1. Die Angabe eines Gebrauchtwagenverkäufers, das Fahrzeug sei – soweit ihm bekannt – kein Importfahrzeug, ist eine bloße Wissenserklärung oder – besser – Wissensmitteilung, die nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung i. S. von § 434 I 1 BGB führt. Eine solche Wissensmitteilung ist nicht ohne rechtliche Bedeutung; vielmehr haftet der Erklärende gemäß §§ 280 I, 241 II, 311 II BGB dafür, dass er sein subjektives Wissen richtig und vollständig wiedergibt (im Anschluss an BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VIII ZR 253/05, NJW 2008, 1517 Rn. 16). Der Erklärende haftet aber nicht dafür, dass sein subjektives Wissen auch den den objektiven Gegebenheiten entspricht. Es gibt keine „fahrlässig falsche Wissenserklärung“.
  2. Der Verkäufer eines Gebrauchtwagens muss den Käufer allenfalls dann ungefragt darüber aufklären, dass es sich bei dem Fahrzeug um einen „(Re-)Import“ handelt, wenn das Fahrzeug aus diesem Grund auf dem inländischen Markt weniger wert ist als ein für diesen Markt produziertes Fahrzeug (im Anschluss u. a. an OLG Jena, Urt. v. 23.10.2008 – 1 U 118/08, juris Rn. 20 ff.). Ein solcher Minderwert liegt jedenfalls bei einem sieben Jahre alten Gebrauchtwagen, der eine Laufleistung von über 150.000 km aufweist, fern.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.11.2021 – 10 U 11/21

Sachverhalt: Der Kläger erwarb von der Beklagten für 12.800 € einen gebrauchten, mit einem Dieselmotor ausgestatteten Pkw Audi A5. Das am 14.12.2010 erstzugelassene Fahrzeug wies seinerzeit eine Laufleistung von 156.359 km auf.

Der schriftliche Kaufvertrag vom 19.04.2018 enthält folgenden Gewährleistungsausschluss:

„Das Kraftfahrzeug wird unter Ausschluss der Sachmängelhaftung verkauft. Dieser Ausschluss gilt nicht für Schadensersatzansprüche aus Sachmängelhaftung, die auf einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Verletzung von Pflichten des Verkäufers oder seines Erfüllungsgehilfen beruhen, sowie bei der Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit.
Ggf. noch bestehende Ansprüche gegenüber Dritten aus Sachmängelhaftung werden an den Käufer abgetreten.“

Außerdem heißt es in dem Kaufvertrag unter „I. Angaben des Verkäufers“, der Verkäufer garantiere, dass das Fahrzeug „in der Zeit, in der es sein Eigentum war“, „keinen Unfallschaden […] erlitten“ habe (1.3). Weiter heißt es, der Verkäufer erkläre, dass der Pkw auch „in der übrigen Zeit – soweit ihm bekannt – keinen Unfallschaden erlitten“ habe (2.1) und dass das Fahrzeug – soweit dem Verkäufer bekannt – kein „Importfahrzeug (aus der EU oder dem EU-Ausland)“ sei (2.6).

Um den Kaufpreis für den Audi A5 zu finanzieren, hatte sich die Beklagte von der B-Bank ein Darlehen gewähren lassen. Der Kläger finanzierte den an die Beklagte zu zahlenden Kaufpreis ebenfalls, indem er mit der B-Bank einen Darlehensvertrag schloss. Auf diese Weise erlangte die Beklagte eine Freistellung von ihren Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von 12.800 €.

Mit Schreiben vom 02.01.2019 erklärte der – anwaltlich vertretene – Kläger gegenüber der Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag über den Audi A5. Das Fahrzeug legte er am 09.09.2020 still, nachdem er damit 46.461 km gefahren war.

Der Kläger hat in erster Instanz behauptet, der Audi A5, den er von der Beklagten erworben habe, sei ein Importfahrzeug aus Italien, das in Deutschland auf die Beklagte erstzugelassen worden sei. Die Beklagte – so hat der Kläger geltend gemacht – habe im Kaufvertrag wider besseres Wissen erklärt, dass der Pkw kein Importfahrzeug sei, und ihn, den Kläger, so arglistig getäuscht.

