Zur Ver­let­zung des An­spruchs der Par­tei auf recht­li­ches Ge­hör ge­mäß Art. 103 I GG im Zu­sam­men­hang mit Vor­trag zur Ent­behr­lich­keit der Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung we­gen Fehl­schla­gens der Nach­bes­se­rung so­wie we­gen Un­zu­mut­bar­keit (wei­te­rer) Nach­er­fül­lungs­ver­su­che (hier: un­be­rück­sich­tigt ge­blie­be­ner Vor­trag des Käu­fers zu trotz Re­pa­ra­tur­ver­su­chen fort­be­ste­hen­den Man­gel­sym­pto­men und zur Si­cher­heits­re­le­vanz der als Sach­man­gel gel­tend ge­mach­ten Funk­ti­ons­stö­rung).

BGH, Be­schluss vom 06.09.2022 – VI­II ZR 352/21

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb von der Be­klag­ten im März 2017 ei­nen im Ju­li 2013 erst­zu­ge­las­se­nen Ge­braucht­wa­gen für 33.790 € brut­to. Nach­dem der Klä­ger zu­nächst we­gen De­fek­ten des Tur­bo­la­ders des Fahr­zeugs zwei­mal ei­ne Werk­statt hat­te auf­su­chen müs­sen, tra­ten Mit­te Ju­ni 2017 Pro­ble­me mit dem Luft­fahr­werk – ei­ner ad­ap­ti­ven Luft­fe­de­rung zur stu­fen­lo­sen An­pas­sung der Dämp­fer­här­te und zur Jus­tie­rung der Bo­den­frei­heit des Fahr­zeugs – auf.

Der Klä­ger ver­brach­te das Fahr­zeug dar­auf­hin in Ab­spra­che mit der Be­klag­ten zwei wei­te­re Ma­le in ei­ne Werk­statt. Bei dem ers­ten Werk­statt­be­such En­de Ju­ni/​An­fang Ju­li 2017 wur­de ei­ne Feh­ler­ana­ly­se durch­ge­führt und ein Re­lais aus­ge­tauscht; das Luft­fahr­werk funk­tio­nier­te so­dann zu­nächst wie­der. Am 12.07.2017 ließ der Klä­ger das Fahr­zeug er­neut we­gen Pro­ble­men mit dem Luft­fahr­werk in die Werk­statt ver­brin­gen. Nach sei­ner Be­haup­tung hat­te es sich ab­ge­senkt und war nicht mehr fahr­be­reit. Ei­ne Feh­ler­su­che der Werk­statt blieb oh­ne Er­geb­nis; vor­sorg­lich wur­de ein „Re­set“ des Re­lais durch­ge­führt. Das Fahr­zeug konn­te da­nach zu­nächst stö­rungs­frei be­nutzt wer­den.

Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 18.08.2017 er­klär­te der Klä­ger den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag mit der Be­grün­dung, der Man­gel am Luft­fahr­werk sei wei­ter­hin nicht be­ho­ben, und wei­te­re Nach­bes­se­rungs­ver­su­che sei­en ihm nicht zu­mut­bar.

Der auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses so­wie auf Er­satz ver­schie­de­ner Kos­ten ge­rich­te­ten Kla­ge hat das Land­ge­richt nach Ein­ho­lung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens weit­ge­hend statt­ge­ge­ben. Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten hat das Ober­lan­des­ge­richt die Kla­ge ab­ge­wie­sen und die Re­vi­si­on nicht zu­ge­las­sen. Die da­ge­gen ge­rich­te­te Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de des Klä­gers, der die Wie­der­her­stel­lung des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils er­streb­te, hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: [6]    II. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zur Be­grün­dung sei­ner Ent­schei­dung, so­weit für das Ver­fah­ren der Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de von In­ter­es­se, im We­sent­li­chen aus­ge­führt:

[7]    Die Kla­ge sei ab­zu­wei­sen. Der Klä­ger ha­be der Be­klag­ten vor der Rück­tritts­er­klä­rung ei­ne Frist zur Be­sei­ti­gung der Män­gel am Luft­fahr­werk nicht ge­setzt und ihr nach dem „Re­set“ des Re­lais an­läss­lich des zwei­ten Werk­statt­be­suchs am 12.07.2017 auch kei­ne wei­te­re Ge­le­gen­heit zur Män­gel­be­sei­ti­gung ein­ge­räumt. Nach dem Er­geb­nis der erst­in­stanz­li­chen Be­weis­auf­nah­me ste­he je­doch nicht fest, dass ei­ne Frist zur (wei­te­ren) Män­gel­be­sei­ti­gung we­gen Fehl­schla­gens der Nach­bes­se­rung des Man­gels am Luft­fahr­werk oder we­gen Un­zu­mut­bar­keit ei­nes wei­te­ren Nach­bes­se­rungs­ver­suchs im Sin­ne von § 440 BGB ent­behr­lich ge­we­sen sei.

