1. Macht der Käu­fer Rech­te ge­mäß § 437 BGB gel­tend, nach­dem er die Kauf­sa­che ent­ge­gen­ge­nom­men hat, trifft ihn die Dar­le­gungs- und Be­weis­last für die ei­nen Sach­man­gel be­grün­den­den Tat­sa­chen.
  2. Dass sich bei frontan­ge­trie­be­nen Fahr­zeu­gen an den hin­te­ren Rei­fen häu­fig „Sä­ge­zäh­ne“ bil­den, ist kein Man­gel. Viel­mehr kann es bei ei­nem frontan­ge­trie­be­nen Fahr­zeug trotz kor­rek­ter Achs­geo­me­trie und kor­rek­tem Luft­druck zu die­ser un­re­gel­mä­ßi­gen Ab­nut­zung kom­men, und auch deut­li­che Ab­roll­ge­räu­sche ge­hö­ren zu den nor­ma­len Ei­gen­tüm­lich­kei­ten ei­nes Fahr­zeugs die­ser Art.

OLG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 27.06.2005 – I-1 U 28/05

Sach­ver­halt: Der Klä­ger ver­langt die Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­trags über ei­nen Ge­braucht­wa­gen.

Er be­stell­te un­ter dem 27.11.2002 bei der C-GmbH in Duis­burg, de­ren Rechts­nach­fol­ge­rin die Be­klag­te ist, ei­nen ge­brauch­ten Al­fa Ro­meo 156 2.4 JTD zum Preis von 25.450 €. Das am 31.01.2002 auf die C-GmbH erst­zu­ge­las­se­ne Fahr­zeug war werk­sei­tig tie­fer­ge­legt. Die Ein­zel­hei­ten da­zu und zur zu­ge­las­se­nen Be­rei­fung er­ge­ben sich aus den Ein­tra­gun­gen im Fahr­zeug­brief.

Nach­dem der Klä­ger das Fahr­zeug am 05.12.2002 mit ei­nem Ki­lo­me­ter­stand von 14.980 über­nom­men hat­te, tra­ten im Früh­jahr des fol­gen­den Jah­res Pro­ble­me mit der Be­rei­fung auf. Am 22.04.2003 such­te der Klä­ger des­halb mit sei­nem Fahr­zeug die Werk­statt der C-GmbH auf, wo die Vor­der­ach­se op­tisch ver­mes­sen wur­de. An­schlie­ßend wur­den bei­de Vor­der­rei­fen er­neu­ert. Dar­über, wer die Kos­ten für die­se Maß­nah­me zu tra­gen hat­te, konn­te man sich zu­nächst nicht ei­ni­gen. Im Mai und im Ju­li 2003 führ­te der Klä­ger sein Fahr­zeug er­neut der C-GmbH vor. Was die­se je­weils un­ter­nom­men hat und wel­ches Er­geb­nis da­bei er­zielt wur­de, stel­len die Par­tei­en un­ter­schied­lich dar.

Bis An­fang De­zem­ber 2003 be­nutz­te der Klä­ger sein Fahr­zeug oh­ne Be­an­stan­dun­gen. Am 01.12.2003 brach­te er es zur Fir­ma A, um ei­ne „gro­ße“ In­spek­ti­on durch­füh­ren zu las­sen. In der Rech­nung vom 04.12.2003 ist ver­merkt: „Al­le vier Rei­fen ha­ben Aus­wa­schun­gen und soll­ten er­neu­ert wer­den.“

Ge­stützt dar­auf und mit Rück­sicht auf die frü­he­ren Pro­ble­me mit den Rei­fen er­klär­te der Klä­ger mit An­walts­schrei­ben vom 08.12.2003 den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag.