Gestützt darauf hat der Kläger von der Beklagten verlangt, an die B-Bank, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Audi A5, 10.158,40 € nebst Verzugszinsen zu zahlen. Der verlangte Betrag setzt sich zusammen aus dem um eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 2.713 € reduzierten Kaufpreis und Kosten in Höhe von 71,40 €, die der Kläger für eine – das Länderkürzel „ITA“ ausweisende – EG-Übereinstimmungsbescheinigung aufgewendet haben will. Der Berechnung der Nutzungsentschädigung hat der Kläger (zunächst) 19.848 gefahrene Kilometer zugrunde gelegt. Er hat außerdem die Feststellung begehrt, dass die Beklagte mit der Annahme des Audi A5 in Verzug sei. Schließlich hat der Kläger verlangt, dass ihn die Beklagte von sämtlichen Kosten freistellt, die ihm dadurch entstanden sind, dass er sich von der B-Bank ein Darlehen zur Finanzierung des Kaufpreises hat gewähren lassen, und der Kläger hat den Ersatz vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten beansprucht.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, sie habe keine Kenntnis davon gehabt, dass der Audi A5 ein Importfahrzeug aus Italien sei, wie der Beklagte behaupte. Sie habe den Pkw mit Vertrag vom 05.10.2016 von der Firma F in H. erworben. Dabei seien ihr sämtliche Unterlagen zu dem Fahrzeug in einem verschlossenen Umschlag übergeben worden. Diesen habe sie, die Beklagte, anschließend einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter der Zulassungsstelle übergeben, um das Fahrzeug umzumelden. Später habe sie die Fahrzeugunterlagen wieder in Empfang genommen, aber keine Kenntnis von ihrem Inhalt erlangt.

Das Landgericht hat die Beklage verurteilt, an die B-Bank 6.520,54 € nebst Zinsen zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs. Außerdem hat es den Annahmeverzug der Beklagten festgestellt und die Feststellung getroffen, dass die Beklagte den Kläger auf Nachweis von sämtlichen Kosten freistellen muss, die dem Kläger durch die Finanzierung des Kaufpreises für den Pkw bei der B-Bank entstanden sind. Schließlich hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, dem Kläger außergerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 887,02 € zu ersetzen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Audi A5 sei nicht deshalb mangelhaft, weil er ein Importfahrzeug sei. Denn insoweit hätten die Parteien keine Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) getroffen, sondern habe die Beklagte lediglich eine Wissenserklärung abgegeben. Der Kläger könne die Rückabwicklung des Kaufvertrags jedoch unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes beanspruchen, weil das Fahrzeug tatsächlich ein Importfahrzeug aus Italien sei und die Angabe der Beklagten, es handele sich nicht um ein Importfahrzeug, fahrlässig falsch gewesen sei. Zwar habe die Beweisaufnahme nicht ergeben, dass die Beklagte gewusst habe, dass der Audi A5 ein Importfahrzeug aus Italien sei. Bei verkehrsüblicher Sorgfalt hätte sich die Beklagte aber noch während der Vertragsverhandlungen mit dem Kläger daran erinnern können und müssen, dass ihr seinerzeit bei der Zulassung des Pkw erklärt worden sei, dass die ausländischen Fahrzeugpapiere eingezogen würden. Die von dem Kläger zu zahlende Nutzungsentschädigung hat das Landgericht auf 6.350,86 € geschätzt.

