1. Zur Ge­wäh­rung ei­ner Um­welt­prä­mie für die Ver­schrot­tung ei­nes äl­te­ren Die­sel­fahr­zeugs.
  2. Für die Aus­le­gung ei­ner Wil­lens­er­klä­rung nach § 133 BGB sind nur sol­che Um­stän­de her­an­zu­zie­hen, die dem Er­klä­rungs­emp­fän­ger be­kannt oder er­kenn­bar wa­ren (im An­schluss an BGH, Urt. v. 05.10.2006 – III ZR 166/05, ju­ris Rn. 18). Auf sei­nen „Ho­ri­zont“ und sei­ne Ver­ständ­nis­mög­lich­kei­ten ist bei der Aus­le­gung selbst dann ab­zu­stel­len, wenn der Er­klä­ren­de die Er­klä­rung an­ders ver­stan­den hat und auch ver­ste­hen durf­te.
  3. Die­je­ni­gen Tat­sa­chen, die zu ei­nem be­stimm­ten Aus­le­gungs­er­geb­nis führen sol­len, hat die Par­tei dar­zu­le­gen und zu be­wei­sen, die sich auf je­nes Aus­le­gungs­er­geb­nis be­ruft (im An­schluss an OLG Ko­blenz, Beschl. v. 05.06.2019 – 9 UF 104/19, ju­ris Rn. 41 m. w. Nachw.).

LG Re­gens­burg, Ur­teil vom 18.12.2020 – 33 O 1091/20
(nach­fol­gend: OLG Nürn­berg, Ur­teil vom 29.07.2021 – 13 U 236/21)

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin, die ein Au­to­haus be­treibt, nimmt den Be­klag­ten aus ab­ge­tre­te­nem Recht auf Zah­lung ei­nes rest­li­chen Kauf­prei­ses in Hö­he von 5.355 € für ei­nen fa­brik­neu­en VW Cad­dy in An­spruch.

Die­ses Fahr­zeug be­stell­te der Be­klag­te am 29.03.2018 bei ei­ner Kfz-Händ­le­rin, der H-GmbH, zum Preis von ins­ge­samt 31.436 € brut­to; es wur­de ihm am 18.09.2018 über­ge­ben. Den Kauf­ver­trag über den Pkw hat­te die Klä­ge­rin ver­mit­telt. Un­ter dem 18.09.2018 stell­te die H-GmbH dem Be­klag­ten den Kauf­preis (31.436 €) ab­züg­lich ei­ner Ak­ti­ons­prä­mie in Hö­he von 4.500 € net­to (= 5.355 € brut­to) und da­mit 26.081 € (brut­to) in Rech­nung. Der Be­klag­te zahl­te die­sen Be­trag an die H-GmbH.

Die­se trat ih­ren An­spruch auf Zah­lung des rest­li­chen Kauf­preis am 25.09.2019 wirk­sam an die Klä­ge­rin ab.

Die Klä­ge­rin be­haup­tet, der Be­klag­te bei Ab­schluss des Kfz-Kauf­ver­trags be­an­tragt, von der Fahr­zeug­her­stel­le­rin – der Volks­wa­gen AG – ei­ne so­ge­nann­te Um­welt­prä­mie in Hö­he von 4.500 € net­to zu er­hal­ten. Es sei ver­ein­bart wor­den, dass die­ser Be­trag nur dann vom Kauf­preis ab­ge­zo­gen wer­de, wenn die Volks­wa­gen AG dem Be­klag­ten die Um­welt­prä­mie ge­wäh­re. Grund­vor­aus­set­zung für die Ge­wäh­rung der Um­welt­prä­mie sei ge­we­sen, dass der Be­klag­te im Zu­ge des Er­werbs des VW Cad­dy ein Die­sel­fahr­zeug mit ei­nem be­stimm­ten Al­ter ver­schrot­ten las­se. Die Zeu­gin M ha­be den Be­klag­ten im Ver­kaufs­ge­sprä­ches dar­auf hin­ge­wie­sen, dass das zu ver­schrot­ten­de Fahr­zeug kom­plett sein müs­se. Der Be­klag­te – so be­haup­tet die Klä­ge­rin wei­ter – ha­be zwar, wie ver­ein­bart, ein Die­sel­fahr­zeug ver­schrot­ten las­sen, doch ha­be die­ses Fahr­zeug nicht den An­for­de­run­gen der Volks­wa­gen AG ge­nügt, die für die Ge­wäh­rung ei­ner Um­welt­prä­mie er­füllt sein müss­ten. Viel­mer ha­be das Fahr­zeug – ent­ge­gen der dem Be­klag­ten er­teil­ten Aus­kunft, dass es kom­plett sein müs­se – nur noch aus der Au­ßen­haut be­stan­den und ins­be­son­de­re nicht mehr, was zwin­gend er­for­der­lich ge­we­sen wä­re, über ei­nen Mo­tor ver­fügt. Nach Auf­fas­sung der Klä­ge­rin wa­ren so­mit die Vor­aus­set­zun­gen für die Ge­wäh­rung der Um­welt­prä­mie hier nicht er­füllt, so­dass der Be­klag­te noch die Zah­lung der zu Un­recht vom Kauf­preis ab­ge­zo­ge­nen 5.355 € (brut­to) schul­de.

Der Be­klag­te ist der auf Zah­lung die­ses Be­trags nebst Zin­sen ge­rich­te­ten Kla­ge, mit der die Klä­ge­rin auch vor­ge­richt­lich an­ge­fal­le­ne Rechts­an­walts­kos­ten in Hö­he von 297,62 € nebst Zin­sen er­setzt ver­langt hat, ent­ge­gen­ge­tre­ten. Er be­haup­tet, es sei nicht ver­ein­bart wor­den, dass er die Ge­wäh­rung ei­ner Um­welt­prä­mie be­an­tra­ge und der ent­spre­chen­de Be­trag ge­ge­be­nen­falls – bei Ge­wäh­rung der Um­welt­prä­mie – vom Kauf­preis für den VW Cad­dy ab­ge­zo­gen wer­de. Viel­mehr sei ihm be­reits bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags ei­ne Ak­ti­ons­prä­mie in Hö­he von 4.500 € net­to zu­ge­si­chert wor­den. Man ha­be ihm auch zu kei­nem Zeit­punkt mit­ge­teilt, dass das zu ver­schrot­ten­de Fahr­zeug noch über ei­nen Mo­tor ver­fü­gen müs­se. Auf sei­ne Fra­ge, in wel­chem Zu­stand das zu ver­schrot­ten­de Fahr­zeug sein müs­se, ha­be man ihm mit­ge­teilt, dass es le­dig­lich roll­fä­hig sein müs­se.

