Macht ein in Deutsch­land an­säs­si­ger Klä­ger gel­tend, er ha­be auf­grund vor­sätz­lich fal­scher An­ga­ben des in Bul­ga­ri­en an­säs­si­gen Be­klag­ten über den Zu­stand ei­ner Sa­che in ei­ner auf ei­ner In­ter­net­platt­form ein­ge­stell­ten Ver­kaufs­an­zei­ge ei­nen Kauf­ver­trag ab­ge­schlos­sen und den ver­ein­bar­ten Kauf­preis an den Be­klag­ten über­wie­sen, und stützt der Klä­ger den Scha­dens­er­satz­an­spruch aus­schließ­lich auf § 823 II BGB i. V. mit § 263 I StGB, ist für die­se Kla­ge der uni­ons­recht­li­che Ge­richts­stand der un­er­laub­ten Hand­lung er­öff­net.

BGH, Ur­teil vom 20.07.2021 – VI ZR 63/19
(vor­an­ge­hend: OLG Cel­le, Ur­teil vom 06.02.2019 – 7 U 102/18BGH, Be­schluss vom 13.10.2020 – VI ZR 63/19BGH, Be­schluss vom 16.02.2021 – VI ZR 63/19)

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin macht ge­gen die Be­klag­te, ei­ne Ge­sell­schaft mit be­schränk-ter Haf­tung nach bul­ga­ri­schem Recht mit Sitz in So­fia, Scha­dens­er­satz­an­sprü­che im Zu­sam­men­hang mit dem Kauf ei­nes Kraft­fahr­zeugs gel­tend. Sie stützt die­se al­lein auf § 823 II BGB i. V. mit § 263 StGB.

Der Ge­schäfts­füh­rer der in Deutsch­land an­säs­si­gen Klä­ge­rin war am 15.02.2016 auf ei­ne in ei­ner In­ter­net­platt­form ein­ge­stell­te Ver­kaufs­an­zei­ge („In­se­rat“) auf­merk­sam ge­wor­den, in wel­cher das Fahr­zeug wie folgt an­ge­bo­ten wur­de:

„Kei­ne Krat­zer, kei­ne Beu­len, rei­nes Schön­wet­ter­fahr­zeug in ma­kel­lo­sem Best­zu­stand“ … „Tech­nisch und op­tisch sehr gu­ter Zu­stand, oh­ne Män­gel …“

Ver­käu­fe­rin des Fahr­zeugs war die Be­klag­te. Die Klä­ge­rin nahm zu­nächst Kon­takt mit dem Ver­tre­ter der Be­klag­ten in Deutsch­land (im Fol­gen­den: „P“) auf. Auf­grund ei­nes Ge­sprächs mit P über­wies die Klä­ge­rin am 18.02.2016 den in ei­ner Rech­nung vom sel­ben Tag aus­ge­wie­se­nen Kauf­preis von knapp 60.000 € brut­to an die Be­klag­te. In der in eng­li­scher Spra­che ab­ge­fass­ten Rech­nung wird die Be­klag­te als „sel­ler“, die Klä­ge­rin als „buy­er“ be­zeich­net.

So­dann be­gab sich der der bul­ga­ri­schen Spra­che nicht mäch­ti­ge Ge­schäfts­füh­rer G der Klä­ge­rin ver­ein­ba­rungs­ge­mäß nach So­fia, um das Fahr­zeug ab­zu­ho­len. Dort fan­den Ge­sprä­che statt, de­ren In­halt im Ein­zel­nen strei­tig ist. Un­strei­tig er­fuhr G in So­fia, dass das Fahr­zeug in der Ver­gan­gen­heit ein­mal ge­stoh­len wor­den war. Au­ßer­dem wur­de ein in bul­ga­ri­scher Spra­che ab­ge­fass­ter Kauf­ver­trag un­ter­schrie­ben. Dar­in heißt es un­ter an­de­rem, das Fahr­zeug ha­be ei­nen schwe­ren Un­fall er­lit­ten und sei spä­ter in ei­ner frei­en, der Ver­käu­fe­rin nicht be­kann­ten Werk­statt re­pa­riert wor­den. Die Re­pa­ra­tur ent­spre­che nicht den ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten und es ge­be da­für kei­ne Do­ku­men­ta­ti­on. Das Fahr­zeug sei fahr­be­reit, ha­be aber vie­le tech­ni­sche De­fek­te, die der Käu­fe­rin be­kannt sei­en.

