Nach einem Rücktritt vom Kaufvertrag kann ein Kfz-Käufer Aufwendungen, die er bezüglich des Fahrzeugs getätigt hat, auch dann ersetzt verlangen, wenn das Fahrzeug dadurch keine Wertsteigerung erfahren hat und der Verkäufer durch die Aufwendungen nicht bereichert wird.

LG Stuttgart, Urteil vom 26.03.2004 – 8 O 540/03
(nachfolgend: OLG Stuttgart, Urteil vom 25.08.2004 – 3 U 78/04)

Sachverhalt: Die Klägerin kaufte am 08.06.2002 von der Beklagten einen Pkw. Auf den Kaufpreis in Höhe von 26.912 € leistete sie eine Anzahlung in Höhe von 13.800 €. Der Restbetrag wurde von der D-Bank finanziert. Die Klägerin hatte an die Bank ab Juni 2002 vierundzwanzig Raten in Höhe von jeweils 85,15 € sowie eine Schlussrate in Höhe von 13.100 €, fällig im Mai 2004, zu zahlen. Tatsächlich hat die Klägerin vierzehn Raten in Höhe von insgesamt 1.192 € gezahlt.

Wegen Mängeln am Fahrzeug haben sich die Parteien auf eine Rückabwicklung des Kaufvertrags geeinigt. Einigkeit besteht auch darüber, dass die Klägerin sich eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 0,5 % des Kaufpreises pro 1.000 gefahrene Kilometer anrechnen lässt. Den Kilometerstand hat die Klägerin mit 42.420 angegeben. Sie hat im Verhandlungstermin erklären lassen, dass danach mit dem Fahrzeug nicht mehr gefahren worden sei.

Vorprozessual und auch im Rechtsstreit hat die Beklagte sich bereiterklärt, der Klägerin die geleistete Anzahlung, die im Rahmen der Finanzierung geleisteten Raten und die Kosten für ein vorprozessual erstelltes Gutachten in Höhe von 471,92 € unter Verrechnung mit der Nutzungsentschädigung, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs, zu erstatten. Streit besteht zwischen den Parteien lediglich hinsichtlich Aufwendungen in Höhe von insgesamt 5.567,48 €, die die Klägerin bezüglich des Fahrzeugs getätigt hat:

Alufelgen 1.765,21 €
Navigationssystem 1.147,24 €
Einbau des Navigationssystems 143,14 €
Tempomat, Autotelefon, Schmutzfänger 1.489,70 €
Lackierung der Stoßfänger 435,00 €
Matten 99,99 €
Überführungskosten 487,20 €

Die Klägerin, die für diese Aufwendungen Ersatz in voller Höhe begehrt, errechnet sich einen Erstattungsanspruch in Höhe von 15.645,31 € und beantragt im Wesentlichen, die Beklagte zur Zahlung dieses Betrags nebst Zinsen zu verurteilen. Die Beklagte erkennt eine Zahlungspflicht in Höhe von 15.464,02 € abzüglich 134,56 € je 1.000 gefahrene Kilometer (= 9.755,98 € bei einer Fahrleistung von 42.420 km) an und meint, sie sei nicht zum Ersatz der von der Klägerin getätigten Aufwendungen verpflichtet.

Die Klage hatte größtenteils Erfolg.

Aus den Gründen: I. … 1. Unbegründet ist die Klage in Höhe von 321,86 €, da selbst dann, wenn man dem Klagebegehren entsprechen würde, sich nur ein Zahlungsbetrag von 15.323,45 € errechnet.

