Der Käu­fer ei­nes – wohl nicht von ei­nem be­hörd­lich an­ge­ord­ne­ten Rück­ruf be­trof­fe­nen – Mer­ce­des-Benz-Fahr­zeugs (hier: Mer­ce­des-Benz A 200 d mit OM 651-Mo­tor), der die Daim­ler AG we­gen ei­nes an­geb­li­chen Sach­man­gels in Ge­stalt ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung („Ther­mo­fens­ter“) in An­spruch nimmt, muss schlüs­sig dar­tun, wie er zu der Ein­schät­zung ge­langt ist, dass sein Fahr­zeug über ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung ver­fü­ge, und die Plau­si­bi­li­tät sei­ner Be­haup­tun­gen dar­le­gen. Un­ter­bleibt dies, lie­gen le­dig­lich „ins Blaue hin­ein“ auf­ge­stell­te Be­haup­tun­gen vor, die die – als Aus­for­schungs­be­weis zu be­wer­ten­de – Ein­ho­lung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens nicht recht­fer­ti­gen.

OLG Cel­le, Be­schluss vom 07.02.2019 – 7 U 263/18
(nach­fol­gend: BGH, Be­schluss vom 28.01.2020 – VI­II ZR 57/19)

Sach­ver­halt: Der Klä­ger nimmt die Be­klag­te auf Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­trags über ei­nen Ge­braucht­wa­gen in An­spruch.

Er er­warb von der Be­klag­ten ge­mäß Kauf­ver­trag vom 29.10.2016 ei­nen ge­brauch­ten Pkw Mer­ce­des-Benz A 200 d in der Aus­stat­tungs­li­nie „Ur­ban“ zum Preis von 23.700 €. Die­ses Fahr­zeug ist un­ter an­de­rem mit ei­ner „Ab­gas­rei­ni­gung EU­RO 6 Tech­nik“ aus­ge­stat­tet.

Mit An­walts­schrei­ben vom 21.09.2017 er­klär­te der Klä­ger ge­gen­über der Be­klag­ten den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag, wo­bei er als Rück­tritts­grund an­gab, dass das Fahr­zeug vom so­ge­nann­ten Mer­ce­des-Ab­gas­skan­dal be­trof­fen sei. Da die Be­klag­te zu ei­ner Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags nicht be­reit war, hat der Klä­ger im Ok­to­ber 2017 Kla­ge er­ho­ben.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge mit Ur­teil vom 05.07.2018 ab­ge­wie­sen. Zur Be­grün­dung hat es aus­ge­führt, der Klä­ger ha­be nicht aus­rei­chend dar­ge­tan, dass sein Fahr­zeug mit ei­nem Man­gel be­haf­tet sei. Denn zum Vor­trag ei­nes Man­gels ge­nü­ge es nicht, aus der Recht­spre­chung zum VW-Ab­gas­skan­dal zu zi­tie­ren. Die Be­haup­tung des Klä­gers, in sei­nem Pkw kom­me ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung zum Ein­satz, sei ei­ne un­be­acht­li­che Be­haup­tung „ins Blaue hin­ein“, zu­mal der Klä­ger nicht mit­ge­teilt ha­be, wo­her sei­ne Kennt­nis und sein Wis­sen über die tech­ni­sche Funk­ti­ons­wei­se der Ab­gas­rück­füh­rung bei sei­nem Fahr­zeug stamm­ten. Der Klä­ger be­haup­te auch nicht, dass sein Pkw von ei­ner Rück­ruf­ak­ti­on der be­klag­ten Daim­ler AG be­trof­fen sei.

Ge­gen die­ses Ur­teil wand­te sich der Klä­ger mit sei­ner Be­ru­fung, mit der er sein erst­in­stanz­li­ches Be­geh­ren wei­ter­ver­folg­te. Er macht gel­tend, sein Fahr­zeug ha­be – wie auch Fahr­zeu­ge der Volks­wa­gen AG, die vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fen sei­en, be­züg­lich der Ab­gas­rück­füh­rung un­ter­schied­li­che Mo­di Ope­ran­di. Der tat­säch­li­che Stick­oxid(NOX)-Aus­stoß des Pkw wei­che we­gen des Ein­sat­zes ei­nes „ther­mi­schen Fens­ters“ er­heb­lich von den ge­setz­li­chen Vor­ga­ben und auch von den An­ga­ben, die die Daim­ler AG als Fahr­zeug­her­stel­le­rin im tech­ni­schen Da­ten­blatt ge­macht ha­be, ab.

Die Be­klag­te hat gel­tend ge­macht, das Vor­brin­gen des Klä­gers sei nach wie vor un­sub­stan­zi­iert. In dem Fahr­zeug des Klä­gers be­fin­de sich kei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung.

Das Rechts­mit­tel hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … Das Land­ge­richt hat dem Kla­ge­be­geh­ren des Klä­gers zu Recht nicht ent­spro­chen. Der Se­nat hat hier­zu in sei­nem Be­schluss vom 17.12.2018 Fol­gen­des aus­ge­führt:

„Mit dem Land­ge­richt kann der Klä­ger die Be­klag­te nicht ge­mäß §§ 346 ff., 323 BGB i. V. mit § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 433 I, 434 I BGB auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags über das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug in An­spruch neh­men. Denn dem Vor­brin­gen des Klä­gers lässt sich nicht schlüs­sig ent­neh­men, dass das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug hin­sicht­lich sei­ner Ab­gas­rei­ni­gung mit ei­nem Sach­man­gel be­haf­tet ist.

