1. Bei Pick­up-Fahr­zeu­gen mit Dop­pel­ka­bi­ne ist ty­pi­sie­rend da­von aus­zu­ge­hen, dass die­se Fahr­zeu­ge nicht vor­wie­gend der Las­ten­be­för­de­rung zu die­nen ge­eig­net und be­stimmt sind, wenn ih­re La­de­flä­che oder ihr La­de­raum nicht mehr als die Hälf­te der ge­sam­ten Nutz­flä­che aus­macht.
  2. Bei Pick­up-Fahr­zeu­gen, de­ren La­de­flä­che grö­ßer als die für die Per­so­nen­be­för­de­rung vor­ge­se­he­ne Flä­che ist, er­folgt die Ab­gren­zung nach den all­ge­mei­nen Kri­te­ri­en. Über­wiegt die La­de­flä­che die Flä­che zur Per­so­nen­be­för­de­rung nur un­we­sent­lich, spricht dies eher da­für, dass das Fahr­zeug nicht vor­wie­gend der Las­ten­be­för­de­rung zu die­nen ge­eig­net und be­stimmt ist.
  3. In die Be­rech­nung der La­de­flä­che sind al­le Flä­chen ein­zu­be­zie­hen, die ge­eig­net sind, ei­ne La­dung zu trans­por­tie­ren. Da­zu ge­hö­ren re­gel­mä­ßig auch Aus­beu­lun­gen in den La­de­raum (z. B. für Rad­käs­ten), die auf­grund ih­res Ab­stands zum obe­ren Rand der La­de­kan­te und bei ge­ge­be­ner Be­last­bar­keit noch als La­de­flä­che (z. B. für Schütt­gut oder für fla­che Ge­gen­stän­de) ge­nutzt wer­den kön­nen.

BFH, Ur­teil vom 29.08.2012 – II R 7/11 

Sach­ver­halt: Der Klä­ger ist Hal­ter ei­nes Pick­up-Fahr­zeugs mit Dop­pel­ka­bi­ne (Land Ro­ver De­fen­der 130 Crew Cab). Das Fahr­zeug ist ver­kehrs­recht­lich als Lkw mit Pla­ne und Sprie­gel zu­ge­las­sen, ver­fügt über ei­nen Die­sel­mo­tor mit 2.495 cm³, ein Leer­ge­wicht von 2.197 kg und ein zu­läs­si­ges Ge­samt­ge­wicht von 3.500 kg. Die Höchst­ge­schwin­dig­keit be­trägt 130 km/h. Das Fahr­zeug hat fünf Sitz­plät­ze ein­schließ­lich des Fah­rer­sit­zes.

Der Be­klag­te (das Fi­nanz­amt) stell­te die Grö­ße der La­de­flä­che zu­nächst mit 2,58 m² (167 cm × 155 cm) und die zur Per­so­nen­be­för­de­rung die­nen­de Flä­che mit 2,87 m² (205 cm × 140 cm) fest und er­ließ am 03.07.2007 ge­gen­über dem Klä­ger ei­nen Kraft­fahr­zeug­steu­er­be­scheid un­ter Ein­ord­nung des Fahr­zeugs als Pkw.

Der Klä­ger be­an­trag­te die Än­de­rung die­ses Be­scheids un­ter Ein­ord­nung des Fahr­zeugs als Lkw. Er ließ das Fahr­zeug noch­mals vom Sach­ver­stän­di­gen des Fi­nanz­amts ver­mes­sen. Die­ser kam bei der er­neu­ten Ver­mes­sung zu ei­ner für die Per­so­nen­be­för­de­rung vor­ge­se­he­nen Flä­che von 2,81 m² (201 cm × 140 cm) und zu ei­ner für die Las­ten­be­för­de­rung vor­ge­se­he­nen Flä­che von 2,86 m² (172 cm × 166 cm). Das Fi­nanz­amt lehn­te ei­ne Än­de­rung des Kraft­fahr­zeug­steu­er­be­scheids mit der Be­grün­dung ab, von der La­de­flä­che von 2,86 m² sei­en 0,3 m² für die Flä­che der bei­den Rad­käs­ten und des Kraft­stof­f­e­in­füll­stut­zens ab­zu­zie­hen.