Die Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: I. Die Kla­ge ist zu­läs­sig, in der Sa­che je­doch un­be­grün­det.

1. Die Kla­ge ist zu­läs­sig. Ins­be­son­de­re ist das LG Re­gens­burg zu­stän­di­ges Ge­richt. Die sach­li­che Zu­stän­dig­keit folgt aus § 23 Nr. 1, § 71 I 1 GVG i. V. mit §§ 1, 4 I ZPO, da der Wert des Streit­ge­gen­stands 5.000 € über­steigt. Die ört­li­che Zu­stän­dig­keit er­gibt sich je­den­falls aus §§ 12, 13 ZPO i. V. mit § 7 BGB, da der Be­klag­te sei­nen Wohn­sitz im Ge­richts­be­zirk des LG Re­gens­burg hat.

2. Die Kla­ge ist un­be­grün­det.

a) Die Klä­ge­rin hat ge­gen den Be­klag­ten kei­nen An­spruch auf Zah­lung des rest­li­chen Kauf­prei­ses in Hö­he von 5.355 € aus §§ 433 II, 398 BGB.

Zwi­schen der H-GmbH und dem Be­klag­ten ist zwar un­strei­tig ein Kauf­ver­trag i. S. des § 433 BGB über ein Neu­fahr­zeug der Mar­ke VW Cad­dy zu­stan­de ge­kom­men; ei­nen An­spruch aus ab­ge­tre­te­nem Recht auf Zah­lung in Hö­he von wei­te­ren 5.355 € hat die Klä­ge­rin gleich­wohl nicht.

Ein sol­cher An­spruch auf Zah­lung des rest­li­chen Kauf­prei­ses in Hö­he von 5.355 € be­stün­de nur, wenn zwi­schen den Par­tei­en – der H-GmbH, ver­tre­ten durch ih­ren Ge­schäfts­füh­rer, und dem Be­klag­ten – wirk­sam ver­ein­bart wor­den wä­re, dass die Prä­mie nur für den Fall ih­rer Be­wil­li­gung ge­währt wer­den soll­te. Das ist aber nicht der Fall. Nach Auf­fas­sung des er­ken­nen­den Ge­richts be­steht zwi­schen den Ver­trags­par­tei­en kei­ne wirk­sa­me Ver­ein­ba­rung da­hin ge­hend, dass der Ab­zug ei­ner Prä­mie in Hö­he von 4.500 € net­to be­zie­hungs­wei­se 5.355 € brut­to un­ter der Be­din­gung der Ver­schrot­tung ei­nes Alt­fahr­zeugs steht.

Ei­ne ver­trag­li­che Ab­re­de ist ge­mäß §§ 133, 157 BGB so aus­zu­le­gen, dass ihr In­halt dem von bei­den Par­tei­en ver­nünf­ti­ger­wei­se ob­jek­tiv ge­mein­sam ge­woll­ten Sinn und Zweck un­ter Be­rück­sich­ti­gung ih­rer In­ter­es­sen­la­ge im Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses ent­spricht (Be­ckOK-BGB/​Wendt­land, Stand: 01.11.2020, § 157 Rn. 12). Die Er­mitt­lung des in die­sem Sin­ne ob­jek­tiv Ver­ein­bar­ten er­folgt nach Maß­ga­be der Grund­sät­ze über die Aus­le­gung emp­fangs­be­dürf­ti­ger Wil­lens­er­klä­run­gen. In­so­weit ist ent­schei­dend, wie der Er­klä­rungs­emp­fän­ger die je­wei­li­ge zum Ver­trags­ab­schluss füh­ren­de Er­klä­rung nach Treu und Glau­ben un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Ver­kehrs­sit­te ver­ste­hen muss­te (Pa­landt/​El­len­ber­ger, BGB, 79. Aufl. [2020], § 133 Rn. 9). Da­bei dür­fen nur sol­che Um­stän­de be­rück­sich­tigt wer­den, die bei Zu­gang der Er­klä­rung ih­rem Emp­fän­ger be­kannt oder für ihn er­kenn­bar wa­ren (BGH, Urt. v. 05.10.2006 – III ZR 166/05, ju­ris Rn. 18; Pa­landt/​El­len­ber­ger, a. a. O., sect; 133 Rn. 9). Auf sei­nen „Ho­ri­zont“ und sei­ne Ver­ständ­nis­mög­lich­kei­ten ist die Aus­le­gung ab­zu­stel­len, und zwar selbst dann, wenn der Er­klä­ren­de die Er­klä­rung an­ders ver­stan­den hat und auch ver­ste­hen durf­te (MünchKomm-BGB/​Bu­sche, 8. Aufl. [2018], § 133 Rn. 12). Auch wenn nach § 133 BGB der wirk­li­che Wil­le zu er­for­schen ist, stellt näm­lich nicht der in­ne­re, son­dern der be­kun­de­te Wil­le das The­ma der von § 133 BGB ge­re­gel­ten Aus­le­gung dar. Mit­hin sind in ers­ter Li­nie ge­ra­de der von den Par­tei­en ge­wähl­te Wort­laut so­wie der dem Wort­laut zu ent­neh­men­de ob­jek­tiv er­klär­te Par­tei­wil­le zu be­rück­sich­ti­gen (BGH, Urt. v. 15.10.2014 – XII ZR 111/12, ju­ris Rn. 48).