Das Land­ge­richt hat die auf Zah­lung von 22.210,22 € nebst Zin­sen Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Pkw ge­rich­te­te Kla­ge ab­ge­wie­sen. Zur Be­grün­dung hat es im We­sent­li­chen aus­ge­führt, dem Klä­ger ste­he kein Rück­tritts­recht zu, weil das Fahr­zeug – wie sich aus dem über­zeu­gen­den Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen S er­ge­be – bei Über­ga­be an den Klä­ger nicht man­gel­haft ge­we­sen sei. Die Kla­ge kön­ne auch un­ter dem Ge­sichts­punkt der Ver­let­zung ei­ner Hin­weis­pflicht kei­nen Er­folg ha­ben. Der Klä­ger ha­be selbst nicht be­haup­tet, dass der Be­klag­ten be­kannt ge­we­sen sei, dass das Fahr­zeug in­fol­ge der Tie­fer­le­gung ei­nem ver­stärk­ten Ver­schleiß un­ter­lie­gen könn­te.

Die Be­ru­fung des Klä­gers hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: Das Land­ge­richt hat die Kla­ge im Er­geb­nis zu Recht ab­ge­wie­sen. Denn un­ter kei­nem recht­li­chen Ge­sichts­punkt ist die Be­klag­te da­zu ver­pflich­tet, den um die Nut­zungs­ver­gü­tung ge­min­der­ten Kauf­preis an den Klä­ger zu­rück­zu­zah­len und den Pkw zu­rück­zu­neh­men.

1. So­weit die Kla­ge auf die Vor­schrif­ten über die Sach­män­gel­haf­tung ge­stützt ist, gilt Fol­gen­des:

Der Klä­ger ist we­der zum Rück­tritt vom Kauf be­rech­tigt, noch kann er die Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­tra­ges im We­ge des gro­ßen Scha­dens­er­sat­zes ver­lan­gen. Was der Klä­ger als Man­gel i. S. des § 434 BGB rügt, stellt auch nach Auf­fas­sung des Se­nats kei­nen Sach­man­gel im Sin­ne die­ser Vor­schrift dar.

Macht der Käu­fer – wie hier der Klä­ger – un­ter Be­ru­fung auf das Vor­lie­gen ei­nes Sach­man­gels Rech­te ge­mäß § 437 BGB gel­tend, nach­dem er die Kauf­sa­che ent­ge­gen­ge­nom­men hat, trifft ihn auch nach neu­em Schuld­recht die Dar­le­gungs- und Be­weis­last für die ei­nen Sach­man­gel be­grün­den­den Tat­sa­chen (vgl. BGH, Urt. v. 02.06.2004 – VI­II ZR 329/03, NJW 2004, 2299 = DAR 2004, 515 m. Anm. Rein­king, DAR 2004, 550). Wie schon das Land­ge­richt kann auch der Se­nat nicht fest­stel­len, dass über­haupt ein Sach­man­gel vor­liegt. Es geht im Streit­fall al­so nicht um die Um­kehr der Be­weis­last nach § 476 BGB. Viel­mehr fehlt es be­reits am Nach­weis, dass der Pkw über­haupt sach­man­gel­haft ist.

a) Wie der Klä­ger mit Schrift­satz vom 04.04.2005 klar­ge­stellt hat, be­män­gelt er nicht die „Sä­ge­zahn­bil­dung“ an den Hin­ter­rei­fen. In­so­weit hat der Sach­ver­stän­di­ge S von „nor­ma­lem Ver­schleiß ei­ner Hin­ter­achs­be­rei­fung“ ge­spro­chen. Es han­de­le sich um ei­nen „durch­aus ty­pi­schen Ver­schleiß­zu­stand für frontan­ge­trie­be­ne Fahr­zeu­ge“.

In der Tat ist der „sä­ge­zahn­för­mi­ge“ Ab­rieb an den Rei­fen der Hin­ter­ach­se bei front­ge­trie­be­nen Fahr­zeu­gen kei­ne Aus­nah­me­er­schei­nung. Trotz kor­rek­ter Achs­geo­me­trie und kor­rek­tem Luft­druck kann es zu die­sem Ver­schleiß­bild kom­men. Dar­in sieht auch der Se­nat kei­nen Si­cher­heits­man­gel. Die mit ei­ner „Sä­ge­zahn­bil­dung“ häu­fig ein­her­ge­hen­de Be­ein­träch­ti­gung des Ge­räusch­kom­forts wird zum ei­nen vom Klä­ger nicht ge­rügt, zum an­de­ren könn­te sie als Sach­man­gel auch nicht an­er­kannt wer­den. Nach dem Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen S wa­ren ab ei­ner Ge­schwin­dig­keit von ca. 50–60 km/h „deut­li­che Ab­roll­ge­räu­sche“ fest­zu­stel­len. Dar­in sieht der Se­nat kei­ne Ab­wei­chung von der ver­trag­lich ge­schul­de­ten Be­schaf­fen­heit, son­dern ei­ne „nor­ma­le“ Ei­gen­tüm­lich­keit bei ei­nem Fahr­zeug die­ser Art.