Ein­spruch und Kla­ge blie­ben er­folg­los. Nach Auf­fas­sung des FG Nürn­berg ist das Fahr­zeug des Klä­gers als Pkw ein­zu­ord­nen. Bei der Be­rech­nung der La­de­flä­che sei der Teil über den Rad­käs­ten und über dem Kraft­stof­f­e­in­füll­stut­zen nicht zu be­rück­sich­ti­gen. Die so er­mit­tel­te La­de­flä­che ma­che we­ni­ger als die Hälf­te der ge­sam­ten Nutz­flä­che des Fahr­zeugs aus. Da­mit sei ty­pi­sie­rend da­von aus­zu­ge­hen, dass das Fahr­zeug über­wie­gend zur Per­so­nen­be­för­de­rung zu die­nen ge­eig­net und be­stimmt sei. Auf an­de­re Kri­te­ri­en zur Ein­stu­fung als Pkw oder Lkw kom­me es folg­lich nicht mehr an.

Die Re­vi­si­on des Klä­gers hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: [7]    II. … Die Ein­ord­nung des Fahr­zeugs als Pkw, der der emis­si­ons­be­zo­ge­nen Hub­raum­be­steue­rung ge­mäß § 8 Nr. 1 Kraft­StG un­ter­liegt, er­weist sich im Er­geb­nis als zu­tref­fend.

[8]    1. Für die Ein­ord­nung ei­nes Fahr­zeugs als Pkw oder Lkw ist maß­geb­lich, ob das Fahr­zeug für die Per­so­nen- oder für die Las­ten­be­för­de­rung ge­eig­net und be­stimmt ist.

[9]    a) Das Kraft­StG ent­hält kei­ne aus­drück­li­che De­fi­ni­ti­on des Pkw. § 2 II 1 Kraft­StG ver­weist le­dig­lich auf die „je­weils gel­ten­den ver­kehrs­recht­li­chen Vor­schrif­ten“, wenn nichts an­de­res be­stimmt ist. Die ver­kehrs­recht­li­chen Vor­schrif­ten ent­hal­ten eben­falls kei­ne aus­drück­li­chen Be­stim­mun­gen des Be­griffs des Pkw (BFH, Beschl. v. 21.08.2006 – VII B 333/05, BFHE 213, 281 = BSt­Bl. II 2006, 721; Urt. v. 28.11.2006 – VII R 11/06, BFHE 215, 568 = BSt­Bl. II 2007, 338; Beschl. vom 23.02.2007 – IX B 222/06, BFH/NV 2007, 1351; Urt. v. 01.10.2008 – II R 63/07, BFHE 222, 100 = BSt­Bl. II 2009, 20, je­weils m. w. Nachw.). Der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung liegt ein ei­gen­stän­di­ger kraft­fahr­zeug­steu­er­recht­li­cher Pkw-Be­griff zu­grun­de. Da­nach ist ein Pkw ein Fahr­zeug mit vier oder mehr Rä­dern, das nach sei­ner Bau­art und Ein­rich­tung zur Per­so­nen­be­för­de­rung ge­eig­net und be­stimmt ist (BFH, Beschl. v. 21.08.2006 – VII B 333/05, BFHE 213, 281 = BSt­Bl. II 2006, 721; Beschl. v. 30.10.2008 – II B 60/08, n. v.; Urt. v. 24.02.2010 – II R 6/08, BFHE 228, 437 = BSt­Bl. II 2010, 994).

[10]   b) Die Ab­gren­zung zwi­schen Lkw und Pkw ist nach der ob­jek­ti­ven Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeugs vor­zu­neh­men. Als für die Ein­stu­fung be­deut­sa­me Merk­ma­le sind von der Recht­spre­chung zum Bei­spiel die Zahl der Sitz­plät­ze, die ver­kehrs­recht­lich zu­läs­si­ge Zu­la­dung, die Grö­ße der La­de­flä­che, die Aus­stat­tung mit Sitz­be­fes­ti­gungs­punk­ten und Si­cher­heits­gur­ten, die Ver­ble­chung der Sei­ten­fens­ter, die Be­schaf­fen­heit der Ka­ros­se­rie und des Fahr­ge­stells, die Mo­to­ri­sie­rung und die da­mit er­reich­ba­re Höchst­ge­schwin­dig­keit, das äu­ße­re Er­schei­nungs­bild und bei Se­ri­en­fahr­zeu­gen die Kon­zep­ti­on des Her­stel­lers an­er­kannt wor­den (vgl. hier­zu BFH, Beschl. vom 23.02.2007 – IX B 222/06, BFH/NV 2007, 1351; Urt. v. 01.10.2008 – II R 63/07, BFHE 222, 100 = BSt­Bl. II 2009, 20).