Ge­mes­sen hier­an ist die maß­geb­li­che Ver­trags­ab­re­de – an­ders als die Kla­ge­par­tei meint – nicht so aus­zu­le­gen, dass die Prä­mie nur für den Fall ih­rer Be­wil­li­gung von dem Ge­samt­be­trag in Hö­he von 31.436 € in Ab­zug ge­bracht wer­den soll­te. Ei­ne schrift­li­che Fi­xie­rung des Kauf­ver­trags als sol­chen ist nicht er­folgt. In­so­weit ist zur Er­mitt­lung des Par­tei­wil­lens zu­nächst die dem Ge­richt vor­ge­leg­te Rech­nung der H-GmbH vom 18.09.2018 her­an­zu­zie­hen. Die­ser Rech­nung ist schon nicht zu ent­neh­men, dass ei­ne so­ge­nann­te Um­welt­prä­mie ge­währt wer­den soll. In den Rech­nungs­un­ter­la­gen ist le­dig­lich von ei­ner Ak­ti­ons­prä­mie die Re­de. Über­dies ist nichts für ei­nen et­wai­gen Vor­be­halt er­sicht­lich. Viel­mehr wur­de der Be­trag von 4.500 € net­to be­zie­hungs­wei­se 5.355 € brut­to so­gleich – oh­ne ei­nen ent­spre­chen­den Hin­weis auf ei­ne be­ding­te Ge­wäh­rung der Prä­mie – in Ab­zug ge­bracht.

Dies gilt um­so mehr, als dem Be­klag­ten im Rah­men der Ver­kaufs­ge­sprä­che zu kei­nem Zeit­punkt Un­ter­la­gen hin­sicht­lich der streit­ge­gen­ständ­li­chen Um­welt­prä­mie zur Ver­fü­gung ge­stellt wur­den. Auch im Üb­ri­gen wur­de der Be­klag­te nicht über das Ver­fah­ren der Be­wil­li­gung auf­ge­klärt. Der Be­klag­te hat im Rah­men sei­ner in­for­ma­to­ri­schen An­hö­rung an­ge­ge­ben, ihm sei le­dig­lich mit­ge­teilt wor­den, dass er das Alt­fahr­zeug „ein­fach“ zur H-GmbH ver­brin­gen sol­le und die­ses „schon roll­fä­hig“ sein müs­se. Wei­ter­ge­hen­de In­for­ma­tio­nen hin­sicht­lich der Um­welt­prä­mie ha­be er nicht er­hal­ten. Be­stä­tigt wur­de dies sei­tens der Zeu­gin M, die aus­sag­te, dass Kun­den, die In­ter­es­se an der Um­welt­prä­mie be­kun­de­ten, kei­ne Un­ter­la­gen er­hiel­ten, in de­nen die Vor­aus­set­zun­gen ih­res Er­halts nä­her dar­ge­legt wer­den, da es sich hier­bei um kon­zern­in­ter­ne Do­ku­men­te han­de­le, die nicht her­aus­ge­ge­ben wer­den dürf­ten. Das Ge­richt hält die­se An­ga­ben für glaub­haft, da sie sich – trotz der ge­gen­sätz­li­chen Po­si­tio­nen in der hie­si­gen Streit­sa­che – in­halt­lich de­cken. Dem­ge­mäß wuss­te der Be­klag­te zum maß­geb­li­chen Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses nicht um den Ab­lauf des kon­kre­ten Be­wil­li­gungs­ver­fah­rens.

Ein an­de­res gilt auch dann nicht, wenn dem Be­klag­ten ge­gen­über im Rah­men der Ver­kaufs­ge­sprä­che fol­gen­der Satz ver­laut­bart wor­den wä­re: „Ein Fahr­zeug muss ein Fahr­zeug sein, es muss roll­fä­hig sein, ein Mo­tor­scha­den ist egal; das Fahr­zeug muss aber be­weg­bar sein und es muss aus­schau­en wie ein Au­to“. Zum ei­nen steht zur Über­zeu­gung des Ge­richts schon nicht fest, dass die­se Aus­sa­ge dem Be­klag­ten ge­gen­über vor dem Ver­trags­ab­schluss tat­säch­lich ge­tä­tigt wor­den ist, da die Zeu­gin M kei­ne kon­kre­te Er­in­ne­rung mehr an ein Ver­kaufs­ge­spräch mit dem Be­klag­ten hat­te und der Um­stand, dass der vor­ge­nann­te Satz „im­mer“ von al­len Ver­käu­fern der H-GmbH vor­ge­tra­gen wird, nicht au­to­ma­tisch den Schluss zu­lässt, dass dies auch im Rah­men des Ge­sprächs mit dem Be­klag­ten der Fall war. Zum an­de­ren gibt der be­schrie­be­ne Zu­stand des Alt­fahr­zeugs kei­ner­lei Auf­schluss über das Be­wil­li­gungs­ver­fah­ren. Auch wenn der Käu­fer, na­ment­lich der Be­klag­te, um den er­for­der­li­chen Zu­stand des Alt­fahr­zeu­ges weiß, ist ihm je­den­falls nicht be­kannt, dass der Er­halt der Um­welt­prä­mie erst nach der Ab­ga­be ei­nes Ver­wer­tungs­nach­wei­ses über­prüft wird, und zwar nicht vom Ver­trags­part­ner selbst, son­dern von Drit­ten.

