- Bei der durch die StVZO übertragenen Tätigkeit übt der amtlich anerkannte Sachverständige für den Kraftfahrzeugverkehr hoheitliche Befugnisse aus.
- Begeht er bei Ausübung dieser Tätigkeit eine Amtspflichtverletzungen, so haftet nicht der Technische Überwachungsverein, der ihn angestellt hat. Es haftet vielmehr das Land, das ihm die amtlichen Anerkennung als Sachverständiger erteilt hat.
BGH, Urteil vom 30.11.1967 – VII ZR 34/65
Sachverhalt: Der Kläger kaufte am 08.07.1958 von dem Mechaniker M, der einen Kfz-Handel betrieb, einen Volkswagen. Dieses Fahrzeug übergab M, der auch die Zulassung besorgt hatte, dem Kläger zusammen mit einem dafür ausgestellten Fahrzeugbrief Nr. 9331854. In dem Brief war vermerkt, dass das Fahrzeug 1958 „aus Original-VW-Teilen aufgebaut“ worden sei; ferner war darin von dem Ingenieur F, der als amtlich anerkannter Sachverständiger bei dem beklagten Technischen Überwachungsverein (TÜV) tätig war, unter dem 10.06.1958 bescheinigt worden, dass das Fahrzeug den gesetzlichen Anforderungen entspreche und die Angaben in Spalte A (u. a. Beschreibung und Nummern des Fahrgestells und des Motors) richtig seien.
M, der ein gewerbsmäßiger Autodieb war und im Laufe der Zeit mehr als 150 Fahrzeuge gestohlen hat, hatte den von ihm an den Kläger verkauften Volkswagen in der Nacht vom 01.07. zum 02.07.1958 in Stuttgart gestohlen. Seiner Übung entsprechend hatte er die alte Fahrgestellnummer unkenntlich gemacht, darüber ein Metallplättchen angebracht, auf diesem Plättchen eine von ihm erfundene falsche Fahrgestellnummer angebracht und diese durchgestrichen. Sodann hatte M eine neue Fahrgestellnummer als sogenannte Technische Prüfungsnummer („TP-Nummer“) eingeschlagen. Diese Nummer ist im Fahrzeugbrief eingetragen. M verfälschte außerdem die Motornummer.
Im Oktober 1962 wurde das Fahrzeug polizeilich sichergestellt. Der Kläger musste es der Versicherungsgesellschaft des Bestohlenen herausgeben.
Er macht geltend, der Sachverständige F habe – wie auch in vielen anderen Fällen – mit M vorsätzlich zusammengearbeitet und bewusst eine falsche Bescheinigung ausgestellt. Mindestens habe er fahrlässig übersehen, dass die Nummern des Fahrgestells und des Motors verfälscht worden seien und es sich überhaupt nicht um ein aus Einzelteilen zusammengebautes Fahrzeug gehandelt habe. Für das Verschulden des F habe der Beklagte einzutreten.
Der Kläger hat 1.800 DM nebst Zinsen als Schadensersatz eingeklagt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Im zweiten Rechtszug ist das Land Baden-Württemberg dem Rechtsstreit aufseiten des Klägers beigetreten. Das Oberlandesgericht hat der Klage stattgegeben. Die Revision des Beklagten hatte Erfolg.
