1. Ein Neuwagen ist nicht deshalb mangelhaft, weil sich bei direkter Sonneneinstrahlung an den Flanken des Fahrzeugs oberhalb der Zierleisten Schlieren (Hologramme) zeigen, die an Verkratzungen erinnern oder den Eindruck einer mangelhaften Lackierung erwecken mögen. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Zierleisten und die Lackierung des Fahrzeugs für sich genommen mangelfrei sind.
  2. Eine Beschaffenheit der Kaufsache ist im rechtlichen Sinne vereinbart, wenn der Verkäufer nach dem Inhalt des Kaufvertrags verpflichtet ist, die Sache dem Käufer in einem bestimmten – dem vereinbarten – Zustand zu übergeben und zu übereignen.

LG Düsseldorf, Urteil vom 13.05.2013 – 5 O 148/11
(nachfolgend: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 06.02.2014 – I-3 U 23/14)

Sachverhalt: Der Kläger erwarb von der Beklagten im Februar 2010 einen Neuwagen zu einem Kaufpreis von 75.606,65 €.

Nachdem ihm das Fahrzeug im April 2010 übergeben worden war, stellte der Kläger bei direkter Sonneneinstrahlung Spiegelungen an beiden Seiten des Fahrzeugs jeweils oberhalb der Zierleisten fest. Er rügte diese Spiegelungen gegenüber der Beklagten und verlangte mit anwaltlichem Schreiben vom 16.11.2010 eine Minderung des Kaufpreises. Dies lehnte die Beklagte unter dem 02.03.2011 ab.

Der Kläger meint, es handele sich bei den bei Sonneneinstrahlung erkennbaren „unschönen Schlieren“ um einen optischen Mangel, und behauptete, infolge der Spiegelungen sehe sein Fahrzeug aus, als ob es verkratzt oder mangelhaft lackiert sei. Seine im Wesentlichen auf Zahlung von 6.000 € nebst Zinsen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: I. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Kaufpreisminderung aus §§ 433 I, 437 Nr. 2, 441 BGB.

Denn das Fahrzeug war bei Übergabe mangelfrei. Nach § 434 I BGB ist eine Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat oder, soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, sonst, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.

Eine ausdrückliche vertraglich vereinbarte Beschaffenheit hinsichtlich der Lackierung oder vorausgesetzte Verwendung ist von den Parteien nicht getroffen worden.

Das Fahrzeug weist auch keine abweichende Beschaffenheit auf, die bei Sachen gleicher Art üblich ist. Gemessen am Stand der Serie, der ein Neufahrzeug angehört, muss es gemäß § 243 I BGB von mittlerer Art und Güte sein. (vgl. OLG Düsseldorf, NJW 2005, 2236 m. w. Nachw.). Das ist vorliegend der Fall. Das Fahrzeug, die Lackierung sowie die Zierleisten weisen die übliche zu erwartende Beschaffenheit auf.

Der Sachverständige ist in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gelangt, dass die Lackierung an dem Fahrzeug des Klägers dem Stand der Technik entspricht und keine Oberflächenverlaufsstörungen feststellbar sind. Anhaltspunkte, die Zweifel des Gerichts an der Richtigkeit des Gutachtens begründen könnten, sind nicht ersichtlich. So führt der Sachverständige nachvollziehbar und schlüssig aus, dass die Lackierung an dem Fahrzeug des Klägers eine dem Hersteller entsprechende – hochwertige – Qualität und Schichtstärke aufweist und optisch fachgerecht aufgetragen wurde. Der Glanzgrad sowie die Oberflächenstruktur entsprechen ebenfalls dem Stand der Technik.

Zwar hat der Sachverständige festgestellt, dass bei Sonneneinstrahlung eine deutliche Spiegelung der Zierleisten an beiden Fahrzeugseiten erkennbar ist. An den Zierleisten konnte … aber weder ein Fabrikations- noch ein Verarbeitungsfehler festgestellt werden …