[11]   c) Der Eig­nung und Be­stim­mung zur Per­so­nen­be­för­de­rung steht es grund­sätz­lich nicht ent­ge­gen, dass Fahr­zeu­ge ne­ben der Be­för­de­rung von Per­so­nen auch dem Trans­port von Ge­päck oder an­de­rer Gü­ter im pri­va­ten oder ge­werb­li­chen Be­reich die­nen oder zu die­nen be­stimmt sind, wie dies zum Bei­spiel bei Kom­bi­na­ti­ons­kraft­wa­gen der Fall ist. Be­stand­teil des Re­ge­lungs­plans des his­to­ri­schen Ge­setz­ge­bers war es näm­lich, un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen auch sol­che Kraft­fahr­zeu­ge als Pkw zu be­zeich­nen, die nach ih­rer Bau­art und Ein­rich­tung ge­eig­net und be­stimmt wa­ren, nicht nur Per­so­nen (ein­schließ­lich ih­res üb­li­chen Ge­päcks) zu be­för­dern, son­dern ei­nem wei­te­ren Haupt­zweck zu die­nen (BFH, Urt. vom 22.06.1983 – II R 64/82, BFHE 138, 493 = BSt­Bl. II 1983, 747; Urt. v. 24.02.2010 – II R 6/08, BFHE 228, 437 = BSt­Bl. II 2010, 994).

[12]   d) Nach der Auf­he­bung des § 23 VIa StV­ZO gilt auch für Kraft­fahr­zeu­ge mit ei­nem zu­läs­si­gen Ge­samt­ge­wicht von über 2,8 t der von der Recht­spre­chung ent­wi­ckel­te Grund­satz, dass an­hand von Bau­art und Ein­rich­tung des Fahr­zeugs zu be­ur­tei­len ist, ob ein Lkw oder ein Pkw vor­liegt. Hier­zu muss das Tat­sa­chen­ge­richt un­ter Be­rück­sich­ti­gung al­ler Merk­ma­le die ob­jek­ti­ve Be­schaf­fen­heit des je­wei­li­gen Fahr­zeugs be­wer­ten. Kein Merk­mal kann da­bei als al­lei­n­ent­schei­dend an­ge­se­hen wer­den; dies schließt nicht aus, dass ein­zel­ne Merk­ma­le ein be­son­de­res Ge­wicht ha­ben und ei­ne Zu­ord­nung als Pkw oder Lkw na­he­le­gen kön­nen (BFH, Beschl. v. 21.08.2006 – VII B 333/05, BFHE 213, 281 = BSt­Bl. II 2006, 721 m. w. Nachw.).

[13]   e) Bei Pick­up-Fahr­zeu­gen kommt nach stän­di­ger Recht­spre­chung ne­ben den an­de­ren tech­ni­schen Merk­ma­len der Grö­ße der La­de­flä­che ei­ne be­son­de­re, wenn auch nicht al­lein aus­schlag­ge­ben­de Be­deu­tung zu. Die Grö­ße der La­de­flä­che lässt näm­lich den Schluss zu, ob die Mög­lich­keit ei­ner Nut­zung des Fahr­zeugs zur Las­ten­be­för­de­rung ge­gen­über sei­ner Eig­nung zur Per­so­nen­be­för­de­rung Vor­rang hat. Im In­ter­es­se prak­ti­ka­bler Zu­ord­nungs­maß­stä­be und der um der Rechts­si­cher­heit wil­len ge­for­der­ten Vor­her­seh­bar­keit kraft­fahr­zeug­steu­er­recht­li­cher Zu­ord­nun­gen hat die Recht­spre­chung es für ge­recht­fer­tigt er­ach­tet, ty­pi­sie­rend da­von aus­zu­ge­hen, dass Fahr­zeu­ge nicht vor­wie­gend der Las­ten­be­för­de­rung zu die­nen ge­eig­net und be­stimmt sind, wenn ih­re La­de­flä­che oder ihr La­de­raum nicht mehr als die Hälf­te der ge­sam­ten Nutz­flä­che aus­macht (BFH, Urt. v. 01.08.2000 – VII R 26/99, BFHE 194, 257, BSt­Bl. II 2001, 72; Beschl. v. 07.11.2006 – VII B 79/06, BFH/NV 2007, 778; Urt. v. 26.10.2006 – VII B 125/06, BFH/NV 2007, 767; Beschl. v. 10.02.2010 – II B 96/09, BFH/NV 2010, 952).

