Zu den in­halt­li­chen An­for­de­run­gen an ei­ne Be­ru­fungs­be­grün­dung in ei­nem so­ge­nann­ten Die­sel­fall.

BGH, Be­schluss vom 14.09.2021 – VI­II ZB 1/20

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb am 15.07.2016 von der be­klag­ten B-oHG (Be­klag­te zu 1) – ei­ner Kraft­fahr­zeug­händ­le­rin, de­ren Ge­sell­schaf­ter die Be­klag­ten zu 2 bis zu 4 sind –, ei­nen von der Be­klag­ten zu 5 (Volks­wa­gen AG) her­ge­stell­ten ge­brauch­ten VW Tou­ran 2.0 TDI. Der Kauf­ver­trag ent­hält fol­gen­den Pas­sus:

„Der Käu­fer ist in­for­miert, dass die­ses Fahr­zeug mit dem Die­sel­mo­tor Typ EA189 und ei­ner ma­ni­pu­lier­ten Soft­ware aus­ge­stat­tet ist, wel­che die Stick­oxid­wer­te (NOX) im Prüf­stand­lauf (NEFZ) op­ti­miert. Der Käu­fer ak­zep­tiert die zu­vor ge­nann­ten Fest­stel­lun­gen und Re­ge­lun­gen.“

Mit sei­ner Kla­ge hat der Klä­ger von den Be­klag­ten zu­letzt die Zah­lung von min­des­tens 4.097,50 € nebst Zin­sen als Aus­gleich für den durch die un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung ver­ur­sach­ten Min­der­wert des Fahr­zeugs ver­langt. Au­ßer­dem hat er die Fest­stel­lung be­gehrt, dass die Be­klag­ten ihm dar­über hin­aus­ge­hen­de Schä­den er­set­zen müs­sen, und die Be­klag­ten auf Frei­stel­lung von vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten in An­spruch ge­nom­men.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge im Hin­blick dar­auf, dass der Klä­ger bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags Kennt­nis vom Vor­han­den­sein der ver­wen­de­ten Ma­ni­pu­la­ti­ons­soft­ware ge­habt ha­be, ab­ge­wie­sen.

Die da­ge­gen ge­rich­te­te Be­ru­fung hat das Ober­lan­des­ge­richt nach ent­spre­chen­dem Hin­weis durch Be­schluss als un­zu­läs­sig ver­wor­fen, da die Be­ru­fungs­be­grün­dung den An­for­de­run­gen des § 520 III 2 Nr. 2 ZPO nicht ge­nü­ge. Zur Be­grün­dung hat es im We­sent­li­chen aus­ge­führt:

Da die Be­ru­fungs­be­grün­dung er­ken­nen las­sen sol­le, aus wel­chen tat­säch-li­chen und recht­li­chen Grün­den der Be­ru­fungs­klä­ger das an­ge­foch­te­ne Ur­teil für un­rich­tig hal­te, ha­be die­ser die­je­ni­gen Punk­te recht­li­cher Art dar­zu­le­gen, die er als un­zu­tref­fend an­se­he, und da­zu die Grün­de an­zu­ge­ben, aus de­nen er die Feh­ler­haf­tig­keit die­ser Punk­te und de­ren Ent­schei­dungs­er­heb­lich­keit her­lei­te. Da­bei müs­se die Be­grün­dung auf den kon­kre­ten Fall zu­ge­schnit­ten sein; er­for­der­lich sei ei­ne aus sich her­aus ver­ständ­li­che An­ga­be, wel­che Punk­te des an­ge­foch­te­nen Ur­teils der Be­ru­fungs­klä­ger aus wel­chen Grün­den be­kämp­fe.

