1. Der Käufer eines modernen Pkw mit Dieselpartikelfilter kann erwarten, dass sich das Fahrzeug für den Einsatz im Straßenverkehr – und zwar auch für einen ausschließlichen oder überwiegenden Einsatz im Kurzstreckenverkehr – eignet. Diese Eignung fehlt nicht schon dann, wenn bei einem Einsatz im Kurzstreckenverkehr Regenerationsfahrten erforderlich werden oder infolge von automatischen Regenerationen des Dieselpartikelfilters und der damit einhergehenden Motorölverdünnung ein häufigerer Motorölwechsel erforderlich wird. Ein Sachmangel liegt aber vor, wenn infolge der eingetretenen Motorölverdünnung ein Motorschaden eintritt, ohne dass der Fahrer eine Möglichkeit hatte, dies zu verhindern.
  2. Der Verkäufer eines Pkw mit Dieselpartikelfilter muss grundsätzlich damit rechnen, dass ein Pkw auch ausschließlich oder überwiegend im Kurzstreckenverkehr genutzt wird. Er muss deshalb im Verkaufsgespräch in der Regel auf die Besonderheiten bei einem Einsatz des Pkw im Kurzstreckenverkehr hinweisen. Eine Hinweispflicht könnte allenfalls zu verneinen sein, wenn sich für den Verkäufer Anhaltspunkte dafür ergeben, dass eine Nutzung des Fahrzeugs im Kurzstreckenverkehr nicht stattfinden wird.
  3. Kommt es bei einem modernen, hochpreisigen Pkw (hier: einem Jaguar XJ 2.7D), der weniger als 10.000 km gelaufen ist, zu einem Motorschaden und sind keine Bedienungsfehler ersichtlich, so spricht alles dafür, dass die Ursache für den Motorschaden bereits bei Übergabe des Fahrzeugs an den Käufer angelegt war.

LG Bielefeld, Urteil vom 13.04.2011 – 3 O 193/09

Sachverhalt: Die Parteien schlossen am 22.03.2007 einen Kaufvertrag über einen Neuwagen Jaguar XJ 2.7D mit Dieselpartikelfilter zu einem Kaufpreis von 79.770 €. Die Klägerin war Käuferin, die Beklagte Verkäuferin. Das Altfahrzeug der Klägerin wurde für 51.500 € in Zahlung genommen und mindestens für diesen Betrag weiterverkauft. Am 02.07.2007 wurde das Neufahrzeug übergeben und der Differenzbetrag von 28.270 € gezahlt. Zwischen den Parteien wurde vereinbart, dass der Pkw nach Ablauf von drei Jahren zum 30.06.2010 bei einer Gesamtlaufleistung von maximal 40.000 km und in einem optisch und technisch einwandfreiem Zustand von der Beklagten zu einem Preis von 33.851,97 € zzgl. MwSt. zurückgenommen werde.

Die Klägerin wurde vor dem Kauf des Fahrzeugs von der Beklagten nicht auf besondere Verhaltensweisen bezüglich des Fahrzeugs hingewiesen, insbesondere nicht auf das Erfordernis häufigerer Ölwechsel bei Nutzung des Wagens im Kurzstreckenbetrieb.

Am 17.05.2008 erlitt der Pkw auf einer Fahrt von T. nach C. einen Motorschaden. Das Fahrzeug war zu diesem Zeitpunkt 8.939 km gelaufen. Am 29.05.2008 wurde durch die Jaguar-Kundenbetreuung ein Schadensgutachten bei der E-GmbH in Auftrag gegeben. Der Gutachter G kam in seinem schriftlichen Gutachten vom 19.06.2008 zu dem Ergebnis, dass der Motorschaden durch eine Mangelschmierung infolge starken Kraftstoffeintrags ins Motoröl entstanden sei.

Mit Antrag vom 22.08.2008 leitet die Klägerin ein selbstständiges Beweisverfahren beim LG Bielefeld ein. Der Sachverständige Dipl.-Ing. S erstattete am 23.12.2008 sein Gutachten und am 31.03.2009 ein Ergänzungsgutachten.

Mit Schreiben vom 05.08.2008 erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag. Mit Schreiben vom 07.08.2008 lehnte die Beklagte die Rückabwicklung ab. Am 23.10.2008 ließ die Klägerin ein neues Fahrzeug zu.