Mit ihrer dagegen gerichteten Berufung hat die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage erreichen wollen. Sie hat geltend gemacht, das Landgericht habe schon nicht hinreichend festgestellt, dass der Audi A5 ein Importfahrzeug sei. Insbesondere habe es die Abgrenzung zu einem „Reimport“ nicht in der erforderlichen Weise vorgenommen. Jedenfalls habe das Landgericht nicht auf ein Verschulden bei Vertragsschluss abstellen dürfen. Denn Ansprüche wegen Verschuldens bei Vertragschluss seien im Sachbereich der §§ 434 ff. BGB nur dann nicht ausgeschlossen, wenn – was hier nicht der Fall gewesen sei – der Verkäufer den Käufer arglistig über die Beschaffenheit der Kaufsache getäuscht habe. Zudem habe sie, die Beklagte, nichts Falsches erklärt, sondern zutreffend ihr eigenes Wissen mitgeteilt.

Das Rechtsmittel hatte Erfolg.

Aus den Gründen: II. Die Berufung ist zulässig und begründet.

1. Die Berufung ist zulässig. Insbesondere mangelt es nicht an einer zureichenden Berufungsbegründung gemäß § 520 III 2 ZPO. Die Beklagte hat im Einzelnen ausgeführt, warum sie die tragende Annahme einer Pflichtverletzung in Gestalt einer fahrlässig falschen Wissenserklärung durch das Landgericht für unzutreffend hält, und so Umstände bezeichnet, aus denen sich eine Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben können (vgl. § 520 III 2 Nr. 3 ZPO).

2. Die Berufung ist auch begründet. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts, die den Senat binden (vgl. § 529 II Nr. 1 ZPO), hat das Landgericht die Beklagte zu Unrecht zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt.

a) Zutreffend hat das Landgericht allerdings einen Anspruch des Klägers auf Rückabwicklung des Kaufvertrags über das Kraftfahrzeug auf der Grundlage von § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 434 I, 440, 323 BGB verneint. Dabei kann der Senat offenlassen, ob der Umstand, dass ein Kraftfahrzeug importiert worden ist, überhaupt einen Sachmangel begründen kann oder ob das – da der Umstand dem Fahrzeug nicht in ausreichender Weise selbst anhaftet – nicht möglich ist (so OLG Hamm, Urt. v. 13.5.2003 – 28 U 150/02, NJW-RR 2003, 1360, 1361; OLG Jena, Urt. v. 23.10.2008 – 1 U 118/08; KG, Beschl. v. 29.08.2011 – 20 U 130/11; s. zum Ganzen auch Vuia, DS 2015, 111, 117). Denn jedenfalls haben die Parteien keine entsprechende Beschaffenheit des Fahrzeugs nach § 434 I 1 BGB vereinbart, nachdem die Beklagte hierzu nach dem eindeutigen Wortlaut des Kaufvertrags eine bloße Wissenserklärung oder Wissensmitteilung abgegeben hat (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VIII ZR 253/05, NJW 2008, 1517 Rn. 12 ff.; Beschl. v. 02.11.2010 – VIII ZR 287/09 Rn. 4, 6; Urt. v. 29.06.2016 – VIII ZR 191/15 Rn. 19 ff.; s. auch OLG Saarbrücken, Urt. v. 21.10.2015 – 2 U 63/14).

b) Richtig hat das Landgericht zudem gesehen, dass eine solche Wissensmitteilung nicht ohne rechtliche Bedeutung ist, sondern derjenige, der eine solche Mitteilung im Rahmen von Vertragsverhandlungen macht, gemäß §§ 280 I, 241 II, 311 II BGB für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Wissensmitteilung haftet (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VIII ZR 253/05, NJW 2008, 1517 Rn. 16).

Eine unrichtige oder unvollständige Wissenserklärung liegt jedoch nach den tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts und entgegen dessen rechtlicher Würdigung nicht vor.

