1. Die Volkswagen AG schuldet dem Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs, dessen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 826, 31 BGB nach §§ 195, 199 I BGB verjährt ist, Restschadensersatz nach § 852 Satz 1 BGB. Dessen Anwendungsbereich ist nicht teleologisch auf Fälle eines besonderen Prozesskostenrisikos wegen ungewisser Informationslage zu reduzieren.
  2. Jedenfalls dann, wenn der Kaufvertrag über das vom VW-Abgasskandal betroffene Fahrzeug unmittelbar mit der Volkswagen AG geschlossen wurde, hat diese – wie es § 852 Satz 1 BGB verlangt – durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Käufers etwas erlangt. Denn der Käufer hat als Gegenleistung für den gezahlten Kaufpreis (Vermögensverschiebung) ein von einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung bedrohtes Fahrzeug und damit keine äquivalente Gegenleistung erhalten. Einer derart unmittelbaren Vermögensverschiebung bedarf es für einen Restschadensersatzanspruch nach § 852 Satz 1 BGB allerdings gar nicht.
  3. Sobald eine Verjährungseinrede erhoben wird, muss das entscheidende Gericht von sich aus prüfen, ob ein Anspruch auf Restschadensersatz aus § 852 Satz 1 BGB gegeben ist (im Anschluss an BGH, Urt. v. 13.10.2015 – II ZR 281/14, NJW 2016, 1083 Rn. 31).

OLG Oldenburg, Urteil vom 02.03.2021 – 12 U 161/20

Sachverhalt: Die Klägerin kaufte von der beklagten Volkswagen AG unter Vermittlung des Händlers H mit Vertrag vom 25.01./​02.02.2012 einen fabrikneuen, mit einen 2,0-Liter-Dieselmotor des Typs EA189 ausgestatteten VW Caddy Maxi. Dieses Fahrzeug wurde der Klägerin mit einer Laufleistung von 0 km übergeben.

Den Kaufpreis in Höhe von 25.950 € entrichtete die Klägerin, indem sie an H am 07.03.2012 13.000 € und am 02.04.2012 weitere 12.950 € überwies. Davon verblieben 3.892,50 € als Händlermarge bei H, während die Beklagte den Restbetrag (22.057,50 €) vereinnahmte.

Die Beklagte ist sowohl die Herstellerin des streitgegenständlichen Pkw als auch des Motors, der in das Fahrzeug eingebaut wurde. Dieser Motor verfügte über eine Steuerungssoftware, die erkannte, ob das Fahrzeug auf einem Rollenprüfstand betrieben wurde, und dies zum Anlass nahm, einen besonderen Betriebsmodus mit optimiertem Stickoxid(NOX)-Ausstoß zu aktivieren. Deshalb waren die Schadstoffemissionen des Pkw auf einem Prüfstand geringer als beim Realbetrieb im Straßenverkehr.

Die Verwendung dieser Software hatte die Beklagte dem Kraftfahrt-Bundesamt und der Allgemeinheit zunächst verschwiegen. Sie wurde erst im September 2015 durch eine an den Kapitalmarkt gerichtete Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten publik gemacht.

Die Klägerin wurde 2016 durch ein Schreiben der Beklagten darüber informiert, dass ihr Fahrzeug vom VW-Abgasskandal betroffen sei. Sie sieht sich von der Beklagten getäuscht und hat behauptet, dass sie den VW Caddy Maxi nicht erworben hätte, wenn sie von der Installation der die Schadstoffemissionen manipulierenden Software, die die Zulassung des Fahrzeugs zur Nutzung im allgemeinen Straßenverkehr gefährdet habe, gewusst hätte.

Mit ihrer am 02.07.2020 anhängig gemachten Klage hat die Klägerin von der Beklagten verlangt, sie so zu stellen, als wäre der streitgegenständliche Kaufvertrag über das Fahrzeug nicht geschlossen worden. Für die Nutzung des Pkw, der bei Klageerhebung eine Laufleistung von 107.000 km hatte, sei ein Nutzungsentschädigung in Höhe von 9.164,55 € angemessen. Dementsprechend hat die Klägerin von der Beklagten die Zahlung von (25.950 € − 9.164,55 € =) 16.785,45 € verlangt, und zwar nebst Zinsen in Höhe von vier Prozent p. a. aus einem Betrag von 21.367,73 € vom 07.03.2012 bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit und in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Eintritt der Rechtshängigkeit sowie Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des VW Caddy Maxi. Außerdem hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die Beklagte mit der Annahme des Pkw in Verzug sei, und sie hat die Beklagte auf Ersatz vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten (1.100,51 € nebst Verzugszinsen) in Anspruch genommen.

Die Beklagte hat zunächst die Einrede der Verjährung erhoben, diese später aber fallen gelassen.

Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Klägerin 16.550,56 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.07.2020 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitbefangenen Fahrzeugs. Ferner hat es festgestellt, dass die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug sei, und es hat die Beklagte weiter verurteilt, der Klägerin vorgerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.100,51 € nebst Zinsen zu ersetzen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Klägerin von der Beklagten gemäß § 826 BGB Schadensersatz verlangen könne. Die der Beklagten zuzurechnende Schädigungshandlung liege in der arglistigen Täuschung des Kraftfahrt-Bundesamtes über das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung, durch die für den betroffenen Fahrzeugtyp eine Typengenehmigung habe erschlichen werden sollen. Wegen dieser Abschalteinrichtung habe der streitgegenständliche Pkw bei der Übergabe an die Klägerin an einem Sachmangel gelitten, weil die Klägerin der Gefahr einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung ausgesetzt gewesen sei. Die Klägerin habe einen Schaden erlitten, indem sie einen Kaufvertrag über ein mangelhaftes Fahrzeug geschlossen habe. Auch ohne Anhörung der Klägerin sei das Gericht davon überzeugt, dass die Klägerin den Pkw nicht erworben hätte, wenn ihr seinerzeit bekannt gewesen wäre, dass das Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet war. Zur Überzeugung des Gerichts sei ausgeschlossen, dass ein Käufer ein Fahrzeug erwerbe, dem ein Mangel anhafte, der eine Betriebseinschränkung oder -untersagung zur Folge haben könne und bei dem im Zeitpunkt des Erwerbs nicht absehbar sei, ob und gegebenenfalls wie er beseitigt werden könne.

Die Klägerin könne deshalb die Erstattung des von ihr geleisteten Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung beanspruchen, die mit Blick auf die Laufleistung des Pkw bei Schluss der mündlichen Verhandlung (108.664 km) 9.399,44 € betrage. Einen Anspruch auf Deliktszinsen (§ 849 BGB) habe die Klägerin nicht, weil sie als Gegenleistung für den aufgewendeten Kaufpreis die Möglichkeit erhalten habe, den VW Caddy Maxi zu nutzen. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin auch bei Kenntnis der wahren Umstände in jedem Fall einen entsprechenden Geldbetrag in ein Fahrzeug investiert hätte, sodass eine Verzinsung des Kaufpreises zu einer unbilligen Besserstellung der Klägerin führen würde. Die Klägerin könne jedoch Rechtshängigkeitszinsen beanspruchen.

Der Annahmeverzug der Beklagten sei festzustellen, da diese mit anwaltlichem Schreiben vom 10.06.2020 – erfolglos – zur Rückzahlung des um eine Nutzungsentschädigung verminderten Kaufpreises, Zug um Zug gegen Herausgabe des Pkw, aufgefordert worden sei. Auch habe die Beklagte der Klägerin – wie geltend gemacht – vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten zu ersetzen.

Mit ihrer dagegen gerichteten Berufung hat die Beklagte gerügt, dass das Landgericht zu Unrecht die Kausalität zwischen der Schädigungshandlung und der Kaufentscheidung der Klägerin bejaht habe. Einen entsprechenden Beweis habe die Klägerin nicht geführt. Auch habe das Landgericht insoweit ihren Antrag, die Klägerin als Partei zu vernehmen, verfahrensfehlerhaft übergangen.

In der Berufungsinstanz hat die Beklagte überdies erneut die Einrede der Verjährung erhoben.

Die Klägerin hat geltend gemacht, dass Verjährung nicht eingetreten sei, da sie weder im Jahr 2015 noch durch das Schreiben der Beklagten im Rahmen der Rückrufaktion die für eine erfolgreiche Klage erforderliche Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen erlangt habe. Ungeachtet dessen könne sie den mit der angefochtenen Entscheidung zuerkannten Schadensersatz auch gemäß § 852 BGB als Restschaden beanspruchen.

Die Berufung hatte nur geringfügig Erfolg.

Aus den Gründen: II. … Die mit der angefochtenen Entscheidung zuerkannte Hauptforderung ist wegen einer zwischenzeitlichen Weiternutzung des Fahrzeugs geringfügig zu reduzieren. Ferner ist die Feststellung des Annahmeverzugs aufzuheben. Im Übrigen ist die Berufung der Beklagten jedoch unbegründet und zurückzuweisen.

1. So kann die Klägerin in der Hauptsache von der Beklagten die Zahlung von 16.376,87 € Zug um Zug gegen Herausgabe des streitbefangenen Fahrzeugs beanspruchen. Ein entsprechender Anspruch aus § 826 BGB ist zwar verjährt, gleichwohl bleibt die Beklagte gemäß § 852 BGB zur Zahlung dieses Betrags verpflichtet.

a) Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Beklagte dem Käufer eines mit einem Motor des Typs EA 89 ausgerüsteten Fahrzeugs, welches vor Bekanntwerden der Verwendung der auf eine Täuschung der Zulassungsbehörde und des Rechtsverkehrs abzielenden Software in diesem Motor im Herbst 2015 erworben wurde, nach § 826 BGB zum Schadensersatz verpflichtet (vgl. BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 11 ff.). Dieses gilt auch im vorliegenden Rechtsstreit, bei dem die Klägerin unstreitig ebenfalls ein Fahrzeug erworben hat, in dem ein Motor dieses Typs verbaut ist. Der Vortrag beider Parteien gibt keinen Anlass, diesen Sachverhalt anders als denjenigen zu bewerten, welcher der vorstehend zitierten Grundsatzentscheidung des BGH zugrunde lag.

aa) Dies gilt auch in Bezug auf den von der Beklagten weiterhin bestrittenen Kausalzusammenhang zwischen Schädigungshandlung der Beklagten in Form des Inverkehrbringens eines mit einer illegalen Motorsteuerungssoftware versehenen Motors und dem Schaden der Klägerin in Form eines ungewollten Vertragsschlusses.