Nach der über­wie­gen­den Recht­spre­chung auch des Se­nats (vgl. OLG Nürn­berg, Urt. v. 24.04.2018 – 6 U 409/17, ju­ris Rn. 38; OLG Köln, Beschl. v. 28.05.2018 – 27 U 13/17, ju­ris Rn. 46; OLG Mün­chen, Beschl. v. 23.03.2017 – 3 U 4316/16, ju­ris Rn. 13; OLG Cel­le, Beschl. v. 30.06.2016 – 7 W 26/16, ju­ris Rn. 6) wei­sen Fahr­zeu­ge der Mar­ken Volks­wa­gen, Au­di, ŠKO­DA und Se­at, die mit ei­nem Die­sel­mo­tor des Typs EA189 (Eu­ro 5) aus­ge­stat­tet sind, ei­nen Sach­man­gel nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB auf, weil sie ei­ne als un­zu­läs­sig an­zu­se­hen­de Ab­schalt­ein­rich­tung auf­wei­sen, mit de­ren Hil­fe die Stick­oxid(NOX)-Wer­te im Prüf­stand ma­ni­pu­liert wer­den, das heißt bes­se­re Wer­te vor­ge­täuscht wer­den, um so die nach der Eu­ro-5-Ab­gas­norm vor­ge­ge­be­nen NOX-Grenz­wer­te ein­zu­hal­ten. Die in die­sen Fahr­zeu­gen ein­ge­setz­te Ab­gas­soft­ware, die die Prüf­si­tua­ti­on er­kennt, schal­tet im Prüf­stand in den NOX-op­ti­mie­ren­den Mo­dus 1, wäh­rend sie sich im nor­ma­len Fahr­be­trieb im Mo­dus O mit ein­ge­schränk­ter Ab­gas­rück­füh­rung be­fin­det, wo­durch die NOX-Emis­sio­nen er­heb­lich hö­her aus­fal­len.

Un­ter Ab­stel­lung auf die Recht­spre­chung zum VW-Ab­gas­skan­dal strebt der Klä­ger die Rück­ab­wick­lung des mit der Be­klag­ten ab­ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trags an, wo­mit er nicht durch­drin­gen kann. Denn von ihm wird in sei­ner Be­ru­fungs­be­grün­dung – wie schon erst­in­stanz­lich – le­dig­lich pau­schal die (von der Be­klag­ten be­strit­te­ne) Be­haup­tung auf­ge­stellt, dass in sei­nem Fahr­zeug wie in den be­trof­fe­nen Fahr­zeu­gen der Volks­wa­gen AG ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung ver­baut wor­den sei, wo­bei die Mo­tor­steue­rungs­soft­ware so pro­gram­miert wor­den sei, dass sie den Be­trieb des Fahr­zeugs auf dem Prüf­stand er­ken­ne und ma­ni­pu­la­tiv zu ei­nem ge­rin­ge­ren Stick­oxid-Aus­stoß füh­re als im Stra­ßen­be­trieb, weil im rea­len Fahr­be­trieb die Ab­gas­rei­ni­gung weit­ge­hend her­un­ter­ge­fah­ren wer­de mit der Fol­ge, dass die tat­säch­li­chen NOX-Wer­te sei­nes Fahr­zeugs von den ge­setz­li­chen Vor­ga­ben und auch von den An­ga­ben des Her­stel­lers im tech­ni­schen Da­ten­blatt deut­lich ab­wei­chen wür­den. Hier­zu hat be­reits das Land­ge­richt in sei­nem an­ge­foch­te­nen Ur­teil zu­tref­fend aus­ge­führt, dass sich das pau­scha­le Vor­brin­gen des Klä­gers, wel­ches er of­fen­kun­dig un­re­flek­tiert aus den be­kannt ge­wor­de­nen Fäl­len zum VW-Ab­gas­skan­dal über­nom­men hat, als un­be­acht­li­che Be­haup­tung ‚ins Blaue hin­ein‘ dar­stellt, weil der Klä­ger in kei­ner Wei­se schlüs­sig vor­ge­tra­gen hat, wie er zu der von ihm be­haup­te­ten Ein­schät­zung be­züg­lich des von ihm er­wor­be­nen Mer­ce­des-Benz A 200 d ge­langt ist. Die­se Fest­stel­lung des Land­ge­richts gilt für die Be­ru­fungs­in­stanz un­ein­ge­schränkt fort, nach­dem sich der Klä­ger un­ter Zif­fer II sei­ner Be­ru­fungs­be­grün­dung dar­auf be­schränkt hat, sei­ne erst­in­stanz­lich auf­ge­stell­te Be­haup­tung schlicht zu wie­der­ho­len, oh­ne sich mit den Ent­schei­dungs­grün­den des Land­ge­richts hier­zu aus­ein­an­der­zu­set­zen.

Un­ter Zif­fer I sei­ner Be­ru­fungs­be­grün­dung ist von dem Klä­ger zwar wei­ter vor­ge­bracht wor­den, dass er in sei­nem Schrift­satz vom 29.05.2018 ein­ge­hend zu den so­ge­nann­ten ‚ther­mi­schen Fens­tern‘ vor­ge­tra­gen ha­be, wor­auf das Land­ge­richt in sei­nen Ent­schei­dungs­grün­den nicht ein­ge­gan­gen sei. Tat­säch­lich hat das Land­ge­richt hier­zu aber in sei­nen Ent­schei­dungs­grün­den aus­ge­führt, dass auch der Vor­trag des Klä­gers zu den ‚ther­mi­schen Fens­tern‘ als Be­haup­tung ‚ins Blaue hin­ein‘ zu wür­di­gen ist. Bei die­ser An­nah­me des Land­ge­richts hat es eben­falls für die Be­ru­fungs­in­stanz zu ver­blei­ben.