[8]    Zwar ha­be ein Käu­fer ge­mäß § 440 Satz 2 BGB zwei Nach­bes­se­rungs­ver­su­che ab­zu­war­ten, wo­bei sich aus den kon­kre­ten Ein­zel­fal­l­um­stän­den ei­ne ab­wei­chen­de Be­ur­tei­lung er­ge­ben kön­ne. Der Klä­ger ha­be aber auch im Be­ru­fungs­ver­fah­ren nicht sub­stan­zi­iert dar­ge­legt, wann wel­cher kon­kre­te Man­gel nach dem zwei­ten Werk­statt­be­such bis zur Rück­tritts­er­klä­rung auf­ge­tre­ten sei.

[9]     Dem Klä­ger sei es zu­dem nicht un­zu­mut­bar ge­we­sen, sich nach der drit­ten Stö­rung des Luft­fahr­werks er­neut an die Be­klag­te zu wen­den und ihr ei­ne letz­te Ge­le­gen­heit zur end­gül­ti­gen Feh­ler­be­sei­ti­gung ein­zu­räu­men. Ihm sei be­wusst ge­we­sen, dass die Werk­statt die kon­kre­te Ur­sa­che der Funk­ti­ons­stö­run­gen am Luft­fahr­werk nicht ha­be er­mit­teln kön­nen und dass der Aus­tausch be­zie­hungs­wei­se das „Re­set“ des Re­lais des­halb (le­dig­lich) vor­sorg­lich er­folgt sei­en, was zu­min­dest für kur­ze Zeit zum Er­folg ge­führt ha­be.

[10]   III. Die zu­läs­si­ge Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de hat in der Sa­che Er­folg (§ 544 IX ZPO), weil die Si­che­rung ei­ner ein­heit­li­chen Recht­spre­chung ei­ne Ent­schei­dung des Re­vi­si­ons­ge­richts er­for­dert (§ 543 II 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO). Das Be­ru­fungs­ge­richt hat den An­spruch des Klä­gers auf Ge­wäh­rung recht­li­chen Ge­hörs (Art. 103 I GG) in ent­schei­dungs­er­heb­li­cher Wei­se ver­letzt. Es hat bei sei­ner Wür­di­gung zur Ent­behr­lich­keit ei­ner Frist­set­zung zur (wei­te­ren) Nach­er­fül­lung i. S. des § 440 Satz 1 Fall 2 und Fall 3, Satz 2 BGB im Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Vor­trag des Klä­gers ge­hör­s­wid­rig über­gan­gen und so­mit den Pro­zess­stoff hin­sicht­lich der für die Über­zeu­gungs­bil­dung we­sent­li­chen Um­stän­de nicht voll­stän­dig be­rück­sich­tigt.

[11]   1. Das Ge­bot recht­li­chen Ge­hörs ver­pflich­tet das ent­schei­den­de Ge­richt, die Aus­füh­run­gen der Pro­zess­be­tei­lig­ten zur Kennt­nis zu neh­men und in Er­wä­gung zu zie­hen (st. Rspr.; s. et­wa BVerfG [1. Kam­mer des Zwei­ten Se­nats], Beschl. v. 25.09.2020 – 2 BvR 854/20; NVwZ-RR 2021, 131 Rn. 26; Se­nat, Beschl. v. 21.06.2022 – VI­II ZR 285/21, NJW-RR 2022, 1144 Rn. 12 m. w. Nachw.). In den Ent­schei­dungs­grün­den müs­sen die we­sent­li­chen Tat­sa­chen- und Rechts­aus­füh­run­gen ver­ar­bei­tet wer­den. Wenn ein be­stimm­ter Vor­trag ei­ner Par­tei den Kern des Par­tei­vor­brin­gens dar­stellt und für den Pro­zess­aus­gang von ent­schei­den­der Be­deu­tung ist, be­steht für das Ge­richt ei­ne Pflicht, die vor­ge­brach­ten Ar­gu­men­te zu wür­di­gen und in den Ent­schei­dungs­grün­den hier­zu Stel­lung zu neh­men (Se­nat, Beschl. v. 05.11.2019 – VI­II ZR 344/18, NJW-RR 2020, 186 Rn. 11 m. w. Nachw.). Ein Schwei­gen lässt hier den Schluss zu, dass der Vor­trag der Pro­zess­par­tei nicht oder zu­min­dest nicht hin­rei­chend be­ach­tet wur­de (BVerfG [1. Kam­mer des Zwei­ten Se­nats], Beschl. v. 27.02.2018 – 2 BvR 2821/14, NJW-RR 2018, 694 Rn. 18 m. w. Nachw.).