Die Klägerin behauptet, der für die Beklagte tätige Verkäufer T habe ihre Fahrgewohnheiten gekannt. Aus der Rückkaufvereinbarung ergebe sich, dass das Fahrzeug als Kurzstreckenfahrzeug benutzt werden sollte. Das Handbuch weise nicht auf die Gefahr der Motorölverdünnung, insbesondere auch nicht auf einen Handlungsbedarf bei zu hohem Ölstand, hin. Der Zeuge L habe das Öl regelmäßig überprüft, auch vor der Fahrt am Schadenstag. Dabei habe er keine Besonderheiten bemerkt. Vor dem Schadenseintritt sei keine Warnung durch eine Kontrollleuchte des Wagens erfolgt.

Von dem von ihr zurückgeforderten Kaufpreis bringt die Klägerin 2.825 € als Nutzungsvorteil in Abzug. Als Schadenspositionen macht die Klägerin Mietwagenkosten in Höhe von 1.085,22 € für die Zeit vom 17.05.2008 bis zum 11.06.2008, die Kosten für die Überführung und Zulassung in Höhe von 890 € und einen von ihr behaupteten Nutzungsausfallschaden für die Zeit vom 09.08.2008 bis zum 22.10.2008 in Höhe von 5.925 € geltend. In der Zeit vom 12.06.2008 bis zum 08.08.2008 war der Klägerin ein Ersatzfahrzeug durch die Beklagte zur Verfügung gestellt worden.

Die Klage hatte überwiegend Erfolg.

Aus den Gründen: A. … I. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Rückübereignung des Pkw. Die Klägerin war gemäß §§ 437 Nr. 2, 323 II Nr. 1 BGB zum Rücktritt von dem abgeschlossenen Kaufvertrag berechtigt.

1. Der streitgegenständliche Pkw ist mit einem Sachmangel behaftet. Ein Sachmangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB ist gegeben. Der Pkw eignet sich nicht für die gewöhnliche Verwendung und weist keine Beschaffenheit auf, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.

Von einem modernen Pkw mit Dieselpartikelfilter kann der Käufer erwarten, dass dieser sich für den Einsatz im Straßenverkehr, und zwar auch einen ausschließlichen oder überwiegenden Einsatz im Kurzstreckenverkehr, eignet. Das Fehlen einer solchen Eignung ergibt sich aber noch nicht aus dem Umstand, dass bei einem Einsatz im Kurzstreckenverkehr Regenerationsfahrten erforderlich werden, oder aber infolge von automatisch durchgeführten Regenerationen des Dieselpartikelfilters und der damit einhergehenden Motorölverdünnung ein häufigerer Motorölwechsel erforderlich wird. Denn hierbei handelt es sich nach den Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. S um bautypenspezifische Nachteile, die bei allen Motoren mit Dieselpartikelfilter, also auch Motoren anderer Hersteller, auftreten und aus diesem Grund keinen Sachmangel darstellen (vgl. BGH, Urt. v. 04.03.2009 – VIII ZR 160/08).

Die eingetretene Motorölverdünnung ist nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. S auf automatisch durchgeführte Regenerationen des Dieselpartikelfilter zurückzuführen, welche erforderlich werden, wenn der Pkw insbesondere aufgrund einer überwiegenden Nutzung im Kurzstreckenverkehr nicht die erforderliche Temperatur erreicht, um den Dieselpartikelfilter freizubrennen. Die Motorölverdünnung ist also Folge einer Nutzung des Pkw, bei der es regelmäßig zu keinen hohen Betriebstemperaturen kommt. Die Motorölverdünnung und der dadurch drohende Motorschaden infolge eines nicht mehr ausreichend schmierfähigen Ölfilms lässt sich bei gleichbleibendem Fahrverhalten nur durch häufigere Motorölwechsel verhindern, wobei der Sachverständige hierfür Intervalle von ca. 7.500 km erforderlich hält. Hierin allein liegt, wie soeben ausgeführt, noch kein Sachmangel. Ein Sachmangel liegt aber dann vor, wenn infolge der eingetretenen Motorölverdünnung ein Motorschaden eintritt, ohne dass der Fahrer eine Möglichkeit hat, dies zu verhindern.