b) Wie der Klä­ger selbst be­tont, geht es ihm nicht um die Be­schaf­fen­heit der Hin­ter­rei­fen; ent­schei­dend sei das „Ge­sche­hen an den Vor­der­rei­fen“. Doch auch in­so­weit kann der Se­nat aus tat­säch­li­chen wie aus recht­li­chen Grün­den das Vor­han­den­sein ei­nes Sach­man­gels nicht fest­stel­len. Da­bei hat­te er zu un­ter­schei­den zwi­schen der Ur­sa­che der „mas­si­ven Ver­schleiß­er­schei­nun­gen“ (Sach­ver­stän­di­ger S) an der je­weils in­ne­ren Schul­ter der Vor­der­rei­fen ei­ner­seits und dem Ver­schleiß­bild als Fol­ge­er­schei­nung an­de­rer­seits. We­der un­ter dem ei­nen noch un­ter dem an­de­ren Ge­sichts­punkt liegt ein Sach­man­gel i. S. des § 434 I BGB vor. Glei­ches gilt bei ei­ner Ge­samt­schau bei­der Mo­men­te.

aa) Aus­gangs­punkt der recht­li­chen Prü­fung ist § 434 I 2 Nr. 2 BGB. Denn die Par­tei­en des Kauf­ver­trags ha­ben we­der aus­drück­lich noch still­schwei­gend ver­ein­bart, dass die Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeugs nicht so sein soll, wie sie tat­säch­lich ist. Für ei­ne aus­drück­li­che Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung hat der Klä­ger schon nichts vor­ge­tra­gen. Da­für ist auch in den über­reich­ten Un­ter­la­gen nichts er­sicht­lich. Ins­be­son­de­re ent­hält die Ge­braucht­wa­gen­be­stel­lung vom 27.11.2002 kei­ne An­ga­ben, die Ge­gen­stand ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung über den hier in­ter­es­sie­ren­den Punkt sein könn­ten. Die Tie­fer­le­gung des Fahr­zeugs bzw. das Sport­fahr­werk wer­den nicht ge­son­dert auf­ge­führt, auch nicht in der Zei­le „Son­der­aus­stat­tung, Zu­be­hör“. Auch zur Be­rei­fung feh­len jeg­li­che De­tail­in­for­ma­tio­nen.

Dass die Par­tei­en des Kauf­ver­trags sich still­schwei­gend/kon­klu­dent auf ei­ne Soll-Be­schaf­fen­heit ge­ei­nigt ha­ben, die mit der tat­säch­li­chen Be­schaf­fen­heit nicht über­ein­stimmt, ist gleich­falls nicht vor­ge­tra­gen. Auch da­für sieht der Se­nat kei­ne kon­kre­ten An­halts­punk­te im Ver­trag und in den Be­gleit­um­stän­den des Kaufs.