In der vom Kläger bemängelten Spiegelung liegt zudem kein optischer Mangel. Dem optischen Mangel liegt durchaus der subjektive Fehlerbegriff zugrunde, dennoch muss dieser objektiv berechtigt sein. Dies beurteilt sich nach dem Durchschnittskäufer. Der Kläger hat sich vorliegend bewusst für ein Fahrzeugdesign entschieden, das Wölbungen an der Karosserieseite, eine Glanzlackierung und Zierleisten aufweist. Unabhängig davon, ob nicht gerade auch dieses Fahrzeugdesign ausschlaggebender Punkt für die Kaufentscheidung des Klägers war, sind weder Karosserie noch Lack noch die Zierleisten mangelhaft. Wenn sich in Kumulation dieser Ausstattung Spiegelungen zeigen, sind diese vielmehr physikalischen Gesetzen geschuldet und stellen keinen Mangel dar. Einer Hochglanzlackierung ist es gerade immanent, dass sich Spiegelungen im Lack bilden, mit denen der Käufer rechnen darf, aber auch rechnen muss. Auf die Spiegelung selbst, die Form, in welcher sie erscheint, und welche Assoziationen diese letztlich weckt, hat die Beklagte, sofern die Lackierung mangelfrei aufgetragen worden ist, keinen Einfluss. Denn dieser Umstand und die damit zusammenhängenden optischen Phänomene hängen ausschließlich von dem situationsgegebenen Lichteinfall, dem Blickwinkel und der Brechung des Lichts ab. Eine Pflicht des Fahrzeugherstellers, das Exterieur so zu formen, dass eine Spiegelung der Zierleisten unterbleibt, besteht nicht. Das Design ist ausschließlich dem Fahrzeughersteller überlassen. Wenn sich aufgrund der entsprechenden Anordnung und Form der Fahrzeugteile physikalisch-optische Naturgesetze zeigen, ist das für den Hersteller unvermeidbar. Dies ist auch jedem Durchschnittsbetrachter bewusst. Bei den Spielgelungen handelt es sich vielmehr um einen bei Automobilen immer wiederkehrenden Effekt, an den sich der Durchschnittsbetrachter gewöhnt hat. Eine ästhetische Beeinträchtigung stellen die Spiegelungen nicht dar, zumal die Assoziationen des Klägers, es handele sich um Verschmutzungen oder Schlieren, nicht auf alle Betrachter übertragbar sind.

Ferner ist der Umstand, dass der Fahrzeughersteller nunmehr das Design der aktuellen Modellreihe geändert hat, unerheblich. Dass derartige „Facelifts“ regelmäßig durchgeführt werden, ist allgemein bekannt … Dafür, dass eine Änderung aufgrund der hier streitgegenständlichen Reflexionen stattgefunden hat, ist nichts ersichtlich …

Hinweis: Die Berufung des Klägers hat das OLG Düsseldorf mit Beschluss vom 06.02.2014 – I-3 U 23/14 – zurückgewiesen und ausgeführt:

I. Der Senat hat … mit Beschluss vom 28.01.2014 ausgeführt:

„… Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil dem Kläger gegen den Beklagten ein aus Kaufpreisminderung abgeleiteter Anspruch auf Zahlung von 6.000 € … nicht zustehe, da das Fahrzeug bei Übergabe einen Mangel nicht aufgewiesen habe. Die dagegen erhobenen Berufungsangriffe überzeugen nicht.

1. a) Ist eine Sache mangelhaft, so kann der Käufer, statt zurückzutreten, den Kaufpreis durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer mindern (§§ 437 Nr. 2441 I 1 BGB). Hat der Käufer mehr als den geminderten Kaufpreis gezahlt, so kann er vom Verkäufer Erstattung des Mehrbetrags verlangen (§ 441 IV 1 BGB).

b) Eine Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat (§ 434 I 1 BGB). Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (§ 434 I 2 Nr. 1 BGB), sonst, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB).

2. Dies vorausgeschickt sind die Minderungsvoraussetzungen nicht gegeben. Der dem Kläger übergebene Mercedes-Benz Typ E 350 CDI Cabriolet … war zum Zeitpunkt der Übergabe nicht im Rechtssinne mangelbehaftet.

a) aa) Der Kläger hat moniert, dass sich bei direktem Sonnenlicht auf den Flanken des Fahrzeugs oberhalb der Zierleisten an Verkratzungen oder mangelhafte Lackierung erinnernde deutlich erkennbare unschöne Schlieren (Hologramme) zeigten.