Die Behauptung der Klägerin, wonach sie das Fahrzeug bei Kenntnis der Ausstattung mit einer entsprechenden, die Zulassung des Fahrzeugs gefährdenden, Motorsteuerungssoftware nicht erworben hätte, hat die Beklagte zwar erstinstanzlich bestritten. Zu Recht hat das Landgericht aber die entsprechende Behauptung der Klägerin als erwiesen angesehen, da es nach seiner Überzeugung ausgeschlossen sei, dass ein Käufer ein Fahrzeug erwirbt, welches mit einem Mangel behaftet ist, der zu einer Betriebsbeschränkung oder sogar Betriebsuntersagung führen könne, und hinsichtlich dessen im Erwerbszeitpunkt nicht absehbar sei, ob und wie ein entsprechender Mangel behoben werden könne.

Tatsächlich spricht in dieser Situation ein Anscheinsbeweis für den Kausalzusammenhang zwischen der schädigender Handlung der Beklagten und dem von der Klägerin geltend gemachten Schaden. Die Grundsätze des Beweises des ersten Anscheins sind bei typischen Geschehensabläufen anwendbar, das heißt in Fällen, in denen ein bestimmter Sachverhalt nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder einen bestimmten Ablauf als maßgeblich für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinweist (BGH, Urt. v. 05.10.2004 – XI ZR 210/03, BGHZ 160, 308 = juris Rn. 22 m. w. Nachw.).

Ein entsprechender Erfahrungssatz ist auch für den von der Berufung weiterhin angezweifelten Kausalzusammenhang zu bejahen. Bei einem zur eigenen Nutzung erworbenen Kraftfahrzeug sind dessen Gebrauchsfähigkeit und ständige Verfügbarkeit für den Eigentümer von so großer Bedeutung, dass die – auch nur vorübergehende – Entziehung des Fahrzeugs auch bei der Anlegung des gebotenen strengen Maßstabs einen Vermögensschaden darstellt. Der Verlust der Nutzungsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs wirkt sich typischerweise als solcher auf die materielle Grundlage der Lebenshaltung signifikant aus; bei generalisierender Betrachtung erfolgen Anschaffung und Unterhaltung eines Kraftfahrzeugs in erster Linie um des wirtschaftlichen Vorteils willen, der in der Zeitersparnis liegt. Dies rechtfertigt nach der allgemeinen Lebenserfahrung die Annahme, dass ein Käufer, der – wie hier die Klägerin – ein Fahrzeug zur eigenen Nutzung erwirbt, bei der bestehenden Gefahr einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung von dem Erwerb des Fahrzeugs abgesehen hätte (BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 51 m. w. Nachw.).

Die Ausführungen der Beklagten sind nicht geeignet, die Anwendbarkeit dieses Erfahrungssatzes auf den vorliegenden Sachverhalt in Zweifel zu ziehen. Namentlich bedurfte es keines präsenten Bewusstseins der Klägerin bei Erwerb des Fahrzeugs, dass dieses den gesetzlichen Anforderungen entspreche, noch bedurfte es einer Billigung der mit den gesetzlichen Grenzwerten bezweckten Abgasreduzierungen, deren Einhaltung die Beklagte durch Installation der streitgegenständlichen Software vortäuschte. Entscheidend ist vielmehr, ob das Fahrzeug für die Zwecke der Klägerin brauchbar war. Dieses ist aber nicht der Fall, da es aus der maßgeblichen Ex-ante-Sicht der Klägerin bei Kenntnis des Mangels vom Zufall abgehangen hätte, ob dieser mit der Folge einer Betriebsbeschränkung aufgedeckt werde (vgl. BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 54). In dieser Situation ist es fernliegend, dass ein Käufer bei vorheriger Aufdeckung des Mangels das Fahrzeug zu den gleichen Konditionen erworben hätte, wie er dies ohne entsprechende Kenntnis tatsächlich getan hat.

Da die Klägerin den ihr obliegenden Beweis des Kausalzusammenhangs zwischen schädigender Handlung und eingetretenem Schaden bereits auf Grundlage der Grundsätze des Anscheinsbeweises führen konnte, bedurfte es keiner zusätzlichen Anhörung oder Vernehmung der Klägerin als Partei. Auch dem hierauf gerichteten Gegenbeweisantritt der Beklagten war nicht nachzugehen. Eine Parteivernehmung der Klägerin ist in dieser Situation nach § 445 II ZPO unzulässig, da es keiner Partei zuzumuten ist, trotz des Erfolgs der eigenen Beweisführung dieses ihr günstige Prozessergebnis durch eine eigene Aussage gegebenenfalls infrage zu stellen (vgl. Zöller/​Greger, ZPO, 33. Aufl., § 445 Rn. 4).

bb) Auf Grundlage einer Ersatzpflicht nach § 826 BGB kann die Klägerin gemäß § 249 I BGB verlangen, dass sie von der Beklagten so gestellt wird, als wenn sie den Vertrag über das mit dem fraglichen Motor ausgestatte Fahrzeug nicht geschlossen hätte.

