1. Die Volkswagen AG schuldet dem Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Neu- oder Gebrauchtwagens auch dann noch gemäß §§ 826, 31 BGB Schadensersatz, wenn dieser Anspruch nach §§ 195, 199 I BGB verjährt ist. Das ergibt sich aus § 852 Satz 1 BGB, der nicht zugunsten der Volkswagen AG teleologisch zu reduzieren ist (im Anschluss an OLG Oldenburg, Urt. v. 02.03.2021 – 12 U 161/20, BeckRS 2021, 3326 Rn. 32 ff.; OLG Stuttgart, Urt. v. 09.03.2021 – 10 U 339/20, BeckRS 2021, 5075 Rn. 52).
  2. Nach § 852 Satz 1 BGB ist der Ersatzpflichtige, der durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt hat, auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Dieser Anspruch verjährt zehn Jahre nach seiner Entstehung (§ 852 Satz 2 BGB).
  3. § 852 Satz 1 BGB lässt den deliktischen Charakter des Anspruchs (hier: aus § 826 BGB) unberührt. Die Vorschrift enthält keine Rechtsgrundverweisung auf die §§ 812 ff. BGB, sondern eine bloße Rechtsfolgenverweisung auf die §§ 818 ff. BGB (vgl. BGH, Urt. v. 14.02.1978 – X ZR 19/76, BGHZ 71, 86 = NJW 1978, 1377, 1379 f. – Fahrradgepäckträger II).

LG Trier, Urteil vom 28.04.2021 – 5 O 545/20

Sachverhalt: Der Kläger nimmt die beklagte Volkswagen AG im Zusammenhang mit dem VW-Abgasskandal auf Schadensersatz in Anspruch.

Er erwarb für 20.700 € einen gebrauchten VW Golf mit einer Laufleistung von 11.856 km. Dieses Fahrzeug, das dem Kläger am 10.07.2013 übergeben wurde, ist mit einem 2,0-Liter-Dieselmotor des Typs EA189 ausgestattet. Seine Schadstoffemissionen sollen die Grenzwerte der seinerzeit geltenden Euro-5-Abgasnorm nicht überschreiten, wenn sie – wie vorgesehen – unter den Bedingungen des „Neuen Europäischen Fahrzyklus“ (NEFZ) auf einem Rollenprüfstand ermittelt werden.

Bei einem Fahrzeug, das mit einem EA189-Motor ausgestattet ist, erkannte eine Software, ob das Fahrzeug zur Ermittlung seiner Schadstoffemissionen auf einem Rollenprüfstand den „Neuen Europäischen Fahrzyklus“ absolviert. In diesem Fall wurde ein besonderer Betriebsmodus („Modus 1“) aktiviert, in dem die Abgasrückführungsrate höher und in dem deshalb der Stickoxid(NOX)-Ausstoß deutlich geringer war als in dem Betriebsmodus, der außerhalb des Rollenprüfstands – beim gewöhnlichen Betrieb des Fahrzeugs im Straßenverkehr – aktiv war („Modus 0“) .

Das Kraftfahrt-Bundesamt wertet diese Steuerung als unzulässige Abschalteinrichtung i. S. von Art. 3 Nr. 10, Art. 5 II 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007. Es erließ gegen die Beklagte im Oktober 2015 einen Bescheid mit nachträglichen Nebenbestimmungen zur Typgenehmigung (§ 25 II EG-FGV), um die Vorschriftsmäßigkeit der bereits im Verkehr befindlichen, vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge zu gewährleisten. Infolge dieses Bescheids rufen die zum Volkswagen-Konzern gehörenden Unternehmen die Fahrzeuge mit EA189-Motor in die Werkstätten zurück, um sie technisch zu überarbeiten. Fahrzeuge mit einem 2,0-Liter-Motor erhalten ein Softwareupdate, nach dessen Installation nur noch ein (veränderter) Betriebsmodus existiert. Dieses Update wurde vom Kraftfahrt-Bundesamt für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp freigegeben.

Der Kläger lastet der Beklagten an, ihn betrogen und in sittenwidriger Weise vorsätzlich geschädigt zu haben. Er forderte die Beklagte mit Schreiben seiner späteren Prozessbevollmächtigten vom 19.11.2020 – erfolglos – auf, seine Schadensersatzansprüche anzuerkennen.