Die Klä­ge­rin be­haup­tet, ihr sei der In­halt des in Bul­ga­ri­en un­ter­zeich­ne­ten Kauf­ver­trags nicht mit­ge­teilt wor­den. Ins­be­son­de­re sei ihr nicht ge­sagt wor­den, dass es sich bei dem ge­kauf­ten Fahr­zeug um ei­nen mit tech­ni­schen Män­geln be­haf­te­ten Un­fall­wa­gen han­de­le. Erst bei der Nach­un­ter­su­chung in Deutsch­land ha­be sich her­aus­ge­stellt, dass un­ter an­de­rem die Air­bags ge­fehlt hät­ten.

Die Klä­ge­rin hat das Fahr­zeug für 20.000 € wei­ter­ver­äu­ßert. Mit ih­rer Kla­ge hat sie die Be­klag­te un­ter An­rech­nung des Ver­kaufs­er­lö­ses zu­letzt noch auf Scha­dens­er­satz in Hö­he von 38.443,31 € in An­spruch ge­nom­men.

Das Land­ge­richt hat sei­ne in­ter­na­tio­na­le Zu­stän­dig­keit be­jaht und die Be­klag­te un­ter Kla­ge­ab­wei­sung im Üb­ri­gen ver­ur­teilt, an die Klä­ge­rin 36.620,02 € nebst Ver­zugs­zin­sen zu zah­len. Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten hat das Ober­lan­des­ge­richt das land­ge­richt­li­che Ur­teil ab­ge­än­dert und die Kla­ge als un­zu­läs­sig ab­ge­wie­sen. Die auf Zah­lung wei­te­rer 2.956,54 € ge­rich­te­te An­schluss­be­ru­fung der Klä­ge­rin hat das Ober­lan­des­ge­richt zu­rück­ge­wie­sen.

Mit ihr da­ge­gen ge­rich­te­ten Re­vi­si­on hat die Klä­ge­rin ih­re An­sprü­che wei­ter­ver­folgt. Der VI. Zi­vil­se­nat des BGH hat das Ver­fah­ren mit Be­schluss vom 13.10.2020 aus­ge­setzt und an den EuGH ein Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen ge­mäß Art. 267 AEUV ge­rich­tet. Die­ses Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen hat er nach dem Ur­teil des EuGH in der Rechts­sa­che C-59/19 (EuGH, Urt. v. 24.11.2020 – C-59/19, ECLI:EU:C:2020:950 = NJW 2021, 144 – Wi­kin­ger­hof/​Booking.​com) mit Be­schluss vom 16.02.2021 zu­rück­ge­nom­men.

Die Re­vi­si­on der Klä­ge­rin hat­te in­so­weit Er­folg, als das Ur­teil des Be­ru­fungs­ge­richts (OLG Cel­le, Ur­teil vom 06.02.2019 – 7 U 102/18, ju­ris = BeckRS 2019, 14379) auf­ge­ho­ben und die Sa­che an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­ver­wie­sen wur­de.

Aus den Grün­den: [8]    I. Das Be­ru­fungs­ge­richt … hat zur Be­grün­dung sei­ner Ent­schei­dung im We­sent­li­chen aus­ge­führt:

[9]    Für die er­ho­be­ne Kla­ge sei die in­ter­na­tio­na­le Zu­stän­dig­keit des an­ge­ru­fe­nen Ge­richts nicht ge­ge­ben. Die Klä­ge­rin stüt­ze ih­ren An­spruch al­lein auf De­likt. Sie ma­che gel­tend, sie sei durch das In­se­rat in Deutsch­land ge­täuscht wor­den. Dort sei auch der Scha­den durch Be­zah­lung des Kauf­prei­ses ein­ge­tre­ten. Grund­la­ge des Scha­dens sei aber die Ab­wei­chung des ver­trag­li­chen Soll­zu­stands des Fahr­zeugs vom Ist­zu­stand. Der gel­tend ge­mach­te Scha­dens­er­satz­an­spruch kön­ne da­her nicht los­ge­löst von der kauf­ver­trag­li­chen Ver­pflich­tung der Be­klag­ten fest­ge­stellt und be­ur­teilt wer­den. Knüp­fe der Scha­den aber an ei­nen zu­grun­de lie­gen­den Ver­trag an, be­ur­tei­le sich die Zu­stän­dig­keit nicht nach Art. 7 Nr. 2 der Ver­ord­nung (EU) Nr. 1215/2012 (Brüs­sel-Ia-Ver­ord­nung), son­dern nach Num­mer 1 die­ser Vor­schrift. Da­nach sei die in­ter­na­tio­na­le Zu­stän­dig­keit der bul­ga­ri­schen Ge­rich­te ge­ge­ben. In Bul­ga­ri­en ha­be die Be­klag­te ih­ren Ge­schäfts­sitz. Dort sei die Leis­tung auch be­wirkt, näm­lich das Fahr­zeug über­ge­ben wor­den.