Dem Se­nat ist be­kannt, dass mit der Be­zeich­nung ‚Ther­mo­fens­ter‘ um­schrie­ben wird, dass sich die Ab­gas­rück­füh­rung in be­stimm­ten Tem­pe­ra­tur­be­rei­chen ab­schal­tet. Ob es sich hier­bei um ei­ne un­er­laub­te Ab­schalt­ein­rich­tung han­delt, was von den Her­stel­lern in Ab­re­de ge­stellt wird, kann vor­lie­gend da­hin­ste­hen. Denn von dem Klä­ger ist auch in­so­weit nicht schlüs­sig dar­ge­tan wor­den, dass sein Fahr­zeug, ein Mer­ce­des-Benz A 200 d Ur­ban, von die­ser Art der ‚Ab­gas­ma­ni­pu­la­ti­on‘ be­trof­fen ist. Von dem Klä­ger ist zwar in sei­nem Schrift­satz vom 29.05.2018 vor­ge­bracht wor­den, dass von der Be­klag­ten, um ei­ner Ma­ni­pu­la­ti­on der Ab­gas­wer­te im All­tags­be­trieb durch das so­ge­nann­te ther­mi­sche Fens­ter ent­ge­gen­zu­wir­ken, die be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge zwecks Vor­nah­me ei­nes Soft­ware­up­dates zu­rück­ge­ru­fen wür­den. Dass auch sein Fahr­zeug un­ter ei­ne dies­be­züg­li­che Rück­ruf­ak­ti­on fällt, wird von dem Klä­ger selbst nicht be­haup­tet, wor­auf be­reits das Land­ge­richt in sei­nem Ur­teil hin­ge­wie­sen hat.

In­zwi­schen ist zwar be­kannt ge­wor­den, dass die Be­klag­te auf An­ord­nung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes (KBA) ei­nen ver­pflich­ten­den Rück­ruf für Mer­ce­des-Fahr­zeu­ge mit Die­sel­mo­to­ren durch­zu­füh­ren hat. Von dem Rück­ruf be­trof­fen sind aber aus­schließ­lich Fahr­zeug­va­ri­an­ten der Eu­ro-6b-Norm. In­fol­ge die­ses Rück­rufs wird bei den be­trof­fe­nen Fahr­zeu­gen zur Aus­räu­mung der Be­an­stan­dung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes ein Soft­ware­up­date für die Mo­tor­steue­rung auf­ge­spielt. Wel­che Fahr­zeu­ge un­ter die­se an­ge­ord­ne­te Rück­ruf­ak­ti­on im Ein­zel­nen fal­len, lässt sich der im In­ter­net un­ter https://​www.​daimler.​com/​innovation/​diesel/​rueckruf-faq.​html ab­ruf­ba­ren Lis­te (Stand: 14.09.2018) ent­neh­men. Die­se Lis­te ent­hält in­des kei­ne Fahr­zeu­ge der A-Klas­se, so­dass es wei­ter­hin an jeg­li­chen An­halts­punk­ten da­hin fehlt, dass das Fahr­zeug des Klä­gers von ei­ner Ab­gas­ma­ni­pu­la­ti­on be­trof­fen ist. Dar­auf, dass die Be­klag­te Wi­der­spruch ge­gen den Be­scheid des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes ein­ge­legt hat und was dies für Käu­fer, die den Be­scheid des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes zum An­lass für ein Rück­tritts­be­geh­ren neh­men, be­deu­tet, kommt es hier des­halb nicht an.

Fest­zu­hal­ten ist, dass sei­tens des Klä­gers we­der erst- noch zweit­in­stanz­lich sub­stan­zi­iert vor­ge­tra­gen wor­den ist, dass sein Fahr­zeug den von ihm be­haup­te­ten Sach­man­gel auf­weist. Von ihm wer­den Be­haup­tun­gen ‚ins Blaue hin­ein‘ auf­ge­stellt, oh­ne dass von ihm die Plau­si­bi­li­tät sei­ner Be­haup­tung dar­ge­legt wor­den ist. Von ihm wird le­dig­lich ge­mut­maßt bzw. spe­ku­liert, dass auch sein Fahr­zeug von ei­nem Ab­gas­skan­dal be­trof­fen ist. Mit der von ihm be­an­trag­ten Ein­ho­lung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens geht es ihm dar­um, Tat­sa­chen in Er­fah­rung zu brin­gen, durch die er in die La­ge ver­setzt wer­den will, sein Rück­tritts­be­geh­ren schlüs­sig dar­zu­tun. Der­ar­ti­ge auf ei­nen Aus­for­schungs­be­weis ge­rich­te­te Be­weis­an­trä­ge sind je­doch un­zu­läs­sig, so­dass mit dem Land­ge­richt die Ein­ho­lung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens zu den von dem Klä­ger auf­ge­stell­ten Be­haup­tun­gen zu un­ter­blei­ben hat.“

Bei die­sen Aus­füh­run­gen hat es zu ver­blei­ben; der Klä­ger hat sich hier­zu auch nicht er­klärt. …

Hin­weis: Die Be­schwer­de des Klä­gers ge­gen die Nicht­zu­las­sung der Re­vi­si­on hat­te zwar kei­nen Er­folg. Der BGH hat in sei­nem Be­schluss vom 28.01.2020 – VI­II ZR 57/19 – aber dar­auf hin­ge­wie­sen, dass das OLG Cel­le in ent­schei­dungs­er­heb­li­cher Wei­se den An­spruch des Klä­gers auf Ge­wäh­rung recht­li­chen Ge­hörs (Art. 103 I GG) ver­letzt ha­be. In dem Be­schluss heißt es:

„[1]    Die Be­schwer­de bleibt oh­ne Er­folg, weil der erst­mals im Nicht­zu­lasungs­be­schwer­de­ver­fah­ren gel­tend ge­mach­ten Ge­hörs­ver­let­zung (Art. 103 I GG) der Grund­satz der Sub­si­dia­ri­tät ent­ge­gen­steht.