Aus den Gründen: I. Der amtlich anerkannte Sachverständige für den Kraftfahrzeugverkehr ist im vorliegenden Fall im Rahmen des § 21 StVZO tätig geworden, wo die Betriebserlaubnis für „Einzelfahrzeuge" geregelt ist. Nähere Vorschriften über die amtlich anerkannten Sachverständigen enthält die Kraftfahrsachverständigenverordnung vom 10.11.1956 (KfSachVO, BGBl. III 9231-2). Der beklagte TÜV hat die Eigenschaft einer „Technischen Prüfstelle für den Kraftfahrzeugverkehr“, bei der nach § 11 KfSachVO die Sachverständigen seines Bezirks zusammengefasst sind. F steht in einem Anstellungsverhältnis zu dem Beklagten.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat der Sachverständige hier im privatrechtlichen Bereich gehandelt und damit Pflichten erfüllt, die seinem Dienstherrn, dem beklagten TÜV, aufgrund bürgerlich-rechtlichen Vertrags oblagen. Einen solchen Vertrag soll hier M mit dem Beklagten geschlossen haben. Er hat dabei nach den Ausführungen des Berufungsgerichts entweder als Vertreter des Klägers gehandelt oder aber – im eigenen Namen auftretend – Ansprüche des Klägers auf sorgfältige Prüfung durch einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritten begründet.
Ob die amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr oder auch die Technischen Überwachungsvereine aufgrund privatrechtlicher Verträge tätig werden oder ob sie hoheitliche Verwaltung ausüben, ist umstritten. Die Ansicht des Berufungsgerichts, der TÜV handele im privatrechtlichen Bereich, wird im Schrifttum vielfach vertreten (Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, 9. Aufl., S. 458 Fn. 3; ders., in: Gutachten über die rechtliche Stellung der Technischen Überwachungsvereine, 2. Aufl., S. 7 ff.; Müller,, ibd., S. 29 ff.; Siebert, Rechtsstellung und Haftung der Technischen Überwachungsvereine im Kraftfahrzeugprüfungswesen, 1957; Herschel, Freier Beruf und Arbeitsverhältnis, 1964, S. 55; Wolff, Verwaltungsrecht II, 2. Aufl., § 104 Ib).
Der BGH hat diese Frage in den Urteilen BGHZ 18, 110 (BGH, Urt. v. 11.07.1955 – III ZR 178/53, BGHZ 18, 110) und III ZR 58/56 vom 27.06.1957 (BGH, Urt. v. 27.06.1957 – III ZR 58/56) offengelassen. Sie ist auch im Urteil BGHZ 25, 266 (BGH, Urt. v. 30.09.1957 – III ZR 261/54, BGHZ 25, 266), in dem beiläufig von „öffentlich-rechtlichen Kompetenzen“ eines TÜV die Rede ist, nicht entschieden.
Entscheidungen anderer Gerichte haben der Tätigkeit der amtlich anerkannten Sachverständigen hoheitliche Natur zugeschrieben (VG Bremen, ADAC-Mitteilungen 1951 Nr. 109; OLG Celle, Urt. v. 09.02.1953 – 5 U 56/51, MDR 1953, 676; OVG Münster, Beschl. v. 22.06.1954 – VII B 172/54, NJW 1954, 1663; OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.01.1957 – 1 U 197/56, DAR 1957, 353; OLG Hamburg, Beschl. v. 30.12.1958 – 7 W 92/58, VersR 1960, 563; LG Berlin, Urt. v. 28.04.1967 – 53 S 229/66, NJW 1967, 1663). Hiermit stimmen auch verschiedene Schriftsteller überein, die die Technischen Überwachungsvereine als mit hoheitlichen Befugnissen beliehene Unternehmer ansehen (Huber, Wirtschafts-Verwaltungsrecht II, 2. Aufl., S. 800 f.; Hellingrath, DAR 1952, 30; Rupp, Privateigentum an Staatsfunktionen?, S. 19 f.).
Auch der erkennende Senat ist der Ansicht, dass der amtlich anerkannte Sachverständige hoheitlich tätig wird.