Prü­fungs­maß­stab ist auch nicht § 434 I 2 Nr. 1 BGB, wo­nach ei­ne Sa­che frei von Sach­män­geln ist, wenn sie sich für die nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung eig­net. Mit „ver­trag­lich vor­aus­ge­setz­ter Ver­wen­dung“ ist nicht die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung ge­meint. Denn sie ist Prüf­maß­stab in § 434 I 2 Nr. 2 BGB. Un­ter „ver­trag­lich vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung“ kann dem­nach nur ei­ne Ver­wen­dung zu ver­ste­hen sein, die au­ßer­halb der ge­wöhn­li­chen Ver­wen­dung liegt, al­so von be­son­de­rer Na­tur ist. Da­bei ge­nügt ei­ne nur fak­ti­sche Über­ein­kunft über den Ver­wen­dungs­zweck (s. auch amt­li­che Be­grün­dung: BT-Drs. 14/6040, S. 213). Dass der Klä­ger und die C-GmbH als da­ma­li­ge Ver­käu­fe­rin sich in die­sem Sin­ne über ei­ne be­son­de­re, in­di­vi­du­el­le Ver­wen­dung des Fahr­zeugs ei­nig ge­we­sen sind und dass es zu die­ser Ver­wen­dung un­taug­lich ist, kann der Se­nat dem Kla­ge­vor­brin­gen nicht ent­neh­men.

bb) Ha­ben die Ver­trags­par­tei­en – wie hier – kei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung ge­trof­fen und liegt auch kei­ne Ab­wei­chung von der ver­trag­lich vor­aus­ge­setz­ten Ver­wen­dung vor, so ist an­hand der Kri­te­ri­en des § 434 I 2 Nr. 2 BGB zu prü­fen, ob die Kauf­sa­che von ver­trags­wid­ri­ger Be­schaf­fen­heit ist oder nicht. Ein Sach­man­gel liegt hier­nach vor, wenn das Fahr­zeug sich für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung nicht eig­net oder ihm ein Be­schaf­fen­heits­merk­mal fehlt, das bei ei­ner Sa­che glei­cher Art üb­lich ist und/oder das der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann.

Auch nach die­sem ob­jek­ti­ven Prü­fungs­maß­stab kann der Se­nat ei­nen Sach­man­gel nicht fest­stel­len.

Die For­mu­lie­rung „ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung“ soll deut­lich ma­chen, dass es auf die nor­ma­le (üb­li­che) Ein­satz­mög­lich­keit an­kommt (vgl. AnwK-BGB/Bü­den­be­n­der, § 434 Rn. 28). Schon aus tech­ni­scher Sicht ist sie bei ei­nem ge­brauch­ten Kfz nicht durch je­den Fall von Ver­schleiß in­fra­ge ge­stellt. Erst wenn der Ver­schleiß­zu­stand ei­nen be­stimm­ten Grad er­reicht und sich als Stö­rung der Funk­ti­ons­taug­lich­keit und/oder Be­ein­träch­ti­gung der Ver­kehrs- und Be­triebs­si­cher­heit kon­kret aus­wirkt oder aus­zu­wir­ken un­mit­tel­bar droht, kann in tech­ni­scher Hin­sicht von ei­nem Eig­nungs­man­gel ge­spro­chen wer­den. Bis zum Er­rei­chen die­ser Stu­fe ist das Fahr­zeug zum Fah­ren ge­eig­net und da­mit ver­wen­dungs­taug­lich und un­ter die­sem Blick­win­kel – auch nach der Ver­kehrs­an­schau­ung – frei von ei­nem Man­gel im recht­li­chen Sin­ne.

In die­sem Zu­sam­men­hang ge­winnt die Tat­sa­che Be­deu­tung, dass die C-GmbH bei­de Vor­der­rei­fen im April 2003 aus­ge­wech­selt hat. Das hat der Klä­ger aus­drück­lich klar­ge­stellt und er­gibt sich im Üb­ri­gen auch aus den un­ter­schied­li­chen Pro­duk­ti­ons­zeit­räu­men, wie sie im Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen S un­ter 4.2.1 er­fasst sind. Die­se er­neu­er­ten Vor­der­rei­fen wie­sen bei der Über­prü­fung durch den Sach­ver­stän­di­gen S „mas­si­ve Ver­schleiß­er­schei­nun­gen“ auf. In wel­chem Zu­stand der Sach­ver­stän­di­ge die Vor­der­rei­fen vor­ge­fun­den hat, ist durch die Licht­bil­der be­legt, die Ge­gen­stand des schrift­li­chen Gut­ach­tens sind. Be­schä­di­gun­gen an den Vor­der­rei­fen hat der Sach­ver­stän­di­ge dem­ge­gen­über nicht fest­ge­stellt. Ins­be­son­de­re wa­ren kei­ne Aus­brü­che an der Rei­fen­flan­ke vor­han­den, wie sie der Klä­ger im April 2003 am rech­ten vor­de­ren Rei­fen fest­ge­stellt ha­ben will.