Insofern sind verschiedene Wege denkbar, den Käufer auf die Gefahr einer Motorölverdünnung und die Erforderlichkeit eines frühzeitigen Ölwechsels bei einem Einsatz des Fahrzeugs im Kurzstreckenverkehr hinzuweisen.

a) Ein Hinweis auf die Problematik kann erfolgen durch einen mündlichen Hinweis beim Verkauf des Pkw. Es ist auch möglich, den Käufer im Handbuch aufzuklären. Von solchen Hinweisen kann im vorliegenden Fall jedoch nicht ausgegangen werden. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass im Rahmen des Verkaufsgespräches nicht auf die Besonderheiten bei einem Einsatz des Pkw im Rahmen des Kurzstreckenverkehrs hingewiesen wurde. Insofern kann offenbleiben, ob der Beklagten bekannt war, dass das Fahrzeug im Kurzstreckenverkehr eingesetzt werden würde. Denn der Verkäufer eines Pkw muss grundsätzlich damit rechnen, dass ein Pkw auch ausschließlich oder überwiegend im Kurzstreckenverkehr genutzt wird. Erst wenn sich für den Verkäufer Anhaltspunkte dafür ergeben, dass eine Nutzung im Kurzstreckenverkehr nicht stattfinden wird, könnte unter Umständen eine Hinweispflicht entfallen. Solche Anhaltspunkte sind aber von der Beklagten nicht vorgetragen worden. Die Beklagte konnte also nicht ausschließen, dass eine Nutzung im Kurzstreckenverkehr erfolgen würde, und hätte daher die beabsichtigte Nutzung des Fahrzeugs ermitteln und dann den Kaufinteressenten aufklären müssen. Das ist nicht erfolgt. Die Beklagte hat auch nicht substanziiert behauptet, dass in dem Handbuch des Fahrzeugs auf die Besonderheiten bei einer Nutzung des Fahrzeugs im Kurzstreckenverkehr, insbesondere die Erforderlichkeit häufigerer Ölwechsel, hingewiesen wurde. Diese Behauptung ist von der Klägerin bestritten worden. Ungeachtet des gerichtlichen Hinweises hat die Beklagte aber nicht dargelegt, an welcher Stelle des Handbuchs ein solcher Hinweis erfolgt sein soll.

b) Auch eine Kontrolle des Ölstandes vor Antritt der Fahrt war nach der Überzeugung der Kammer nicht geeignet, den Fahrer vor der Gefahr eines Motorschadens zu warnen. Insofern kommt es auf die Aussage des Zeugen L bzgl. der Frage, ob und wie oft der Ölstand kontrolliert wurde, nicht an. Denn selbst wenn er den Ölstand kontrolliert hätte, wäre doch allenfalls ein zu hoher Ölstand aufgefallen. Das Handbuch des Fahrzeugs enthält diesbezüglich keinerlei Hinweise. Auch nach der Einschätzung des Sachverständigen Dipl.-Ing. S konnte zumindest im Jahr 2008 ein durchschnittlicher Fahrer nicht davon ausgehen, dass ein zu hoher Ölstand einen Handlungsbedarf bedeutete. Diese Einschätzung ist auch für die Kammer nachvollziehbar. Es ist allgemein bekannt, dass ein zu niedriger Ölstand zu einem Schaden des Motors führen kann. Die Problematik der Motorölverdünnung und der damit einhergehenden Vermehrung der Flüssigkeit im Motorraum ist aber ein noch sehr neues Phänomen, da zumindest im Jahr 2008 der breiten Öffentlichkeit nicht bewusst war. Ohne weitere Anhaltspunkte konnte ein Fahrer zu dem Zeitpunkt der Schadensfahrt nicht davon ausgehen, dass ein zu hoher Ölstand irgendeine Gefahr für das Fahrzeug bedeutete.

c) Letztlich kommt daher nur der Hinweis auf die vorzeitige Erforderlichkeit eines Ölwechsel durch eine Warnmeldung des Fahrzeugs in Betracht. Die Klägerin hat behauptet, dass es eine solche Warnmeldung vor dem Schadenseintritt nicht gegeben habe. Dies hat die Beklagtenseite zwar bestritten. Es ist insofern aber schon nicht vorgetragen worden, ob eine solche Warnung rechtzeitig vor dem Schadenseintritt erfolgte. Es kann auch offenbleiben, ob insofern allein eine Serviceanzeige oder eine Anzeige eines Wartungsintervalls dem Fahrer mit der hinreichenden Deutlichkeit klar macht, dass eine Weiterfahrt zu einem Motorschaden führen kann.

Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Kammer trotz verbleibender Bedenken überzeugt davon, dass vor dem Schadenseintritt keine Warnlampe aufleuchtete. Insofern traf die Beweislast für die Behauptung, eine Warnung vor dem Motorschaden sei nicht erfolgt, die Klägerin. Denn diese Behauptung betrifft einen Sachmangel, der von der Klägerin zu beweisen ist. Dafür, dass bei mehreren möglichen Schadensursachen (Sachbeschaffenheit oder Bedienungsfehler) der Defekt auf die Sachbeschaffenheit und nicht etwa auf einen Bedienungsfehler zurückzuführen ist, ist der Käufer und mithin vorliegend die Klägerin beweisbelastet (vgl. OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 18.07.2007 – 13 U 164/06).

Diesen Beweis hat die Klägerin trotz verbleibender Bedenken erbracht. Insofern begegnet allerdings die Aussage des Zeugen L erheblichen Bedenken. Dieser ist zum einen der Ehemann der Geschäftsführerin der Klägerin, zum anderen war er nach seinem eigenen Bekunden an den Besprechungen mit dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin beteiligt und gab die für den klägerischen Vortrag verwendeten Informationen. Vor diesem Hintergrund kommt der Aussage kaum eine größere Bedeutung als einer Parteianhörung nach § 141 ZPO zu. Auch inhaltlich bestehen Bedenken gegen die Aussage. So waren die Angaben des Zeugen bzgl. der Ölstandskontrollen nicht mit dem – auf seinen Angaben basierenden – klägerischen Vortrag in Übereinklang zu bringen. Insofern sah sich der Klägervertreter gehalten, diesen Widerspruch durch angeblich bereits 2008 erfolgte Besprechungen aufzuklären. Die Angabe des Zeugen, er habe den Ölstand bei jedem zweiten oder dritten Tankstopp kontrolliert, ist auch nur schwer mit den früheren Ausführungen der Klägerin in Übereinklang zu bringen, nach dem vor dem Schadensfall eine Kontrolle des Ölstands doch überhaupt nicht erforderlich gewesen sein soll. Nach den Angaben des Sachverständigen Dipl.-Ing. S ist auch die Angabe des Zeugen, das Öl sei bei der Kontrolle vor der Fahrt noch klar gewesen, nicht lebensnah, da das Öl zu diesem Zeitpunkt schon dunkel hätte sein müssen. Auch die angeblich bei jedem zweiten oder dritten Tankstopp durchgeführte Ölstandskontrolle ist nach Auffassung der Kammer heutzutage eher lebensfremd. Auch nach den Ausführungen des Sachverständigen kontrollieren viele Fahrer den Ölstand überhaupt nicht. Allerdings kann insofern nicht eindeutig gesagt werden, ob der Zeuge gelogen hat, da es nach den Ausführungen des Sachverständigen durchaus Fahrer gibt, die den Ölstand häufig kontrollieren.

Auf der anderen Seite konnte auch das Gutachten des Sachverständigen keine eindeutige Aussage treffen, ob vor dem Schadenseintritt keine Warnleuchte leuchtete. Der Sachverständige, an dessen Sachkunde keine Zweifel bestehen und der der Kammer aus einer Vielzahl von Verfahren als kompetent bekannt ist, konnte lediglich ermitteln, dass in dem Fehlerspeicher des Fahrzeugs keine Fehlermeldung abgelegt war. Insofern ist davon auszugehen, dass der Sachverständige hier alle zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten ausgenutzt hat. Er bezieht sich insofern auf das Ausleseergebnis im Rahmen des E-Gutachtens, nach dem der Fehlerspeicher keine Auffälligkeiten aufwies. Dass bei diesem Gutachten unzureichende Auslesemethoden angewandt wurden, hat auch die Beklagtenseite nicht behauptet. Die Unauffälligkeit des Fehlerspeichers spricht nach der Einschätzung des Sachverständigen dafür, dass eine Meldung nicht erfolgt sei, man könne dies aber nicht mit absoluter Sicherheit feststellen, da es durchaus vorkomme, dass Fehlermeldungen nicht protokolliert würden. Die Fehlerquote sei insofern aber äußerst gering und bewege sich bei grober Schätzung im einstelligen Prozentbereich.