Wenn dem Be­klag­ten aber die­se In­for­ma­ti­on nicht zu­teil wird und auch der Rech­nung kein Vor­be­halt hin­sicht­lich der Ge­wäh­rung der Um­welt­prä­mie ent­neh­men ist, der be­tref­fen­de Be­trag in Hö­he von 5.355 € viel­mehr schon bei Rech­nungstel­lung in Ab­zug ge­bracht wird und die Ver­wer­tung des Alt­fahr­zeugs so­wie die Prü­fung der Vor­aus­set­zun­gen der Um­welt­prä­mie erst im An­schluss er­fol­gen, darf und muss der Be­klag­te von ei­ner un­be­ding­ten Ge­wäh­rung des vor­ge­nann­ten Be­trags aus­ge­hen. Dass die Prü­fung der Vor­aus­set­zun­gen und letzt­lich die Ent­schei­dung über die Um­welt­prä­mie nicht der H-GmbH ob­liegt, darf nicht zu­las­ten des Käu­fers, na­ment­lich des Be­klag­ten, ge­hen. Wird die Um­welt­prä­mie so­gleich bei Ver­trags­schluss vor­be­halt­los vom Ge­samt­kauf­preis in Ab­zug ge­bracht, trägt das Ri­si­ko ei­ner ne­ga­ti­ven Ver­be­schei­dung der Ver­käu­fer, dem­nach die H-GmbH;. Ei­ne Ri­si­ko­über­wäl­zung auf den Käu­fer kommt schon des­halb nicht in Be­tracht, weil der Käu­fer kei­ner­lei Ein­bli­cke in das Ver­fah­ren der Be­wil­li­gung der Um­welt­prä­mie hat. Er ver­fügt nur über die­je­ni­gen In­for­ma­tio­nen, die ihm im Zu­ge des Ver­kaufs­ge­sprächs be­kannt wer­den. Nach den vor­ste­hen­den Aus­füh­run­gen wur­den dem Be­klag­ten aber nur Aus­künf­te über den er­for­der­li­chen Zu­stand des Alt­fahr­zeugs zu­teilt. Kennt­nis­se über den Ab­lauf des Ver­fah­rens, ins­be­son­de­re im Hin­blick auf die Ver­wer­tung des Alt­fahr­zeugs, hat­te der Be­klag­te ge­ra­de nicht. In­so­weit un­ter­fällt das Ri­si­ko ei­ner et­wai­gen Nicht­be­wil­li­gung der Um­welt­prä­mie al­lein dem Ver­ant­wor­tungs­be­reich der H-GmbH.

Nach al­le­dem spricht nichts da­für, dass die Um­welt­prä­mie nur für den Fall ih­rer Be­wil­li­gung in Ab­zug ge­bracht wer­den soll­te.

Kon­kre­te An­halts­punk­te für ei­ne an­der­wei­ti­ge Aus­le­gung der Ver­trags­ab­re­de sind im Üb­ri­gen we­der dar­ge­tan noch sonst wie er­sicht­lich. Dies geht zu­las­ten der Klä­ge­rin. Denn die­je­ni­gen Tat­sa­chen, die zu ei­nem be­stimm­ten Aus­le­gungs­er­geb­nis füh­ren sol­len, hat der­je­ni­ge Be­tei­lig­te dar­zu­le­gen und zu be­wei­sen, der sich auf je­nes Aus­le­gungs­er­geb­nis be­ruft (OLG Ko­blenz, Beschl. v. 05.06.2019 – 9 UF 104/19, ju­ris Rn. 41).

Im Hin­blick auf die eben­falls strei­ti­ge – je­doch nicht mehr ent­schei­dungs­er­heb­li­che – Fra­ge, wel­chen An­for­de­run­gen das Alt­fahr­zeug ge­nü­gen muss, ver­tritt das er­ken­nen­de Ge­richt die Auf­fas­sung, dass der Be­klag­te den ein­gangs zi­tier­ten Satz der Zeu­gin M – un­ter­stellt, dass er im Rah­men des Ver­kaufs­ge­sprächs tat­säch­lich kund­ge­ge­ben wur­de – nicht so zu ver­ste­hen hat­te, dass das Alt­fahr­zeug noch zwin­gend über ei­nen Mo­tor ver­fü­gen muss­te. Die ent­hal­te­ne In­for­ma­ti­on, dass ein Mo­tor­scha­den die Ge­wäh­rung der Um­welt­prä­mie nicht hin­de­re, lässt nicht zu­gleich den Schluss zu, dass in dem Fahr­zeug noch tat­säch­lich ein Mo­tor vor­han­den sein muss. Zwar lie­ße der Zweck der Um­welt­prä­mie – die An­re­gung zum Kauf ei­nes Neu­fahr­zeugs zur Min­de­rung der An­zahl be­trie­be­ner schad­stoff­rei­cher Alt­fahr­zeu­ge – durch­aus die An­nah­me zu, dass es ge­ra­de auch auf die Ver­wer­tung des Fahr­zeug­mo­tors an­kommt. Ein Kun­de, der um die an­ste­hen­de Ver­schrot­tung des Alt­fahr­zeugs weiß, wird je­doch re­gel­mä­ßig da­von aus­ge­hen, dass es, wenn schon ein Mo­tor­scha­den dem Er­halt der Um­welt­prä­mie nicht ent­ge­gen­steht, nicht auf das Vor­han­den­sein ei­nes Mo­tors an­kommt.

b) Man­gels be­rech­tig­ter Haupt­for­de­rung hat die Klä­ge­rin auch kei­nen An­spruch auf Er­satz der vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten. Die Ne­ben­for­de­rung teilt das Schick­sal der Haupt­for­de­rung.

II. Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 91 I 1 ZPO. …

Hin­weis: Auf die Be­ru­fung der Klä­ge­rin hat der 13. Zi­vil­se­nat des OLG Nürn­berg das vor­ste­hen­de Ur­teil teil­wei­se ge­än­dert und den Be­klag­ten ver­ur­teilt, an die Klä­ge­rin 5.355 € nebst Rechts­hän­gig­keits­zin­sen zu zah­len. Im Üb­ri­gen – hin­sicht­lich der er­setzt ver­lang­ten Rechts­an­walts­kos­ten – hat es die Be­ru­fung zu­rück­ge­wie­sen und die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Zur Be­grün­dung hat das OLG Nürn­berg in sei­nem Ur­teil vom 29.07.2021 – 13 U 236/21 – aus­ge­führt:

„II. Der Klä­ge­rin steht ein An­spruch auf Zah­lung des Rest­kauf­prei­ses in Hö­he von 5.355 € aus ab­ge­tre­te­nem Recht ge­mäß §§ 433 I, 398 BGB zu.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen un­ter der un­zu­tref­fen­den An­nah­me, dass zwi­schen den Ver­trags­par­tei­en kei­ne wirk­sa­me Ver­ein­ba­rung da­hin ge­hend, dass der Ab­zug ei­ner Prä­mie in Hö­he von 5.355 € brut­to un­ter der Be­din­gung der Ver­schrot­tung ei­nes Alt­fahr­zeugs ge­stan­den ha­be, zu­stan­de ge­kom­men sei. Das Land­ge­richt hat be­reits ei­nen un­zu­tref­fen­den recht­li­chen An­satz ge­wählt. Au­ßer­dem ist die Be­weis­wür­di­gung feh­ler­haft er­folgt. Bei zu­tref­fen­der Wür­di­gung des un­strei­ti­gen Sach­ver­halts und der durch­ge­führ­ten Be­weis­auf­nah­me ist die An­nah­me ge­recht­fer­tigt, dass der streit­ge­gen­ständ­li­che Be­trag von der Er­set­zungs­be­fug­nis des Be­klag­ten um­fasst war, er je­doch durch sein Ver­hal­ten die Ge­wäh­rung ei­ner Um­welt­prä­mie durch den Fahr­zeug­her­stel­ler ver­hin­dert hat, so­dass er den noch aus­ste­hen­den Rest­kauf­preis an die Klä­ge­rin zu zah­len hat.

1. Nach § 286 I 1, II ZPO hat das Ge­richt un­ter Be­rück­sich­ti­gung des ge­sam­ten In­halts der Ver­hand­lun­gen und des Er­geb­nis­ses der Be­weis­auf­nah­me nach frei­er Über­zeu­gung zu ent­schei­den, ob ei­ne tat­säch­li­che Be­haup­tung für wahr oder für nicht wahr zu er­ach­ten ist. So­weit das Be­weis­maß be­trof­fen ist, hat der Tatrich­ter oh­ne Bin­dung an Be­weis­re­geln und nur sei­nem Ge­wis­sen un­ter­wor­fen die Ent­schei­dung zu tref­fen, ob er an sich mög­li­che Zwei­fel über­win­den und sich von ei­nem be­stimm­ten Sach­ver­halt als wahr über­zeu­gen kann. Je­doch setzt das Ge­setz kei­ne von al­len Zwei­feln freie Über­zeu­gung vor­aus. Das Ge­richt darf kei­ne un­er­füll­ba­ren Be­weis­an­for­de­run­gen stel­len und kei­ne un­um­stöß­li­che Ge­wiss­heit bei der Prü­fung ver­lan­gen, ob ei­ne Be­haup­tung wahr und er­wie­sen ist. Viel­mehr darf und muss sich der Rich­ter in tat­säch­lich zwei­fel­haf­ten Fäl­len mit ei­nem für das prak­ti­sche Le­ben brauch­ba­ren Grad von Ge­wiss­heit be­gnü­gen, der den Zwei­feln Schwei­gen ge­bie­tet, oh­ne sie völ­lig aus­zu­schlie­ßen (vgl. BGH, Urt. v. 06.05.2015 – VI­II ZR 161/14, ju­ris Rn. 11).

Die Be­ru­fung dient in ers­ter Li­nie der Feh­ler­kon­trol­le und Feh­ler­be­sei­ti­gung; das Be­ru­fungs­ge­richt ist da­her an die vom Ge­richt des ers­ten Rechts­zugs fest­ge­stell­ten Tat­sa­chen grund­sätz­lich ge­bun­den. Ei­ne neue Tat­sa­chen­fest­stel­lung ist nur als Aus­nah­me vor­ge­se­hen, so­weit in ers­ter In­stanz die Fest­stel­lun­gen nicht voll­stän­dig und nicht über­zeu­gend ge­trof­fen wor­den sind (§ 529 I Nr. 1 ZPO). Die Be­weis­wür­di­gung ist ge­ne­rell Auf­ga­be des erst­in­stanz­li­chen Tatrich­ters. Al­ler­dings kön­nen sich Zwei­fel an der Rich­tig­keit und Voll­stän­dig­keit ent­schei­dungs­er­heb­li­cher Fest­stel­lun­gen auch aus der Mög­lich­keit un­ter­schied­li­cher Wer­tun­gen er­ge­ben (BGH, Urt. v. 09.03.2005 – VI­II ZR 266/03, BGHZ 162, 313, 317 = ju­ris Rn. 7; Beschl. v. 10.05.2016 – VI­II ZR 214/15, ju­ris Rn. 16). Hat sich das Erst­ge­richt mit den Be­wei­s­er­geb­nis­sen um­fas­send und wi­der­spruchs­frei aus­ein­an­der­ge­setzt – ist die Wür­di­gung al­so voll­stän­dig und recht­lich mög­lich und ver­stößt nicht ge­gen Denk­ge­set­ze oder Er­fah­rungs­sät­ze – und ist auch das Be­ru­fungs­ge­richt von der Rich­tig­keit der erst­in­stanz­li­chen Be­weis­wür­di­gung über­zeugt, so sind die Fest­stel­lun­gen bin­dend. Ei­ne Par­tei kann dann nicht in zu­läs­si­ger Wei­se ih­re ei­ge­ne Wür­di­gung an die Stel­le der­je­ni­gen des Erst­ge­richts set­zen.

