09.10.1996 wiederum eine Besprechung stattgefunden, als deren Folge die Herstellerin K das Gerät für weitere Nachbesserungen abgeholt habe; diese Nachbesserungen hätten sich auf den Zeitraum bis 31.10.1996 erstreckt. Anschließend sei eine neue Gewährleistungsfrist von sechs Monaten ab dem 31.10.1996 vereinbart worden. Nach einer – wiederholten – Kontrolle des Geräts durch die zwischenzeitlich eingeschaltete zuständige Berufsgenossenschaft im November 1996 habe K im Januar 1997 einen erneuten Nachbesserungsversuch unternommen, der aber wiederum ohne Erfolg geblieben sei. Daraufhin habe er, der Kläger, das Gerät weggestellt und nicht mehr benutzt.
Mit einem am 03.06.1997 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz, welcher der Beklagten am 27.06.1997 zugestellt wurde, hat der Kläger Klage erhoben. Er begehrt, die Beklagte zu verurteilen, an die Leasinggeberin 138.000 DM Zug um Zug gegen Rückgabe des Häckslers zu zahlen, sowie festzustellen, dass die Beklagte sich mit der Rücknahme des Häckslers im Annahmeverzug befinde.
Das Landgericht hat die Rechtsbeziehungen der Parteien nach Kaufrecht beurteilt und die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Gewährleistungsansprüche des Klägers seien verjährt. Die angeblichen Nachbesserungsversuche seitens der Beklagten und K hätten den Lauf der Verjährungsfrist entsprechend § 639 II BGB allenfalls gehemmt. Trotz dieser Hemmung und selbst dann, wenn eine neue Gewährleistungsfrist ab dem 31.10.1996 vereinbart worden sein sollte, wäre die sechsmonatige Verjährungsfrist nach § 477 I BGB bei Klageerhebung bereits abgelaufen gewesen.
Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt und ergänzend vorgetragen, er habe den Häcksler nicht aufgrund eines Kauf-, sondern eines Werklieferungsvertrages über eine nicht vertretbare Sache erworben, sodass nicht Kauf- sondern Werkvertragsrecht anzuwenden sei. Überdies habe ihm die Beklagte arglistig verschwiegen, dass der Holzhäcksler oder ein Muster der Serie nicht auf Einhaltung der gesetzlichen Sicherheits- und Unfallverhütungsvorschriften überprüft worden sei. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen.
Die Revision des Klägers, mit der er sein ursprüngliches Begehren weiterverfolgte, hatte Erfolg.
Aus den Gründen: I. Das Berufungsgericht hat das neue Vorbringen des Klägers im Berufungsrechtszug nach § 528 II ZPO nicht zugelassen. Es ist daher weiterhin davon ausgegangen, dass der Häcksler aufgrund eines Kaufvertrags geliefert wurde. Die Gewährleistungsansprüche des Klägers hat es, dem landgerichtlichen Urteil folgend, gemäß § 477 I BGB als verjährt angesehen.
II. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
1. Die Ansicht der Vorinstanz, da die neuen Behauptungen des Klägers zum Gegenstand des Vertrages verspätet seien, sei mit dem Landgericht davon auszugehen, dass die Rechtsbeziehungen zwischen der Beklagten und dem Kläger bzw. der Leasinggeberin kauf- und nicht werkvertraglicher Natur seien, wird von der Revision nicht angegriffen; sie lässt rechtliche Fehler auch nicht erkennen. Beide Vorinstanzen haben ihrer Entscheidung ferner stillschweigend zugrunde gelegt, dass der Kläger, entsprechend seiner Behauptung und wie bei Finanzierungsleasingverträgen auch allgemein üblich, aufgrund des Leasingvertrags zur Geltendmachung der kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche gegen die Beklagte im eigenen Namen ermächtigt ist; auch dies wird von der Revision mit Recht nicht beanstandet.
2. Jedoch beruht die Annahme des Berufungsgerichts, die Gewährleistungsansprüche seien gemäß § 477 I BGB verjährt, auf einer unvollständigen Würdigung des vom Kläger behaupteten und unter Beweis gestellten Sachverhalts. Beide Vorinstanzen haben die vom Kläger dargelegten wiederholten Nachbesserungsversuche durch die Beklagte und die Herstellerin, die Firma K, lediglich mit Blick auf eine etwaige Hemmung der Verjährungsfrist entsprechend § 639 II BGB gewürdigt (vgl. insoweit z. B. Senat, Urt. v. 08.02.1984 – VIII ZR 295/82, NJW 1984, 1525 = WM 1984, 479 [unter 2 a]; Urt. v. 20.11.1996 – VIII ZR 184/95, NJW 1997, 727 = WM 1997, 828 [unter II 3]). Dabei wurde, worauf die Revision zutreffend hinweist, übersehen, dass dieser Sachverhalt – dessen Richtigkeit im Revisionsrechtszug zu unterstellen ist – auch Anlass zu der Prüfung gab, ob hierin ein Anerkenntnis der Gewährleistungsansprüche seitens der Beklagten zu sehen ist, wodurch der Lauf der Verjährungsfrist hinsichtlich der gerügten Mängel nicht nur gehemmt, sondern gemäß § 208 BGB auch unterbrochen sein könnte (vgl. Senat, Urt. v. 08.07.1987 – VIII ZR 274/86, NJW 1988, 254 = WM 1987, 1200 [unter II 2 und 3]). Dabei ist zu beachten, dass die Verjährung eines Anspruchs sowohl nacheinander mehrmals gehemmt oder unterbrochen als auch gleichzeitig gehemmt und unterbrochen werden kann (BGH, Urt. v. 23.11.1989 – VII ZR 313/88, NJW 1990, 826 [unter 2 a]). Die Annahme eines Anerkenntnisses der Gewährleistungsansprüche der Beklagten wäre nicht von vornherein dadurch ausgeschlossen, dass – wozu allerdings nähere Feststellungen fehlen – Käuferin des Häckslers möglicherweise nicht der Kläger, sondern die Leasinggeberin war (vgl. Senat, Urt. v. 08.07.1987 – VIII ZR 274/86, NJW 1988, 254 = WM 1987, 1200 [unter II 2 b]). Auch der Umstand, dass die Nachbesserungsarbeiten teilweise nicht von der Beklagten selbst, sondern von der Herstellerin des Häckslers, der Firma K, durchgeführt wurden, steht der Annahme eines Anerkenntnisses der Beklagten nicht entgegen, denn die Firma K wurde dabei – wie unter den Parteien nicht streitig ist – im Auftrag der Beklagten für diese tätig.