Die Kammer sieht letztlich im Zusammenspiel dieses Sachverständigengutachtens und der – wenn auch bedenklichen – Aussage des Zeugen L den Beweis dafür erbracht, dass keine Warnleuchte auf den drohenden Motorschaden hinwies. Nach der Einschätzung ist die Aussage des Zeugen in diesem Punkt, dass vor dem Motorschaden keine Warnleuchte geleuchtet habe, nachvollziehbar. Es erscheint auch wenig wahrscheinlich – wenngleich nicht ausgeschlossen – dass der Zeuge trotz des Aufleuchtens der Warnleuchte eine Autobahnfahrt über eine erhebliche Strecke fortsetzte, ohne sich um diese Anzeige zu kümmern. Ein durchschnittlicher Fahrer würde bei einer Anzeige, die das sofortige Aufsuchen einer Werkstatt oder sogar das Unterlassen der Weiterfahrt empfiehlt, dem Rat folgen und nicht einen Schaden eines noch fast neuen Pkw, für den noch Gewährleistungsansprüche bestehen, riskieren …

Da mithin eine in den Verantwortungsbereich der Käuferin fallende Ursache für den Motorschaden nicht ersichtlich ist, geht die Kammer in Übereinstimmung mit dem OLG Frankfurt a. M. (Urt. v. 04.03.2005 – 24 U 198/04) davon aus, dass zu vermuten ist, dass der Sachmangel bereits bei Gefahrübergang, also bei Übergabe, vorlag. Denn kommt es bei einem modernen, hochpreisigen Pkw, der weniger als 10.000 km gelaufen ist, zu einem Motorschaden und sind keine Bedienungsfehler ersichtlich, so spricht alles dafür, dass die Ursache für den Motorschaden bereits bei Übergabe angelegt war. Die Klägerin hat einen in Betracht kommenden Bedienungsfehler ausgeräumt, weitere Bedienungsfehler sind von Beklagtenseite nicht vorgetragen worden. Die Vermutung, dass der Sachmangel in Gestalt eines nicht funktionstüchtigen Warnsystems in Bezug auf die Motorölverdünnung bei Übergabe vorlag, konnte die Beklagte nicht widerlegen.

2. Gemäß § 346 II 1 Nr. 1 BGB ist allerdings auch die Klägerin verpflichtet, Wertersatz für die ihr zugeflossenen Nutzungen an dem Pkw zu leisten. Insofern hat die Beklagte die Einrede gemäß §§ 348, 320 BGB erhoben, sodass der Nutzungsvorteil zu beziffern und von der Klageforderung in Abzug zu bringen ist.

Die Höhe des Wertersatzes richtet sich dabei nach der im Vertrag bestimmten Gegenleistung (§ 346 II 2 BGB). Insofern ist die zwischen den Parteien getroffene Rückkaufsvereinbarung von Bedeutung. Aus dieser ergibt sich, dass die Beklagte verpflichtet war, das Fahrzeug nach drei Jahren mit einer Gesamtlaufleistung von 40.000 km zu einem Festpreis von 40.283,34 € zurückzunehmen. Ausgehend von dem Kaufpreis von 79.770 € sollte das Fahrzeug also 39.486,15 € weniger wert sein. Daraus ergibt sich, dass zumindest für die ersten drei Jahre der Nutzung als Kurzstreckenfahrzeug zwischen den Parteien vereinbart war, dass jeder gefahrene Kilometer mit mindestens 0,99 € berechnet werden sollte. Bei der gefahrenen Strecke von 8.939 km ergibt sich somit eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 8.824,17 €, welche von dem zurückzuzahlenden Kaufpreis in Abzug zu bringen ist, sodass noch eine Rückforderung in Höhe von 70.945,83 € von der Klägerin Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs geltend gemacht werden kann.

3. Die Zinsforderung ist nur teilweise begründet. Die Klägerin beansprucht Zinsen bereits ab dem 02.07.2007. Der gezahlte Kaufpreis ist zwar im Wege des Nutzungsersatzes zu verzinsen; vom Verkäufer erzielte Zinsen sind als Kapitalnutzung gemäß §§ 346 I, II 1 Nr. 1, 100 BGB herauszugeben bzw. zu ersetzen. Zu den gezogenen Nutzungen zählen auch ersparte Schuldzinsen. Insofern fehlt es aber abgesehen von Rechtsausführungen an jedem Sachvortrag, ob und in welcher Höhe die Beklagte Zinsen erzielt oder Schuldzinsen erspart hat. Zugesprochen werden konnten daher nur Verzugszinsen gemäß § 286 II Nr. 3 BGB ab der Verweigerung der Rückabwicklung durch die Beklagte, also ab dem 07.08.2008.