Die­sen An­for­de­run­gen ge­nü­ge die Be­ru­fungs­be­grün­dung des Klä­gers nicht, sie sei weit­ge­hend in­halts­leer und set­ze sich nicht mit den Grün­den des an­ge­foch­te­nen Ur­teils aus­ein­an­der. Das Land­ge­richt ha­be ei­ne Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che ge­gen­über der Be­klag­ten zu 1 aus­schlie­ßen­de Kennt­nis des Klä­gers vom Man­gel des Fahr­zeugs i. S. von § 442 I 1 BGB nicht we­gen ei­ner Ad-hoc-Mit­tei­lung der Be­klag­ten zu 5 oder der Me­di­en­be­richt­er­stat­tung an­ge­nom­men, son­dern – wo­mit sich die Be­ru­fungs­be­grün­dung je­doch nicht be­fas­se – al­lein we­gen des im Kauf­ver­trag ent­hal­te­nen aus­drück­li­chen Hin­wei­ses auf die ver­wen­de­te Ma­ni­pu­la­ti­ons­soft­ware. Auf die Kla­ge­ab­wei­sung ge­gen­über den Be­klag­ten zu 2 bis zu 4 ge­he die Be­ru­fungs­be­grün­dung mit kei­nem Wort ein. So­weit das Land­ge­richt An­sprü­che ge­gen die Be­klag­te zu 5 ver­neint ha­be, kom­me es ent­ge­gen der Be­ru­fungs­be­grün­dung nicht dar­auf an, ob der ob­jek­ti­ve und der sub­jek­ti­ve Tat­be­stand der sit­ten­wid­ri­gen vor­sätz­li­chen Schä­di­gung und des Be­trugs nach­träg­lich hät­ten „weg­fal­len“ kön­nen; maß­geb­lich sei wie­der­um viel­mehr, dass der Klä­ger nach Über­zeu­gung des Land­ge­richts Kennt­nis von der ma­ni­pu­lie­ren­den Soft­ware ge­habt ha­be.

Die ge­gen die­sen Be­schluss ge­rich­te­te Rechts­be­schwer­de des Klä­gers hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: [7]    II. Die Rechts­be­schwer­de … führt ge­mäß § 577 IV 1 ZPO zur Auf­he­bung des an­ge­foch­te­nen Be­schlus­ses und zur Zu­rück­ver­wei­sung der Sa­che an das Be­ru­fungs­ge­richt, das über die Be­grün­det­heit der Be­ru­fung zu ent­schei­den ha­ben wird.

[8]    1. Die nach § 574 I 1 Nr. 1, § 522 I 4 ZPO statt­haf­te und auch den Form- und Fris­ter­for­der­nis­sen ge­nü­gen­de Rechts­be­schwer­de ist zu­läs­sig, weil ei­ne Ent­schei­dung des Rechts­be­schwer­de­ge­richts zur Si­che­rung ei­ner ein­heit­li­chen Recht­spre­chung ge­for­dert ist (§ 574 II Nr. 2 ZPO). Die an­ge­foch­te­ne Ent­schei­dung ver­letzt in ent­schei­dungs­er­heb­li­cher Wei­se die Ver­fah­rens­grund­rech­te des Klä­gers auf Ge­wäh­rung recht­li­chen Ge­hörs (Art. 103 I GG) und wir­kungs­vol­len Rechts­schut­zes (Art. 2 I GG i. V. mit dem Rechts­staats­prin­zip). Denn das Be­ru­fungs­ge­richt hat die An­for­de­run­gen an die Dar­le­gung der Be­ru­fungs­grün­de ge­mäß § 520 III 2 ZPO über­spannt und da­durch zu­gleich dem Klä­ger den Zu­gang zu ei­ner in der Ver­fah­rens­ord­nung ein­ge­räum­ten In­stanz in un­zu­mut­ba­rer, aus Sach­grün­den nicht mehr zu recht­fer­ti­gen­der Wei­se er­schwert (vgl. BGH, Beschl. v. 27.05.2021 – III ZB 41/20, ju­ris Rn. 6; Beschl. v. 11.05.2021 – VI­II ZB 50/20, ju­ris Rn. 7 m. w. Nachw.; Beschl. v. 13.04.2021 – VI ZB 50/19, NJW-RR 2021, 789 Rn. 4).

[9]    2. Die Rechts­be­schwer­de ist auch be­grün­det. Das Be­ru­fungs­ge­richt durf­te die Be­ru­fung der Be­klag­ten nicht we­gen un­zu­rei­chen­der Be­grün­dung als un­zu­läs­sig ver­wer­fen.

[10]   a) Zwar hat das Be­ru­fungs­ge­richt im Aus­gangs­punkt noch zu­tref­fend die vom Ge­setz und von der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung auf­ge­stell­ten An­for­de­run­gen an ei­ne Be­ru­fungs­be­grün­dung er­kannt. Nach § 520 III 2 Nr. 2 ZPO muss die­se die Um­stän­de be­zeich­nen, aus de­nen sich nach An­sicht des Be­ru­fungs­klä­gers die Rechts­ver­let­zung und de­ren Er­heb­lich­keit für die an­ge­foch­te­ne Ent­schei­dung er­ge­ben. Da­zu ge­hört ei­ne aus sich her­aus ver­ständ­li­che An­ga­be, wel­che be­stimm­ten Punk­te des an­ge­foch­te­nen Ur­teils der Be­ru­fungs­klä­ger be­kämpft und wel­che tat­säch­li­chen oder recht­li­chen Grün­de er ih­nen im Ein­zel­nen ent­ge­gen­setzt.