Die Un­re­gel­mä­ßig­kei­ten als sol­che, so wie von dem Sach­ver­stän­di­gen S an der Vor­der­be­rei­fung fest­ge­stellt, recht­fer­ti­gen nicht die An­nah­me ei­nes Sach­man­gels i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB. Die ge­setz­lich ge­for­der­ten Min­dest­pro­fil­tie­fen wa­ren ge­ge­ben. Auch an­der­wei­tig wa­ren die Rei­fen tech­nisch nicht zu be­an­stan­den. Zur ge­wöhn­li­chen Ver­wen­dung wa­ren sie selbst noch in dem­je­ni­gen Zu­stand ge­eig­net, in dem der Sach­ver­stän­di­ge sie bei ab­ge­le­se­nem Ki­lo­me­ter­stand von 48.263 un­ter­sucht hat. Aus­ge­lie­fert wur­de der Wa­gen bei ei­nem Ki­lo­me­ter­stand von rund 15.000, wäh­rend die bei­den Vor­der­rei­fen bei ei­nem Ki­lo­me­ter­stand von we­ni­ger als 23.000 auf­ge­zo­gen wor­den sind. So­fern sie fa­brik­neu wa­ren, wo­von der Se­nat aus­geht, hat­ten die Vor­der­rei­fen al­so zum Zeit­punkt der Un­ter­su­chung durch den Sach­ver­stän­di­gen ei­ne Lauf­leis­tung von et­wa 25.000 km.

Mit der Fest­stel­lung, dass die Vor­der­rei­fen selbst nach die­ser Lauf­leis­tung ver­kehrs­tech­nisch noch zu­läs­sig wa­ren, ist es al­ler­dings nicht ge­tan. Der Se­nat hat­te auch und vor al­lem der vom Klä­ger in das Zen­trum sei­ner Män­gel­rü­ge ge­rück­ten Be­haup­tung nach­zu­ge­hen, die Vor­der­rei­fen müss­ten ver­schleiß­be­dingt ra­scher er­neu­ert wer­den, als dies nor­ma­ler­wei­se und auch ent­spre­chend sei­ner Er­war­tung er­for­der­lich sei. Nicht frei von ei­nem Sach­man­gel sei das Fahr­zeug des­halb, so der Klä­ger, weil es ei­ne Be­schaf­fen­heit auf­wei­se, die er bei ei­nem Fahr­zeug die­ser Art nicht ha­be er­war­ten müs­sen.

Die­ser Sicht­wei­se ver­mag sich der Se­nat nicht an­zu­schlie­ßen.

Im Aus­gangs­punkt ist dem Klä­ger al­ler­dings dar­in zu­zu­stim­men, dass es hier we­ni­ger um ei­ne Fra­ge der Tech­nik als viel­mehr der recht­li­chen Be­wer­tung geht. In tech­ni­scher Hin­sicht ist frei­lich von Be­deu­tung, dass die Ur­sa­che des aty­pi­schen Ver­schlei­ßes an den Vor­der­rei­fen zu­min­dest auch in der Tie­fer­le­gung des Fahr­zeugs zu se­hen ist. Als wei­te­re Ur­sa­che hat der Sach­ver­stän­di­ge S ein Fah­ren mit zu nied­ri­gem Rei­fen­in­nen­druck an­ge­ge­ben. Zu­guns­ten des Klä­gers un­ter­stellt der Se­nat in­so­weit den Sach­vor­trag in sei­nem Schrift­satz vom 04.04.2005. Dar­aus, dass an dem Vor­der­rei­fen je­weils ein Druck von nur 1,9 bar vor­han­den war, als der Sach­ver­stän­di­ge den Druck ge­mes­sen hat, hat der Se­nat al­so kei­ne dem Klä­ger nach­tei­li­gen Schlüs­se ge­zo­gen. Gleich­wohl muss es bei der land­ge­richt­li­chen Ent­schei­dung blei­ben. Denn so­weit die Ur­sa­che des hö­he­ren Ver­schlei­ßes an der Vor­der­be­rei­fung in der Tie­fer­le­gung des Fahr­zeugs liegt, ist die An­nah­me ei­nes Sach­man­gels i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB nicht ge­recht­fer­tigt.