[2]    I. Die Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de macht al­ler­dings zu Recht gel­tend, dass die an­ge­foch­te­ne Ent­schei­dung in ent­schei­dungs­er­heb­li­cher Wei­se den An­spruch des Klä­gers auf Ge­wäh­rung recht­li­chen Ge­hörs (Art. 103 I GG) ver­letzt. Denn das Be­ru­fungs­ge­richt hat das Vor­brin­gen des Klä­gers zum Vor­han­den­sein ei­ner oder meh­re­rer un­zu­läs­si­ger Ab­schalt­ein­rich­tun­gen zu Un­recht als un­be­acht­li­che Be­haup­tun­gen ‚ins Blaue hin­ein‘ ge­wer­tet und den hier­für an­ge­tre­te­nen Sach­ver­stän­di­gen­be­weis nicht er­ho­ben, ob­wohl ein sol­ches Vor­ge­hen im Pro­zess­recht kei­ne Stüt­ze fin­det.

[3]    1. Es hat ge­meint, der Klä­ger ha­be nicht schlüs­sig dar­ge­tan, wie er zu der Ein­schät­zung ge­langt sei, dass sein Fahr­zeug über ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung ver­fü­ge. Es feh­le an jeg­li­chen An­halts­punk­ten da­hin, dass das Fahr­zeug des Klä­gers ei­ne Ab­gas­ma­ni­pu­la­ti­on auf­wei­se. Die im In­ter­net ab­ruf­ba­re Lis­te der von ei­nem Rück­ruf des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge füh­re kei­ne Fahr­zeu­ge der A-Klas­se auf. Letzt­lich ha­be sich der Klä­ger, der die Plau­si­bi­li­tät sei­ner Be­haup­tun­gen nicht dar­ge­legt ha­be, auf blo­ße Mut­ma­ßun­gen und Spe­ku­la­tio­nen be­schränkt. Ihm ge­he es mit der von ihm be­an­trag­ten Ein­ho­lung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens dar­um, Tat­sa­chen in Er­fah­rung zu brin­gen, durch die er in die La­ge ver­setzt wer­den wol­le, sein Rück­tritts­be­geh­ren schlüs­sig dar­zu­tun. Der­ar­ti­ge auf ei­nen ‚Aus­for­schungs­be­weis‘ ge­rich­te­te Be­weis­an­trä­ge sei­en je­doch un­zu­läs­sig, so­dass der an­ge­bo­te­ne Be­weis nicht zu er­he­ben sei.

[4]    2. Hier­mit hat das Be­ru­fungs­ge­richt – wie die Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de zu Recht rügt – die An­for­de­run­gen an die Sub­stan­zi­ie­rungs­pflicht des Klä­gers rechts­feh­ler­haft über­spannt und in­fol­ge­des­sen ver­fah­rens­feh­ler­haft den vom Klä­ger für die von ihm be­haup­te­te Pro­gram­mie­rung der Mo­tor­steue­rung sei­nes Fahr­zeugs und für die von ihm wei­ter gel­tend ge­mach­te tem­pe­ra­tur­ab­hän­gi­ge Steue­rung der Ab­gas­rück­füh­rung an­ge­tre­te­nen Sach­ver­stän­di­gen­be­weis nicht er­ho­ben. Da­mit hat es – wie die Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de zu­tref­fend gel­tend macht – zu­gleich den An­spruch des Klä­gers auf recht­li­ches Ge­hör (Art. 103 I GG) ver­letzt. Die Nicht­be­rück­sich­ti­gung ei­nes er­heb­li­chen Be­weis­an­ge­bots stellt ei­nen Ver­stoß ge­gen Art. 103 I GG dar, wenn sie im Pro­zess­recht kei­ne Stüt­ze fin­det (st. Rspr.; vgl. hier­zu et­wa BVerfG, Beschl. v. 29.11.1983 – 1 BvR 1313/82, BVerfGE 65, 305, 307; Beschl. v. 30.01.1985 – 1 BvR 393/84, BVerfGE 69, 141, 144; BVerfG [2. Kam­mer des Zwei­ten Se­nats], Beschl. v. 19.12.2016 – 2 BvR 1997/15, ju­ris Rn. 15; BVerfG [2. Kam­mer des Ers­ten Se­nats], BVerfG [3. Kam­mer des Ers­ten Se­nats], Beschl. v. 02.07.2018 – 1 BvR 612/12, NVwZ 2018, 1555 Rn. 31; Beschl. v. 20.12.2018 – 1 BvR 1155/18, ju­ris Rn. 11; je­weils m. w. Nachw.; Se­nat, Beschl. v. 10.04.2018 – VI­II ZR 223/17, NJW-RR 2018, 647 Rn. 10 m. w. Nachw.).

[5]    a) Dem Be­ru­fungs­ge­richt ist zwar bei­zu­pflich­ten, dass der Vor­trag des Klä­gers zu dem Ein­bau ei­ner ge­mäß Art. 5 II 1 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 20.06.2007 über die Typ­ge­neh­mi­gung von Kraft­fahr­zeu­gen hin­sicht­lich der Emis­sio­nen von leich­ten Per­so­nen­kraft­wa­gen und Nut­zungs­fahr­zeu­gen (Eu­ro 5 und Eu­ro 6) und über den Zu­gang zu Re­pa­ra­tur- und War­tungs­in­for­ma­tio­nen für Fahr­zeu­ge (ABl. 2007 L 171, 1; nach­fol­gend: VO 715/2007/EG) un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung, die zu ei­nem Sach­man­gel nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB füh­ren wür­de (vgl. hier­zu Se­nat, Hin­weis­be­schl. v. 08.01.2019 – VI­II ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 4 ff.), recht all­ge­mein ge­hal­ten ist.

[6]    b) Das Be­ru­fungs­ge­richt hat je­doch die von der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung auf­ge­stell­ten An­for­de­run­gen an ein sub­stan­zi­ier­tes Vor­brin­gen miss­ach­tet, in­dem es den Sach­vor­trag des Klä­gers als un­zu­rei­chen­de Be­haup­tun­gen ‚ins Blaue hin­ein‘ und die hier­zu an­ge­bo­te­nen Be­wei­se als un­zu­läs­si­ge ‚Aus­for­schungs­be­wei­se‘ be­wer­tet hat.