bb) Hierzu hat der Sachverständige für das Fahrzeuglackierer-Handwerk L in seinem Gutachten vom 28.08.2012 festgestellt, die vorgefundene Lackierung am Fahrzeug habe dem Hersteller entsprechende Qualität und Schichtstärke und sei optisch fachgerecht aufgetragen worden; die Lackierung entspreche dem Stand der Technik und weise keine Oberflächenverlaufsstörungen auf; der Glanzgrad sowie die Oberflächenstruktur seien mangelfrei und entsprächen ebenfalls dem Stand der Technik. Es könne bei starkem Sonnenlicht an der Fahrzeugseite rechts und links eine Spiegelung der chromfarbenen Zierleiste der Tür deutlich erkannt werden; an den Zierleisten seien keine Fabrikations- oder Verarbeitungsfehler festzustellen. Ein Abdecken der Zierleiste habe ergeben, dass diese die Spiegelung hervorrufe.

b) Hiernach kann nicht als festgestellt gelten, dass das Fahrzeug bei Gefahrübergang mangelhaft war.

aa) Vereinbart im Rechtssinne ist eine Beschaffenheit der Kaufsache, wenn der Inhalt des Kaufvertrages die Pflicht des Verkäufers bestimmt, die gekaufte Sache in einem bestimmten (dem vereinbarten) Zustand zu übereignen und zu übergeben. Die Parteien haben keine Beschaffenheit des Fahrzeugs in dem Sinne vereinbart, dass es Reflektionsspiegelungen der Chromleisten bei Sonnenlichteinwirkung nicht oder nur mit einem bestimmten harmonischen Reflexionsbild aufweist. Dies ist weder ausdrücklich noch konkludent Vertragsinhalt oder gar von der Beklagten garantiert worden.

bb) Ein Defizit im Hinblick auf die Eignung des Fahrzeugs für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung lässt sich aus den Reflexionsspiegelungen ebenfalls nicht ableiten.

cc) Dass sich das Fahrzeug für die gewöhnliche Verwendung eignet, steht außer Frage. Um die Ausstattung des Fahrzeugs mit hochglänzenden Chromleisten wusste der Kläger. Das Wissen des Klägers, dass diese unter Einwirkung von Sonnenlicht Reflektionen hervorzurufen pflegen, darf – weil allgemein bekannt – ebenfalls zwanglos unterstellt werden; dies ist üblich und gewollt, nicht zuletzt um die Wertigkeit des Gesamteinrucks des Fahrzeugs zu unterstreichen.

Ein auf bestimmte Art und Weise den Geschmacksvorstellungen des einzelnen Käufers angepasstes, bei jeder Sonneneinstrahlung und in jeder Position des Fahrzeugs als harmonisch empfundenes Reflexionsbild auf dem Fahrzeuglack darf allerdings auch der durchschnittliche Käufer eines Fahrzeugs der gehobenen Preisklasse ohne eine entsprechende Zusicherung des Verkäufers nicht erwarten.“

II. Die dagegen mit Schriftsatz vom 03.02.2014 vorgebrachten Einwendungen sind nicht geeignet, die Richtigkeit des angefochtenen Urteils des Landgerichts im entscheidungserheblichen Punkt infrage zu stellen, und vermögen deshalb eine hiervon abweichende Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Soweit der Kläger nunmehr ergänzend ausführt, der „normale“ Käufer von hochwertigen Fahrzeugen komme gar nicht auf die Idee, dass sich solche Erscheinungen zeigen könnten; derartige unschöne Schlieren gehörten nicht zur üblichen Erscheinung eines solchen Fahrzeugs; es gehe nicht um seine, des Klägers, subjektive Mangelempfindung, sondern um einen bei direkter Sonneneinstrahlung objektiv hervorgerufenen Eindruck der Ungepflegtheit, ist auch hiermit ein Mangel im Rechtssinne nicht dargestellt.

Denn all dies ändert nichts daran, dass sich das Fahrzeug in den fraglichen Teilen (Lack und Chromleisten) einzeln und in der Gesamtbetrachtung – auch in Ansehung einer virtuellen Lackbeeinträchtigung – als mangelfrei darstellt, weil eine bestimmte Wertigkeitsanmutung des Lacks bei jeder Wetterlage und allen Lichtverhältnissen, namentlich unter Einwirkung von Reflexionen des Sonnenlichts, nicht im Sinne einer üblichen bzw. zu erwartenden Beschaffenheit geschuldet ist …“

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