Der Käufer eines Neuwagens, der im Rahmen einer „Verschrottungsaktion“ sein Altfahrzeug in Zahlung gibt, kann, wenn nach Wandelung des Kaufvertrags die Rückgabe des Altfahrzeugs nicht mehr möglich ist, Schadenersatz nicht in Höhe der Verschrottungsprämie, sondern nur in Höhe des – geringeren – Verkehrswertes verlangen, den das Altfahrzeug zur Zeit des Wandelungsbegehrens hatte.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.04.1998 – 22 U 205/97
Diese Entscheidung ist zum „alten“ Schuldrecht und vor Inkrafttreten der ZPO-Reform 2002 ergangen. Sie kann nicht ohne Weiteres auf das seit dem 01.01.2002 geltende Recht übertragen werden (so ist z. B. an die Stelle der Wandelung der Rücktritt vom Kaufvertrag getreten). Die genannten Vorschriften existieren heute möglicherweise nicht mehr oder haben einen anderen Inhalt.
Sachverhalt: Der Kläger erwarb von der Beklagten auf der Grundlage einer verbindlichen Bestellung vom 24.07.1996 einen Neuwagen (Ford Escort) zum Preis von 25.680 DM. Im Rahmen einer „Verschrottungsaktion“ überließ er der Beklagten sein Altfahrzeug (Ford Fiesta), für das die Beklagte dem Kläger eine Verschrottungsprämie in Höhe von 5.580 DM gewährte. Diese Verschrottungsprämie wurde auf den Kaufpreis angerechnet.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 10.03.1997, das dem Rechtsanwalt der Beklagten einen Tag später zuging, verlangte der Kläger die Wandelung des Kaufvertrages. Nachdem der Kläger bereits Klage erhoben hatte, kam die Beklagte diesem Begehren teilweise nach, indem sie an den Kläger 1.9431,70 DM zahlte. In zweiter Instanz stritten die Parteien nur noch darüber, in welcher Höhe die Beklagte dem Kläger Schadensersatz leisten muss, weil sei ihm den Ford Fiesta nicht mehr zurückgeben kann.
Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass dem Kläger Schadensersatz nicht in Höhe der Verschrottungsprämie zustehe, sondern für die Berechnung des Anspruchs der – geringere – Verkehrswert, den das Altfahrzeug des Klägers am 11.03.1997 gehabt habe, maßgeblich sei.
Aus den Gründen: I. Die Klage ist, nachdem die Parteien bereits im ersten Rechtszug die Hauptsache in Höhe eines Teilbetrages der Klageforderung von 19.431,70 DM übereinstimmend für erledigt erklärt haben, in Höhe von 3.500 DM nebst den im Urteilsausspruch zuerkannten Zinsen begründet. Der Kläger kann, nachdem er den auf seine „Verbindliche Bestellung“ vom 24.07.1996 zustande gekommenen Kaufvertrag über einen Pkw der Marke Ford, Typ Escort, gewandelt hat, von der Beklagten als Ersatz für den in Zahlung gegebenen Gebrauchtwagen der Marke Ford Typ Fiesta, gemäß den §§ 467 Satz 1, 347 Satz 1, 989 BGB nur den Zeitwert ersetzt verlangen, den das Fahrzeug hatte, als er am 11.03.1997 erstmals das Wandlungsbegehren geltend machte. Die diesen Zeitwert übersteigende „Verschrottungsprämie“ von 5.580 DM, die die Beklagte vereinbarungsgemäß auf den Preis für den Neuwagen angerechnet hatte, kann der Kläger dagegen nach der Wandlung des Kaufvertrages über den Neuwagen nicht mehr beanspruchen.