[12]   2. Ge­mes­sen hier­an ist dem Be­ru­fungs­ge­richt ei­ne Ge­hörs­ver­let­zung nach Art. 103 I GG an­zu­las­ten. Es hat für die Be­ur­tei­lung, ob auf­grund der im Streit­fall ge­ge­be­nen Um­stän­de ei­ne Frist­set­zung vor der Rück­tritts­er­klä­rung des Klä­gers ge­mäß § 440 Satz 1 Fall 2, Satz 2 BGB oder ge­mäß § 440 Satz 1 Fall 3 BGB aus­nahms­wei­se ent­behr­lich ge­we­sen war, maß­geb­li­ches Vor­brin­gen des Klä­gers un­be­rück­sich­tigt ge­las­sen und so­mit den Pro­zess­stoff hin­sicht­lich der für die Über­zeu­gungs­bil­dung we­sent­li­chen Ge­sichts­punk­te nicht voll­stän­dig ge­wür­digt (vgl. Se­nat, Beschl. v. 05.11.2019 – VI­II ZR 344/18, NJW-RR 2020, 186 Rn. 11 m. w. Nachw.).

[13]   a) Das gilt zu­nächst für die An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts, der Klä­ger ha­be nicht aus­rei­chend sub­stan­zi­iert dar­ge­legt, wann wel­cher kon­kre­te Man­gel am Fahr­zeug nach wel­chen Re­pa­ra­tu­ren be­zie­hungs­wei­se nach dem „Re­set“ des Re­lais an­läss­lich des zwei­ten Werk­statt­be­suchs bis zu der am 18.08.2017 er­folg­ten Rück­tritts­er­klä­rung zu­rück­ge­blie­ben oder auf­ge­tre­ten sei.

[14]   aa) Nach dem Vor­brin­gen des Klä­gers hat sich am 08.07.2017 – nach dem Aus­tausch des Re­lais – er­neut ein Ab­sen­ken des Fahr­zeugs mit un­ter­schied­lich hoch ein­ge­stell­ten Dämp­fern an den Fahr­zeugach­sen ge­zeigt, was auch im Rah­men der zwei­ten Vor­stel­lung des Fahr­zeugs bei der Werk­statt am 12.07.2017 nicht ha­be be­sei­tigt wer­den kön­nen. Viel­mehr ha­be es auch da­nach Pro­ble­me mit dem Luft­fahr­werk und stän­di­ge (mit frü­he­ren Mel­dun­gen iden­ti­sche) Feh­ler­mel­dun­gen im Dis­play ge­ge­ben. Die­se er­neut auf­ge­tre­te­nen Stö­run­gen am Luft­fahr­werk hat der Klä­ger in der Rück­tritts­er­klä­rung nä­her be­schrie­ben. Dem­nach ha­be das Fahr­zeug bei der Be­sich­ti­gung durch den Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten am Vor­tag auf den hin­te­ren Rei­fen fast auf­ge­le­gen; das Luft­fahr­werk­dämp­fungs­sys­tem ha­be nicht funk­tio­niert, nach dem Start des Fahr­zeugs sei­en di­ver­se Feh­ler­mel­dun­gen er­folgt, al­les ha­be auf­ge­leuch­tet und akus­ti­sche Si­gna­le hät­ten zum Werk­statt­be­such auf­ge­for­dert.