[11]   Be­son­de­re for­ma­le An­for­de­run­gen be­ste­hen da­bei nicht; auch ist es für die Zu­läs­sig­keit der Be­ru­fung oh­ne Be­deu­tung, ob die Aus­füh­run­gen in sich schlüs­sig oder recht­lich halt­bar sind. Die Be­ru­fungs­be­grün­dung muss aber auf den kon­kre­ten Streit­fall zu­ge­schnit­ten sein. Es reicht nicht aus, die Auf­fas­sung des Erst­ge­richts mit for­mu­lar­mä­ßi­gen Sät­zen oder all­ge­mei­nen Re­de­wen­dun­gen zu rü­gen oder le­dig­lich auf das Vor­brin­gen ers­ter In­stanz zu ver­wei­sen (st. Rspr.; vgl. et­wa BGH, Beschl. v. 27.05.2021 – III ZB 41/20, ju­ris Rn. 7; Beschl. v. 11.05.2021 – VI­II ZB 50/20, ju­ris Rn. 9; Beschl. v. 21.07.2020 – VI ZB 68/19, WM 2020, 1847 Rn. 10; Beschl. v. 05.08.2021 – III ZB 46/20, ju­ris Rn. 7; je­weils m. w. Nachw.). Da­bei ist stets zu be­ach­ten, dass for­mel­le An­for­de­run­gen an die Ein­le­gung ei­nes Rechts­mit­tels im Zi­vil­pro­zess nicht wei­ter ge­hen dür­fen, als es durch ih­ren Zweck ge­bo­ten ist (vgl. BGH, Beschl. v. 08.06.2021 – VI ZB 22/20, NJW-RR 2021, 1075 Rn. 6; Beschl. v. 07.06.2018 – I ZB 57/17, NJW 2018, 2894 Rn. 10; je­weils m. w. Nachw.).

[12]   Bei meh­re­ren Streit­ge­gen­stän­den oder ei­nem teil­ba­ren Streit­ge­gen­stand muss sich die Be­ru­fungs­be­grün­dung schließ­lich grund­sätz­lich auf al­le Tei­le des Ur­teils er­stre­cken, hin­sicht­lich de­rer ei­ne Ab­än­de­rung be­an­tragt ist; an­dern­falls ist das Rechts­mit­tel für den nicht be­grün­de­ten Teil un­zu­läs­sig (vgl. et­wa BGH, Urt. v. 23.06.2015 – II ZR 166/14, NJW 2015, 3040 Rn. 11; Urt. v. 14.03.2017 – VI ZR 605/15, VersR 2017, 822 Rn. 14; je­weils m. w. Nachw.).

[13]   b) Das Be­ru­fungs­ge­richt hat die­se von ihm zu­tref­fend er­kann­ten Grund­sät­ze im Streit­fall je­doch feh­ler­haft an­ge­wandt, in­dem es die für die Zu­läs­sig­keit der Be­ru­fungs­be­grün­dung zu be­ach­ten­den Er­for­der­nis­se mit der Fra­ge der Schlüs­sig­keit der Be­ru­fungs­an­grif­fe ver­mengt hat. Ent­ge­gen sei­ner Auf­fas­sung wird die Be­ru­fungs­be­grün­dung des Klä­gers den oben be­schrie­be­nen An­for­de­run­gen (noch) ge­recht, da sie hin­rei­chend er­ken­nen lässt, wel­che Grün­de sie den Er­wä­gun­gen des Land­ge­richts ent­ge­gen­set­zen möch­te.