[10]   Die Zu­stän­dig­keit ge­mäß Art. 7 Nr. 2 der Ver­ord­nung (EU) Nr. 1215/2012 sei selbst dann nicht ge­ge­ben, wenn auf­grund der in­halt­lich un­rich­ti­gen Be­schrei­bung des Fahr­zeugs im In­se­rat be­reits ein voll­ende­ter Be­trug in Deutsch­land zu be­ja­hen wä­re, wo­von je­den­falls auf der Grund­la­ge des klä­ge­ri­schen Vor­trags aus­zu­ge­hen sei. Auch dann kön­ne die Fra­ge, ob der Klä­ge­rin über­haupt ein Scha­den ent­stan­den sei, im Hin­blick auf die Ver­tei­di­gung der Be­klag­ten, dem Ge­schäfts­füh­rer der Klä­ge­rin sei in Bul­ga­ri­en die vom In­se­rat ab­wei­chen­de Fahr­zeug­his­to­rie of­fen­bart und der Ver­trag über­setzt wor­den, er ha­be aber das Fahr­zeug gleich­wohl ent­ge­gen­ge­nom­men, nicht oh­ne An­knüp­fung an die zi­vil­ver­trag­li­che Rechts­la­ge be­ur­teilt wer­den.

[11]   II. Die Re­vi­si­on der Klä­ge­rin hat Er­folg.

[12]   1. Mit der Be­grün­dung des Be­ru­fungs­ge­richts kann nicht ver­neint wer­den, dass der Ge­richts­stand der un­er­laub­ten Hand­lung nach Art. 7 Nr. 2 der Ver­ord­nung (EU) Nr. 1215/2012 am Sitz der Klä­ge­rin für die Prü­fung des Kla­ge­be­geh­rens ge­ge­ben ist.

[13]   a) Mit der Kla­ge ver­langt die Klä­ge­rin von der in So­fia an­säs­si­gen Be­klag­ten Scha­dens­er­satz mit der Be­grün­dung, die Klä­ge­rin ha­be auf­grund vor­sätz­lich fal­scher An­ga­ben der Be­klag­ten über den Zu­stand ei­nes Fahr­zeugs in ei­nem In­se­rat ei­nen Kauf­ver­trag über das Fahr­zeug ab­ge­schlos­sen und den ver­ein­bar­ten Kauf­preis an die Be­klag­te über­wie­sen. Die Klä­ge­rin stützt den gel­tend ge­mach­ten Scha­dens­er­satz­an­spruch aus­schließ­lich auf ei­nen An­spruch aus De­likt; sie be­ruft sich auf den Straf­tat­be­stand des Be­trugs (§ 263 I StGB i. V. mit § 823 II BGB).

[14]   b) Da­mit macht sie ei­nen An­spruch aus un­er­laub­ter Hand­lung i. S. des Art. 7 Nr. 2 der Ver­ord­nung (EU) Nr. 1215/2012 gel­tend.

[15]   aa) Ein Ge­richts­stand ge­mäß Art. 7 Nr. 2 der Ver­ord­nung (EU) Nr. 1215/2012 an dem Ort, an dem das schä­di­gen­de Er­eig­nis ein­ge­tre­ten ist, ist ge­ge­ben, wenn Ge­gen­stand des Ver­fah­rens ei­ne un­er­laub­te Hand­lung oder ei­ne Hand­lung ist, die ei­ner un­er­laub­ten Hand­lung gleich­ge­stellt ist, oder wenn An­sprü­che aus ei­ner sol­chen Hand­lung den Ge­gen­stand des Ver­fah­rens bil­den. Der Be­griff der un­er­laub­ten Hand­lung ist au­to­nom aus­zu­le­gen, und zwar in der Hin­sicht, dass er sich auf je­de Kla­ge be­zieht, mit der ei­ne Scha­dens­haf­tung des Be­klag­ten gel­tend ge­macht wird und die nicht an ei­nen „Ver­trag“ i. S. von Art. 7 Nr. 1 der Ver­ord­nung (EU) Nr. 1215/2012 an­knüpft (vgl. EuGH, Urt. v. 27.09.1988 – Rs. 189/87, Slg. 1988, 05565 = ECLI:EU:C:1988:459 = NJW 1988, 3088 Rn. 14 ff. – Kal­fe­lis; Urt. v. 13.03.2014 – C-548/12, ECLI:EU:C:2014:148 = NJW 2014, 1648 Rn. 20 – Brog­sit­ter; Urt. v. 28.01.2015 – C-375/13, ECLI:EU:C:2015:37 = NJW 2015, 1581 Rn. 44 – Ko­las­sa).