Dementsprechend ist die Beklagte verpflichtet, der Klägerin den Kaufpreis zu erstatten, die dafür im Gegenzug den erworbenen Pkw herauszugeben hat. Dabei muss sich die Klägerin nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung die von ihr gezogenen Nutzungen anrechnen lassen, deren Wert im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO zu ermitteln ist. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass diese Schätzung anhand der Formel \(\frac{\text{Kaufpreis}\times\text{gefahrene Kilometer}}{\text{Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs}}\), die von den Vertragsparteien bei Übergabe typischer Weise noch erwartet werden konnte, erfolgt. Letztere schätzt der Senat bei einem modernen Dieselfahrzeug, wie es die Klägerin als Neuwagen erworben hat, in Übereinstimmung mit dem Landgericht und in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung aller Senate des OLG Oldenburg auf 300.000 km. Auch diese Berechnung der Nutzungsentschädigung ist vom BGH in vorgenannter Entscheidung ausdrücklich gebilligt worden (vgl. BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 78 ff.).

Angewandt auf den streitgegenständlichen Sachverhalt folgt hieraus zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung in dieser Instanz, bei der das Fahrzeug unstreitig einen Kilometerstand von 110.672 aufwies, eine anzurechnende Nutzungsentschädigung von \(\left(\frac{\text{25.950 €}\times\text{110.672 km}}{\text{300.000 km}}=\right)\) 9.573,13 €. Hieraus folgt der Zahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte in Höhe von (25.950 € − 9.573,13 € =) 16.376,87 €.

Soweit der Klägerin durch die angefochtene Entscheidung – wegen der zum Zeitpunkt dieser Entscheidung noch geringeren Laufleistung des Fahrzeugs – ein höherer Betrag zuerkannt wurde, war diese daher auf die Berufung der Beklagten abzuändern.

b) Die Zahlung des vorstehend genannten Betrags kann die Klägerin aber nicht mehr direkt aus § 826 BGB beanspruchen. Diese Forderung ist verjährt.

aa) Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung in der Berufungsinstanz erneut erhoben.

Dies ist zulässig, da die in erster Instanz bereits schon einmal erhobene Einrede dort lediglich fallen gelassen worden war. Das „Fallenlassen“ der Geltendmachung einer materiellen Einrede ist regelmäßig dahin gehend zu verstehen, dass der Einredeführer lediglich denjenigen prozessualen Zustand wiederherstellen will, der vor der Erhebung der betreffenden Einwendung bestanden hat; denn die unmittelbare Bedeutung der Erklärung ist nur die, dass aus dem Verteidigungsvorbringen der Teil, der sich auf die fragliche Einrede stützt, wegfallen soll. Dies schließt zwar nicht aus, dass mit dem Fallenlassen eines Rechts zugleich auch auf dieses endgültig verzichtet werden soll (BGH, Urt. v. 29.11.1956 – III ZR 121/55, BGHZ 22, 267 = juris Rn. 14). Ein entsprechender Verzichtswille der Beklagten lässt sich vorliegend jedoch nicht feststellen. Diese hat mit Schriftsatz vom 30.10.2020 lediglich mit einem knapp formulierten Satz die Einrede der Verjährung fallen gelassen, ohne weitere Beweggründe hierfür zu benennen. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass die anwaltlich beratene Beklagte mit diesem Satz mehr zum Ausdruck bringen wollte, als es dem vorstehend beschriebenen unmittelbaren Erklärungsgehalt entspricht.

Die Rechtslage ist nach Abgabe einer derartigen Erklärung ebenso wie in dem Fall, in dem sich die Beklagte auf ihr Gegenrecht im Rechtsstreit noch überhaupt nicht berufen hat (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.1956 – III ZR 121/55, BGHZ 22, 267 = juris Rn. 13). Einer Wiedererhebung der Einrede steht in dieser Situation nichts im Wege (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.1956 – III ZR 121/55, BGHZ 22, 267 = juris Rn. 16). Dies gilt auch für die Wiedererhebung der Einrede in der Berufungsinstanz, die nach dem Vorgesagten so zu behandeln ist, als würde die Einrede dort erstmalig erhoben. Jenes ist zulässig, wenn die Erhebung der Einrede und die den Verjährungseintritt begründenden Umstände zwischen den Prozessparteien unstreitig sind (BGH [Großer Senat für Zivilsachen], Beschl. v. 23.06.2008 – GSZ 1/08, BGHZ 177, 212 = juris Rn. 9 ff.). Dies ist hier der Fall:

bb) Die von der Klägerin geltend gemachten Forderungen aus unerlaubter Handlung, namentlich derjenigen aus sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung aus § 826 BGB, unterliegen der dreijährigen Regelverjährungsfrist nach § 195 BGB.