[14]   aa) Zur Ab­wei­sung der ge­gen die Be­klag­te zu 1 ge­rich­te­ten Kla­ge hat das Land­ge­richt aus­ge­führt, ver­trag­li­che (Ge­währ­leis­tungs-)An­sprü­che kä­men nicht in Be­tracht, weil sich aus dem aus­drück­lich auf­ge­nom­me­nen Pas­sus über das Vor­han­den­sein ei­ner den Stick­oxid­aus­stoß „ma­ni­pu­lie­ren­den“ Soft­ware in dem Kauf­ver­trag er­ge­be, dass die Be­klag­te zu 1 den Klä­ger i. S. von § 442 I 1 BGB wirk­sam über die im Mo­tor ver­wen­de­te Soft­ware auf­ge­klärt ha­be. Die­se Klau­sel sei auch nicht über­ra­schend und un­wirk­sam, weil der Klä­ger we­gen der um­fas­sen­den Be­richt­er­stat­tung zur streit­ge­gen­ständ­li­chen Soft­ware ab Sep­tem­ber 2015 und der Ad-hoc-Mel­dung der Be­klag­ten zu 5 zu­min­dest Kennt­nis von den re­le­van­ten Um­stän­den ge­habt ha­be.

[15]   Dem­ge­gen­über ver­tritt die Be­ru­fungs­be­grün­dung die Auf­fas­sung, dass we­der ei­ne po­si­ti­ve Kennt­nis noch ei­ne grob fahr­läs­si­ge Un­kennt­nis des Klä­gers von der Man­gel­haf­tig­keit des Fahr­zeugs bei Ver­trags­schluss i. S. von § 442 I BGB vor­ge­le­gen hät­ten. So­weit sie zu­nächst er­ör­tert, dass sich ei­ne sol­che Kennt­nis des Klä­gers nicht be­reits aus der Ad-hoc-Mit­tei­lung der Be­klag­ten zu 5 vom Sep­tem­ber 2015 und auch nicht aus dem „dif­fu­sen Ver­weis“ auf die im Nach­gang er­folg­ten Be­richt­er­stat­tung in den Me­di­en er­ge­be, geht dies zwar – wie das Be­ru­fungs­ge­richt noch zu Recht an­nimmt – an der Be­grün­dung des Land­ge­richts in­so­weit vor­bei, als des­sen Aus­füh­run­gen dies­be­züg­lich (wohl) al­lein mit Blick auf § 305c I BGB er­folg­ten.

[16]   Wei­ter­hin führt die Be­ru­fungs­be­grün­dung aber aus, dass selbst wenn ge­gen­über dem Klä­ger ei­ne wie auch im­mer ge­ar­te­te „Be­trof­fen­heit“ kom­mu­ni­ziert wor­den wä­re, dies ei­ne Kennt­nis be­zie­hungs­wei­se ei­ne Ent­de­ckung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Man­gels nicht be­grün­den könn­te, und ver­weist in­so­fern auf ei­nen in der An­la­ge bei­ge­füg­ten (nicht ver­öf­fent­lich­ten) Hin­weis­be­schluss des LG Kle­ve vom 25.05.2018. Die­ses Ge­richt hat die vom Käu­fer bei Ver­trags­schluss un­ter­schrie­be­ne Er­klä­rung, „dass der in die­sem Fahr­zeug ein­ge­bau­te Die­sel­mo­tor vom Typ EA189 von ei­ner Soft­ware be­trof­fen ist, die Stick­oxi­de (NOX) im Prüf­stand­lauf op­ti­miert“, für ei­nen Aus­schluss der Ge­währ­leis­tungs­rech­te nach § 442 I BGB ge­ra­de nicht aus­rei­chen las­sen, weil sich hier­aus nicht das er­for­der­li­che Wis­sen von der man­gel­be­grün­den­den Tat­sa­che er­ge­be, dass auf­grund der Soft­ware das Be­ste­hen der Be­triebs­er­laub­nis des Fahr­zeugs zwei­fel­haft sei (vgl. zum Vor­lie­gen ei­nes Sach­man­gels ein­ge­hend Se­nat, Urt. v. 21.07.2021 – VI­II ZR 254/20, ZIP 2021, 1706 Rn. 24 ff., zur Ver­öf­fent­li­chung in BGHZ vor­ge­se­hen). Auch zu wei­te­ren ei­ge­nen Er­kun­di­gun­gen sei ein Käu­fer auf­grund ei­ner sol­chen Er­klä­rung nicht ver­pflich­tet (§ 442 I 2 BGB), da sie den An­schein ei­ner im Volks­wa­gen-Kon­zern be­kann­ten Pro­ble­ma­tik er­we­cke, an de­ren Lö­sung ge­ar­bei­tet wer­de.

