Im Ver­fah­ren über die Zu­las­sung von Kraft­fahr­zeu­gen wird der an­er­kann­te Sach­ver­stän­di­ge zwar ho­heit­lich tä­tig, doch ob­liegt ihm die Pflicht zur sach­ge­mä­ßen Un­ter­su­chung ei­nes Fahr­zeugs nicht ge­gen­über dem Käu­fer ei­nes neu zu­zu­las­sen­den Ge­braucht­wa­gens, der da­durch ei­nen Ver­mö­gens­scha­den er­lei­det, dass der Sach­ver­stän­di­ge Män­gel bei dem Fahr­zeug fahr­läs­sig über­sieht.

BGH, Ur­teil vom 11.01.1973 – III ZR 32/71

Sach­ver­halt: Der Klä­ger kauf­te am 06.03.1967 von der Fir­ma G in N. ei­nen ge­brauch­ten, seit über ei­nem Jahr aus dem Ver­kehr ge­zo­ge­nen Kraft­fahr­zeug­an­hän­ger für 6.780 DM. Aus­weis­lich des schrift­li­chen Kauf­ver­trags soll­te das Fahr­zeug bei der Über­ga­be „TÜV ab­ge­nom­men“ sein; im Üb­ri­gen wur­de der An­hän­ger „wie be­sich­tigt und un­ter Aus­schluss je­der Ge­währ­leis­tung“ ver­kauft. Der Ver­käu­fer führ­te den An­hän­ger am 17.03.1967 bei der Au­ßen­stel­le des TÜV in N. vor, wo er von dem In­ge­nieur I ab­ge­nom­men wur­de. Im Prüf­buch be­stä­tig­te I die Durch­füh­rung ei­ner Haupt­un­ter­su­chung und ei­ner Brem­sen­son­der­un­ter­su­chung.

Der Klä­ger hol­te das Fahr­zeug am 25.03.1967 ab und rüg­te ei­nen schlech­ten Zu­stand der Rei­fen. Spä­ter er­hob er wei­te­re Be­an­stan­dun­gen, weil er bei der Über­füh­rungs­fahrt nach F. wei­te­re Män­gel fest­ge­stellt ha­ben woll­te; der Ver­käu­fer be­sei­tig­te al­ler­dings nur ei­nen Fe­der­bruch. Am 28.03.1967 führ­te der Klä­ger den An­hän­ger bei der für ihn zu­stän­di­gen Au­ßen­stel­le des TÜV in L. vor, wo der In­ge­nieur S ver­schie­de­ne Män­gel be­an­stan­de­te und des­halb die er­neu­te Vor­füh­rung des An­hän­gers nach de­ren Be­sei­ti­gung ver­lang­te. Der Klä­ger ver­wei­ger­te dar­auf­hin die Zah­lung des Kauf­prei­ses, wur­de da­zu je­doch rechts­kräf­tig ver­ur­teilt.

Er ver­langt von dem be­klag­ten Land Scha­dens­er­satz we­gen ei­ner Pflicht­ver­let­zung des In­ge­nieurs I. Die­ser ha­be ei­ne rei­ne Ge­fäl­lig­keits­be­stä­ti­gung oh­ne aus­rei­chen­de Prü­fung vor­ge­nom­men und da­bei ein­deu­tig er­kenn­ba­re Män­gel nicht be­merkt, ob­wohl er – I – ge­wusst ha­be, dass das Fahr­zeug an ei­nen Drit­ten ver­kauft wor­den sei. Der Sach­ver­stän­di­ge ha­be sich ei­nes Amts­miss­brauchs schul­dig ge­macht. Be­züg­lich der Brem­sen­prü­fung ha­be er so­gar vor­sätz­lich et­was Un­rich­ti­ges be­schei­nigt, weil ei­ne sol­che Prü­fung nicht statt­ge­fun­den ha­be. Als er­satz­fä­hi­gen Scha­den macht der Klä­ger die Kos­ten des Vor­pro­zes­ses (5.153,08 DM), Stand­geld für die Dau­er des Vor­pro­zes­ses (1.460 DM) und vor­aus­sicht­li­chen Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten (2.000 DM) gel­tend, das heißt, er ver­langt ins­ge­samt 8.613,08 DM nebst Zin­sen.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Das Ober­lan­des­ge­richt hat die Be­ru­fung des Klä­gers zu­rück­ge­wie­sen und zur Be­grün­dung ins­be­son­de­re aus­ge­führt, dass of­fen­blei­ben kön­ne, ob das be­klag­te Land für die Tä­tig­kei­ten des Prüf­in­ge­nieurs wie bei Amts­pflicht­ver­let­zun­gen ein­zu­ste­hen ha­be. Denn der In­ge­nieur I ha­be kei­ne Pflich­ten ver­letzt, die ihm ge­gen­über dem Klä­ger ob­ge­le­gen hät­ten. Die Prüf­tä­tig­keit vor ei­ner Neu­zu­las­sung die­ne aus­schließ­lich öf­fent­li­chen In­ter­es­sen. An­de­res wür­de zwar bei ei­nem Amts­miss­brauch und ins­be­son­de­re bei ei­ner vor­sätz­li­chen Pflicht­ver­let­zung gel­ten, doch sei ein sol­ches Ver­hal­ten nicht er­wie­sen.