Diese Frist beginnt gemäß § 199 I BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 I Nr. 1 BGB) und der Gläubiger von den seinen Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 I Nr. 2 BGB). Diese Kenntnis ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH vorhanden, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos möglich ist. Dabei ist es weder notwendig, dass der Geschädigte alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit risikolos führen zu können. Die erforderliche Kenntnis ist vielmehr bereits vorhanden, wenn die dem Geschädigten bekannten Tatsachen ausreichen, um den Schluss auf ein schuldhaftes Fehlverhalten des Anspruchsgegners als naheliegend erscheinen zu lassen. Es muss dem Geschädigten lediglich zumutbar sein, aufgrund dessen, was ihm hinsichtlich des tatsächlichen Geschehensablaufs bekannt ist, Klage zu erheben, wenn auch mit dem verbleibenden Prozessrisiko, insbesondere hinsichtlich der Nachweisbarkeit von Schadensersatz auslösenden Umständen. Die dreijährige Verjährungsfrist gibt dann dem Geschädigten noch hinreichende Möglichkeiten, sich für das weitere Vorgehen noch sicherere Grundlagen, insbesondere zur Beweisbarkeit seines Vorbringens, zu verschaffen (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2020 – VI ZR 739/20, juris Rn. 8 m. zahlreichen w. Nachw.).

Diese Kenntnis war bei der Klägerin vorliegend spätestens im Jahr 2016 unstreitig vorhanden mit der Folge, dass die dreijährige Verjährungsfrist mit Ablauf des 31.12.2016 zu laufen begann. Die Klägerin selbst hatte bereits mit ihrer Klage vorgetragen, dass sie im Jahr 2016 im Rahmen der Rückrufaktion zur Durchführung eines Softwareupdates ein Schreiben erhalten habe, wonach ihr Fahrzeug von einer Software betroffen sei, welche die Stickoxidwerte zwischen Prüfstandslauf und realem Fahrbetrieb optimiere. Damit verfügte die Klägerin über die notwendige Kenntnis, eine Klage Erfolg versprechend zu erheben.

Entgegen der Ansicht der Klägerin bedurfte es hierzu keiner zusätzlichen Kenntnis, dass eine Person innerhalb der Organisation der Beklagten Kenntnis von der Manipulation der Motorsteuerungssoftware hatte, deren Wissen bzw. Kenntnis der Beklagten über § 31 BGB zuzurechnen sei. Vielmehr wusste diese infolge des „Rückrufschreibens“, dass ihr Fahrzeug mit einer Motorsteuerungssoftware ausgestattet war, die so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand eingehalten, im normalen Fahrbetrieb hingegen überschritten wurden, und dass das Kraftfahrt-Bundesamt der Beklagten deshalb einen Rückruf und eine Nachbesserung der betroffenen Fahrzeuge aufgegeben hatte. Diese Tatsachen reichten aus, den Schluss nahezulegen, dass der Einbau der Motorsteuerungssoftware, die nach ihrer Funktionsweise ersichtlich auf Täuschung der zuständigen Genehmigungsbehörde abzielte, auf einer am Kosten- und Gewinninteresse ausgerichteten Strategieentscheidung beruhte, da sie die grundlegende strategische Frage betraf, mithilfe welcher technischen Lösung die Beklagte die Einhaltung der – im Verhältnis zu den zuvor geltenden Recht strengeren – Stickoxidgrenzwerte der Euro-5-Norm sicherstellen wollte. Diese Strategieentscheidung wirkte sich auf die Produktion von mehreren Millionen Fahrzeugen aus und war mit weitreichenden Konsequenzen, nicht zuletzt enormen Risiken, verbunden. Aus diesen Gründen war es naheliegend, dass eine solche Strategieentscheidung nicht etwa von einem untergeordneten Mitarbeiter im Alleingang, sondern von einem Vorstand oder einem sonstigen verfassungsmäßig berufenen Vertreter, dessen Verhalten der Beklagten gemäß § 31 BGB zuzurechnen ist, getroffen oder jedenfalls gebilligt worden war. Da sich die Unzulässigkeit der verwendeten Motorsteuerungssoftware aufdrängt, konnte daraus ohne Weiteres der Schluss auf ein diesbezügliches Bewusstsein des verfassungsmäßig berufenen Vertreters gezogen werden, ferner auf dessen Bewusstsein, dass angesichts der mit der Unzulässigkeit der Abschalteinrichtungen verbundenen, die volle Brauchbarkeit des Fahrzeugs einschränkenden Risiken niemand ein solches Fahrzeug – zumindest nicht ohne einen erheblichen Abschlag vom Kaufpreis – erwerben würde. Für eine erfolgreiche Klageerhebung war es dagegen nicht erforderlich, die Verwirklichung des objektiven und subjektiven Tatbestands des § 826 BGB zuverlässig einer namentlich benannten Person im Hause der Beklagten zuzuordnen. Nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen der sekundären Darlegungslast kann das Gericht in einem Fall wie dem vorliegenden von der Klägerin keinen näheren Vortrag dazu verlangen, welche konkrete bei der Beklagten tätige Person das sittenwidrige Verhalten an den Tag gelegt hat. Es genügt daher, wenn die Klägerin konkrete Anhaltspunkte dafür vorträgt, dass es ein verfassungsmäßig berufener Vertreter der Beklagten gewesen sei, der vorsätzlich und sittenwidrig gehandelt habe. Dafür reichte es aus, auf die hier betroffene grundlegende Strategieentscheidung über den Einsatz der unzulässigen Abschalteinrichtungen, die Vielzahl der betroffenen Fahrzeuge und die damit verbundenen weitreichenden Konsequenzen zu verweisen (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2020 – VI ZR 739/20, juris Rn. 22 ff.).