[17]   Der Ver­weis auf ei­ne an­de­re Ge­richts­ent­schei­dung al­lein reicht zwar in al­ler Re­gel für ei­ne aus­rei­chen­de Be­grün­dung i. S. von § 520 III 2 Nr. 2 ZPO nicht aus (BGH, Beschl. v. 21.07.2020 – VI ZB 7/20, NJW 2020, 3728 Rn. 10). Hier je­doch liegt dem in Be­zug ge­nom­me­nen Be­schluss des LG Kle­ve ein im We­sent­li­chen glei­cher Sach­ver­halt mit ei­ner weit­ge­hend iden­ti­schen Er­klä­rung zu der im Fahr­zeug ver­wen­de­ten Mo­tor­steue­rungs­soft­ware zu­grun­de. Zu­dem be­fasst sich die ge­nann­te Ent­schei­dung in ers­ter Li­nie mit der vor­lie­gend auch vom Erst­ge­richt als ent­schei­dend er­ach­te­ten Fra­ge, in­wie­weit sich hier­aus ei­ne Kennt­nis des Käu­fers von der Man­gel­haf­tig­keit i. S. von § 442 I BGB er­ge­ben kann. Über­dies hat­te der Klä­ger be­reits in ers­ter In­stanz mit Schrift­satz vom 17.05.2019 – auf den die Be­ru­fungs­be­grün­dung an die­ser Stel­le so­gar aus­drück­lich Be­zug nimmt – auf die­sen Be­schluss ver­wie­sen und er­läu­tert, dass die dort an­ge­stell­ten Er­wä­gun­gen aus sei­ner Sicht auch vor­lie­gend ei­ne Kennt­nis oder grob fahr­läs­si­ge Un­kennt­nis des Klä­gers von der Man­gel­haf­tig­keit des Fahr­zeugs aus­schlös­sen.

[18]   Ins­ge­samt wird da­mit in ei­ner für die Zu­läs­sig­keit der Be­ru­fung hin­rei­chend ver­ständ­li­chen Wei­se deut­lich, aus wel­chen Grün­den der Klä­ger vom Be­ru­fungs­ge­richt die Über­prü­fung der Auf­fas­sung des Land­ge­richts be­gehrt. Die­ser An­griff wird nicht da­durch ent­wer­tet, dass wei­te­re, da­von un­ab­hän­gi­ge An­grif­fe sich nicht auf den In­halt des an­ge­foch­te­nen Ur­teils be­zie­hen oder sich in in­halts­lee­ren All­ge­mein­plät­zen er­schöp­fen (vgl. BGH, Beschl. v. 13.04.2021 – VI ZB 50/19, NJW-RR 2021, 789 Rn. 11). Ob das Vor­brin­gen der Be­ru­fungs­be­grün­dung (zum Feh­len ei­ner Kennt­nis vom Vor­han­den­sein ei­nes Man­gels) recht­lich halt­bar oder gar schlüs­sig ist, ist al­lein ei­ne Fra­ge der Be­grün­det­heit der Be­ru­fung.

[19]   bb) Wei­ter ist hin­rei­chend klar er­kenn­bar, dass der Klä­ger mit sei­ner Be­ru­fung aus dem­sel­ben Grund (Ver­nei­nung der Kennt­nis vom Vor­han­den­sein ei­nes Sach­man­gels) gleich­falls das kla­ge­ab­wei­sen­de Ur­teil ge­gen die Be­klag­ten zu 2 bis zu 4 an­grei­fen möch­te, auch wenn er dies – über sei­ne „die Be­klag­ten­par­tei­en“ be­tref­fen­den An­trä­ge hin­aus – in der Be­ru­fungs­be­grün­dung nicht noch ein­mal aus­drück­lich aus­führt. So­wohl die Par­tei­en als auch das Land­ge­richt sind wäh­rend des ge­sam­ten Rechts­streits er­sicht­lich – eben­falls oh­ne nä­he­re Aus­füh­run­gen – da­von aus­ge­gan­gen, dass sich die Haf­tung der Be­klag­ten zu 2 bis zu 4 als Ge­sell­schaf­ter der Be­klag­ten zu 1 (oHG) aus der ak­zes­s­o­ri­schen Haf­tung nach § 128 HGB er­gibt und da­mit vom Be­ste­hen ei­nes An­spruchs ge­gen die Be­klag­te zu 1 ab­hängt.

[20]   cc) Ent­ge­gen der An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts ist schließ­lich auch in Be­zug auf die Ab­wei­sung der Kla­ge ge­gen die Be­klag­te zu 5 er­kenn­bar, wel­che Grün­de der Klä­ger den Er­wä­gun­gen des Land­ge­richts ent­ge­gen­setzt.