[7]    aa) Ein Sach­vor­trag zur Be­grün­dung ei­nes An­spruchs ist be­reits dann schlüs­sig und er­heb­lich, wenn die Par­tei Tat­sa­chen vor­trägt, die in Ver­bin­dung mit ei­nem Rechts­satz ge­eig­net und er­for­der­lich sind, das gel­tend ge­mach­te Recht als in der Per­son der Par­tei ent­stan­den er­schei­nen zu las­sen. Die An­ga­be nä­he­rer Ein­zel­hei­ten ist nicht er­for­der­lich, so­weit die­se für die Rechts­fol­gen nicht von Be­deu­tung sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2014 – VI­II ZR 88/13, NJW 2015, 934 Rn. 43; Beschl. v. 28.02.2012 – VI­II ZR 124/11, WuM 2012, 311 Rn. 6 m. w. Nachw.; Beschl. v. 26.03.2019 – VI ZR 163/17, VersR 2019, 835 Rn. 11 m. w. Nachw.). Das gilt ins­be­son­de­re dann, wenn die Par­tei kei­ne un­mit­tel­ba­re Kennt­nis von den Vor­gän­gen hat (BGH, Beschl. v. 26.10.2016 – IV ZR 52/14, NJW-RR 2017, 22 Rn. 27). Das Ge­richt muss nur in die La­ge ver­setzt wer­den, auf­grund des tat­säch­li­chen Vor­brin­gens der Par­tei zu ent­schei­den, ob die ge­setz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für das Be­ste­hen des gel­tend ge­mach­ten Rechts vor­lie­gen (vgl. et­wa Beschl. v. 28.02.2012 – VI­II ZR 124/11, WuM 2012, 311 Rn. 6 m. w. Nachw.; Beschl. v. 26.03.2019 – VI ZR 163/17, VersR 2019, 835 Rn. 11). Sind die­se An­for­de­run­gen er­füllt, ist es Sa­che des Tatrich­ters, in die Be­weis­auf­nah­me ein­zu­tre­ten und da­bei ge­ge­be­nen­falls die be­nann­ten Zeu­gen oder die zu ver­neh­men­de Par­tei nach wei­te­ren Ein­zel­hei­ten zu be­fra­gen oder ei­nem Sach­ver­stän­di­gen die be­weis­er­heb­li­chen Streit­fra­gen zu un­ter­brei­ten (st. Rspr; vgl. BGH, Urt. v. 17.12.2014 – VI­II ZR 88/13, NJW 2015, 934 Rn. 43; Beschl. v. 28.02.2012 – VI­II ZR 124/11, WuM 2012, 311 Rn. 6 m. w. Nachw.; Beschl. v. 26.03.2019 – VI ZR 163/17, VersR 2019, 835 Rn. 11 ; je­weils m. w. Nachw.).

[8]    bb) Wei­ter ist es ei­ner Par­tei grund­sätz­lich nicht ver­wehrt, ei­ne tat­säch­li­che Auf­klä­rung auch hin­sicht­lich sol­cher Um­stän­de zu ver­lan­gen, über die sie selbst kein zu­ver­läs­si­ges Wis­sen be­sitzt und auch nicht er­lan­gen kann, die sie aber nach La­ge der Ver­hält­nis­se für wahr­schein­lich oder mög­lich hält (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 27.05.2003 – IX ZR 283/99, NJW-RR 2004, 337 un­ter II 1 m. w. Nachw.; Beschl. v. 09.11.2010 – VI­II ZR 209/08, ju­ris Rn. 15). Dies gilt ins­be­son­de­re dann, wenn sie sich – wie hier der Klä­ger – nur auf ver­mu­te­te Tat­sa­chen stüt­zen kann, weil sie man­gels Sach­kun­de und Ein­blick in die Pro­duk­ti­on des von der Ge­gen­sei­te her­ge­stell­ten und ver­wen­de­ten Fahr­zeug­mo­tors ein­schließ­lich des Sys­tems der Ab­gas­rück­füh­rung oder -ver­min­de­rung kei­ne si­che­re Kennt­nis von Ein­zel­tat­sa­chen ha­ben kann (vgl. BGH, Beschl. v. 26.03.2019 – VI ZR 163/17, VersR 2019, 835 Rn. 13). Ei­ne Be­haup­tung ist erst dann un­be­acht­lich, wenn sie oh­ne greif­ba­re An­halts­punk­te für das Vor­lie­gen ei­nes be­stimm­ten Sach­ver­halts will­kür­lich ‚aufs Ge­ra­te­wohl‘ oder ‚ins Blaue hin­ein‘ auf­ge­stellt wor­den ist (st. Rspr.; vgl. et­wa BGH, Urt. v. 27.05.2003 – IX ZR 283/99, NJW-RR 2004, 337 un­ter II 1; Urt. v. 26.01.2016 – II ZR 394/13, WM 2016, 974 Rn. 20; Beschl. v. 09.11.2010 – VI­II ZR 209/08, ju­ris Rn. 15; Beschl. v. 26.03.2019 – VI ZR 163/17, VersR 2019, 835 Rn. 13; je­weils m. w. Nachw.). Bei der An­nah­me von Will­kür in die­sem Sin­ne ist Zu­rück­hal­tung ge­bo­ten; in der Re­gel wird sie nur beim Feh­len jeg­li­cher tat­säch­li­cher An­halts­punk­te ge­recht­fer­tigt wer­den kön­nen (BGH, Urt. v. 27.05.2003 – IX ZR 283/99, NJW-RR 2004, 337 un­ter II 1 m. w. Nachw.).