II. Bei dem Vertrag, durch den die Beklagte dem Kläger unter Inzahlungnahme seines Altfahrzeugs im Rahmen einer sogenannten Verschrottungsaktion einen neuen Pkw Ford Escort zum Preise von 25.680 DM verkauft hatte, handelte es sich um einen einheitlichen Kaufvertrag, bei dem der Kläger das Recht erhielt, den vertraglich vereinbarten Teil des Kaufpreises von 5.680 DM durch die Hingabe des Gebrauchtwagens zu tilgen (Ersetzungsbefugnis; vgl. BGH, Urt. v. 30.11.1983 – VIII ZR 190/82, BGHZ 89, 126, 128 = NJW 1984, 429). Mit der Inzahlunggabe des Altfahrzeugs erwarb der Kläger lediglich ein „verrechnungsfähiges Guthaben“, zu keiner Zeit aber einen Barauszahlungsanspruch. Entfällt – wie im vorliegenden Fall durch die vollzogene Wandlung – die Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung, so geht die Ersetzungsbefugnis des Käufers ins Leere (BGH, Urt. v. 30.11.1983 – VIII ZR 190/82, BGHZ 89, 126, 133 = NJW 1984, 429, 430 f.).
Die vollzogene Wandelung führt nach §§ 467 Satz 1, 346 ff. BGB zu einem Rückabwicklungsverhältnis. Dabei ist das Schuldverhältnis in der Form rückabzuwickeln, in der sich der Austausch der Leistungen vollzogen hat; nicht dagegen richtet sich die Rückabwicklung danach, welche Leistungen ursprünglich geschuldet waren. Nachdem der Kläger von der ihm eingeräumten Ersetzungsbefugnis Gebrauch gemacht hatte, bestand das Schuldverhältnis nicht mehr in seiner ursprünglichen Gestalt (volle Geldschuld). Die von der Beklagten „empfangene Leistung“ (§346 Satz 1 BGB) ist – neben dem teilweise bar gezahlten Betrag – die Ersatzleistung, nicht der volle „nominelle“ Kaufpreis, den die Beklagte nicht erhalten hat (vgl. BGH, Urt. v. 30.11.1983 – VIII ZR 190/82, BGHZ 89, 126, 133 = NJW 1984, 429, 431). Der Grundgedanke der Wandelung ist es, die Vertragschließenden so zu stellen, als wenn der Vertrag nicht geschlossen worden wäre. Hat der Käufer einen für ihn günstigen Anrechnungspreis für die Inzahlunggabe seines Altwagens vereinbart, so ist es im Falle der Rückgängigmachung des Kaufvertrages nicht gerechtfertigt, ihm diesen Vorteil zulasten des Verkäufers zu erhalten. Denn nur im Zusammenhang mit dem – jetzt aufgelösten – Hauptvertrag hatte der Käufer diesen Vorteil erzielen können (BGH, Urt. v. 30.11.1983 – VIII ZR 190/82, BGHZ 89, 126, 133 f. = NJW 1984, 429, 431). Die Erwartung des Neuwagenkäufers, der günstige Anrechnungspreis sei, komme was wolle, ein „Festpreis“ (so der Kläger auf Seite 2 der Berufungserwiderung unter Bezugnahme auf Reinking/Eggert, Der Autokauf, 6. Aufl., Rn. 353), ist deshalb nicht gerechtfertigt.
Der Kläger konnte vielmehr von der Beklagten im Wege der Wandlung neben der Erstattung des in bar erbrachten Kaufpreisteils zunächst nur die Rückübereignung des in Zahlung gegebenen Altfahrzeugs verlangen. Die Erfüllung dieses Anspruchs ist der Beklagten aber nach ihrer Darstellung unmöglich, weil sie das Fahrzeug verschrottet hat. Gemäß den §§ 467 Satz 1, 347 Satz 1, 989 BGB kann der Kläger deshalb statt der Rückgabe des Altfahrzeugs Schadensersatz von der Beklagten verlangen.
Der Ersatzanspruch des Klägers richtet sich auf den Verkehrswert, den das in Zahlung gegebene Fahrzeug hatte, und zwar zu dem Zeitpunkt, als der Kläger das Wandlungsbegehren geltend machte. Das war der 11.03.1997, als das Schreiben der Anwälte des Klägers mit dem Wandlungsbegehren vom 10.03.1997 dem Anwalt der Beklagten zuging.