[16]   bb) Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts schließt das Zu­stan­de­kom­men ei­nes Kauf­ver­trags zwi­schen den Par­tei­en die Qua­li­fi­ka­ti­on des Kla­ge­be­geh­rens als un­er­laub­te Hand­lung i. S. des Art. 7 Nr. 2 der Ver­ord­nung (EU) Nr. 1215/2012 nicht aus.

[17]   (1) Der Uni­ons­ge­richts­hof hat mit Ur­teil vom 13.03.2014 (C-548/12, ECLI:EU:C:2014:148 = NJW 2014, 1648 Rn. 23 ff. – Brog­sit­ter) ent­schie­den, dass ein An­spruch aus un­er­laub­ter Hand­lung dann als ver­trag­lich i. S. des Art. 7 Nr. 1 der Ver­ord­nung (EU) Nr. 1215/2012 ein­zu­stu­fen ist, wenn zwi­schen den Par­tei­en des Rechts­streits ei­ne ver­trag­li­che Be­zie­hung be­steht und das vor­ge­wor­fe­ne Ver­hal­ten als Ver­stoß ge­gen die ver­trag­li­chen Ver­pflich­tun­gen an­ge­se­hen wer­den kann. Dies ist grund­sätz­lich der Fall, wenn ei­ne Aus­le­gung des Ver­trags zwi­schen den Par­tei­en des Rechts­streits un­er­läss­lich er­scheint, um zu klä­ren, ob das der Be­klag­ten von der Klä­ge­rin vor­ge­wor­fe­ne Ver­hal­ten zu­gleich recht­mä­ßig oder wi­der­recht­lich ist. Auf die­ser Grund­la­ge hat das Be­ru­fungs­ge­richt im Streit­fall an­ge­nom­men, dass der Ge­richts­stand der un­er­laub­ten Hand­lung nach Art. 7 Nr. 2 der Ver­ord­nung (EU) Nr. 1215/2012 nicht ein­grei­fe, da das der Be­klag­ten vor­ge­wor­fe­ne Ver­hal­ten zu­gleich ei­nen Ver­stoß ge­gen den zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­den Kauf­ver­trag dar­stel­le.

[18]   (2) Al­ler­dings stützt die Klä­ge­rin ih­re Kla­ge nicht auf ei­nen Ver­stoß ge­gen die ver­trag­li­chen Ver­pflich­tun­gen ei­nes zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­den Ver­trags, son­dern auf ei­ne be­haup­te­te un­er­laub­te Hand­lung im Vor­feld des Ver­trags­schlus­ses, wes­halb der Se­nat Zwei­fel hat­te, ob der Ge­richts­stand der un­er­laub­ten Hand­lung in Deutsch­land mit dem Be­ru­fungs­ge­richt ver­neint wer­den kann (vgl. BGH, Be­schluss vom 13.10.2020 – VI ZR 63/19, ZIP 2020, 2531 Rn. 16). Er hat dem Uni­ons­ge­richts­hof die Fra­ge vor­ge­legt, ob Art. 7 Nr. 1 lit. a und Nr. 2 der Ver­ord­nung (EU) Nr. 1215/2012 da­hin ge­hend aus­zu­le­gen sind, dass der Ge­richts­stand der un­er­laub­ten Hand­lung für ei­ne auf Scha­dens­er­satz ge­rich­te­te Kla­ge er­öff­net ist, wenn der Klä­ger durch arg­lis­ti­ge Täu­schung zum Ab­schluss ei­nes Kauf­ver­trags und zur Zah­lung des Kauf­prei­ses ver­an­lasst wor­den ist.

[19]   (3) Die­se Fra­ge ist durch das Ur­teil des EuGH vom 24.11.2020 (C-59/19, ECLI:EU:C:2020:950 = NJW 2021, 144 – Wi­kin­ger­hof) nun ge­klärt (ac­te éclairé, vgl. EuGH, Urt. v. 06.10.1982 – Rs. 283/81, Slg. 1982, 03415 = ECLI:EU:C:1982:335 = NJW 1983, 1257, 1258 – CIL­FIT; so auch Labonté, IWRZ 2021, 39, 41).