2. Das Land­ge­richt hat die durch­ge­führ­te Be­weis­auf­nah­me feh­ler­haft ge­wür­digt.

a) Der Be­klag­te hat im Rah­men sei­ner in­for­ma­to­ri­schen An­hö­rung in der Sit­zung am 02.11.2020 aus­ge­führt, er ha­be vor den Kauf­ver­hand­lun­gen über das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug in Er­fah­rung ge­bracht, dass Volks­wa­gen ei­ne Um­welt­prä­mie an­prei­se. Er sei schon vor den Ver­kaufs­ge­sprä­chen ein­mal im Au­to­haus ge­we­sen und ha­be be­spro­chen, in Hö­he wel­chen Be­trags er ei­ne Um­welt­prä­mie gut­ge­schrie­ben be­kom­men kön­ne. Hin­sicht­lich des Zu­stands des Alt­fahr­zeugs ha­be die Zeu­gin M nur mit­ge­teilt, dass das Fahr­zeug ‚schon roll­fä­hig‘ sein sol­le. Er ha­be dies so in­ter­pre­tiert, dass er al­les aus­bau­en kön­ne, was er noch brau­chen kön­ne. Er ha­be dann den Mo­tor und sämt­li­che an­de­ren Be­stand­tei­le, die er brau­chen kön­ne, aus dem Fahr­zeug ent­fernt. Das Fahr­zeug ha­be im We­sent­li­chen nur noch aus der Ka­ros­se­rie und den Tü­ren be­stan­den. Die Rä­der sei­en ab­mon­tiert wor­den, aber noch im Fahr­zeug ge­la­gert ge­we­sen. Den Mo­tor ha­be er nicht ver­wer­tet; die­ser sei noch bei ihm zu Hau­se.

b) Die Zeu­gin M hat be­kun­det, dass al­le Ver­käu­fer im Au­to­haus im­mer den­sel­ben Satz sag­ten be­zo­gen auf die Um­welt­prä­mie, näm­lich: ‚Ein Fahr­zeug muss ein Fahr­zeug sein, das heißt, es muss ein Au­to sein und es muss noch roll­fä­hig sein.‘ Die Um­welt­prä­mie wer­de nicht ga­ran­tiert, son­dern nur dann ge­währt, wenn de­ren Vor­aus­set­zun­gen vor­lä­gen. Sie ha­be nicht ex­pli­zit dar­auf hin­ge­wie­sen, dass das Au­to nicht aus­ge­schlach­tet sein dür­fe. Auch ha­be sie nicht dar­auf hin­ge­wie­sen, dass ein Mo­tor­scha­den kein Pro­blem sei. Als der Sohn des Be­klag­ten das Alt­fahr­zeug ge­lie­fert ha­be, ha­be sie gleich ge­sagt, das ge­he nicht. Das kön­ne auf kei­nen Fall ver­wer­tet wer­den. Das Alt­fahr­zeug ha­be nur noch aus der Au­ßen­hül­le be­stan­den. Es ha­be kei­ne Sit­ze mehr ge­habt und auch kei­nen Gang­he­bel. Der Sohn des Be­klag­ten ha­be mit­ge­teilt, dass er die Rei­fen ex­tra ab­ge­macht und durch Schwer­last­rol­len er­setzt ha­be. Nach der Ver­wer­tung des Alt­fahr­zeugs ha­be der Sohn des Be­klag­ten ei­nen Ver­wer­tungs­schein vor­ge­legt und dann ver­sucht, den Vor­aus­set­zun­gen der Um­welt­prä­mie durch ei­ne nach­träg­li­che Ver­wer­tung des Mo­tors zu ge­nü­gen. Dies ha­be aber da­bei nicht ge­klappt, weil der Mo­tor dem Alt­fahr­zeug nicht mehr zu­ge­ord­net wer­den kön­ne. Auf dem Mo­tor sei näm­lich kei­ne Fahr­ge­stell­num­mer ver­merkt, son­dern nur ei­ne Mo­tor­kenn­zahl. Die­se sei aber nicht in­di­vi­du­ell zu­or­den­bar.

c) Der Sohn des Be­klag­ten, der Zeu­ge S, hat im We­sent­li­chen den Ver­wer­tungs­vor­gang ge­schil­dert. Als er beim Au­to­haus ge­we­sen sei, ha­be ihm F ge­sagt, dass es sich bei dem mit­ge­brach­ten Alt­fahr­zeug nicht mehr um ein Fahr­zeug han­de­le, son­dern um ei­ne Ka­ros­se­rie. Sie ha­be auch ge­meint, dass es ein Pro­blem ge­ben könn­te, weil das Fahr­zeug nicht mehr zu­sam­men­ge­schraubt sei. Das Alt­fahr­zeug ha­be auch kei­ne Mo­tor­klap­pe mehr ge­habt. Die­se sei ab­ge­schraubt ge­we­sen. So­wohl F als auch Frau M hät­ten er­ken­nen kön­nen, dass in dem Fahr­zeug kein Mo­tor mehr ver­baut ge­we­sen sei. Er sei aber nicht dar­auf hin­ge­wie­sen wor­den, dass das ein Pro­blem ge­ben kön­ne.