Der Senat schätzt den Zeitwert, den das vom Kläger in Zahlung gegebene Fahrzeug im März 1997 hatte oder, wenn es tatsächlich verschrottet worden ist, noch gehabt hätte, auf 3.500 DM.
Die Beklagte hat den Händlereinkaufspreis, den das Fahrzeug am 07.01.1998 hatte, nach der sogenannten Schwacke-Liste auf 1.850 DM einschließlich Mehrwertsteuer ermittelt. Dem ist der Kläger nicht mit substanziierten Einwendungen entgegengetreten. Unter Berücksichtigung des in der Zeit von März 1997 bis Januar 1998 über zehn Monate eingetretenen Wertverlustes und der Händlerspanne wird der Händlerverkaufspreis Anfang März 1997 bei etwa 3.500 DM gelegen haben (§ 287 ZPO). Der Händlerverkaufspreis und nicht der -einkaufspreis ist im vorliegenden Fall der Ermittlung des Zeitwertes zugrunde zu legen. Diesen hätte der Kläger bei einem Verkauf von privat an privat, wie er angesichts des verhältnismäßig hohen Fahrzeugalters nahelag, voraussichtlich erzielen können.
Der Verkehrswert des in Zahlung gegebenen Altfahrzeugs mag zwar im Juli 1996, als der Kaufvertrag über das Neufahrzeug geschlossen wurde, 4.500 DM betragen haben (so der Kläger). Auf diesen Zeitpunkt kommt es jedoch für die Bemessung des nach den §§ 467 Satz 1, 347 Satz 1, 989 BGB zu leistenden Schadensersatzes nicht an.
Der nach dem Kaufvertrag über das Neufahrzeug für die Inzahlunggabe des Altfahrzeugs auf den Kaufpreis anzurechnende Betrag von 5.680 DM könnte allenfalls dann dem Schaden des Klägers gleichgesetzt werden, wenn das zugelassene Fahrzeug in seiner Hand einen höheren, nämlich dem „günstigen Anrechnungspreis“ entsprechenden Wert dargestellt hätte. Das wäre möglicherweise dann der Fall gewesen, wenn der Kläger im Rahmen einer sogenannten Verschrottungsaktion, wie ihn offenbar die Ford-Werke AG seinerzeit durchgeführt hat, auch bei einem Ersatzkauf für die Übergabe eines auf seinen Namen zugelassenen Pkw, der bestimmten Anforderungen an das Alter genügte, eine sogenannte Verschrottungsprämie erhalten hätte, deren Höhe dem vereinbarten Anrechnungspreis entsprach. Das ist aber nicht dargetan. Der Kläger trägt nicht vor, dass er auch noch im März 1997 bei einem Kauf eines Neuwagens von einem anderen Ford-Händler oder dem Vertragshändler eines anderen Pkw-Herstellers eine Verschrottungsprämie für das Fahrzeug erhalten hätte, die den Zeitwert des Fahrzeugs überstieg.
III. Die Abrechnung im Wege der Wandlung stellt sich demnach wie folgt:
Barzahlungspreis | 20.000,00 DM | |
Zeitwert des in Zahlung gegebenen Pkw | 3.500,00 DM | |
23.500,00 DM | ||
./. Nutzungsentschädigung | ? | 568,30 DM |
22.931,70 DM | ||
./. Zahlung der Beklagten | ? | 19.431,70 DM |
Restlicher Anspruch des Klägers | 3.500,00 DM |
Als Gebrauchsvorteil für die Nutzung des Neuwagens über 4.241 km beansprucht die Beklagte nur 568,30 DM, obwohl der Kläger sich in der Klagebegründung einen Betrag von 680 DM anrechnen lassen wollte. Von der von der Beklagten beanspruchten niedrigeren Nutzungsentschädigung war deshalb auszugehen. …