Zur ge­wöhn­li­chen Ver­wen­dung im Sin­ne die­ser Vor­schrift ge­hört zwar auch, dass Fahr­zeug­tei­le wie Rei­fen nicht un­ge­wöhn­lich schnell ver­schlei­ßen und da­mit er­neue­rungs­be­dürf­tig wer­den, so­dass der Käu­fer mit Zu­satz­kos­ten be­las­tet wird, mit de­nen er bei sei­ner Kauf­ent­schei­dung ver­nünf­ti­ger­wei­se nicht ge­rech­net hat. Das Kri­te­ri­um der „ge­wöhn­li­chen Ver­wen­dung“ kann in­des­sen nicht iso­liert be­trach­tet wer­den. Es steht in ei­ner Wech­sel­be­zie­hung zum Ge­sichts­punkt der üb­li­chen Be­schaf­fen­heit und zum wei­te­ren Merk­mal der Käu­fe­rer­war­tung. Bei der ge­bo­te­nen ganz­heit­li­chen Be­trach­tungs­wei­se, die sämt­li­che drei Kri­te­ri­en des § 434 I 2 Nr. 2 BGB in richt­li­ni­en­kon­for­mer Aus­le­gung in den Blick nimmt, hat der Se­nat das Vor­han­den­sein ei­nes Sach­man­gels ver­neint.

So­weit es um das Merk­mal der Be­schaf­fen­heit geht, die bei „Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist“, ist nicht von ei­nem fa­brik­neu­en Fahr­zeug aus­zu­ge­hen. Ver­gleichs­fahr­zeug ist ein ge­brauch­tes Fahr­zeug, das bau­art- und typ­gleich ist und auch nach Al­ter und Lauf­leis­tung dem Kauf­ob­jekt so­weit wie mög­lich ent­spricht. Un­ter die­sem Blick­win­kel ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass der Wa­gen des Klä­gers se­ri­en­mä­ßig mit ei­nem Sport­fahr­werk aus­ge­stat­tet ist. Das war dem Klä­ger, wie er selbst ein­räumt, auch von An­fang an be­kannt. Was er nicht ge­wusst ha­ben will und was ihm auch nicht er­kenn­bar ge­we­sen sei, das sei­en die mit der Tie­fer­le­gung ver­bun­de­nen Aus­wir­kun­gen ge­we­sen, ins­be­son­de­re im Hin­blick auf den er­höh­ten Ver­schleiß an den Vor­der­rei­fen. Dass ein er­heb­lich häu­fi­ge­rer Rei­fen­wech­sel als sonst üb­lich statt­fin­den müs­se, ha­be er nicht er­war­tet und auch nicht er­war­ten kön­nen.

Das sieht der Se­nat in dem ent­schei­den­den Punkt an­ders.

Was das Merk­mal „Käu­fe­rer­war­tung“ an­geht, so ist auf den Er­war­tungs­ho­ri­zont ei­nes Durch­schnitts­käu­fers ab­zu­stel­len (vgl. BT-Drs. 14/6014, S. 214). Dass nur die be­rech­tig­te Er­war­tung schutz­wür­dig ist, steht da­bei au­ßer Fra­ge. Was ein Käu­fer ver­nünf­ti­ger­wei­se nicht er­war­ten kann, bleibt au­ßer Be­tracht.