Die Re­vi­si­on des Klä­gers hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: 1. Der recht­li­che Aus­gangs­punkt ist fol­gen­der:

Der ver­kauf­te An­hän­ger war seit über ei­nem Jahr aus dem Ver­kehr ge­zo­gen und muss­te da­her neu zu­ge­las­sen wer­den; da­zu war ei­ne Ein­schal­tung des TÜV er­for­der­lich (§§ 18, 21 StV­ZO und Nr. 4 IV so­wie Nr. 13 der An­la­ge VI­II zur StV­ZO in der da­mals gel­ten­den Fas­sung). Die Ver­wal­tungs­be­hör­de – Zu­las­sungs­stel­le – er­teilt die Be­triebs­er­laub­nis, wenn ein an­er­kann­ter Sach­ver­stän­di­ger im Kraft­fahr­zeug- oder An­hän­ger­brief nach § 21 StV­ZO be­schei­nigt hat, dass das Fahr­zeug dar­in rich­tig be­schrie­ben ist und den gel­ten­den Vor­schrif­ten ent­spricht. Die Be­diens­te­ten des TÜV sind der­ar­ti­ge an­er­kann­te Sach­ver­stän­di­ge …

Der er­ken­nen­de Se­nat stimmt der Ent­schei­dung des VII. Zi­vil­se­nats vom 30.11.1967 (VII ZR 34/65, BGHZ 49, 109) zu, dass der an­er­kann­te Sach­ver­stän­di­ge bei ei­ner Prü­fungs­tä­tig­keit nach § 21 StV­ZO ho­heit­lich tä­tig wird, ob­wohl er An­ge­stell­ter des TÜV ist, al­so ei­nes pri­vat­recht­li­chen Ver­eins. Der Sach­ver­stän­di­ge ist da­bei so eng und maß­geb­lich in die Tä­tig­keit der Ver­wal­tungs­be­hör­de über die Kraft­fahr­zeug­zu­las­sung ein­ge­schal­tet, dass die­se Prü­fungs­tä­tig­keit der mit Er­lass ei­nes Ver­wal­tungs­ak­tes en­den­den ho­heit­li­chen Tä­tig­keit der Be­hör­de zu­zu­rech­nen ist. Für Feh­ler und Ver­se­hen haf­tet dann das Land, das dem Sach­ver­stän­di­gen die ho­heit­li­chen Be­fug­nis­se über­tra­gen hat.