2. Bezüglich der streitigen Aufwendungen in Höhe von insgesamt 5.567,48 € hat die Klage zum überwiegenden Teil Erfolg. Für die Aufwendungen einschließlich der Zulassungskosten hat die Beklagte 4.386,62 € zu erstatten.

a) Es ist zwar zutreffend, dass in Anwendung der Rücktrittsvorschriften die Beklagte gemäß § 347 II 2 BGB nur die notwendigen Verwendungen und andere Aufwendungen nur zu ersetzen hat, soweit die Beklagte dadurch bereichert ist. Mit Ausnahme der Zulassungskosten dürfte es sich bei den Aufwendungen aber um keine notwendigen Verwendungen handeln. Ob aufseiten der Beklagten durch die anderen Aufwendungen eine Bereicherung eingetreten ist, erscheint jedenfalls fraglich.

b) Letztere Frage kann auf sich beruhen, da die Klägerin nicht auf die sich aus den Rücktrittsvorschriften ergebenden Ansprüche beschränkt ist. Sie kann gemäß § 437 Nr. 2 BGB auch Schadensersatz verlangen, wobei – insoweit abweichend von der früheren Rechtslage – diese Ansprüche durch die Geltendmachung des Rücktritts nicht ausgeschlossen sind (§ 325 BGB).

c) Da die Beklagte mangels eines Entlastungsbeweises die Mängel, die zur einvernehmlichen Rückabwicklung des Kaufvertrages führten, zu vertreten hat, kann die Klägerin die von ihr getätigten Aufwendungen als Schadensersatz verlangen; diese haben sich mit der Rückabwicklung als nutzlos erwiesen. Die Aufwendungen hat die Klägerin im Vertrauen darauf getätigt, dass das Fahrzeug auf Dauer bei ihr verbleibt. Ob durch die zusätzliche Ausstattung des Fahrzeugs eine Wertsteigerung bzw. im Falle der Rückgabe aufseiten der Beklagten eine Bereicherung eingetreten ist, ist unter schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten ohne Belang.

d) Diese durch das Schuldrechtsmodernisierungsgsetz bewirkte Änderung der Rückabwicklungsvorschriften führt auch zu einem billigen Ergebnis. Wenn die Klägerin nämlich die Ausstattung, deren Ersatz sie nun begehrt, mit dem Kauf des Fahrzeugs sogleich bei der Beklagten bestellt hätte und diese Bestandteil des Kaufvertrags gewesen wäre, bestünde kein Zweifel, dass der Kaufpreis, auch soweit er auf dieses Zubehör entfällt, erstattet werden müsste.

e) Andererseits haben die von der Klägerin getätigten Aufwendungen zu einem – jedenfalls subjektiv – höheren Gebrauchswert geführt, den die Klägerin sich im Rahmen der Vorteilsausgleichung anrechnen lassen muss. Sie hat sich den Nutzungsvorteil anrechnen zu lassen, den sie durch den Gebrauch der Verwendungen erfahren hat. Dabei erscheint es sachgerecht, die Nutzungsentschädigung aus dem um die Verwendungen erhöhten Kaufpreis zu berechnen. Der Kaufpreis ist deshalb für die Berechnung der Nutzungsvergütung um 5.567,48 € auf 32.479,48 € zu erhöhen. Bei der Fahrleistung von 42.420 km errechnet sich aus diesem erhöhten Kaufpreis eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 6.888,90 €.

Dies ergibt folgende Abrechnung:

Anzahlung 13.800,00 €
Raten 1.192,10 €
Sachverständigengutachten 471,92 €
getätigte Aufwendungen 5.567.48 €
Zwischensumme 21.031,50 €
abzüglich Nutzungsentschädigung 6.888,90 €
Erstattungsbetrag 14.142,60 €

Diesen Betrag hat die Beklagte Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs zu bezahlen. Dabei konnte der Klägerin die begehrte Verzinsung nicht zugesprochen werden, da sich die Beklagte nicht in Verzug befindet. Die Beklagte war zur Bezahlung des genannten Betrags nur verpflichtet Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Bis zur Rückgabe hatte sie ein den Verzug ausschließendes Zurückbehaltungsrecht. Die Herausgabe des Fahrzeugs hat die Klägerin jedoch von der Zahlung eines in dieser Höhe nicht geschuldeten Betrags abhängig gemacht …

Hinweis: Die Berufung der Beklagten dieses Urteil hatte keinen Erfolg, während die Anschlussberufung der Klägerin überwiegenden erfolgreich war; siehe OLG Stuttgart, Urt. v. 25.08.2004 – 3 U 78/04.

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