[9]    cc) Die­se stren­gen Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne Be­haup­tung ‚ins Blaue hin­ein‘ lie­gen im Streit­fall nicht vor. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat un­ter Über­span­nung der Sub­stan­zi­ie­rungs­an­for­de­run­gen die Dar­le­gung von Ein­zel­hei­ten ver­langt, die für die recht­li­che Schlüs­sig­keit des Klä­ger­vor­brin­gens nicht er­for­der­lich sind, son­dern von ihm al­lein un­ter dem Ge­sichts­punkt der Nach­voll­zieh­bar­keit der klä­ge­ri­schen Be­haup­tun­gen ver­langt wor­den sind. Da­bei hat es ver­kannt, dass der Klä­ger, der man­gels ei­ge­ner Sach­kun­de und hin­rei­chen­den Ein­blicks in die Kon­zep­ti­on und Funk­ti­ons­wei­se des in sei­nem Fahr­zeug ein­ge­bau­ten Mo­tors ein­schließ­lich des Sys­tems zur Ver­rin­ge­rung des Stick­oxid­aus­sto­ßes kei­ne ge­nau­en Kennt­nis­se von dem Vor­han­den­sein und der kon­kre­ten Wir­kung ei­ner Ab­schalt­ein­rich­tung ha­ben kann, aus­rei­chend greif­ba­re An­halts­punk­te vor­ge­bracht hat, auf die er letzt­lich sei­nen Vor­wurf stützt, sein Fahr­zeug sei in zwei­fa­cher Hin­sicht mit ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung i. S. des Art. 5 II 1 VO 715/2007/EG aus­ge­stat­tet.

[10]   Ent­ge­gen der An­sicht des Be­ru­fungs­ge­richts ist das Vor­brin­gen des Klä­gers nicht des­we­gen un­be­acht­lich, weil er die Plau­si­bi­li­tät sei­ner Be­haup­tun­gen nicht dar­ge­legt ha­be. Es ver­kennt hier­bei, dass der Klä­ger man­gels ei­ge­ner Sach­kun­de und wei­te­rer Er­kennt­nis­mög­lich­kei­ten – die an­de­re mit dem Mo­tor OM 651 aus­ge­stat­te­te Fahr­zeug­ty­pen be­tref­fen­de Be­schei­de des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes, ge­gen die die Be­klag­te Wi­der­spruch ein­ge­legt hat, sind (so­weit er­sicht­lich) nicht ver­öf­fent­licht – letzt­lich auf Ver­mu­tun­gen an­ge­wie­sen ist und die­se na­tur­ge­mäß nur auf ei­ni­ge greif­ba­re Ge­sichts­punk­te stüt­zen kann. Von ihm kann – an­ders als das Be­ru­fungs­ge­richt an­nimmt – nicht ver­langt wer­den, dass er im Ein­zel­nen dar­legt, wes­halb er von dem Vor­han­den­sein ei­ner oder meh­re­rer Ab­schalt­ein­rich­tun­gen aus­geht und wie die­se kon­kret funk­tio­nie­ren. Viel­mehr ist von ihm nur zu for­dern, dass er greif­ba­re Um­stän­de an­führt, auf die er den Ver­dacht grün­det, sein Fahr­zeug wei­se ei­ne oder meh­re­re un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tun­gen auf. Dies hat er – wie nach­fol­gend dar­zu­stel­len ist – ge­tan. Da­bei hat er – wenn auch nur in gro­ben Zü­gen – die von ihm be­fürch­te­ten Aus­wir­kun­gen ei­ner sol­chen Ab­schalt­ein­rich­tung auf den Stick­oxid­aus­stoß im rea­len Fahr­be­trieb und auf dem Prüf­stand be­schrie­ben.

[11]   (1) Der Klä­ger hat un­ter Be­weis­an­tritt vor­ge­tra­gen, dass der in das er­wor­be­ne Fahr­zeug ein­ge­bau­te Mo­tor zu dem Mo­to­ren­typ OM 651 ge­hört. Wei­ter hat er zwar – an­ders als die Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de gel­tend macht – in den Tat­sa­chen­in­stan­zen nicht vor­ge­bracht, dass ‚ei­ne gro­ße Zahl an Fahr­zeu­gen mit Mo­to­ren die­ses Typs bun­des­weit von der Be­klag­ten [ha­be] zu­rück­ge­ru­fen wer­den‘ müs­sen, son­dern hat die­sen Vor­trag – nach § 559 I ZPO un­be­acht­lich – erst im Rah­men der Be­grün­dung der Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de ge­hal­ten. Er hat aber auf der von der Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de in­so­weit aus­drück­lich in Be­zug ge­nom­me­nen Sei­te 5 sei­nes Schrift­sat­zes vom 12.03.2018 dar­ge­legt, Mit­te Ju­li 2017 sei auf­grund von Durch­su­chun­gen der Staats­an­walt­schaft Stutt­gart im Rah­men ei­nes ein­ge­lei­te­ten Er­mitt­lungs­ver­fah­rens be­kannt ge­wor­den, dass in Mo­to­ren der Ty­pen OM 651 und OM 642 ei­ne un­zu­läs­si­ge Ther­mo­soft­ware ver­baut wor­den sei.