[21]   Das Land­ge­richt hat aus­ge­führt, dass die sich aus dem Kauf­ver­trag und der Me­di­en­be­richt­er­stat­tung er­ge­ben­de Kennt­nis des Klä­gers von der im Fahr­zeug ver­wen­de­ten Soft­ware so­wohl ei­ne Täu­schung (§ 823 II BGB i. V. mit § 263 StGB) als auch ei­ne sit­ten­wid­ri­ge Schä­di­gungs­hand­lung (§ 826 BGB) der Be­klag­ten zu 5 ihm ge­gen­über aus­ge­schlos­sen ha­be. Zu­dem ha­be es auch am Schä­di­gungs­vor­satz der Be­klag­ten zu 5 ge­fehlt, da die­se auf­grund der Be­richt­er­stat­tung da­von ha­be aus­ge­hen dür­fen, dass Käu­fer zwi­schen­zeit­lich über die Pro­ble­ma­tik in­for­miert sei­en. Da­mit hat das Erst­ge­richt die Ab­wei­sung der Kla­ge auf meh­re­re von­ein­an­der un­ab­hän­gi­ge, selbst­stän­dig tra­gen­de Er­wä­gun­gen ge­stützt, so­dass die Be­ru­fungs­be­grün­dung je­de die­ser Er­wä­gun­gen in hin­rei­chen­der Wei­se an­grei­fen muss (vgl. et­wa BGH, Beschl. v. 27.10.2020 – VI ZB 6/20, WM 2020, 2290 Rn. 8; Beschl. v. 13.04.2021 – VI ZB 50/19, NJW-RR 2021, 789 Rn. 5; Beschl. v. 23.06.2021 – VII ZB 4/21, ju­ris Rn. 10).

[22]   Dies ist vor­lie­gend ge­sche­hen. Die Be­ru­fungs­be­grün­dung ver­tritt die Auf­fas­sung, dass die Be­klag­te zu 5 als Her­stel­le­rin des Fahr­zeugs so­wohl den ob­jek­ti­ven als auch den sub­jek­ti­ven Tat­be­stand der ihr ge­gen­über gel­tend ge­mach­ten de­lik­ti­schen An­sprü­che be­reits mit In­ver­kehr­brin­gen des Fahr­zeugs im Jahr 2012 ver­wirk­licht ha­be, so­dass ih­re Haf­tung nach­träg­lich nicht mehr „weg­fal­len“ kön­ne, son­dern ein Scha­den nur dann aus­ge­schlos­sen wä­re, wenn der Klä­ger (bei Ver­trags­ab­schluss) von der de­lik­ti­schen Pflicht­ver­let­zung der Be­klag­ten zu 5 ge­wusst hät­te. Ei­ne ent­spre­chen­de Kennt­nis ver­neint die Be­ru­fungs­be­grün­dung je­doch, wo­bei sie sich er­kenn­bar auf ih­re vor­he­ri­gen, die Be­klag­te zu 1 be­tref­fen­den Aus­füh­run­gen (zu § 442 I BGB) be­zieht. Mit die­ser Rechts­auf­fas­sung greift die Be­ru­fung bei­de selbst­stän­dig tra­gen­den Er­wä­gun­gen des Land­ge­richts glei­cher­ma­ßen an. Ob die­se An­grif­fe auch un­ter ma­te­ri­ell-recht­li­chen Ge­sichts­punk­ten Er­folg ha­ben (vgl. nur BGH, Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 5/20, NJW 2020, 2798; Urt. v. 23.03.2021 – VI ZR 1180/20, WM 2021, 986 Rn. 10), ist im Rah­men von § 520 III 2 Nr. 2 ZPO oh­ne Be­deu­tung.

[23]   3. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat so­mit zu Un­recht die Be­ru­fung des Klä­gers als un­zu­läs­sig ver­wor­fen. Es wird sich da­her im Rah­men der Prü­fung der Be­grün­det­heit der Be­ru­fung da­mit zu be­fas­sen ha­ben, ob – wo­für ei­ni­ges spre­chen könn­te – die gel­tend ge­mach­ten Ge­währ­leis­tungs- und Scha­dens­er­satz­an­sprü­che auf­grund der Kennt­nis des Klä­gers von der den Stick­oxid­aus­stoß ma­ni­pu­lie­ren­den Soft­ware be­zie­hungs­wei­se auf­grund des Er­werbs­zeit­punkts aus­ge­schlos­sen sind.

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