Mit seiner Klage hat der Kläger die Beklagte auf Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises (20.700 €) nebst Rechtshängigkeitszinsen und abzüglich einer nach einer vorgegebenen Formel zu berechnenden Nutzungsentschädigung, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Pkw, in Anspruch genommen. Außerdem hat er die Feststellung begehrt, dass die Beklagte mit der Annahme des Fahrzeugs in Verzug sei, und von der Beklagten den Ersatz außergerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten (1.744,64 € nebst Zinsen) verlangt.

Der Kläger hat geltend gemacht, er sei beim Erwerb des Pkw getäuscht worden. Hätte er gewusst, dass darin eine unzulässige Abschalteinrichtung installiert sei, dann er vom Kauf des VW Golf Abstand genommen. Die Beklagte habe Kaufinteressenten in den Fahrzeugprospekten falsch informiert; insbesondere habe sie dort fälschlich behauptet, dass das Fahrzeug die einschlägigen Emissionsgrenzwerte einhalte. Tatsächlich sei das nicht der Fall gewesen, sodass für den Fahrzeugtyp keine Typgenehmigung erteilt worden wäre, wenn die Behörden seinerzeit Kenntnis von der unzulässigen Abschalteinrichtung gehabt hätten. Die erteilte Typgenehmigung sei ungültig bzw. erloschen und könne auch durch eine technische Überarbeitung des Fahrzeugs nicht wiederhergestellt werden. Dies gelte umso mehr, als mit dem von der Beklagten entwickelten Softwareupdate eine unzulässige Abschalteinrichtung in Gestalt eines „Thermofensters“ installiert werde: Nach der Installation des Updates arbeite die Abgasrückführung nur ober- und unterhalb bestimmter Außentemperaturen uneingeschränkt. Auch die ihm, dem Kläger, ausgehändigte Übereinstimmungsbescheinigung sei inhaltlich falsch und ungültig.

Die Unternehmensleitung der Beklagten – so hat der Kläger behauptet –, insbesondere Mitglieder ihres Vorstands, hätten von der in Rede stehenden Software und ihrer Funktionsweise gewusst.

Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben, der der Kläger entgegengetreten ist. Hilfsweise hat sich der Kläger auf § 852 BGB berufen und behauptet, der Beklagten sei der vom Erstkäufer seines Fahrzeugs gezahlte Kaufpreis abzüglich einer Händlermarge, die üblicherweise 15 % betrage, zugeflossen.

Im Übrigen hat die Beklagte eine Täuschung des Klägers in Abrede gestellt. Sie habe auch nicht sittenwidrig gehandelt, insbesondere nicht zum Nachteil des Klägers. Dessen Fahrzeug halte die Euro-5-Emissionsgrenzwerte nach wie vor ein. Insoweit sei der Schadstoffausstoß des Pkw im normalen Fahrbetrieb (Realbetrieb) irrelevant, denn die Grenzwerte müssten ausschließlich dann eingehalten werden, wenn der Schadstoffausstoß unter den besonderen Bedingungen des „Neuen Europäischen Fahrzyklus“ auf einem Prüfstand gemessen werde. Insofern enthielten ihre – der Beklagten – Produktbeschreibungen keine irreführenden Angaben.

Die für den Fahrzeugtyp erteilte EG-Typgenehmigung – so hat die Beklagte geltend gemacht – sei wirksam und bleibe dies auch.

Der Kläger sei auch keinem Irrtum erlegen, weil er sich vor dem Erwerb des Fahrzeugs nicht mit dessen Abgasverhalten und dem NOX-Ausstoß auseinandergesetzt habe. Der Kläger hätte den Pkw allerdings auch dann erworben, wenn er über die Funktionsweise der „Umschaltlogik“ aufgeklärt worden wäre. Abgesehen davon sei dem Kläger kein Schaden entstanden, weil er den Pkw uneingeschränkt nutzen könne und der Wert des Fahrzeugs nicht gemindert sei. Jedenfalls nach Installation des Softwareupdates, die einen Kostenaufwand von deutlich weniger als 100 € erfordere, habe der Kläger für Beanstandungen keinen Grund mehr. Das Update habe keine negativen Auswirkungen auf den Betrieb oder die Haltbarkeit des Fahrzeugs, und es verbleibe kein merkantiler Minderwert.