2. Un­ab­hän­gig da­von, ob die dem an­er­kann­ten Sach­ver­stän­di­gen im Zu­las­sungs­ver­fah­ren nach der Stra­ßen­ver­kehrs-Zu­las­sungs-Ord­nung im Ein­zel­nen ob­lie­gen­den Pflich­ten sol­che wa­ren, die ihm dem Klä­ger ge­gen­über ob­la­gen, was nach § 839 BGB Vor­aus­set­zung ei­ner Haf­tung ist, wür­de ei­ne Ver­ant­wor­tung des Dienst­herrn im­mer be­ste­hen, wenn sich der Be­am­te ei­nes Amts­miss­brauchs schul­dig ge­macht hat. Denn je­der Be­am­te hat sein Amt sach­lich und im Ein­klang mit den For­de­run­gen von Treu und Glau­ben so­wie gu­ter Sit­te zu füh­ren. Die­se Pflicht des Be­am­ten, sich ei­nes Miss­brauchs sei­nes Am­tes zu ent­hal­ten, ob­liegt ihm ge­gen­über je­dem, der da­durch ge­schä­digt wer­den könn­te.

Für die An­nah­me ei­nes Amts­miss­brauchs ge­nügt nicht je­de schuld­haf­te Pflicht­ver­let­zung. Al­ler­dings reicht im­mer ein Ver­hal­ten aus, das die Vor­aus­set­zun­gen des § 826 BGB er­füllt, wenn al­so der Be­am­te in ei­ner ge­gen die gu­ten Sit­ten ver­sto­ßen­den Wei­se ei­nen an­de­ren vor­sätz­lich schä­digt. Dar­über hin­aus kann ein Amts­miss­brauch auch bei ge­wis­sen fahr­läs­si­gen Ver­hal­tens­wei­sen vor­lie­gen, was je­doch im­mer von den Be­son­der­hei­ten des Ein­zel­fal­les ab­hän­gig ist (RG, Urt. v. 12.03.1937 – III 81/36, RGZ 154, 201 [208]; BGH, Urt. v. 18.10.1962 – III ZR 134/61, Warn 1962 Nr. 219 = MDR 1963, 287; Urt. v. 02.07.1970 – III ZR 146/69, Warn 1970 Nr. 168 = LM BGB § 839 C b Nr. 13).

Das Be­ru­fungs­ge­richt hat den Be­weis für ei­ne vor­sätz­li­che Pflicht­ver­let­zung nicht als ge­führt an­ge­se­hen, weil da­für die Be­haup­tung des Über­se­hens ein­deu­ti­ger Män­gel nicht aus­rei­che. Es hat wei­ter aus­ge­führt, dass auch oh­ne Fest­stel­lung ei­nes vor­sätz­li­chen Han­delns ein Amts­miss­brauch vor­lie­gen kön­ne, wenn die Tä­tig­keit des Be­am­ten in die Nä­he ei­nes sit­ten­wid­ri­gen Han­delns ge­rückt sei, wo­für aber Tat­sa­chen vor­lie­gen müss­ten, die über ein rein fahr­läs­si­ges Ver­hal­ten hin­aus gin­gen; auch das sei nicht er­wie­sen.

a) Das Ober­lan­des­ge­richt hat al­so nicht ver­kannt, dass Amts­miss­brauch auch dann vor­lie­gen kann, wenn der Amts­trä­ger nicht vor­sätz­lich ge­han­delt hat. Die Re­vi­si­on ver­kennt in­so­weit den In­halt der Ent­schei­dungs­grün­de.

b) Die Re­vi­si­on meint da­zu wei­ter, das Be­ru­fungs­ge­richt ha­be den Sach­ver­halt nicht voll­stän­dig aus­ge­wer­tet, weil ei­ne Brem­sen­son­der­un­ter­su­chung durch den Sach­ver­stän­di­gen nicht statt­ge­fun­den ha­ben kön­ne, da die Brem­sen spä­ter nicht funk­tio­niert hät­ten, al­so die im Prüf­buch at­tes­tier­ten Brems­wer­te nicht er­reicht wor­den sei­en. Er ha­be ei­ne Prü­fung be­schei­nigt, die er nicht vor­ge­nom­men ha­be.