d) Die Zeu­gin F hat im We­sent­li­chen aus­ge­führt, dass sie selbst das Fahr­zeug zu kei­nem Zeit­punkt ge­se­hen ha­be. Sie sei auch nicht da­für zu­stän­dig, al­te Fahr­zeu­ge ent­ge­gen­zu­neh­men. Zum ers­ten Mal per­sön­lich zu tun ha­be sie mit dem Sohn des Be­klag­ten ge­habt, als die­ser er­folg­los ver­sucht ha­be, das Alt­fahr­zeug bei dem Ver­wer­ter, der Fir­ma V, zu ver­wer­ten. Als er nach dem er­folg­lo­sen Ver­such zum Au­to­haus ge­kom­men sei, hät­ten sie und M ihn dar­auf hin­ge­wie­sen, dass der Ver­wer­ter zer­ti­fi­ziert sein müs­se und dass das Fahr­zeug im Gan­zen ver­schrot­tet wer­den müs­se. Er müs­se, um die Um­welt­prä­mie zu er­hal­ten, ei­nen Ver­wer­tungs­nach­weis für das ge­sam­te Fahr­zeug vor­le­gen. Dar­auf ha­be sie den Sohn des Be­klag­ten aus­drück­lich hin­ge­wie­sen. Es stim­me nicht, dass sie den Ver­schrot­tungs­nach­weis an­ge­nom­men und ‚passt‘ ge­sagt ha­be. Sie sei da­zu gar nicht be­fugt. Au­ßer­dem ha­be sie gleich ge­se­hen, dass auf dem Ver­schrot­tungs­nach­weis der Zu­satz „oh­ne Mo­tor“ ver­merkt ge­we­sen sei. Der Ent­sor­gungs­nach­weis wer­de erst ein­mal an das Au­to­haus A wei­ter­ge­lei­tet; das prü­fe dann, ob die Vor­aus­set­zun­gen für die Ge­wäh­rung der Um­welt­prä­mie vor­lie­gen. Sie ha­be den Ent­sor­gungs­nach­weis zur Prü­fung an das Au­to­haus A wei­ter­ge­ge­ben, ver­bun­den mit der Bit­te, ei­nen Ku­lanz­an­trag zu stel­len. In der Fol­ge sei mit­ge­teilt wor­den, dass Ku­lanz ge­währt wer­den kön­ne, wenn der Mo­tor, der noch ver­wer­tet wer­den sol­le, der Fahr­ge­stell­num­mer zu­ge­ord­net wer­den kön­ne. Sie ha­be dar­auf­hin ei­ne E-Mail an den Be­klag­ten oder sei­nen Sohn ge­schrie­ben, die nie be­ant­wor­tet wor­den sei. Sie ha­be auch ver­sucht, den Be­klag­ten te­le­fo­nisch zu er­rei­chen. Auch dies sei nicht er­folg­reich ge­we­sen. Sie kön­ne sich nur an ein Te­le­fo­nat mit dem Sohn des Be­klag­ten er­in­nern. Die­ser ha­be sinn­ge­mäß ge­meint, er wür­de den Mo­tor not­falls schon nach­träg­lich ver­wer­ten; er wol­le aber aus meh­re­ren al­ten Fahr­zeug­be­stand­tei­len lie­ber ein Fahr­zeug zu­sam­men­bau­en.

3. Ei­ne Wie­der­ho­lung der Be­weis­auf­nah­me durch den Se­nat war nicht er­for­der­lich, weil sich be­reits aus den pro­to­kol­lier­ten Aus­sa­gen der Zeu­gen und den An­ga­ben des Be­klag­ten selbst er­gibt, dass das Land­ge­richt die durch­ge­führ­te Be­weis­auf­nah­me nicht voll­stän­dig ge­wür­digt hat, wo­bei die Lü­cken bei der Be­weis­wür­di­gung ent­schei­dungs­er­heb­li­che Punk­te be­tref­fen.

a) Ent­ge­gen den Aus­füh­run­gen des Land­ge­richts hat die Zeu­gin M aus­drück­lich be­kun­det, sie ha­be im Rah­men des Ver­kaufs­ge­sprächs mit dem Be­klag­ten den Satz ge­sagt, der im­mer ge­sagt wer­de (‚Ein Fahr­zeug muss ein Fahr­zeug sein, das heißt, es muss ein Au­to sein und es muss noch roll­fä­hig sein.‘). Die Zeu­gin hat sich al­so kon­kret an das Ge­spräch mit dem Be­klag­ten er­in­nert. Das Land­ge­richt hat au­ßer­dem den ei­ge­nen Vor­trag des Be­klag­ten im Rah­men der in­for­ma­to­ri­schen An­hö­rung un­be­rück­sich­tigt ge­las­sen. Die­ser hat näm­lich aus­ge­führt, er ha­be sich im Vor­feld des Fahr­zeug­kaufs über ei­ne von Volks­wa­gen be­wor­be­ne Um­welt­prä­mie er­kun­digt. Sinn und Zweck der­ar­ti­ger Wer­be­ak­tio­nen (Ver­schrot­tungs­prä­mie), bei de­nen dem Käu­fer ein zu­sätz­li­cher Preis­nach­lass ein­ge­räumt wird, um aus Um­welt­schutz­grün­den äl­te­re Fahr­zeu­ge aus dem Ver­kehr zu zie­hen, ist die Ver­schrot­tung des vom Käu­fer in Zah­lung ge­ge­be­nen Fahr­zeugs (vgl. Bach­mei­er, Rechts­hand­buch Au­to­kauf, 2. Aufl. [2013], Rn. 279). Dass ei­ne sol­che Um­welt­prä­mie nur den Sinn ha­ben kann, die Um­welt vor den Emis­sio­nen al­ter Fahr­zeu­ge zu schüt­zen, in­dem die­se aus dem Ver­kehr ge­zo­gen wer­den, ist für je­den durch­schnitt­li­chen Käu­fer oh­ne Wei­te­res er­kenn­bar. Dass die­ses Ziel mit ei­nem völ­lig aus­ge­schlach­te­ten Alt­fahr­zeug oh­ne Mo­tor, wie es vom Be­klag­ten prä­sen­tiert wur­de, nicht er­reicht wer­den kann, eben­falls.

b) Auch ist der recht­li­che An­satz des Land­ge­richts so­wie die land­ge­richt­li­che Wür­di­gung der vor­ge­leg­ten Un­ter­la­gen un­zu­tref­fend. Die Rech­nung vom 18.09.2018 weist näm­lich den Be­trag von 31.436 € aus. Die Um­welt­prä­mie in Hö­he von 5.355 € brut­to wur­de ent­ge­gen der An­nah­me des Land­ge­richts nicht ‚so­gleich in Ab­zug ge­bracht‘, son­dern auf ei­ner ge­son­der­ten Rech­nung als „Ak­ti­ons­prä­mie“ aus­ge­wie­sen. Es han­del­te sich so­mit er­kenn­bar um ei­ne Er­set­zungs­be­fug­nis des Be­klag­ten hin­sicht­lich ei­nes Teils des Kauf­prei­ses. Der Händ­ler lässt sich in ei­nem sol­chen Fall auf die In­zah­lung­nah­me des Alt­fahr­zeugs nur ein, um das von ihm er­streb­te Ge­schäft ab­schlie­ßen zu kön­nen. Dies be­deu­tet nicht, dass sich die Ver­trags­par­tei­en auf ei­ne Ge­gen­leis­tung ei­ni­gen, die zum ei­nen Teil in Geld und zum an­de­ren Teil in der Über­las­sung des Alt­fahr­zeugs be­ste­hen soll. Viel­mehr bleibt im Re­gel­fall die vom Käu­fer ge­schul­de­te Ge­gen­leis­tung in vol­ler Hö­he ei­ne Geld­schuld. Es liegt des­halb bei ei­ner sol­chen Fall­ge­stal­tung re­gel­mä­ßig ein ein­heit­li­cher Kauf­ver­trag vor. Je­doch hat der Käu­fer auf­grund der Par­tei­ver­ein­ba­run­gen das Recht, an­stel­le der aus­be­dun­ge­nen Geld­schuld zum Zwe­cke der Er­fül­lung sei­nen ge­brauch­ten Wa­gen in Zah­lung zu ge­ben. Mit die­ser Er­set­zungs­be­fug­nis des Käu­fers ist den In­ter­es­sen bei­der Be­tei­lig­ten aus­rei­chend ge­nügt (BGH, Urt. v. 30.10.2002 – VI­II ZR 119/02, ju­ris Rn. 11).