Dem steht nicht entgegen, dass der TÜV, in dessen Dienst der Sachverständige steht, ein bürgerlich-rechtlicher Verein ist. Entscheidend sind Art und Bedeutung der Tätigkeit des Sachverständigen. Sie sprechen dafür, seine Tätigkeit dem öffentlichen Recht zuzurechnen. Diese dient einer öffentlichen Aufgabe, der Sicherung des Straßenverkehrs vor Gefahren für die Allgemeinheit, und findet ihre rechtliche Grundlage in öffentlich-rechtlichen Normen, den Bestimmungen der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung und der Kraftfahrsachverständigenordnung. Zur Sicherung des Verkehrs ist in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung die Erteilung von verschiedenartigen Erlaubnissen geregelt, so der Fahrerlaubnis für den Kraftfahrer und der Betriebserlaubnis für das Kraftfahrzeug. Erteilt werden diese Erlaubnisse von einer Verwaltungsbehörde durch Verwaltungsakt. In diese Tätigkeit der Verwaltungsbehörde ist der amtlich anerkannte Sachverständige maßgeblich eingeschaltet. Er erlässt zwar nicht selbst Verwaltungsakte, nimmt aber Prüfungen vor und erstattet Gutachten (vgl. z. B. §§ 10 I, 19 II, 20 II, 21 Satz 3 StVZO), die als bedeutsamer Teil der dem Staat obliegenden Überwachung des Kraftfahrzeugverkehrs und damit als staatliche Verwaltungstätigkeit selbst erscheinen. Wenn der Sachverständige auch nicht selbst die Erlaubnis zu erteilen oder zu versagen hat, so ist die Entscheidung hierüber doch praktisch gefallen, wenn er sein Gutachten erstattet, seine Bescheinigung ausgestellt oder ihre Ausstellung abgelehnt hat. Gibt zum Beispiel in dem hier vorliegenden Fall der Betriebserlaubnis für Einzelfahrzeuge (§ 21 StVZO) der Sachverständige die nach Satz 3 der Vorschrift erforderliche Bescheinigung nicht, so kann der Hersteller des Fahrzeugs die Betriebserlaubnis der Zulassungsstelle nicht erreichen.
Zu der Zeit, als M die Zulassung beantragte, wurde sogar die Auffassung vertreten, daß die Zulassungsstelle nach einem dem Hersteller (oder sonstigen Antragsteller) günstigen Gutachten die Betriebserlaubnis erteilen müsse (Siebert, a. a. O., S. 33; OLG Celle, Urt. v. 09.02.1953 – 5 U 56/51, MDR 1953, 676). Diese Ansicht beruhte allerdings auf der früheren Fassung des § 19 I StVZO, wo es hieß:
„Die Betriebserlaubnis ist zu erteilen, wenn das Fahrzeug den Vorschriften … nach dem Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr entspricht.“
Inzwischen sind die Worte „nach dem Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr“ durch Verordnung vom 07.07.1960 (BGBl. 1960 I, S. 485) gestrichen worden. Damit ist klargestellt worden, dass eine Bindung der Behörde an ein dem Antragsteller günstiges Gutachten nicht besteht (vgl. S. 23 der Begründung zu der Verordnung vom 07.07.1960, BR-Drs. 138/60). In der Praxis fällt aber auch insoweit die Entscheidung durch das Gutachten des Sachverständigen.
Die Gutachter- und Prüfertätigkeit des Sachverständigen hängt danach mit der Erteilung der Erlaubnis durch die Verwaltungsbehörde aufs Engste zusammen und bildet geradezu einen Bestandteil der von der Verwaltungsbehörde ausgeübten und in ihrem Verwaltungsakt sich niederschlagenden hoheitlichen Tätigkeit. Deshalb ist es berechtigt zu sagen, dass der Sachverständige selbst hoheitliche Tätigkeit ausübt. Diese ist ihm durch die Vorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung zugewiesen. Damit er sie ausüben kann, wird ihm von der zuständigen Landesbehörde die amtliche Anerkennung erteilt, die ihn berechtigt, alle im Straßenverkehrsrecht den amtlich anerkannten Sachverständigen übertragenen Aufgaben wahrzunehmen (§§ 1 II, 5 KfSachVO).