Die­se Rü­ge geht schon des­halb fehl, weil der Sach­ver­stän­di­ge nach dem zum Ge­gen­stand der Ver­hand­lung ge­mach­ten Prüf­buch die Brem­sen­son­der­prü­fung nicht selbst vor­ge­nom­men hat und sie nach den Be­stim­mun­gen auch nicht selbst vor­zu­neh­men brauch­te. Nach Zif­fer 14 und 15 der An­la­ge VI­II zur StV­ZO kön­nen die­se Un­ter­su­chun­gen auch von ei­nem amt­lich an­er­kann­ten Brem­sen­dienst oder mit be­hörd­li­cher Er­laub­nis im ei­ge­nen Be­trieb ei­nes Fahr­zeug­hal­ters durch­ge­führt wer­den. Nach der Be­schei­ni­gung im Prüf­buch hat die Fir­ma G die Brem­sen­un­ter­su­chung selbst durch­ge­führt, die Wer­te des Prüf­blatts ein­ge­tra­gen und sich da­bei als „amt­lich an­er­kann­ter Brem­sen­dienst“ be­zeich­net; der Sach­ver­stän­di­ge I hat in­so­weit nur be­stä­tigt, daß nach dem Prüf­buch die Brem­sen­son­der­un­ter­su­chung am 17.03.1967 er­folgt sei. Mög­li­cher­wei­se wa­ren die An­ga­ben der Fir­ma G über die Brem­sen­prü­fung falsch, doch ist nicht fest­ge­stellt, dass der Sach­ver­stän­di­ge I das ge­wusst oder fahr­läs­sig über­se­hen ha­be. In­so­weit fehlt es da­her an ei­ner tat­säch­li­chen Grund­la­ge für die An­nah­me ei­nes Amts­miss­brauchs.

Die Re­vi­si­on meint zwar, im Zu­las­sungs­ver­fah­ren nach § 21 StV­ZO dür­fe – an­ders als bei den re­gel­mä­ßi­gen Prü­fun­gen nach § 29 StV­ZO – der Hal­ter die Brem­sen­prü­fung nicht selbst vor­neh­men. Das trifft je­doch nicht zu. Denn § 21 StV­ZO schreibt im Ge­gen­satz zu § 29 II StV­ZO dem Sach­ver­stän­di­gen kei­ne be­stimm­te Un­ter­su­chungs­art vor. Die Vor­schrif­ten der An­la­ge VI­II zur StV­ZO sind bei al­len Un­ter­su­chun­gen an­wend­bar, ins­be­son­de­re auch bei ei­ner Un­ter­su­chung zur Wie­der­zu­las­sung still­ge­leg­ter Fahr­zeu­ge, wo­bei die Brem­sen­son­der­prü­fung ei­ne Er­gän­zung der Haupt­un­ter­su­chung ist (Zif­fer 4 IV der An­la­ge VI­II zur StV­ZO; amt­li­che Be­grün­dung zu die­ser An­la­ge). Im Üb­ri­gen wä­re ei­ne ir­ri­ge An­wen­dung die­ser Be­stim­mun­gen kei­nes­falls ein Amts­miss­brauch.

c) Die Re­vi­si­on trägt schließ­lich vor, ein Amts­miss­brauch lie­ge im­mer schon dann vor, wenn für den Be­am­ten er­kenn­bar sei oder er er­ken­ne, ein Drit­ter wer­de un­ter Aus­nut­zung ei­ner Pflicht­ver­let­zung mög­li­cher­wei­se ei­nen Scha­den er­lei­den; da­für sei we­sent­lich, dass der Sach­ver­stän­di­ge hier da­mit ha­be rech­nen müs­sen, dass der An­hän­ger ver­kauft wor­den sei.

Die Re­vi­si­on knüpft da­mit an Be­mer­kun­gen an, die sich in der Ent­schei­dung des Se­nats vom 18.10.1962 (Warn 1962 Nr. 219 = MDR 1963, 287) fin­den. Aber es las­sen sich kei­ne all­ge­mei­nen Re­geln und Grund­sät­ze da­für auf­stel­len, wann nicht vor­sätz­li­che Amts­pflicht­ver­let­zun­gen im Wi­der­spruch mit den For­de­run­gen von Treu und Glau­ben oder gu­ter Sit­te ste­hen. Die Be­ur­tei­lung hat im­mer auf den Ein­zel­fall ab­zu­stel­len und ob­liegt weit­ge­hend tatrich­ter­li­cher Wür­di­gung. Ei­ne fahr­läs­si­ge Pflicht­ver­let­zung ist nicht schon des­halb ein ge­gen die gu­ten Sit­ten ver­sto­ßen­der Amts­miss­brauch, weil der Be­am­te sei­ne Pflicht­ver­let­zung hät­te er­ken­nen und sich hät­te sa­gen müs­sen, dass nun ei­nem Drit­ten ein Scha­den ent­ste­hen kön­ne. Das trifft fast auf je­de Amts­pflicht­ver­let­zung zu.