[12]   (2) Zu­dem hat das Be­ru­fungs­ge­richt be­reits in sei­nem Hin­weis­be­schluss und spä­ter dann im an­ge­foch­te­nen Zu­rück­wei­sungs­be­schluss aus­ge­führt, es sei be­kannt ge­wor­den, dass die Be­klag­te auf An­ord­nung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes ei­nen ver­pflich­ten­den Rück­ruf für Mer­ce­des-Mo­to­ren durch­zu­füh­ren ha­be. Wel­che Fahr­zeu­ge un­ter die­se an­ge­ord­ne­te Rück­ruf­ak­ti­on im Ein­zel­nen fie­len, las­se sich der im In­ter­net un­ter https://​www.​daimler.​com/​innovation/​diesel/​rueckruf-faq.​html ab­ruf­ba­ren Lis­te, Stand 14.09.2018, ent­neh­men. Aus der Lis­te selbst er­gibt sich, dass be­reits im Jahr 2018 meh­re­re Fahr­zeug­ty­pen der Be­klag­ten, die mit dem Mo­tor OM 651 aus­ge­stat­tet sind, von ei­ner Rück­ruf­ak­ti­on be­trof­fen wa­ren. Die­se Ge­sichts­punk­te bie­ten zu­sam­men mit dem Vor­trag des Klä­gers, sein Fahr­zeug wei­se eben­falls ei­nen Mo­tor des Typs OM 651 auf und die Staats­an­walt­schaft Stutt­gart ha­be hin­sicht­lich die­ses Mo­to­ren­typs im März 2017 ein Er­mitt­lungs­ver­fah­ren we­gen Ein­baus ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung ein­ge­lei­tet, so­wie im Hin­blick auf die – wenn auch all­ge­mein be­schrie­be­ne – Funk­ti­ons­wei­se der in zwei­fa­cher Hin­sicht ver­mu­te­ten Ab­schalt­ein­rich­tung hin­rei­chend greif­ba­re An­halts­punk­te für das Vor­han­den­sein ei­nes Sach­man­gels. Das Vor­brin­gen des Klä­gers ist da­mit ge­mes­sen an den von der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung auf­ge­stell­ten Maß­stä­ben nicht ‚ins Blaue hin­ein‘ er­folgt, son­dern schlüs­sig und er­heb­lich.

[13]   (3) An­ders als das Be­ru­fungs­ge­richt meint, sind greif­ba­re An­halts­punk­te für die Ver­wen­dung ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung nicht erst dann ge­ge­ben, wenn das Kraft­fahrt-Bun­des­amt auch be­züg­lich Fahr­zeu­gen der Daim­ler AG oder gar des kon­kre­ten Fahr­zeug­typs des Klä­gers ei­ne Rück­ruf­ak­ti­on an­ge­ord­net hat. Das Be­ru­fungs­ge­richt über­spannt die An­for­de­run­gen an ei­ne sub­stan­zi­ier­te und schlüs­si­ge Dar­le­gung ei­nes in dem Ein­bau ei­ner un­zu­läs­si-gen Ab­schalt­ein­rich­tung lie­gen­den Sach­man­gels, wenn es for­dert, dass sich der Klä­ger auf ein Ein­schrei­ten des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes stüt­zen kann. Denn ein Sach­man­gel nach § 434 I BGB we­gen Ver­wen­dung ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung liegt – wie der Se­nat in sei­nem Hin­weis­be­schluss vom 08.01.2019 (VI­II ZR 225/17, NJW 2019, 1133 Rn. 20) aus­ge­führt hat – im Hin­blick auf ei­ne dro­hen­de Be­triebs­be­schrän­kung oder -un­ter­sa­gung nach § 5 I FZV nicht erst dann vor, wenn der Her­stel­ler durch ei­nen Be­scheid des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes ei­ne Um­rüs­tungs­an­ord­nung ge­trof­fen hat, son­dern auch schon dann, wenn die­se Be­hör­de ei­ne ent­spre­chen­de Maß­nah­me ge­gen­über dem Her­stel­ler noch nicht ge­trof­fen hat. Denn auch dann ist im An­satz be­reits ein Sach­ver­halt (‚Man­gel­an­la­ge‘/Grund­man­gel) ge­ge­ben, der – ge­ge­be­nen­falls mit wei­te­ren Um­stän­den – da­zu füh­ren kann, dass die Zu­las­sungs­be­hör­de ei­ne Be­triebs­un­ter­sa­gung oder -be­schrän­kung vor­nimmt, weil das Fahr­zeug we­gen ei­ner ge­gen Art. 5 II 1 VO 715/2007/EG ver­sto­ßen­den Ab­schalt­ein­rich­tung nicht dem ge­neh­mig­ten Typ ent­spricht.

[14]   II. Je­doch ist der Klä­ger in der Re­vi­si­ons­in­stanz we­gen des all­ge­mei­nen Grund­sat­zes der Sub­si­dia­ri­tät dar­an ge­hin­dert, die dem Be­ru­fungs­ge­richt un­ter­lau­fe­ne Ge­hörs­ver­let­zung gel­tend zu ma­chen. Denn er hat auf den Hin­weis­be­schluss des Be­ru­fungs­ge­richts, in dem die­ses aus­führ­lich dar­ge­legt hat, dass es sei­nen Vor­trag als un­be­acht­li­che Be­haup­tun­gen ‚ins Blaue hin­ein‘ ein­stuft und den an­ge­tre­te­nen Sach­ver­stän­di­gen­be­weis als un­zu­läs­si­gen ‚Aus­for­schungs­be­weis‘ be­wer­tet, nicht Stel­lung ge­nom­men und da­mit kei­ne Schrit­te un­ter­nom­men, um den dro­hen­den Ge­hörs­ver­stoß zu ver­hin­dern.