[15]   bb) Mit die­sem – von ihm teil­wei­se im tat­be­stand­li­chen Teil sei­ner Ent­schei­dung noch wie­der­ge­ge­be­nen – Vor­trag des Klä­gers hat sich das Be­ru­fungs­ge­richt bei sei­ner Wür­di­gung nicht be­fasst, ob­wohl es nach sei­ner Rechts­an­sicht für die Be­ur­tei­lung der Ent­behr­lich­keit ei­ner Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung na­ment­lich un­ter dem Ge­sichts­punkt des Fehl­schla­gens der Nach­bes­se­rung maß­geb­lich dar­auf an­kam, wel­che kon­kre­ten Man­gel­er­schei­nun­gen im An­schluss an den zwei­ten Re­pa­ra­tur­ver­such in der Zeit bis zu der am 18.08.2017 er­folg­ten Rück­tritts­er­klä­rung des Klä­gers auf­ge­tre­ten wa­ren. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat auch un­be­rück­sich­tigt ge­las­sen, dass selbst die Be­klag­te ein er­neu­tes Ab­sen­ken des Fahr­zeugs ein­ge­räumt, hier­für in­des­sen le­dig­lich ei­ne an­de­re tech­ni­sche Ur­sa­che – näm­lich ei­ne durch­ge­brann­te Si­che­rung und ei­ne de­fek­te Ka­bel­ver­bin­dung – be­nannt hat­te und über­dies die vor­ste­hend ge­nann­te Be­schrei­bung der Man­gel­er­schei­nun­gen durch den Klä­ger mit den Fest­stel­lun­gen des ge­richt­li­chen Sach­ver­stän­di­gen zu dem bei der ers­ten Be­sich­ti­gung des Fahr­zeugs vor­ge­fun­de­nen Zu­stand (Fahr­zeug ab­ge­senkt und nicht auf­richt­bar) über­ein­stimm­te. Das Be­ru­fungs­ge­richt muss­te da­von aus­ge­hen, dass der Klä­ger sich so­wohl die vor­ge­nann­ten Aus­füh­run­gen der Be­klag­ten als auch den In­halt des Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens als je­weils für ihn güns­tig zu­min­dest hilfs­wei­se zu ei­gen ge­macht hat (vgl. hier­zu et­wa Se­nat, Beschl. v. 05.11.2019 – VI­II ZR 344/18, NJW-RR 2020, 186 Rn. 12 m. w. Nachw.).

[16]   cc) Die dar­in lie­gen­de Ge­hörs­ver­let­zung ist ent­schei­dungs­er­heb­lich. Denn es kann nicht aus­ge­schlos­sen wer­den, dass das Be­ru­fungs­ge­richt die Fra­ge der Ent­behr­lich­keit ei­ner Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung we­gen Fehl­schla­gens der Nach­bes­se­rung i. S. von § 440 Satz 1 Fall 2, Satz 2 BGB (vgl. hier­zu nä­her Se­nat, Urt. v. 26.08.2020 – VI­II ZR 351/19, BGHZ 227, 15 Rn. 53 ff.) un­ter Be­rück­sich­ti­gung der über­gan­ge­nen Um­stän­de an­ders be­ur­teilt hät­te. Zwar ob­liegt dem Käu­fer die Dar­le­gungs- und Be­weis­last für die Er­folg­lo­sig­keit des Nach­bes­se­rungs­ver­suchs, wenn er – wie hier der Klä­ger – die Kauf­sa­che nach ei­ner Nach­bes­se­rung wie­der ent­ge­gen­ge­nom­men hat (vgl. Se­nat, Urt. v. 09.03.2011 – VI­II ZR 266/09, NJW 2011, 1664 Rn. 11 m. w. Nachw.). Die­ser ge­nügt er aber, wenn er dar­legt be­zie­hungs­wei­se den Be­weis führt, dass das von ihm ge­rüg­te Man­gel­sym­ptom – hier die un­ter­schied­lich ho­hen Dämp­fer an den Fahr­zeugach­sen, das Ab­sen­ken des Fahr­zeugs mit der dar­aus fol­gen­den Ein­schrän­kung der Fahr­bar­keit und die auf­tre­ten­den Feh­ler­mel­dun­gen im Dis­play – auch nach den Nach­bes­se­rungs­ver­su­chen wei­ter­hin auf­tritt. Hin­ge­gen kommt es nicht dar­auf an, ob der Sach­man­gel mög­li­cher­wei­se auf ei­ne neue Man­gel­ur­sa­che zu­rück­ge­führt wer­den kann, wenn die Man­gel­ur­sa­che al­lein im Fahr­zeug zu su­chen ist und nicht auf ei­ner un­sach­ge­mä­ßen Be­hand­lung sei­tens des Käu­fers oder ei­nes Drit­ten be­ru­hen kann (vgl. Se­nat, Urt. v. 09.03.2011 – VI­II ZR 266/09, NJW 2011, 1664 Rn. 12 f.).