Auch hier ist auf die Be­son­der­hei­ten des Fal­les ab­zu­stel­len: Es ist nicht fest­ge­stellt, dass der Sach­ver­stän­di­ge I vor­sätz­lich et­was Fal­sches be­ur­kun­det oder be­schei­nigt hat; es kann al­so höchs­tens da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass er in­fol­ge Irr­tums oder Nach­läs­sig­keit Män­gel nicht be­merkt hat. Die Fest­stel­lun­gen er­ge­ben fer­ner nicht, dass die­se Män­gel so schwer­wie­gend wa­ren, dass sie für im­mer die Be­nutz­bar­keit des An­hän­gers aus­ge­schlos­sen hät­ten oder dass ei­ne Be­nut­zung des An­hän­gers mit die­sen Män­geln mit Si­cher­heit schwe­re Ge­fah­ren oder gar Le­bens­ge­fahr des Be­nut­zers her­bei­ge­führt hät­te. Selbst­ver­ständ­lich wird je­der Sach­ver­stän­di­ge wis­sen, dass beim Über­se­hen von Feh­lern des Fahr­zeugs ein Käu­fer Scha­den er­lei­den kann, der sich auf die­se Be­schei­ni­gung al­lei­ne ver­lässt. Aber die Un­ter­su­chun­gen bei der Fahr­zeug­zu­las­sung sol­len den Käu­fer ei­nes ge­brauch­ten Fahr­zeugs nicht von der ei­ge­nen Prü­fung be­frei­en, die je­der sorg­fäl­ti­ge Käu­fer vor­nimmt. Es ist Sa­che des Käu­fers ei­nes ge­brauch­ten Fahr­zeugs, es zu prü­fen oder durch ei­nen ei­ge­nen Sach­ver­stän­di­gen über­prü­fen zu las­sen und da­nach den Kauf­preis zu be­stim­men. Hier kann­te der Sach­ver­stän­di­ge we­der den Kauf­ver­trag noch den Kauf­preis. Selbst wenn er mit dem Über­se­hen von Feh­lern ge­rech­net hät­te, konn­te er nicht oh­ne Wei­te­res da­von aus­ge­hen, dass der Käu­fer über­vor­teilt wur­de. Die Par­tei­en des Kauf­ver­tra­ges konn­ten ei­nen so ge­rin­gen Preis ver­ein­bart ha­ben, dass al­le Män­gel da­durch aus­ge­gli­chen wur­den. Vor al­len Din­gen hät­te der Klä­ger nie­mals ei­nen Scha­den er­lit­ten, wenn er nicht vor dem Kauf von ei­ner Un­ter­su­chung ab­ge­se­hen hät­te, ob­wohl er auf al­le Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che von vorn­her­ein ver­zich­te­te. Der Han­del stellt die Zu­las­sung ei­nes ge­brauch­ten Kraft­wa­gens zwar mit der Be­nutz­bar­keit gleich und fol­gert aus der Zu­las­sung, dass ei­ne Prü­fung kei­ne Be­den­ken ge­gen die Ver­kehrs­si­cher­heit er­ge­ben ha­be, doch er­gibt sich dar­aus al­lei­ne nicht der Ver­kehrs­wert des Fahr­zeugs. Die Zu­las­sungs­stel­le muss bei­spiels­wei­se ei­nen über­al­ter­ten Wa­gen auch dann zu­las­sen, wenn er im Au­gen­blick der Prü­fung noch ver­kehrs­si­cher ist, aber bei ord­nungs­mä­ßi­gem Ge­brauch nach kur­zer Zeit nur noch Schrott­wert hät­te. Kenn­zeich­nend ist da­für die Be­hand­lung der Rei­fen: Der Klä­ger hat­te den Zu­stand der Rei­fen er­kannt und be­an­stan­det, hat­te sich aber be­ru­higt; der Sach­ver­stän­di­ge S hat­te schon we­gen der Rei­fen die Ver­kehrs­si­cher­heit des An­hän­gers ver­neint und die Zu­las­sung ver­sagt, doch konn­te die­ser Man­gel durch Auf­zie­hen neu­er Rei­fen in we­ni­gen Mi­nu­ten be­sei­tigt wer­den. Des­halb ist es für die Be­ja­hung ei­nes Amts­miss­brau­ches hier in der Tat nicht von ent­schei­den­der Be­deu­tung, ob dem Be­am­ten be­kannt war, der Wa­gen sei ver­kauft; da­durch wur­de sei­ne Fahr­läs­sig­keit nicht schon zum Amts­miss­brauch im Sin­ne der vor­er­wähn­ten Recht­spre­chung.