Ge­prägt wird die Er­war­tung ei­nes Ge­braucht­fahr­zeug­käu­fers nicht nur vom Al­ter und von der Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs. Auch sei­ne Aus­stat­tung spielt ei­ne Rol­le. Ein Sport­fahr­werk und ei­ne Aus­rüs­tung mit Breit­rei­fen las­sen nicht nur auf ei­ne be­stimm­te Fahr­wei­se des Ver­käu­fers/Vor­be­sit­zers schlie­ßen. Sie si­gna­li­sie­ren ei­nem durch­schnitt­li­chen Käu­fer auch, dass ei­ne sport­li­che Fahr­wei­se mit hö­he­ren Kos­ten für Kraft­stoff und Rei­fen ver­bun­den ist. Schon die sport­li­che Aus­stat­tung als sol­che hat ei­ne der­ar­ti­ge Si­gnal­wir­kung. Auch wer von Achs­geo­me­trie, von Sturz und Vor­spur kei­ner­lei Kennt­nis­se hat und wer den Ein­fluss ei­ner Tie­fer­le­gung auf die Be­rei­fung nicht kennt, wird aus sei­ner Lai­ensphä­re her­aus mit ge­wis­sen Be­son­der­hei­ten im Ver­gleich mit „nor­ma­len“ Pkw.

Was der Klä­ger nach den Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen& S im Hin­blick auf die Vor­der­be­rei­fung vor­ge­fun­den hat, liegt nicht au­ßer­halb des ver­stän­di­ger­wei­se zu Er­war­ten­den. In die­sem Zu­sam­men­hang konn­te nicht un­be­rück­sich­tigt blei­ben, dass die bei­den Vor­der­rei­fen im Zeit­punkt der Be­gut­ach­tung durch den Sach­ver­stän­di­gen be­reits cir­ca 25.000 km ge­lau­fen wa­ren, oh­ne die Gren­ze des ver­kehrs­tech­nisch Zu­läs­si­gen über­schrit­ten zu ha­ben. Wäh­rend die Fir­ma A schon bei Ki­lo­me­ter­stand 33.440 ei­ne Aus­wechs­lung auch der Vor­der­rei­fen (bis da­hin cir­ca 10.000 km ge­lau­fen) emp­foh­len hat, wa­ren sie für den Sach­ver­stän­di­gen S selbst nach wei­te­ren 15.000 km noch nicht er­neue­rungs­be­dürf­tig. Nach wel­cher Fahr­stre­cke ein Wech­sel fäl­lig ge­wor­den ist, kann der Se­nat nicht ab­schät­zen. Je­den­falls ha­ben die Vor­der­rei­fen min­des­tens 25.000 km „ge­hal­ten“, was bei ei­nem Sport­fahr­werk und Breit­rei­fen bei sport­li­cher Fahr­wei­se kein schlech­ter Wert ist.

Da der Se­nat be­reits ei­nen Sach­man­gel ver­neint, kommt es nicht mehr dar­auf an, ob die be­gehr­te Rück­ab­wick­lung an der Vor­schrift des § 323 V 2 BGB schei­tert. Hier­nach kann ein Käu­fer vom Ver­trag nicht zu­rück­tre­ten, wenn die in der man­gel­haf­ten Lie­fe­rung lie­gen­de Pflicht­ver­let­zung nur un­er­heb­lich ist. Kei­ner Ent­schei­dung be­darf auch, ob der grund­sätz­li­che Vor­rang der Nach­er­fül­lung dem Ver­lan­gen nach Rück­ab­wick­lung des Kaufs ent­ge­gen steht.

2. In Über­ein­stim­mung mit dem Land­ge­richt sieht der Se­nat au­ßer­halb der Sach­män­gel­haf­tung nach § 437 BGB in Ver­bin­dung mit den dort ge­nann­ten Ein­zel­vor­schrif­ten kei­ne Recht­fer­ti­gung des Kla­ge­be­geh­rens. Ins­be­son­de­re schei­det ei­ne Haf­tung un­ter dem Ge­sichts­punkt des Ver­schul­dens bei den Ver­trags­ver­hand­lun­gen aus (§ 280 I BGB i. V. mit §§ 311 II, 241 II BGB).