Das Landgericht hat auf der Grundlage der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme den dem Kläger nach den allgemeinen Grundsätzen obliegenden Beweis, dass die Beklagte Kenntnis vom vorangegangenen Import des veräußerten Fahrzeugs hatte, als nicht geführt angesehen. Damit liegt aber entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts bereits keine (vorvertragliche) Pflichtverletzung vor, sodass es auf die Frage des Vertretenmüssens, die das Landgericht nach Beweislastgrundsätzen bejaht hat, überhaupt nicht ankommt. Die Beklagte hat keine – gegebenenfalls fahrlässig – falsche, sondern im Gegenteil eine (nicht widerlegbar) zutreffende Wissensmitteilung gemacht, als sie erklärt hat, das Fahrzeug sei – soweit ihr bekannt – kein Importfahrzeug. Sie hat ihre subjektive Wahrnehmung damit nach den tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wahrheitsgemäß wiedergegeben. Einen darüber hinausgehenden Erklärungsinhalt hatte die (Wissens-)Mitteilung der Beklagten nicht. Ob ihr Irrtum vermeidbar war oder nicht, spielt daher keine Rolle. Es ist gerade der Sinn des Instituts der Wissenserklärung oder Wissensmitteilung, eine Haftung für nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv unzutreffende Mitteilungen zu begründen und gleichzeitig eine Haftung für – gegebenenfalls nur – subjektiv zutreffende Angaben auszuschließen (vgl. BGH, Urt. v. 17.02.2010 – VIII ZR 67/09, NJW 2010, 1131 Rn. 25, insoweit in BGHZ 184, 259 nicht abgedruckt; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 10.05.2012 – 12 U 173/10; s. auch Vuia, NJW 2015, 1047, 1048). Dieser Sinn korrespondiert mit der gesetzlichen Regelung in § 444 Fall 1 BGB, wonach ein Gewährleistungsausschluss (nur) arglistig und damit vorsätzlich verschwiegene Mängel nicht erfasst.

c) Dass die Beklagte den Kläger – möglicherweise fahrlässig – über die Eigenschaft des veräußerten Automobils als Importfahrzeug nicht aufgeklärt hat, vermag als solches, das heißt unabhängig von der erfolgten Wissensmitteilung, eine Haftung auf der Grundlage von §§ 280 I, 241 II, 311 II BGB ebenfalls nicht zu begründen.

Zum einen kommt nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung der Oberlandesgerichte, der sich der Senat anschließt, eine Pflicht des Verkäufers zu einem Hinweis auf einen (Re-)Import nur in Betracht, wenn das Fahrzeug deshalb auf dem inländischen Markt weniger wert ist als ein für diesen produziertes Auto (vgl. OLG Jena, Urt. v. 23.10.2008 – 1 U 118/08; KG, Beschl. v. 29.08.2011 – 20 U 130/11; OLG Köln, Beschl. v. 23.06.2014 – 19 U 3/14; s. auch OLG Hamm, Urt. v. 13.5.2003 – 28 U 150/02, NJW-RR 2003, 1360, 1361; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 26.01.2021 – 8 U 85/17; Vuia, DS 2015, 111, 117). Einen solchen Minderwert hat der Kläger aber nicht behauptet. Er liegt aus Sicht des Senats auch fern, zumal bei einem sieben Jahre alten Fahrzeug mit einer Laufleistung von über 150.000 km (s. auch OLG Köln, Beschl. v. 23.06.2014 – 19 U 3/14).

Zum anderen könnte insoweit aber ohnehin keine Verletzung einer Aufklärungspflicht angenommen werden, weil die Beklagte zur Frage des Vorliegens eines Importfahrzeugs gerade nicht geschwiegen, sondern im Gegenteil durch die diesbezügliche bloße Wissensmitteilung deutlich gemacht hat, in welchem Umfang – nämlich den Bereich ihrer subjektiven Kenntnis – sie einstehen kann und will und in welchem Umfang – nämlich darüber hinaus und damit auch für fahrlässige Unkenntnis – nicht. Sie hat dadurch ihre Haftung nur für den Fall einer unzutreffenden Wissensmitteilung im Sinne einer vorsätzlichen Falschangabe begründet.

3. Nachdem dem Kläger dem Grunde nach kein Schadensersatzanspruch zusteht, kann er auch nicht die Feststellungen des Annahmeverzugs sowie einer weiteren Schadensersatzpflicht der Beklagten und auch nicht die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten oder die Zahlung von Zinsen verlangen.

Das Urteil des Landgerichts war daher teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen. …

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