Fehl geht der Vor­trag der Re­vi­si­on, der Sach­ver­stän­di­ge in N. ha­be grob fahr­läs­sig ge­han­delt, weil er of­fen zu­ta­ge lie­gen­de, leicht fest­stell­ba­re Män­gel des Fahr­zeugs über­se­hen ha­be. Denn das Be­ru­fungs­ge­richt hat ei­ne sol­che Fest­stel­lung nicht ge­trof­fen.

3. Lag ein Amts­miss­brauch im Sin­ne der frü­he­ren Er­ör­te­run­gen nicht vor, dann haf­te­te hier das Land schon des­halb nicht, weil die ver­letz­ten Pflich­ten nicht sol­che wa­ren, die dem Sach­ver­stän­di­gen I dem Klä­ger ge­gen­über ob­la­gen.

Die Haf­tung we­gen Amts­pflicht­ver­let­zung tritt nur ein, wenn der Be­am­te ge­ra­de sol­che Pflich­ten schuld­haft ver­letzt hat, die ihm dem be­trof­fe­nen Drit­ten ge­gen­über ob­la­gen. Ge­schütz­ter Drit­ter in die­sem Sin­ne ist nicht je­der, des­sen Be­lan­ge durch die Amts­hand­lung ir­gend­wie be­rührt wer­den, son­dern nur der­je­ni­ge, des­sen In­ter­es­sen nach der be­son­de­ren Na­tur des frag­li­chen Amts­ge­schäfts durch die Amts­hand­lung be­trof­fen wer­den. Ei­ne der­ar­ti­ge Be­zie­hung be­steht nicht, wenn die frag­li­che Amts­pflicht aus­schließ­lich im In­ter­es­se der All­ge­mein­heit ge­schaf­fen ist; sie be­steht da­ge­gen, wenn sie den Schutz des Drit­ten be­zweckt oder mit­be­zweckt. Das wie­der­um be­ant­wor­tet sich nach dem Zweck der die ein­zel­nen Amts­pflich­ten be­grün­den­den Be­stim­mun­gen.

Amts­pflich­ten be­ste­hen zu­nächst im In­ter­es­se des Staa­tes und der All­ge­mein­heit. Dient die Amts­pflicht le­dig­lich dem Schutz der öf­fent­li­chen Ord­nung, dem all­ge­mei­nen In­ter­es­se des Ge­mein­we­sens an ei­ner ge­ord­ne­ten Amts­füh­rung oder der Auf­recht­er­hal­tung ei­ner ge­ord­ne­ten Ver­wal­tung, dann kommt Drit­ten ge­gen­über ei­ne Haf­tung bei der Ver­let­zung der­ar­ti­ger Amts­pflich­ten auch dann nicht in Be­tracht, wenn die Pflicht­ver­let­zung ih­re Be­lan­ge be­ein­träch­tigt oder sie ge­schä­digt hat.