Dass die C-GmbH ihn arg­lis­tig bzw. vor­sätz­lich ge­täuscht ha­be, be­haup­tet selbst der Klä­ger nicht. Je­den­falls ent­hält sein erst­in­stanz­li­ches Vor­brin­gen kei­ne un­ter Be­weis ge­stell­ten Tat­sa­chen, die auf ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung schlie­ßen las­sen könn­ten. Auch die Be­ru­fungs­be­grün­dung des Klä­gers lässt ent­spre­chen­den Sach­vor­trag ver­mis­sen. So­weit der Klä­ger im Schrift­satz vom 04.04.2005 die Ver­mu­tung äu­ßert, die C-GmbH ha­be von An­fang an be­wusst ei­nen zu ge­rin­gen Rei­fen­luft­druck vor­ge­ge­ben, um Auf­fäl­lig­kei­ten des Schleif­ge­räuschs bei nor­ma­lem Luft­druck zu ka­schie­ren, han­delt es sich um neu­en Vor­trag. Er kann nicht be­rück­sich­tigt wer­den (§ 531 II ZPO).

Al­ler­dings hat der Klä­ger be­reits in ers­ter In­stanz die Fra­ge ei­ner Hin­weis­pflicht­ver­let­zung auf­ge­wor­fen. Wä­re er von der Ver­käu­fe­rin dar­auf hin­ge­wie­sen wor­den, dass er in kür­ze­ren Ab­stän­den die Rei­fen wech­seln müs­se, hät­te er vom Kauf Ab­stand ge­nom­men.

Ein An­spruch des Klä­gers aus § 280 I BGB i. V. mit § 311 II BGB be­steht schon des­halb nicht, weil sich der un­ter­blie­be­ne Hin­weis der Ver­käu­fe­rin auf ei­nen Um­stand be­zieht, der mit der Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeugs im Zu­sam­men­hang steht. Folg­lich ist der Vor­rang des Sach­män­gel­ge­währ­leis­tungs­rechts zu be­ach­ten. Dass der Se­nat ei­nen Sach­man­gel ver­neint hat, hebt die Sperr­wir­kung nicht auf. Ent­schei­dend ist, dass der Um­stand, auf den sich die an­geb­li­che vor­ver­trag­li­che Pflicht­ver­let­zung be­zieht, von der ge­währ­leis­tungs­recht­lich ab­ge­si­cher­ten Leis­tungs­ver­pflich­tung des Ver­käu­fers nach § 433 I 2 BGB um­fasst ist.

Im Üb­ri­gen sieht der Se­nat auch kei­ne Grund­la­ge da­für, der C-GmbH und da­mit heu­te der Be­klag­ten ein vor­ver­trag­li­ches Ver­schul­den zur Last zu le­gen. Ins­be­son­de­re fehlt es an ei­nem Be­ra­tungs­ver­schul­den, das un­ab­hän­gig von der Sach­man­gel­haf­tung ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch aus­lö­sen könn­te. Die Ver­käu­fe­rin des Al­fa Ro­meo schul­de­te dem Klä­ger kei­ner­lei Be­ra­tung. Sie war auch nicht da­zu ver­pflich­tet, ihn auf die Aus­wir­kun­gen hin­zu­wei­sen, die mit der sport­li­chen Aus­stat­tung des Fahr­zeugs durch Tie­fer­le­gung (Sport­fahr­werk) und Breit­rei­fen ver­bun­den sind. Das Be­ste­hen ei­ner sol­chen Hin­weis­pflicht hängt al­ler­dings – an­ders als das Land­ge­richt meint – nicht da­von ab, dass die Ver­käu­fe­rin die ne­ga­ti­ven Fol­gen der sport­li­chen Aus­stat­tung ge­kannt hat. Es wür­de ge­nü­gen, dass sie ihr hät­ten be­kannt sein kön­nen. Gleich­wohl war der Klä­ger nach Treu und Glau­ben mit Rück­sicht auf die Ver­kehrs­sit­te nicht auf­klä­rungs­be­dürf­tig. Was – wie hier – im Rah­men des zu Er­war­ten­den liegt, braucht ein Ver­käu­fer grund­sätz­lich nicht zum Ge­gen­stand ei­ner ge­ziel­ten Auf­klä­rung zu ma­chen …

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