Die Stellung des Sachverständigen ist vergleichbar mit der eines Prüfingenieurs für Baustatik. Dessen Tätigkeit ist nach der Rechtsprechung des BGH als hoheitlich anzusehen (BGH, Urt. v. 27.05.1963 – III ZR 48/62, BGHZ 39, 358), obschon auch er selbst keinen Verwaltungsakt setzt, sondern nur einen Teil der der Baugenehmigungsbehörde obliegenden amtlichen Aufgaben wahrnimmt. Gewisse Unterschiede zwischen dem amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr und den Prüfingenieuren für Baustatik bestehen zwar. In dem Urteil BGHZ 39, 358 ist ausgeführt, der Prüfingenieur für Baustatik werde erst durch den ihm von der Baugenehmigungsbehörde jeweils erteilten einzelnen Prüfungsauftrag in die hoheitliche Verwaltung einbezogen und erhalte seine Vergütung nach der Gebührenordnung von dieser Behörde, die ihrerseits die Kosten der Prüfung als Auslage vom Bauherrn erhebe. Diese Besonderheiten rechtfertigen es jedoch nicht, beim Prüfingenieur hoheitliche Tätigkeit zu bejahen, sie aber beim amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr zu verneinen. Bei Letzterem ergibt sich die Einbeziehung in die hoheitliche Verwaltung schon aus den ihm bestimmte Aufgaben zwingend zuweisenden Vorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung in Verbindung mit der Kraftfahrsachverständigenverordnung, während eine Baugenehmigungsbehörde frei entscheiden kann, ob sie einen Prüfingenieur zuzieht und welchen (§ 1 der Verordnung über die statische Prüfung genehmigungspflichtiger Bauvorhaben vom 22.08.1942, BGBl. III 213-9). Ein rechtserheblicher Unterschied ist nicht darin zu finden, dass der amtlich anerkannte Sachverständige keine Vergütung von der Verwaltungsbehörde erhält, vielmehr die Gebühr für seine Tätigkeit von dem jeweiligen Antragsteller an die Technische Prüfstelle (den TÜV) zu zahlen ist (§ 3 Satz 3 KfSachVO). Letzten Endes wird in beiden Fällen von dem Antragsteller eine Gebühr dafür eingezogen, dass die Verwaltungsbehörde in seinem Interesse tätig wird und in diese Tätigkeit einen Sachverständigen einschaltet.
Der BGH hat auch in einem weiteren Fall, in dem die Untersuchung und Begutachtung durch Sachverständige die „entscheidende Grundlage“ für einen behördlichen Verwaltungsakt bilden, dieser Sachverständigentätigkeit hoheitlichen Charakter beigemessen und bei Pflichtverletzungen im Rahmen dieser Tätigkeit die Staatshaftung nach Art. 34 GG bejaht; es handelt sich um Ärzte städtischer Krankenanstalten, die das Versorgungsamt mit einer versorgungsärztlichen Untersuchung und Begutachtung beauftragt hatte (BGH, Urt. v. 19.12.1960 – III ZR 194/59, LM Nr. 2 zu § 81 BVG).
II. Wird nach allem der Sachverständige hoheitlich und amtlich tätig, so ist er Beamter i. S. des § 839 BGB; zugleich handelt er in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes i. S. des Art. 34 GG. Verletzt er dabei eine Amtspflicht, die ihm einem Dritten gegenüber obliegt, so haftet für den Schaden grundsätzlich der Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht.
Für einen Erfolg der Klage nach diesen Grundsätzen müssten zwei Voraussetzungen gegeben sein: Erstens müsste F eine ihm dem Kläger gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt haben, und zweitens müsste der Beklagte die Körperschaft sein, die nach Art. 34 GG für ihn einzustehen hätte.