Die Ein­schal­tung des Zu­las­sungs­ver­fah­rens nach der Stra­ßen­ver­kehrs­zu­las­sungs­ord­nung folgt aus § 1 StVG, wo­nach sol­che Kraft­fahr­zeu­ge zum Ver­kehr durch ei­ne be­hörd­li­che Er­laub­nis zu­ge­las­sen wer­den müs­sen, die auf öf­fent­li­chen We­gen oder Plät­zen in Be­trieb ge­nom­men wer­den sol­len. Ent­ste­hungs­ge­schich­te, Zweck und Wort­laut des Ge­set­zes er­ge­ben, dass da­mit von der All­ge­mein­heit Ge­fah­ren ab­ge­wen­det wer­den sol­len, die durch den Be­trieb mit ge­fähr­li­chen Fahr­zeu­gen ent­ste­hen kön­nen. Der­ar­ti­ge Ver­bo­te mit Er­laub­nis­vor­be­halt sind vor­beu­gen­de Schutz­maß­nah­men des Staa­tes. Dem­sel­ben Zweck die­nen die zahl­rei­chen Vor­schrif­ten der Stra­ßen­ver­kehrs­zu­las­sungs­ord­nung über Bau, Be­schaf­fung und Be­trieb der Kraft­fahr­zeu­ge, die dann im Zu­las­sungs­ver­fah­ren zu be­ach­ten sind. Nach § 21 StV­ZO hat der Sach­ver­stän­di­ge für die Ent­schei­dung der Zu­las­sungs­stel­le zu be­schei­ni­gen, dass das Fahr­zeug rich­tig be­schrie­ben ist und den gel­ten­den Vor­schrif­ten ent­spricht. Die Ein­schal­tung des Sach­ver­stän­di­gen dient da­mit eben­so wie das gan­ze Zu­las­sungs­ver­fah­ren dem Schutz der öf­fent­li­chen Si­cher­heit, denn sie be­trifft nur Fahr­zeu­ge, die auf öf­fent­li­chen Ver­kehrs­flä­chen be­nutzt wer­den sol­len. Die­se Vor­schrif­ten die­nen der Ab­wehr von Ge­fah­ren, die der All­ge­mein­heit dro­hen kön­nen; sie ha­ben da­mit po­li­zei­li­chen Cha­rak­ter. In­dem die­se Be­stim­mun­gen und die ih­nen ent­spre­chen­den Amts­pflich­ten die All­ge­mein­heit schüt­zen, schüt­zen sie auch je­des ein­zel­ne Glied der All­ge­mein­heit, das von den Ge­fah­ren be­trof­fen wird.

Die Amts­pflicht dient aber je­den­falls nicht dem Schutz vor Ver­mö­gens­schä­den, die ein Käu­fer durch den Kauf ei­nes man­gel­haf­ten Fahr­zeugs er­lei­det. Der BGH hat wie­der­holt bei Pflich­ten im Zu­sam­men­hang mit der staat­li­chen Über­wa­chung ge­fähr­li­cher An­la­gen, tech­ni­scher Be­trie­be oder be­stimm­ter Ver­kehrs­vor­gän­ge ent­schie­den, dass der Schutz­zweck die­ser Vor­schrif­ten be­grenzt ist, so bei der Über­wa­chung ei­ner Seil­bahn, ei­ner Ei­sen­bahn oder der Bau­über­wa­chung (BGH, Urt. v. 27.05.1963 – III ZR 48/62, BGHZ 39, 358; Urt. v. 12.11.1964 – III ZR 176/63, Warn 1964 Nr. 257). Die­se Be­stim­mun­gen be­frei­en den Be­triebs­in­ha­ber oder Bau­herrn nicht von sei­ner Pflicht, für die Si­cher­heit des Be­trie­bes oder sei­nes Bau­es selbst zu sor­gen. Eben­so folgt aus dem Zweck der im Zu­sam­men­hang mit dem Ver­fah­ren über die Zu­las­sung ei­nes Kraft­fahr­zeu­ges ge­schaf­fe­ne Pflich­ten nicht, den Käu­fer ei­nes Kraft­fahr­zeugs vor Ver­mö­gens­schä­den zu be­wah­ren, die er da­durch er­lei­det, daß er trotz Zu­las­sung ein man­gel­haf­tes Fahr­zeug er­wirbt, weil der Kraft­fahr­zeugsach­ver­stän­di­ge im Zu­las­sungs­ver­fah­ren die­se Män­gel über­se­hen hat. Das Zu­las­sungs­ver­fah­ren kann auch bei der Rie­sen­zahl von Kraft­fahr­zeu­gen und Un­ter­su­chungs­fäl­len so­wie bei der Un­zu­läng­lich­keit mensch­li­chen Er­kennt­nis­ver­mö­gens nie­mals die vol­le Ge­fahr­lo­sig­keit al­ler zu­ge­las­se­nen Kraft­fahr­zeu­ge ga­ran­tie­ren.