aa) Der Be­klag­te als Käu­fer trägt für die Kauf­preis­zah­lung die Be­weis­last (Pa­landt/​Wei­den­kaff, BGB, 80. Aufl. [2021], § 433 Rn. 57), im vor­lie­gen­den Fall al­so zu­min­dest da­für, dass er al­les aus sei­ner Sicht Er­for­der­li­che ge­tan hat, um die Vor­aus­set­zun­gen der Um­welt­prä­mie zu schaf­fen. Geht man von der Ver­ein­ba­rung ei­ner Er­set­zungs­be­fug­nis aus, be­ein­flusst der not­lei­den­de Se­kun­där­fahr­zeug­kauf­ver­trag den Kauf­ver­trag über das Pri­mär­fahr­zeug nicht. Die dem Käu­fer ob­lie­gen­de Zah­lungs­ver­pflich­tung steigt nach dem Weg­fall des er­set­zend wir­ken­den Alt­fahr­zeugs um den für die­ses Fahr­zeug ver­ein­bar­ten Preis an. Die­se auf den ers­ten Blick mas­siv die Käu­fer­in­ter­es­sen be­ein­träch­ti­gen­de recht­li­che Fol­ge kann ge­gen die An­nah­me ei­ner Er­set­zungs­be­fug­nis je­doch nicht vor­ge­bracht wer­den. Wer ein man­gel­haf­tes Fahr­zeug an­bie­tet oder gar über den Zu­stand täuscht, ist nicht schutz­be­dürf­tig (Bach­mei­er, a. a. O., Rn. 281).

bb) So liegt der Fall hier. Das vom Be­klag­ten an­ge­bo­te­ne Alt­fahr­zeug ge­nüg­te be­reits auf den ers­ten Blick nicht ein­mal an­satz­wei­se den An­for­de­run­gen an ein Fahr­zeug. Nach An­ga­ben des Sohns des Be­klag­ten, des Zeu­gen S, wur­de ihm das so auch von der Zeu­gin F ge­sagt. Im Üb­ri­gen hat die Zeu­gin von ei­nem Te­le­fo­nat mit ihm be­rich­tet, bei dem S ge­äu­ßert ha­be, er wür­de den Mo­tor not­falls schon nach­träg­lich ver­wer­ten, er wol­le aber aus meh­re­ren al­ten Fahr­zeug­be­stand­tei­len lie­ber ein Fahr­zeug zu­sam­men­bau­en. Die Mo­ti­va­ti­on des Be­klag­ten be­stand al­so dar­in, mög­lichst vie­le Fahr­zeug­be­stand­tei­le als Er­satz­tei­le für an­de­re Fahr­zeu­ge zu ver­wer­ten, ins­be­son­de­re auch den Mo­tor, was dem Sinn und Zweck ei­ner Um­welt­prä­mie er­kenn­bar wi­der­spricht. Ent­ge­gen der An­nah­me des Land­ge­richts war der Be­klag­te nicht schutz­be­dürf­tig.

4. Der Klä­ge­rin ste­hen we­der Ver­zugs­zin­sen noch ein An­spruch auf Er­stat­tung vor­ge­richt­li­cher An­walts­kos­ten zu. Die Klä­ge­rin hat be­reits die Vor­aus­set­zun­gen des Ver­zugs ge­mäß § 286 BGB nicht schlüs­sig dar­ge­legt. Sie hat le­dig­lich auf die Rech­nung der Ze­den­tin vom 14.03.2019 ab­ge­stellt. Zur Mah­nung ge­mäß § 286 I 1 BGB oder Ent­behr­lich­keit die­ser ge­mäß § 286 II BGB hat sie nicht wei­ter vor­ge­tra­gen.

Hin­sicht­lich der vor­ge­richt­li­chen An­walts­kos­ten fehlt es dar­über hin­aus am Vor­trag des Zeit­punkts der Be­auf­tra­gung der Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten der Klä­ge­rin. Der ein­ge­tre­te­ne Schuld­ner­ver­zug muss ur­säch­lich für den gel­tend ge­mach­ten Scha­den ge­wor­den sein. Das ist nicht der Fall, wenn die dem Scha­den zu­grun­de lie­gen­de Ver­mö­gens­ein­bu­ße be­reits vor Be­ginn des Ver­zugs ein­ge­tre­ten ist, wenn al­so der Pro­zess­be­voll­mäch­tig­te der Kla­ge­par­tei im Zeit­punkt des ver­zugs­be­grün­den­den Mahn­schrei­bens be­reits man­da­tiert war (BGH, Urt. v. 27.05.2015 – IV ZR 292/13, ju­ris Rn. 51 m. w. Nachw.). Auch hier­zu fehlt es an Tat­sa­chen­vor­trag sei­tens der Klä­ge­rin.

Der Klä­ge­rin steht ein An­spruch auf Zah­lung von Pro­zess­zin­sen ge­mäß §§ 291, 288 I 2 BGB ab Rechts­hän­gig­keit zu.

III. 1. Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 91 I 1, § 92 II Nr. 1 ZPO. …

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