Die Klage hatte überwiegend Erfolg.

Aus den Gründen: I. Die Klage ist zulässig.

Das LG Trier ist gemäß § 32 ZPO (Gerichtsstand der unerlaubten Handlung) auch für die gegen die Beklagte gerichtete Klage örtlich zuständig. Dazu reicht es aus, dass in der Klageschrift die besonderen Voraussetzungen dafür schlüssig vorgetragen wurden. Ob die Beklagte tatsächlich aus einer unerlaubten Handlung zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat die Kammer im Rahmen der Begründetheit der Klage zu entscheiden (BGH, Urt. v. 25.11.1993 – IX ZR 32/93, BGHZ 124, 237, 240 f.).

Gemäß § 32 ZPO ist für Klagen aus unerlaubten Handlungen (auch) das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Das ist jeder Ort, an dem nur eines der wesentlichen Tatbestandsmerkmale der unerlaubten Handlung verwirklicht wurde, insbesondere auch der Erfolgsort. Bei einem Betrug ist der Erfolgsort dort, wo die Täuschungshandlung einen Irrtum erregt bzw. die schädigende Vermögensverfügung ausgelöst hat (BGH, Urt. v. 25.11.1993 – IX ZR 32/93, BGHZ 124, 237, 245). Gehört zum Tatbestand der unerlaubten Handlung der Eintritt eines Vermögensschadens, ist Erfolgsort insoweit der Sitz des Geschädigten. Das ist regelmäßig, so auch in diesem Fall, der Wohnsitz der klagenden Partei.

II. Die Klage ist überwiegend begründet.

Die Beklagte ist gemäß §§ 826, 31, 831 BGB verpflichtet, dem Kläger Schadensersatz zu leisten.

1. Die Beklagte hat die Personen, die sich für den Kauf eines Pkw mit einem von ihr entwickelten Motor der Baureihe EA189 interessierten, durch aktives Handeln getäuscht, indem sie die damit ausgerüsteten Fahrzeuge in den Verkehr brachte oder durch eine mit ihr im Konzern verbundene Gesellschaft in den Verkehr bringen ließ.

Ein Hersteller, der ein Kraftfahrzeug in Verkehr bringt, gibt konkludent die Erklärung ab, dass der Einsatz des Fahrzeugs entsprechend seinem Verwendungszweck im Straßenverkehr uneingeschränkt zulässig ist. Der Hersteller bringt insoweit zum Ausdruck, dass das Fahrzeug entsprechend seinem objektiven Verwendungszweck nicht nur im Straßenverkehr eingesetzt werden kann, sondern auch eingesetzt werden darf, das heißt über eine uneingeschränkte Betriebserlaubnis verfügt, deren Fortbestand nicht aufgrund bereits bei Auslieferung des Fahrzeugs dem Hersteller bekannter konstruktiver Eigenschaften gefährdet ist. Das setzt voraus, das nicht nur die erforderlichen Zulassungs- und Genehmigungsverfahren formal erfolgreich durchlaufen wurden, sondern auch, dass die für den Fahrzeugtyp erforderliche EG-Typengenehmigung nicht durch eine Täuschung des zuständigen Kraftfahrt-Bundesamtes erschlichen worden ist und das Fahrzeug den für deren Erhalt und Fortdauer einzuhaltenden Vorschriften tatsächlich entspricht (OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019 – 5 U 1318/18, NJW 2019, 2237 Rn. 18; bestätigt durch BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316).

Diesen Anforderungen entsprach das von dem Kläger erworbene Fahrzeug nicht. Tatsächlich war der Motor nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft.

Ausweislich des bestandskräftigen Bescheids des Kraftfahrt-Bundesamtes liegt bei dem Motor des Typs EA189 eine unzulässige Abschalteinrichtung nach Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2017 vor. Das entspricht auch der Rechtsauffassung des BGH (Hinweisbeschl. v. 08.01.2019 – VIII ZR 225/17, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316).