II. Die Klägerin hat auch neben dem Rücktritt noch einen Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz des infolge des Sachmangels entstandenen Schadens aus §§ 280 I, 249 BGB.

1. Bezüglich der geltend gemachten Mietwagenkosten ist von der Beklagten nicht nachvollziehbar vorgetragen worden, dass die Dauer der Anmietung unangemessen gewesen wäre. Grundsätzlich kann der Geschädigte bis zur Reparatur oder bis zur Beschaffung eines Neufahrzeugs Mietkosten geltend machen. Im vorliegenden Fall hat zwar die Beklagte der Klägerin ab dem 12.06.2008 ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung gestellt, so dass ab diesem Zeitpunkt eine Anmietung nicht mehr erforderlich gewesen wäre. Die Klägerin verlangt aber Ersatz der Mietwagenkosten nur bis zum 11.06.2008. Es ist nicht ersichtlich, dass der Klägerin bereits vor diesem Zeitpunkt ein Ersatzfahrzeug angeboten worden wäre, welches die weitere Anmietung eines Fahrzeugs entbehrlich gemacht hätte. Allerdings können die Mietwagenkosten nicht in voller Höhe von 1.085,22 € geltend gemacht werden. Denn die Klägerin hat insofern die Benutzung und Abnutzung eines eigenen Fahrzeugs eingespart. Als Abzug für diese ersparte Eigenaufwendungen erscheint ein Anteil von 10 % angemessen (Palandt/Grüneberg, BGB, § 249 Rn. 36 m. w. Nachw.). Demnach können Mietwagenkosten nur in Höhe von 976,70 € zuerkannt werden.

2. Die Überführungs- und Zulassungskosten in Höhe von 890 € sind als Schaden i. S. der §§ 281 I, 249 BGB zu ersetzen. Insofern gilt die Rentabilitätsvermutung, nach der nutzlos gewordene Aufwendungen im Rahmen des Schadensersatzanspruchs aus § 281 BGB zu ersetzten sind, da vermutet wird, dass sich diese Aufwendungen durch die geschuldete Gegenleistung amortisiert hätten.

3. Einen Nutzungsausfallanspruch für die Zeit vom 09.08. bis 22.10.2008 in Höhe von 5.925 € kann die Klägerin dagegen nicht geltend machen. Die Klage ist insofern unschlüssig. Die insofern darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat die Voraussetzungen eines Nutzungsausfallanspruchs nicht dargelegt. Die Klägerin beschränkt sich insofern auf rechtliche Ausführungen, ohne die Voraussetzungen eines solchen – grundsätzlich möglichen – Nutzungsausfallanspruchs darzulegen. So hat die Klägerin – eine Handelsgesellschaft – weder dargelegt, ob der Pkw gewerblich oder aber durch ihre Geschäftsführerin privat genutzt wurde. Es ist auch nicht dargelegt worden, ob in der Zeit für die eine Entschädigung gefordert wird, überhaupt der erforderliche Nutzungswille und die Nutzungsmöglichkeit bestanden. Insofern ist auch zu berücksichtigen, dass kein Anspruch besteht, wenn ein Zweitwagen zur Verfügung steht und dessen Nutzung zumutbar ist (BGH, NJW 1976, 286). Dies erscheint deshalb naheliegend, weil die Geschäftsführerin der Klägerin im Rahmen ihrer Anhörung erklärte, der Zeuge L kümmere sich „um unsere Fahrzeuge“. Es standen also mehrere Fahrzeuge zur Verfügung, ohne dass dargelegt wurde, wieso die Klägerin gerade auf das beschädigte streitgegenständliche Fahrzeug angewiesen war. Auch die Dauer des Nutzungsausfalls wurde in keiner Weise dargelegt. Denn eine Entschädigung kann nicht über einen unbegrenzten Zeitraum verlangt werden, sondern nur solange, bis unter allen zumutbaren Anstrengungen ein Ersatzfahrzeug beschafft werden konnte. Es ist nicht ersichtlich, wieso die Klägerin nicht unmittelbar nach der Verweigerung der Rückabwicklung des Kaufvertrages durch die Beklagte am 07.08.2008 ein Ersatzfahrzeug kaufte, sondern hiermit über zwei Monate, bis zum 23.10.2008, wartete …

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