1. Die erste Voraussetzung wäre erfüllt, wenn F, wie es der Kläger darstellt, zu seinem Nachteil vorsätzlich mit dem Autodieb M zusammengewirkt hätte. Die Pflicht, sich eines solchen Amtsmissbrauchs zu enthalten, obliegt einem Beamten gegenüber jedem Dritten, der durch den Missbrauch geschädigt werden kann (RG, Urt. v. 12.03.1937 – III 81/36, RGZ 154, 201 [208]; BGH, Urt. v. 20.09.1954 – III ZR 369/52, BGHZ 14, 319 [324]; Urt. v. 18.06.1956 – III ZR 322/54, LM Nr. 1 zu § 839 (Fm) BGB; Urt. v. 18.10.1962 – III ZR 134/61, LM Nr. 77 zu § 839 (C) BGB).
Ob F eine Amtspflicht gegenüber dem Kläger auch dann verletzt hat, wenn er sich von M hat täuschen lassen und nur fahrlässig gehandelt hat, kann zweifelhaft sein. Legt man die in BGHZ 18, 110 (BGH, Urt. v. 11.07.1955 – III ZR 178/53, BGHZ 18, 110) enthaltenen Ausführungen über die Zwecke der nach § 21 StVZO vom amtlich anerkannten Sachverständigen zu erteilenden Bescheinigung zugrunde, so unterscheidet sich der vorliegende Fall immerhin in zwei Punkten von dem dort entschiedenen. Einmal ging es dort darum, dass das Fahrzeug technisch nicht so beschaffen wie bescheinigt war; hier dreht es sich im Grunde um die in der Verfälschung der Fahrgestell- und Motornummer liegende Verschleierung der unrechtmäßigen Herkunft des Kraftwagens. Zum anderen stellt das Urteil BGHZ 18, 110 auf die Lage jedes beliebigen späteren Erwerbers ab; hier ist ersichtlich die Bescheinigung des Sachverständigen im Hinblick auf einen bestimmten, unmittelbar bevorstehenden Kauf, möglicherweise sogar unter Benennung des Klägers und in seinem Namen erwirkt worden. Ob diese Unterschiede genügend Anlass geben, anders als in BGHZ 18, 110 die fahrlässige Verletzung einer Amtspflicht gegenüber dem Kläger zu bejahen, bedarf jedoch nicht der Entscheidung.
2. Denn für eine etwaige Amtspflichtverletzung hat nicht der beklagte TÜV, sondern der Staat, hier das Land Baden-Württemberg, einzustehen.
Der Beklagte, bei dem der Sachverständige F angestellt war, ist nicht als eine Körperschaft i. S. des Art. 34 GG anzusehen. Nach richtiger Ansicht bezieht sich Art. 34 GG, obschon das nicht ausdrücklich gesagt ist, auf Körperschaften des öffentlichen Rechts. Der Beklagte ist ein bürgerlich-rechtlicher Verein. Zwar wird die Ansicht vertreten, Körperschaft i. S. des Art. 34 GG könne auch eine juristische Person des Privatrechts sein, wenn ein in ihren Diensten stehender Angestellter mit der Ausübung hoheitlicher Funktionen betraut sei (Huber, Wirtschafts-Verwaltungsrecht I, 2. Aufl., S. 547; von Mangoldt/Klein, Das Bonner Grundgesetz, 2. Aufl., Art. 34 Anm. III 6a). Die Rechtsprechung hat aber einen anderen Standpunkt eingenommen (RG, Urt. v. 07.11.1933 – III 139/33, RGZ 142, 190 [194]; BGH, Urt. v. 21.06.1951 – III ZR 134/50, BGHZ 2, 350 [354 f.]; Urt. v. 25.06.1953 – III ZR 175/51, BGHZ 10, 137; OLG Celle, Urt. v. 09.02.1953 – 5 U 56/51, MDR 1953, 676; OLG Hamburg, Beschl. v. 30.12.1958 – 7 W 92/58, VersR 1960, 563; LG Berlin, Urt. v. 28.04.1967 – 53 S 229/66, NJW 1967, 1663). Daran ist festzuhalten (ebenso Wolff, Verwaltungsrecht I, 6. Aufl., § 64 II 3).