Ob in der Vornahme von nicht nur unwesentlichen Nachbesserungsarbeiten ein Anerkenntnis der Gewährleistungspflicht des Verkäufers liegt, ist unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei, ob der Verkäufer aus der Sicht des Käufers nicht nur aus Kulanz oder zur gütlichen Beilegung eines Streits, sondern in dem Bewusstsein handelt, zur Nachbesserung verpflichtet zu sein. Erheblich sind hierbei vor allem der Umfang, die Dauer und die Kosten der Mängelbeseitigungsarbeiten.
Hiervon ausgehend, kann nach dem im Revisionsrechtszug zugrunde zu legenden Sachverhalt die Annahme eines Anerkenntnisses der Beklagten nicht ausgeschlossen werden. Die Beklagte und die Firma K haben mindestens vier Nachbesserungsversuche unternommen, die sich zum Teil über einen längeren Zeitraum erstreckten. Auch dass die Beklagte als Verkäuferin alsbald nach den Mängelrügen des Klägers die Firma K als Herstellerin des Häckslers einschaltete, welche dann, neben der Beklagten oder für diese, an den Besprechungsterminen teilnahm und weitere Nachbesserungsarbeiten durchführte, kann aus der Sicht des Klägers als Ausdruck eines Bewusstseins der Beklagten gewertet werden, zur Nachbesserung verpflichtet zu sein. Hierfür spricht weiter, dass die zuständige Gartenbau-Berufsgenossenschaft die Betriebssicherheit des Häckslers nach dessen Ablieferung wiederholt überprüft und in Schreiben an den Kläger vom 18.09. und 12.12.1996 zahlreiche Mängel gerügt hatte. Die bevorstehende Prüfung durch die Berufsgenossenschaft und deren Beanstandungen sollen auch Gegenstand der Besprechungen der Parteien vom 12.08. und 09.10.1996 gewesen sein. Daraufhin soll sich die Herstellerin, die Firma K, als Vertreterin der Beklagten mit Vertretern der Berufsgenossenschaft in Verbindung gesetzt und sich in mehreren Mitteilungen per Telefax an den Kläger vom 30.10., 06.11. und 08.11.1996 bereit erklärt haben, die von der Berufsgenossenschaft vorgebrachten Beanstandungen abzustellen. Der letzte Nachbesserungsversuch der Firma K im Januar 1997 soll erfolgt sein, nachdem der Kläger seinen Anwalt eingeschaltet und dieser die Beklagte mit Schreiben vom 09.01.1997 nachdrücklich mit Fristsetzung zur Mängelbeseitigung aufgefordert hatte.
All dies sind Indizien, die dahin gewertet werden können, dass die behaupteten wiederholten Nachbesserungsversuche Ausdruck des Bewusstseins der Beklagten waren, für die Mängel, die den betreffenden Mangelerscheinungen zugrunde lagen (vgl. BGH, Urt. v. 18.01.1990 – VII ZR 260/88, BGHZ 110, 99 [102]), Gewähr leisten zu müssen. Trifft dies auch für den letzten Nachbesserungsversuch zu, der nach der Behauptung des Klägers Ende Januar 1997 erfolgt ist, dann wäre als Folge eines zu dieser Zeit wiederholten Anerkenntnisses sowie der damit verbundenen erneuten Unterbrechung des Laufs der Verjährungsfrist der Wandelungsanspruch des Klägers bei Klageerhebung im Juni 1997 noch nicht verjährt gewesen.
3. Die Würdigung der vom Kläger vorgetragenen Nachbesserungsversuche der Beklagten und deren Begleitumstände unter dem Gesichtspunkt eines Anerkenntnisses der Gewährleistungsansprüche seitens der Beklagten ist in erster Linie Aufgabe des Tatrichters. Eine eigene Würdigung durch den Senat erscheint auch deswegen nicht sachgerecht, weil dieser Gesichtspunkt im Verlauf des Rechtsstreits ersichtlich noch keine Rolle gespielt hat und den Parteien Gelegenheit gegeben werden muss, hierzu Stellung zu nehmen und gegebenenfalls in tatsächlicher Hinsicht noch ergänzend vorzutragen.
III. Der Rechtsstreit ist daher unter Aufhebung des Berufungsurteils an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Diese wird, wenn sie nunmehr die Gewährleistungsansprüche als nicht verjährt ansieht, Feststellungen zu deren weiteren Voraussetzungen zu treffen haben. Sollte das Berufungsgericht dagegen erneut eine rechtzeitige Unterbrechung bzw. Hemmung der Verjährung verneinen, besteht Gelegenheit, sich mit dem Vorbringen des Klägers zur Vereinbarung einer erneuten Verjährungsfrist und mit den Ausführungen der Revision zum Inhalt dieser – angeblichen – Abrede zu befassen.