[20]   Nach die­ser Ent­schei­dung ist für die Ab­gren­zung des be­son­de­ren Ge­richts­stands des Art. 7 Nr. 2 der Ve­ord­nung (EU) Nr. 1215/2012 von dem be­son­de­ren Ge­richts­stand des Art. 7 Nr. 1 der Ver­ord­nung (EU) Nr. 1215/2012 ent­schei­dend, ob die Ver­pflich­tung, die der Kla­ge als Grund­la­ge dient, ver­trag­li­cher Art ist oder ei­ne un­er­laub­te Hand­lung zum Ge­gen­stand hat (EuGH, Urt. v. 24.11.2020 – C-59/19, ECLI:EU:C:2020:950 = NJW 2021, 144 Rn. 31 – Wi­kin­ger­hof). Es kommt dar­auf an, ob in die­sem Sinn ein ge­setz­li­cher An­spruch gel­tend ge­macht wird, der un­ab­hän­gig von ei­nem Ver-trags­ver­hält­nis zwi­schen den Par­tei­en be­steht. Dies ist dann der Fall, wenn die Recht­mä­ßig­keit oder Rechts­wid­rig­keit der mit der Kla­ge be­an­stan­de­ten Hand­lung des An­spruchs­geg­ners nicht vom In­halt der bei­der­sei­ti­gen ver­trag­li­chen Rech­te und Pflich­ten ab­hängt, son­dern hier­von un­ab­hän­gig nach De­liktsrecht zu be­ur­tei­len ist (vgl. BGH, Urt. v. 10.02.2021 – KZR 66/17, ZIP 2021, 1360 Rn. 11 – Wi­kin­ger­hof/​Booking.​com; EuGH, Urt. v. 24.11.2020 – C-59/19, ECLI:EU:C:2020:950 = NJW 2021, 144 Rn. 32 f. – Wi­kin­ger­hof).

[21]   (4) Im Streit­fall stützt die Klä­ge­rin ih­re Kla­ge nicht auf ei­nen ver­trag­li­chen An­spruch, das heißt auf ei­ne frei­wil­lig ein­ge­gan­ge­ne Ver­pflich­tung aus ei­nem zwi­schen den Par­tei­en ab­ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag, son­dern auf ei­nen de­lik­ti­schen An­spruch, al­so auf ei­ne ge­setz­li­che Ver­pflich­tung. Es geht um den Vor­wurf der arg­lis­ti­gen Täu­schung im Vor­feld des Ver­trags­schlus­ses und in­so­weit um den Ver­stoß ge­gen die je­der­mann tref­fen­de Pflicht, kei­ne be­trü­ge­ri­schen Ver­kaufs­in­se­ra­te zu schal­ten. Dies stellt ei­ne un­er­laub­te Hand­lung dar und nicht die blo­ße Ver­let­zung ei­ner Pflicht aus ei­nem ab­ge­schlos­se­nen Ver­trag. Der Ver­trags­schluss ist nur in­so­weit von Be­deu­tung, als er Ziel und Fol­ge der arg­lis­ti­gen Täu­schung ist. Die Rechts­wid­rig­keit des be­haup­te­ten Ver­hal­tens er­gibt sich aus § 823 II BGB i. V. mit § 263 I StGB und da­mit un­mit­tel­bar aus dem Ge­setz (vgl. auch Spick­hoff, NJW 2020, 3759 Rn. 16; Crans­haw, ju­ris­PR-IWR 1/2021 Anm. 1).

[22]   cc) Für die Fra­ge der in­ter­na­tio­na­len Zu­stän­dig­keit kommt es nicht dar­auf an, ob und mit wel­chem In­halt ei­ne wei­te­re ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung zwi­schen den Par­tei­en über den Zu­stand des Fahr­zeugs in So­fia ge­schlos­sen wur­de (vgl. auch Tho­de, ju­ris­PR-BGH­Zi­vilR 26/2020 Anm. 1). Ein sol­cher Ver­trag wür­de die die Zu­stän­dig­keit be­grün­den­de un­er­laub­te Hand­lung nicht be­sei­ti­gen. Er wä­re al­lein für die Fra­ge re­le­vant, ob der durch die be­haup­te­te un­er­laub­te Hand­lung be­grün­de­te Scha­dens­er­satz­an­spruch nach­träg­lich ent­fal­len ist.

[23]   2. Das Be­ru­fungs­ur­teil war da­her auf­zu­he­ben und die Sa­che zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­zu­ver­wei­sen (§§ 562 I, 563 I 1 ZPO).

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