Für den Beginn der Verjährungsfrist war es dagegen nicht erforderlich, dass die Klägerin aus den ihr bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zog. Nur ausnahmsweise kann die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig – als Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos – einzuschätzen vermag. Diese engen Ausnahmevoraussetzungen liegen in den Fällen wie dem vorliegenden, die Schadensersatzbegehren wegen des von der Beklagten in Verkehr gerbachten Motors mit der streitgegenständlichen Steuerungssoftware zum Gegenstand haben, nicht vor (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2020 – VI ZR 739/20, juris Rn. 9 ff.).

cc) Die Verjährungsfrist für den geltend gemachten Anspruch aus § 826 BGB begann daher mit Ablauf des 31.12.2016 zu laufen. Sie endete mit Ablauf des 31.12.2019 und konnte durch die erst am 02.07.2020 bei Gericht eingegangene Klage nicht mehr gemäß § 204 I Nr. 1 BGB gehemmt werden.

c) Gleichwohl kann sich die Klägerin wegen des von ihr geltend gemachten, aber verjährten Anspruches aus § 826 BGB auf einen Ersatzanspruch aus § 852 BGB und die insoweit verlängerte Verjährungsfrist berufen, der vorliegend in gleicher Höhe wie die verjährte Forderung besteht.

aa) Die Regelung des § 852 BGB begründet einen sogenannten Restschadensersatzanspruch, also einen Anspruch aus unerlaubter Handlung, der in Höhe einer etwaigen Bereicherung des Schädigers nicht verjährt ist (vgl. BGH, Urt. v. 15.01.2015 – I ZR 148/13, NJW 2015, 3165 Rn. 29), wobei der Anspruch aus § 852 BGB von Amts wegen zu prüfen ist, sobald der Ersatzpflichtige – wie hier die Beklagte – eine Verjährungseinrede erhebt (vgl. BGH, Urt. v. 13.10.2015 – II ZR 281/14, NJW 2016, 1083 Rn. 31).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH handelt es sich bei dem Anspruch aus § 852 BGB um eine Rechtsfolgenverweisung auf das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung, die dazu führt, dass ein Deliktsanspruch nach Ablauf der Verjährungsfrist aus §§ 194 ff. BGB beschränkt auf das durch die unerlaubte Handlung auf Kosten des Geschädigten Erlangte mit einer verlängerten Verjährungsfrist erhalten bleibt. Der Anspruch hat den Charakter einer Rechtsverteidigung gegenüber der Einrede der Verjährung. Der verjährte Anspruch bleibt als solcher bestehen. Er wird nur in seinem Umfang auf die Höhe der dem Schädiger verbliebenen Bereicherung beschränkt (vgl. BGH, Urt. v. 14.02.1978 – X ZR 19/76, BGHZ 71, 86 = juris Rn. 61 – Fahrradgepäckträger II; Urt. v. 27.05.1986 – III ZR 239/84, BGHZ 98, 77 = juris Rn. 39; Urt. v. 15.01.2015 – I ZR 148/13, NJW 2015, 3165 Rn. 29; Staudinger/​Vieweg, BGB, Neubearb. 2015, § 852 Rn. 17). Mit dieser Vorschrift soll verhindert werden, dass derjenige, der durch unerlaubte Handlung etwas erworben hat, zulasten des Geschädigten im Genuss des Erlangten bleibt (BGH, Urt. v. 27.05.1986 – III ZR 239/84, BGHZ 98, 77 = juris Rn. 42). Damit kommt es auch nicht darauf an, auf welchem Weg sich die durch unerlaubte Handlung veranlasste Vermögensverschiebung vollzogen hat, namentlich nicht darauf, ob es sich um eine unmittelbare Verschiebung handelt (BGH, Urt. v. 14.02.1978 – X ZR 19/76, BGHZ 71, 86 = juris Rn. 62 – Fahrradgepäckträger II).

Bestätigt wurde diese Auffassung durch den Gesetzgeber selbst, der anlässlich der Modernisierung des Schuldrechts in seiner Gesetzesbegründung ausdrücklich auf die Entscheidung BGHZ 71, 86 Bezug nahm und ausführte, dass es sich bei dem Anspruch aus § 852 BGB dogmatisch um einen Schadensersatzanspruch handele, der nur in seinem Umfang auf das durch die unerlaubte Handlung auf Kosten des Geschädigten Erlangte beschränkt werde (BT-Drs. 14/6040, S. 270).