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte den Motor der Baureihe EA189 mit einer Software zur Motorsteuerung ausrüsten lassen, die zwei Betriebsmodi und darunter einen im Sinne der Abgasrückführung optimierten Betriebsmodus vorsah. Bei der in dem Abgasrückführungssystem eingebauten Software handelt es sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung mit der Folge, dass den mit diesen Motoren ausgerüsteten Fahrzeugen die EG-Typgenehmigung zu versagen gewesen wäre. Im „Neuen Europäischen Fahrzyklus“ (NEFZ) wurde in einem „Modus 1“ eine höhere Abgasrückführung eingeschaltet, die bewirkte, dass dem eigentlichen Emissionskontrollsystem Abgase mit einem von vornherein niedrigeren Gehalt an Stickoxiden (NOX) zugeführt wurden. Es war nicht vorgesehen, dass dieser schadstoffarme Modus, mit dem allein die Werte der Euro-5-Norm erreicht werden konnten, unter irgendwelchen Bedingungen im praktischen Fahrbetrieb zum Einsatz kommen sollte. Vielmehr sollten die Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr ausschließlich im stickoxidreicheren (aber partikelärmeren) „Modus 0“ betrieben werden. Auf dieser Grundlage wurden die Typgenehmigungen der so ausgerüsteten Fahrzeuge erwirkt, ohne die dafür zuständige Behörde hiervon in Kenntnis zu setzen. Darin allein liegt mit Rücksicht auf die daraus folgende Rechtsunsicherheit für die Typgenehmigung und die Betriebszulassung der entsprechend ausgerüsteten Fahrzeuge ein gravierender Mangel (§ 434 I 2 BGB; OLG Köln, Beschl. v. 03.01.2019 – 18 U 70/18).

Soweit Art. 5 II 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 in bestimmten Fällen die Verwendung von Abschalteinrichtungen gestattet, liegen die hierfür erforderlichen (engen) Voraussetzungen nicht vor. Die vorgesehenen Ausnahmen kommen – nicht zuletzt aufgrund des in Art. 5 I der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ausdrücklich benannten Regelungszwecks dieser Vorschrift – von vornherein nicht in Betracht, wenn die betreffende Abschalteinrichtung gerade dazu dient, bei erkanntem Prüfbetrieb ein vom Echtbetrieb abweichendes Emissionsverhalten des Fahrzeugs herbeizuführen, um auf diese Weise die Einhaltung der (andernfalls nicht erreichten) Emissionsgrenzwerte sicherzustellen (OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019 – 5 U 1318/18, NJW 2019, 2237 Rn. 25).

Neben der Genehmigungsbehörde und den unmittelbaren Vertragspartnern der Beklagten (Kraftfahrzeughändlern) wurden auch deren Kunden getäuscht. Wer ein Fahrzeug erwirbt, um dieses im Straßenverkehr zu verwenden, vertraut darauf, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden, wovon die erteilte Typgenehmigung zeugt. Der Kunde weiß, dass der Konstrukteur bzw. Hersteller eines Fahrzeugs kraft seiner Fachkenntnis ihm gegenüber zwangsläufig über einen Wissensvorsprung verfügt. Da der Kunde einen Einblick in die technischen Vorgänge nicht haben kann, bringt er denjenigen, die für die Entwicklung und Zulassung der Fahrzeuge verantwortlich sind, ein besonderes Vertrauen entgegen, das sich auch in der Markenauswahl beim Erwerb eines Fahrzeugs niederschlägt. Dies hat die Beklagte zu ihrem wirtschaftlichen Vorteil ausgenutzt (BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316; OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019 – 5 U 1318/18, NJW 2019, 2237 Rn. 33).

2. Das Verhalten der Beklagten ist sittenwidrig i. S. des § 826 BGB.

Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde vertragliche Pflichten oder das Gesetz verletzt oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (st. Rspr.; BGH, Urt. v. 19.11.2013 – VI ZR 336/12, NJW 2014, 383 Rn. 9; Urt. v. 28.06.2016 – VI ZR 536/15, NJW 2017, 250 Rn. 16).