[17]   So­weit das Be­ru­fungs­ge­richt we­gen der in der münd­li­chen Ver­hand­lung ge­äu­ßer­ten Schwie­rig­kei­ten des Klä­gers, das er­neu­te Auf­tre­ten der Fahr­werks­stö­rung zeit­lich ein­zu­ord­nen, des­sen Vor­trag als un­schlüs­sig ge­wer­tet hat, be­ruht auch dies auf ei­ner un­voll­stän­di­gen Be­fas­sung mit dem klä­ge­ri­schen Vor­brin­gen. Denn be­reits der Rück­tritts­er­klä­rung des Klä­gers vom 18.08.2017 lässt sich ent­neh­men, dass schon zu die­sem Zeit­punkt wie­der­um Pro­ble­me mit dem Luft­fahr­werk be­stan­den, was mit dem im land­ge­richt­li­chen Tat­be­stand wie­der­ge­ge­be­nen Vor­trag des Klä­gers über­ein­stimmt, dass nach et­wa fünf stö­rungs­frei­en Wo­chen im An­schluss an die zwei­te Re­pa­ra­tur vom 12.07.2017 – al­so et­wa Mit­te Au­gust 2017 – er­neut Feh­ler­mel­dun­gen auf­ge­tre­ten sei­en. Zu­dem hat der Klä­ger vor­ge­tra­gen, seit dem 28.08.2017 nicht mehr mit dem Fahr­zeug ge­fah­ren zu sein, nicht aber, dass es erst dann wie­der Feh­ler am Luft­fahr­werk ge­ge­ben ha­be.

[18]   b) Über­dies ist das Be­ru­fungs­ge­richt im Rah­men sei­ner Wür­di­gung zur Ent­behr­lich­keit ei­ner Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung we­gen Un­zu­mut­bar­keit ei­nes Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gens ge­mäß § 440 Satz 1 Fall 3 BGB auf das (zen­tra­le) Vor­brin­gen des Klä­gers zur Si­cher­heits­re­le­vanz der gel­tend ge­mach­ten – und nach sei­nem Vor­trag wei­ter­hin nicht be­ho­be­nen – Stö­rung am Luft­fahr­werk des Fahr­zeugs ge­hör­s­wid­rig nicht in der ge­bo­te­nen Wei­se ein­ge­gan­gen.

[19]   aa) Der Klä­ger hat be­haup­tet, in­fol­ge der stö­rungs­be­dingt un­ter­schied­lich ho­hen Ab­sen­kung des Fahr­zeugs, teil­wei­se an der Hin­ter­ach­se bis auf den tiefs­ten Punkt, sei das Fahr­zeug in­sta­bil und nicht mehr ver­kehrs­si­cher fahr­bar ge­we­sen. Bei dem Luft­fahr­werk han­de­le es sich um ein si­cher­heits­re­le­van­tes Bau­teil. Das Fahr­zeug ha­be aus tech­ni­scher Sicht nicht mehr be­wegt wer­den dür­fen. Be­reits für den zwei­ten Werk­statt­be­such am 12.07.2017 ha­be das Fahr­zeug ab­ge­holt wer­den müs­sen, weil es nicht mehr fahr­be­reit ge­we­sen sei. Die Werk­statt ha­be – auch nach ei­ge­nen Er­klä­run­gen – kei­nen Feh­ler fest­stel­len kön­nen, wes­halb „ins Blaue hin­ein“ ein Re­lais aus­ge­tauscht be­zie­hungs­wei­se ein „Re­set“ vor­ge­nom­men wor­den sei. Der Klä­ger ha­be des­halb nicht da­von aus­ge­hen kön­nen, dass ein wei­te­rer Re­pa­ra­tur­ver­such zur Be­he­bung des Man­gels füh­ren wür­de.

[20]   bb) Da die­ser Vor­trag den Kern des klä­ge­ri­schen Vor­brin­gens zu der Be­deu­tung und zu den Aus­wir­kun­gen der Stö­rung am Luft­fahr­werk für die Be­nutz­bar­keit des Fahr­zeugs dar­stellt und bei der Be­ur­tei­lung der (Un-)Zu­mut­bar­keit ei­nes Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gens von ent­schei­den­der Be­deu­tung ist, lässt sei­ne Nich­terwäh­nung im Rah­men der im Be­ru­fungs­ur­teil vor­ge­nom­me­nen tat­säch­li­chen und recht­li­chen Be­ur­tei­lung den Schluss zu, dass er vom Be­ru­fungs­ge­richt nicht oder zu­min­dest nicht hin­rei­chend be­ach­tet wur­de (vgl. BVerfG [1. Kam­mer des Zwei­ten Se­nats], Beschl. v. 27.02.2018 – 2 BvR 2821/14, NJW-RR 2018, 694 Rn. 18 m. w. Nachw.).