Vor diesem Hintergrund vermag der erkennende Senat auch nicht der Auffassung des 2. Zivilsenates des OLG Oldenburg in dem von der Beklagten vorgelegten Hinweisbeschluss vom 05.01.2021 (2 U 168/20) beizupflichten, wonach § 852 BGB in den Fällen des Erwerbs eines vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs nicht zur Anwendung komme, da der Schaden des Käufers lediglich in dem Eingehen einer ungewollten Verbindlichkeit bestehe, die keinen entsprechenden Vermögenszuwachs aufseiten der Beklagten zur Folge habe. Jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden, bei dem der Kaufvertrag direkt zwischen der Fahrzeugerwerberin und der Beklagten als Herstellerin zustande gekommen ist, ist die Klägerin durch den täuschungsbasierten Vertragsschluss zur Zahlung des Kaufpreises an die Beklagte veranlasst worden, deren Vermögen entsprechend auf Kosten der Klägerin vermehrt worden ist. Für diese Vermögensverschiebung hat die Klägerin durch Lieferung eines mangelbehafteten Fahrzeugs, von dem sie nur infolge der Täuschung durch die Beklagte angenommen hatte, dass es für ihre Zwecke brauchbar sei, was wegen der drohenden Betriebseinschränkung bzw. -untersagung tatsächlich aber nicht der Fall war, keine äquivalente Gegenleistung erhalten.

In dieser Einschätzung sieht sich der erkennende Senat auch durch das von der Beklagten selbst vorgelegte Rechtsgutachten von Prof. Dr. Dr. Martinek vom 22.10.2020 bestärkt. Auch dieser führt auf Seite 8 seines Gutachtens aus, dass § 852 BGB nach heute gesicherter Rechtslage dahin gehend zu verstehen sei, dass erstens eine unerlaubte Handlung zu einer Schadensersatzpflicht geführt habe und dass zweitens der Schadensersatzanspruch verjährt sei. Dagegen sei es nicht erforderlich, dass der Ersatzpflichtige durch die unerlaubte Handlung vom Verletzten etwas erlangt habe – was vorliegend wegen der unmittelbaren Vertragsbeziehung zwischen der Klägerin und der Beklagten allerdings der Fall ist – oder dass sonstige Erfordernisse eines Bereicherungsanspruches erfüllt seien. Der Umfang der Begünstigung des Geschädigten sei nicht auf der Ebene der Tatbestandsvoraussetzungen zu berücksichtigen, sondern allein der bereicherungsrechtlichen Rechtsfolge des Anspruchs zuzuordnen.

Soweit demgegenüber Prof. Dr. Dr. Martinek in dem vorgelegten Rechtsgutachten dafür plädiert, den Anwendungsbereich von § 852 BGB auf Fälle eines „besonderen Prozesskostenrisikos wegen ungewisser Informationslage“ teleologisch zu reduzieren, besteht hierzu aus Sicht des Senats kein Anlass. Schon der Ansatz, dieses Prozesskostenrisiko wegen der Möglichkeit der Teilnahme am Musterfeststellungsklageverfahren für die Klägerin zu verneinen, greift nicht, da allein die Feststellung eines Anspruchs dem Grunde nach in diesem Musterverfahren – wenn sie denn erfolgt wäre – dem jeweiligen Kläger immer noch keinen vollstreckbaren Titel gegen die Beklagte verschafft hätte, sondern es hierzu weiterhin individueller – mit Kostenrisiko behafteter – Klagen im Anschluss an ein Musterfeststellungsurteil bedurft hätte. Im Übrigen dürfte in der Vielzahl der Fälle, in denen jetzt noch (verjährte) Ansprüche geltend gemacht werden, eine frühere Rechtsverfolgung nicht an dem hiermit verbundenen Kostenrisiko gescheitert sein, sondern schlicht an der Rechtsunkenntnis der betroffenen Käufer, die zwar um die anspruchsbegründenden Tatsachen wussten, nicht jedoch darum, welche Rechte sich für sie hieraus herleiten ließen. Diese Unkenntnis wirkt sich zwar – wie ausgeführt – nicht verjährungshemmend aus; umgekehrt lässt sich hieraus aber auch kein vermindertes Schutzbedürfnis der Kläger herleiten. Insbesondere würde mit einem derartigen Vorgehen der Gesetzeszweck dieser Vorschrift verfehlt, der anerkanntermaßen darin besteht, dem Täter einer unerlaubten Handlung die Vorteile seiner Tat auch noch nach verjährter Schadensersatzverpflichtung zu entziehen. Dies gilt erst recht gegenüber Schädigern wie der Beklagten, die nicht nur schuldhaft handelte, sondern den Schaden der Klägerin aus eigenem Gewinnstreben vorsätzlich und sittenwidrig herbeigeführt hat.

bb) Die von der Beklagten herauszugebende Bereicherung besteht noch in voller Höhe des von der Klägerin unter Berücksichtigung der Vorteilsausgleichung noch zu beanspruchenden Schadensersatzes von 16.376,87 €. Insoweit hat die Klägerin unbestritten vorgetragen, dass die Beklagte von dem insgesamt gezahlten Kaufpreis in Höhe von 25.950 € einen Großteil in Höhe von 22.057,50 € selbst vereinnahmt habe. Dieser Betrag übersteigt die verjährte Forderung der Klägerin deutlich. Weitergehende, gegebenenfalls nach § 818 III BGB zu berücksichtigende Entreicherungen sind nicht vorgetragen worden, sodass sich die Frage, inwieweit sich die Beklagte in Anbetracht ihres Sittenverstoßes überhaupt hierauf berufen kann oder oder ob sie gemäß § 819 II BGB verschärft haften muss, nicht stellt.