Eine „Körperschaft“, in deren Dienst F stand, ist demnach nicht vorhanden. Das schließt aber nicht etwa die Anwendung des Art. 34 GG überhaupt aus (BGH, Urt. v. 03.12.1953 – III ZR 66/52, BGHZ 11, 192 [197 f.]; Urt. v. 11.12.1961 – III ZR 172/60, BGHZ 36, 193 [195]; Urt. v. 19.12.1960 – III ZR 194/59, LM Nr. 2 zu § 81 BVG). Es haftet dann das Gemeinwesen, das den Schädiger mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet und damit zum Träger eines öffentlichen Amtes i. S. des Art. 34 GG gemacht hat (RG, Urt. v. 07.11.1933 – III 139/33, RGZ 142, 190 [195]; BGH, Urt. v. 11.12.1961 – III ZR 172/60, BGHZ 36, 193 [196]; RGRK-BGB/Kreft, 11. Aufl., § 839 Anm. 15).
Das ist hier das Land Baden-Württemberg. Wie ausgeführt berechtigt den Sachverständigen nach § 1 II KfSachVO die amtliche Anerkennung, alle im Straßenverkehrsrecht den amtlich anerkannten Sachverständigen übertragenen Aufgaben wahrzunehmen. Erteilt wird diese amtliche Anerkennung nach § 5 KfSachVO von der zuständigen Landesbehörde, die nach § 21 KfSachVO von der Landesregierung bestimmt wird. F ist demnach vom Staat, dem Land Baden-Württemberg, mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet worden.
Dass hier der amtlichen Anerkennung eine maßgebende Bedeutung für die Ausstattung mit Hoheitsbefugnissen beigelegt wird, widerspricht nicht den Ausführungen in der den Prüfingenieur für Baustatik betreffenden Entscheidung BGHZ 39, 358 (BGH, Urt. v. 27.05.1963 – III ZR 48/62, BGHZ 39, 358). Dessen ministerielle Anerkennung gibt ihm nach diesem Urteil nur eine Befähigung, aber noch kein Amt; Letzteres wird ihm danach erst durch den jeweiligen Einzelauftrag der Baugenehmigungsbehörde übertragen. Der amtlich anerkannte Sachverständige für den Kraftfahrzeugverkehr übt dagegen bei der hier zu beurteilenden, in § 21 II StVZO geregelten Tätigkeit eine öffentliche Funktion aus, ohne dazu eines besonderen, auf den einzelnen Fall bezogenen Auftrags der öffentlichen Verwaltung zu bedürfen; dasselbe gilt übrigens für die in §§ 19 II, 22, 29 StVZO genannten Aufgaben des Sachverständigen. Die Berechtigung zu diesen Tätigkeiten erhält er – wie schon ausgeführt – nach § 1 II KfSachVO durch die amtliche Anerkennung.
Das Land Baden-Württemberg haftet daher für eine etwa von F begangene Amtspflichtverletzung. Der beklagte TÜV haftet nicht. Soweit die Gerichte bisher sich mit Amtspflichtverletzungen durch amtlich anerkannte Sachverständige für den Kraftfahrzeugverkehr befasst haben, haben sie denn auch sämtlich die Haftung der Technischen Überwachungsvereine verneint (vgl. die angeführten Entscheidungen der Oberlandesgerichte Celle, Düsseldorf und Hamburg sowie des LG Berlin).
Nur nach Art. 34 GG wäre aber, da der Sachverständige als Beamter hoheitlich handelt, eine Haftung des TÜV in Betracht zu ziehen. Diesen für das Handeln Fs aus Vertrag (aufgrund des § 31 BGB oder des § 278 BGB) oder wegen unerlaubter Handlung (aufgrund des § 31 BGB oder des § 831 BGB) verantwortlich zu machen, ist nicht möglich. Diese Vorschriften könnten nur dann eingreifen, wenn F im privatrechtlichen Bereich tätig geworden wäre.
Nach allem ist das Berufungsurteil aufzuheben und das klageabweisende Urteil des Landesgerichts wiederherzustellen.