Die Vor­schal­tung die­ses Ver­fah­rens zwingt al­ler­dings die Kraft­fahr­zeug­in­dus­trie, den Kraft­fahr­zeug­han­del und je­den ein­zel­nen Kraft­fahr­zeug­hal­ter zu be­stimm­ten Maß­nah­men und schafft da­mit schon ei­ne ge­wis­se Si­cher­heits­ga­ran­tie für den Ver­kehr. Aber ein Kraft­fahr­zeug­brief mit der Be­schei­ni­gung des Sach­ver­stän­di­gen ist kein Ge­währ­leis­tungs­pa­pier für den Kraft­fahr­zeug­han­del. An an­de­ren Stel­len hat die Stra­ßen­ver­kehrs­zu­las­sungs­ord­nung be­stimm­te Pflich­ten aus­drück­lich als sol­che zu­guns­ten ge­wis­ser Per­so­nen­krei­se be­zeich­net, so bei der Be­hand­lung von Kraft­fahr­zeug­brie­fen zu­guns­ten der Ei­gen­tü­mer und ding­lich Be­rech­tig­ten (BGH, Urt. v. 25.06.1953 – III ZR 353/51, BGHZ 10, 122; Urt. v. 11. 07.1955 – III ZR 178/53, BGHZ 18, 110). Für das Ver­fah­ren nach § 21 StV­ZO ist ein sol­cher Schutz­zweck für den Käu­fer ei­nes ge­brauch­ten Wa­gens nicht er­kenn­bar. Die mit der Er­fül­lung der Si­cher­heits­vor­schrif­ten der Stra­ßen­ver­kehrs­zu­las­sungs­ord­nung ver­bun­de­ne Re­flex­wir­kung ist so weit­rei­chend, dass der Ge­setz­ge­ber da­von ab­se­hen konn­te und er­kenn­bar da­von ab­ge­se­hen hat, die­se Pflich­ten noch nä­her als Schutz­nor­men ge­ra­de im In­ter­es­se ein­zel­ner Per­so­nen­grup­pen aus­zu­ge­stal­ten. Je­den­falls gilt das für den Fall die­ses Klä­gers, der nur ei­nen Ver­mö­gens­scha­den da­durch er­lit­ten ha­ben will, dass er ei­nen ge­brauch­ten Kraft­fahr­zeug­an­hän­ger ge­kauft hat, der Män­gel auf­wies, die der Sach­ver­stän­di­ge im Zu­las­sungs­ver­fah­ren an­geb­lich schuld­haft über­se­hen hat­te. Es be­darf kei­ner Ent­schei­dung, ob et­was an­de­res gilt, wenn in­fol­ge ähn­li­cher oder sons­ti­ger Pflicht­ver­let­zun­gen der Käu­fer oder ein an­de­rer Ver­kehrs­teil­neh­mer durch ein ver­kehrs­un­si­che­res Fahr­zeug Scha­den an Leib oder Le­ben er­lei­det.

Der Se­nat bleibt al­so bei der Auf­fas­sung (Se­nat, Urt. v. 11.07.1955 – III ZR 178/53, BGHZ 18, 110), dass der an­er­kann­te Sach­ver­stän­di­ge im Be­reich des § 21 StV­ZO kei­ne Amts­pflich­ten er­füllt, die ihm ge­gen­über dem Käu­fer ei­nes ge­prüf­ten Fahr­zeugs ob­lie­gen, der ei­nen Ver­mö­gens­scha­den da­durch er­lei­det, dass das Fahr­zeug Män­gel hat, die der Sach­ver­stän­di­ge über­se­hen hat. …

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