2. Die Klägerin hat ferner Anspruch auf Prozesszinsen gemäß §§ 291, 288 I 2 BGB.

Der Rechtsstreit wurde mit Zustellung der Klage am 16.07.2020 rechtshängig. Zu berücksichtigen ist, dass die anspruchsreduzierende Nutzungsentschädigung zum Zeitpunkt der Klageerhebung geringer war als zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, da die Klägerin das Fahrzeug auch während der Zeit der Rechtshängigkeit unstreitig weiter genutzt hat. Der Kilometerstand zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit kann geschätzt werden. Aus dem Vergleich der unstreitigen Kilometerstände zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in erster Instanz am 05.10.2020 (108.664) einerseits und zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz am 16.02.2021 (110.672 km) anderseits folgt insoweit, dass die Klägerin das Fahrzeug während dieser Zeit durchschnittlich mit einer Fahrleistung von \(\left(\frac{\text{110.672 km}-\text{108.664 km}}{\text{134 Tage}}=\right)\) 15 km/Tag weiter genutzt hat. Dies rechtfertigt die Annahme, dass die Klägerin auch in der Zeit zwischen Zustellung der Klage und dem Termin zur mündlichen Verhandlung in erster Instanz das Fahrzeug in gleicher Intensität genutzt hat und in diesem 81 Tage umfassenden Zeitraum weitere ((91 Tage × 15 km/Tag =) 1.215 km mit dem Fahrzeug gefahren ist, der Kilometerstand zum Zeitpunkt der Zustellung der Klage mithin 107.449 km betrug, was sich mit dem Vortrag der Klägerin deckt, wonach der Kilometerstand bei Klageerhebung (29.06.2020) etwa 107.000 km betragen haben soll.

Hieraus folgt, dass bei Zustellung der Klage sich der Ersatzanspruch der Klägerin noch auf 16.65,66 € belief, da von dem zu erstattenden Kaufpreis von 25.950 € zu diesem Zeitpunkt lediglich eine nach vorstehend beschriebener Formel zu berechnende Nutzungsentschädigung in Höhe von \(\left(\frac{\text{25.950 €}\times\text{107.449 km}}{\text{300.000 km}}=\right)\) 9.294,34 € abzuziehen war. Dies ist bei der Zinsentscheidung zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 397/19, NJW 2020, 2806 Rn. 38).

Da die vorstehende Berechnung auf der Annahme einer gleichmäßigen Nutzung des Fahrzeugs während der Zeit der Rechtshängigkeit beruht, kann auch von einer „linearen Reduzierung“ des Erstattungsbetrags über diesen Zeitraum ausgegangen werden. In diesem Zeitraum ist daher ein gemittelter Wert zwischen dem zum Zeitpunkt der Zustellung der Klage bestehenden Anspruch und demjenigen, der zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz noch bestand, zu verzinsen. Vorliegend sind dies \(\left(\frac{\text{16.655,66 €}+\text{16.376,87 €}}{2}=\right)\) 16.516,27 €.

Soweit das Landgericht mit der angefochtenen Entscheidung der Klägerin im weitergehenden Umfang Zinsen zugesprochen hat, war daher das Urteil auf die Berufung der Beklagten ebenfalls abzuändern.

3. Abzuändern ist die angefochtene Entscheidung schließlich auch in Bezug auf den festgestellten Annahmeverzug. Die Klägerin hat noch zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung in erster Instanz Deliktszinsen nach § 849 BGB gefordert, auf die sie keinen Anspruch hatte (vgl. BGH, Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 397/19, NJW 2020, 2806 Rn. 20 ff.) mit der Folge, dass sie der Beklagten kein zur Begründung des Annahmeverzugs geeignetes Angebot unterbreitet hat (vgl. BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 85).

4. Zu ersetzen sind demgegenüber die bereits erstinstanzlich zugesprochenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Deren Erstattung kann die Klägerin von der nach §§ 826, 852 BGB schadensersatzpflichtigen Beklagten verlangen. Die durch die vorgerichtliche Beauftragung der Prozessbevollmächtigten ausgelösten Kosten sind nach § 249 BGB als erforderliche Kosten der Rechtsverfolgung zu ersetzen. Die abgerechnete 1,3-fache Geschäftsgebühr bei einem vorgerichtlichen Gegenstandswert bis zu 19.000 € ist nicht zu beanstanden.

Auch dieser Anspruch ist gemäß §§ 291, 288 I 2 BGB ab Rechtshängigkeit zu verzinsen.

5. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 I, 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 543 II 1 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, da die Frage, ob der Anspruch aus § 852 BGB auf Fälle des Erwerbs eines vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs, bei denen der Schaden im Eingehen einer ungewollten Verbindlichkeit besteht, schon von den Senaten des OLG Oldenburg unterschiedlich beantwortet wird, wie der von der Beklagten in diesem Verfahren zitierte Hinweisbeschluss vom 05.01.2021 (2 U 168/20) zeigt.

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