[15]   1. Der Sub­si­dia­ri­täts­grund­satz for­dert, dass ein Be­tei­lig­ter über das Ge­bot der Er­schöp­fung des Rechts­wegs im en­ge­ren Sin­ne hin­aus al­le nach La­ge der Sa­che zur Ver­fü­gung ste­hen­den pro­zes­sua­len Mög­lich­kei­ten er­greift, um ei­ne Kor­rek­tur der gel­tend ge­mach­ten Grund­rechts­ver­let­zung zu er­wir­ken oder ei­ne sol­che zu ver­hin­dern (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 09.02.2011 – VI­II ZR 285/09, WuM 2011, 178 Rn. 10; Urt. v. 14.06.2018 – III ZR 54/17, BGHZ 219, 77 Rn. 37; Beschl. v. 17.03.2016 – IX ZR 211/14, NJW-RR 2016, 699 Rn. 4; Beschl. v. 16.10.2018 – VI­II ZR 225/17, ju­ris; Beschl. v. 28.03.2019 – IX ZR 147/18, ZIn­sO 2019, 1026 Rn. 4; je­weils m. w. Nachw.). Die­se Wür­di­gung ent­spricht dem in § 295 ZPO zum Aus­druck kom­men­den Rechts­ge­dan­ken, nach des­sen In­halt ei­ne Par­tei ei­ne Ge­hörs­ver­let­zung nicht mehr rü­gen kann, wenn sie die ihr nach Er­ken­nen des Ver­sto­ßes ver­blie­be­ne Mög­lich­keit zu ei­ner Äu­ße­rung nicht ge­nutzt hat (st. Rspr.; vgl. et­wa BGH, Urt. v. 09.02.2011 – VI­II ZR 285/09, WuM 2011, 178 Rn. 10; Urt. v. 14.06.2018 – III ZR 54/17, BGHZ 219, 77 Rn. 37; Beschl. v. 17.03.2016 – IX ZR 211/14, NJW-RR 2016, 699 Rn. 4 m. w. Nachw.; Beschl. v. 28.03.2019 – IX ZR 147/18, ZIn­sO 2019, 1026 Rn. 4 m. w. Nachw.). Ent­ge­gen der un­ter Ver­weis auf den Auf­satz des drit­t­in­stanz­li­chen Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten der Klä­ge­rin (Sieg­mann, JZ 2017, 598, 604 f.) von der Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de ver­tre­te­nen An­sicht ist der bei Grund­rechts­ver­let­zun­gen ein­grei­fen­de Sub­si­dia­ri­täts­grund­satz da­mit nicht auf das Ver­hält­nis zwi­schen Ver­fas­sungs- und Fach­ge­richts­bar­keit be­schränkt, son­dern gilt auch dann, wenn im Rah­men ei­ner Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de ei­ne Grund­rechts­ver­let­zung, ins­be­son­de­re ei­ne Ge­hörs­ver­let­zung, ge­rügt wird.

[16]   2. Ge­mes­sen dar­an ist der Klä­ger mit der erst­ma­li­gen Gel­tend­ma­chung ei­ner Ge­hörs­ver­let­zung in der Re­vi­si­ons­in­stanz aus­ge­schlos­sen. Die – von ihm nicht ge­nutz­te – Mög­lich­keit, auf den Hin­weis­be­schluss des Be­ru­fungs­ge­richts ge­mäß § 522 II 2 ZPO Stel­lung zu neh­men, dient nach all­ge­mei­ner Auf­fas­sung dem Zweck, dem Be­ru­fungs­füh­rer das recht­li­che Ge­hör zu ge­wäh­ren (BGH, Beschl. v. 17.03.2016 – IX ZR 211/14, NJW-RR 2016, 699 Rn. 5 m. w. Nachw.). Die­sem soll Ge­le­gen­heit ge­ge­ben wer­den, sich zu der vom Be­ru­fungs­ge­richt be­ab­sich­tig­ten Zu­rück­wei­sung sei­nes Rechts­mit­tels zu äu­ßern. Die­ser Zweck der Vor­schrift wür­de ver­fehlt, wenn man dem Be­ru­fungs­klä­ger die Wahl lie­ße, ob er ei­ne Ge­hörs­ver­let­zung im Hin­weis­be­schluss in­ner­halb der ihm ein­ge­räum­ten Frist zur Stel­lung­nah­me oder erst in ei­nem sich an­schlie­ßen­den Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de­ver­fah­ren rügt. Dies wür­de der mit der Ein­füh­rung des § 522 ZPO be­zweck­ten Be­schleu­ni­gung des Ver­fah­rens zu­wi­der­lau­fen und die rechts­kräf­ti­ge Ent­schei­dung der Strei­tig­keit zu­las­ten der in ers­ter In­stanz ob­sie­gen­den Par­tei ver­zö­gern (BGH, Beschl. v. 17.03.2016 – IX ZR 211/14, NJW-RR 2016, 699 Rn. 5).

[17]   Dem Klä­ger war durch das Vor­ge­hen des Be­ru­fungs­ge­richts nach § 522 II ZPO die Mög­lich­keit er­öff­net, dem Be­ru­fungs­ge­richt auf des­sen Hin­weis­be­schluss hin die oben ein­ge­hend dar­ge­stell­te höchst­rich­ter­li­che Recht­spre­chung zu den stren­gen An­for­de­run­gen an ei­ne un­be­acht­li­che Be­haup­tung ‚ins Blaue hin­ein‘ und zu ei­nem un­zu­läs­si­gen ‚Aus­for­schungs­be­weis‘ vor Au­gen zu füh­ren und da­mit der nun­mehr ge­rüg­ten Ge­hörs­ver­let­zung ent­ge­gen­zu­wir­ken. An­ders als die Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de meint, war vom an­walt­lich ver­tre­te­nen Klä­ger nicht nur zu ver­lan­gen, sei­nen Tat­sa­chen­vor­trag er­neut zu wie­der­ho­len. Viel­mehr war er ge­hal­ten, der rechts­feh­ler­haf­ten Ein­schät­zung des Be­ru­fungs­ge­richts mit recht­li­chen Aus­füh­run­gen ent­ge­gen­zu­tre­ten.

[18]   III Die von der Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de wei­ter gel­tend ge­mach­ten Ober­satz­ab­wei­chun­gen lie­gen nicht vor. Das Be­ru­fungs­ge­richt, das sich für ein Vor­ge­hen nach § 522 II ZPO ent­schie­den und der Sa­che nur Ein­zel­fallbe­deu­tung zu­ge­mes­sen hat, hat die von der Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de for­mu­lier­ten abs­trak­ten Ober­sät­ze nicht auf­ge­stellt. Von ei­ner nä­he­ren Be­grün­dung wird in­so­weit ge­mäß § 544 VI 2 Halb­satz 2 ZPO ab­ge­se­hen. …“

PDF er­stel­len