[21]   cc) Die dar­in lie­gen­de Ge­hörs­ver­let­zung ist auch ent­schei­dungs­er­heb­lich. Es ist nicht aus­zu­schlie­ßen, dass das Be­ru­fungs­ge­richt bei der Be­ur­tei­lung, ob dem Klä­ger un­ter den hier ge­ge­be­nen Um­stän­den ein (wei­te­rer) Nach­er­fül­lungs­ver­such un­zu­mut­bar ge­we­sen ist (§ 440 Satz 1 Fall 3 BGB; vgl. nä­her hier­zu Se­nat, Urt. v. 26.10.2016 – VI­II ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 23; Urt. v. 26.01.2022 – VI­II ZR 140/20, ju­ris Rn. 22; je­weils m. w. Nachw.), zu ei­nem an­de­ren Er­geb­nis ge­kom­men wä­re, hät­te es den ge­nann­ten Vor­trag des Klä­gers in der ge­bo­te­nen Wei­se zur Kennt­nis ge­nom­men. Wä­re das Fahr­zeug we­gen der vom Klä­ger be­haup­te­ten – wie­der­holt auf­ge­tre­te­nen – Stö­run­gen am Luft­fahr­werk nicht mehr hin­rei­chend ver­kehrs­si­cher ge­we­sen, dürf­te der Um­stand, dass die kon­kre­te Ur­sa­che der Funk­ti­ons­stö­run­gen bei den vor­an­ge­gan­ge­nen Werk­statt­be­su­chen nicht er­mit­telt wer­den konn­te und die bis­he­ri­gen – le­dig­lich „vor­sorg­lich“ und mit Wir­kung je­weils nur „für ei­ne kur­ze Zeit“ vor­ge­nom­me­nen – Ver­su­che ei­ner Man­gel­be­sei­ti­gung die Be­sei­ti­gung des tat­säch­lich vor­han­de­nen Man­gels auf un­be­stimm­te Zeit und mit der Un­ge­wiss­heit über ein er­neu­tes Auf­tre­ten hin­aus­ge­scho­ben ha­ben, bei ei­ner Ge­samt­wür­di­gung da­zu füh­ren, dass dem Klä­ger ei­ne wei­te­re Be­nut­zung des Fahr­zeugs nicht zu­mut­bar war (vgl. Se­nat, Urt. v. 26.10.2016 – VI­II ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 24).

[22]   3. Die wei­te­ren von der Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de er­ho­be­nen Rü­gen hat der Se­nat ge­prüft, je­doch nicht für durch­grei­fend er­ach­tet. Von ei­ner Be­grün­dung wird in­so­weit ab­ge­se­hen (§ 544 VI 2 ZPO).

[23]   IV. Nach al­le­dem ist das Ur­teil des Be­ru­fungs­ge­richts auf­zu­he­ben und der Rechts­streit zur neu­en Ent­schei­dung und Ver­hand­lung un­ter Be­ach­tung der Rechts­auf­fas­sung des Se­nats an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­zu­ver­wei­sen (§ 544 IX ZPO).

[24]   Für das wei­te­re Be­ru­fungs­ver­fah­ren weist der Se­nat hin­sicht­lich der vom Be­ru­fungs­ge­richt bis­her nicht vor­ge­nom­me­nen Prü­fung des – vom Land­ge­richt be­jah­ten – Vor­lie­gens ei­nes Sach­man­gels vor­sorg­lich dar­auf hin, dass es für die Be­ur­tei­lung der Er­heb­lich­keit der Pflicht­ver­let­zung (§ 323 V 2 BGB) auf den Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung an­kommt (vgl. nur Se­nat, Urt. v. 26.10.2016 – VI­II ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 29 f.) und nach der Recht­spre­chung des Se­nats Ein­schrän­kun­gen der Ge­brauchs­taug­lich­keit, wel­che die Ver­kehrs­si­cher­heit be­ein­träch­ti­gen kön­nen, grund­sätz­lich als er­heb­lich i. S. des § 323 V 2 BGB an­zu­se­hen sind (vgl. Se­nat, Urt. v. 26.10.2016 – VI­II ZR 240/15, NJW 2017, 153 Rn. 30 m. w. Nachw.).

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