[14]   f) An die­ser Recht­spre­chung hält der Se­nat fest. Sie führt je­doch nicht da­zu, dass in den Fäl­len, in de­nen die La­de­flä­che grö­ßer als die für die Per­so­nen­be­för­de­rung vor­ge­se­he­ne Flä­che ist, um­ge­kehrt ty­pi­sie­rend von der Ei­gen­schaft des Fahr­zeugs als Lkw aus­zu­ge­hen ist. In die­sen Fäl­len er­folgt die Ab­gren­zung viel­mehr nach den all­ge­mei­nen Kri­te­ri­en. Da­bei ist die Grö­ße der La­de­flä­che und ihr Ver­hält­nis zur Flä­che für die Per­so­nen­be­för­de­rung nur ein Ge­sichts­punkt im Rah­men der Ge­samt­ab­wä­gung, dem al­ler­dings um­so grö­ße­re Be­deu­tung zu­kommt, je deut­li­cher die La­de­flä­che die Flä­che für die Per­so­nen­be­för­de­rung über­wiegt. Über­wiegt die La­de­flä­che die zur Per­so­nen­be­för­de­rung in­des nur un­we­sent­lich, spricht dies eher da­für, dass das Fahr­zeug nicht vor­wie­gend der Las­ten­be­för­de­rung zu die­nen ge­eig­net und be­stimmt ist. In die Be­rech­nung der La­de­flä­che sind al­le Flä­chen ein­zu­be­zie­hen, die ge­eig­net sind, ei­ne La­dung zu trans­por­tie­ren. Da­zu ge­hö­ren re­gel­mä­ßig auch Aus­beu­lun­gen in den La­de­raum, zum Bei­spiel für Rad­käs­ten, die auf­grund ih­res Ab­stands zum obe­ren Rand der La­de­kan­te und bei ge­ge­be­ner Be­last­bar­keit noch als La­de­flä­che (z. B. für Schütt­gut oder für fla­che Ge­gen­stän­de) ge­nutzt wer­den kön­nen.

[15]   2. Im Streit­fall kann im Er­geb­nis da­hin­ste­hen, ob der auf die Rad­käs­ten und den Tank­ein­füll­stut­zen ent­fal­len­de Teil der La­de­flä­che zum Trans­port von La­dung ge­eig­net und des­halb in die Be­rech­nung der La­de­flä­che mit ein­zu­be­zie­hen ist. Selbst wenn man dies be­ja­hen wür­de und die La­de­flä­che folg­lich die für den Per­so­nen­trans­port vor­ge­se­he­ne Flä­che ge­ring­fü­gig über­wie­gen soll­te, er­weist sich die Ent­schei­dung des Fi­nanz­ge­richts aus an­de­ren Grün­den als rich­tig.

[16]   Be­zieht man die Rad­käs­ten und den Tank­ein­füll­stut­zen in die Be­rech­nung ein, be­trägt die so er­mit­tel­te La­de­flä­che 2,86 m² und ist da­mit nur un­we­sent­lich grö­ßer als die für die Per­so­nen­be­för­de­rung vor­ge­se­he­ne Flä­che von 2,81 m². Dies spricht nicht da­für, dass das Fahr­zeug vor­wie­gend der Las­ten­be­för­de­rung zu die­nen ge­eig­net und be­stimmt ist. Das äu­ße­re Er­schei­nungs­bild des Fahr­zeugs und die Her­stel­ler­kon­zep­ti­on als „Crew Cab“ mit vier Tü­ren, fünf voll­stän­di­gen Sit­zen und voll­stän­di­ger Ver­gla­sung der Per­so­nen­ka­bi­ne las­sen auch bei ei­ner rech­ne­risch et­was grö­ße­ren La­de­flä­che das Fahr­zeug als Pkw er­schei­nen. Auch die für ei­nen Pkw üb­li­che Mo­to­ri­sie­rung und die Höchst­ge­schwin­dig­keit von 130 km/h las­sen den Schluss zu, dass das Fahr­zeug nicht vor­wie­gend zum Trans­port von Gü­tern, son­dern von Per­so­nen ge­eig­net und be­stimmt ist. Das­sel­be gilt für die Mög­lich­keit, Las­ten zu­zu­la­den. Die Zu­la­dung liegt mit 1.300 kg zwar über der Gren­ze von 800 kg, die der Se­nat bei Fahr­zeu­gen mit ei­nem zu­läs­si­gen Ge­samt­ge­wicht bis 2.800 kg als Min­dest­zu­la­dung an­sieht (vgl. BFH, Urt. v. 24.02.2010 – II R 6/08, BFHE 228, 437 = BSt­Bl. II 2010, 994). Mit nur et­was mehr als ei­nem Drit­tel des zu­läs­si­gen Ge­samt­ge­wichts von 3.500 kg liegt sie je­doch nicht so hoch, dass sie ei­ne über­wie­gen­de Ver­wen­dung des Fahr­zeugs zum Gü­ter­trans­port ein­deu­tig in­di­ziert. Da­nach er­scheint das Fahr­zeug nicht über­wie­gend zum Trans­port von Gü­tern ge­eig­net und be­stimmt und ist für Zwe­cke der Kraft­fahr­zeug­steu­er als Pkw ein­zu­ord­nen.

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