Die besondere Verwerflichkeit liegt in der rücksichtslos angestrebten Profitmaximierung, der Intensität und der Dauer der Täuschung gegenüber den staatlichen Genehmigungsbehörden, Wettbewerbern, unmittelbaren Vertragspartnern und Endverbrauchern (BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316; OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019 – 5 U 1318/18, NJW 2019, 2237 Rn. 35 ff.). Es ist auch besonders verwerflich, den Einzelnen in dem Glauben zu lassen, positiver als andere einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten, während genau das Gegenteil der Fall ist.

Die Beklagte hat die Behörden und die Öffentlichkeit auch nicht aus eigenem Antrieb aufgeklärt, sondern erst zu einem Zeitpunkt, als die Beweislage erdrückend wurde.

Schließlich sind die Folgen für die Endkäufer gravierend, weil ihnen ohne die in ihren konkreten Folgen umstrittene Reparaturmaßnahme die behördliche Stilllegung ihres Fahrzeugs droht, welches dann überhaupt nicht mehr bestimmungsgemäß eingesetzt werden darf. Die Investition in ein Kraftfahrzeug ist für die meisten Käufer, gleich ob es sich um ein Unternehmen oder um einen Verbraucher handelt, von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Die Anschaffungskosten werden regelmäßig entweder jahrelang angespart oder im Wege einer auf mehrere Jahre angelegten Finanzierung aufgebracht (oder durch eine Mischung beider Modelle).

Das an sich erlaubte Ziel der Erhöhung des Gewinns wird auch im Verhältnis zu dem Käufer eines der betroffenen Fahrzeuge dann verwerflich, wenn es auf der Grundlage einer strategischen Unternehmensentscheidung durch arglistige Täuschung der zuständigen Typgenehmigungs- und Marktüberwachungsbehörde – des Kraftfahrt-Bundesamtes (§ 2 I EG-FGV) – erreicht werden soll und dies mit einer Gesinnung verbunden ist, die sich sowohl im Hinblick auf die für den einzelnen Käufer möglicherweise eintretenden Folgen und Schäden als auch im Hinblick auf die insoweit geltenden Rechtsvorschriften, insbesondere zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und der Umwelt, gleichgültig zeigt. Ein solches Vorgehen verstößt derart gegen die Mindestanforderungen im Rechts- und Geschäftsverkehr auf dem hier betroffenen Markt für Kraftfahrzeuge, dass ein Ausgleich der bei den einzelnen Käufern verursachten Vermögensschäden geboten erscheint (vgl. auch BGH, Urt. v. 19.07.2004 – II ZR 402/02, BGHZ 160, 149, 157). Gerade wenn die Käufer sich keine konkreten Vorstellungen über die Rechtsbeständigkeit der Typgenehmigung und die Erfüllung der gesetzlichen Abgasgrenzwerte machten, war das Inverkehrbringen der Fahrzeuge unter diesen Umständen sittenwidrig und stand wertungsmäßig einer unmittelbaren arglistigen Täuschung der Käufer gleich (BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 23; vgl. auch Heese, JZ 2020, 178, 179 f.).

Schadensersatzansprüche stehen auf der Grundlage des § 826 BGB nicht nur Käufern eines Neu-, sondern ebenso solchen eines Gebrauchtwagens gegen die Beklagte zu, wenn das erworbene Fahrzeug mit einem Dieselmotor der Baureihe EA189 ausgerüstet ist (BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 25, ebenso OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019 – 5 U 1318/18, NJW 2019, 2237 Rn. 34; Urt. v. 16.09.2019 – 12 U 61/19, BeckRS 2019, 21606; Urt. v. 25.10.2019 – 3 U 819/19, BeckRS 2019, 30991 Rn. 68; OLG Karlsruhe, Urt. v. 19.11.2019 – 17 U 146/19, BeckRS 2019, 28963 Rn 46; a. A. OLG Koblenz, Urt. v. 07.11.2019 – 1 U 688/19, BeckRS 2019, 27875 Rn. 59 ff.).

3. Die Beklagte hatte den Vorsatz der sittenwidrigen Schädigung. Die Software wurde bewusst in die Motorsteuerung eingebaut, um die Abgasrückführung beeinflussen zu können und so die Typgenehmigung zu erhalten. Einen anderen Zweck hatte ihre Verwendung nicht. Dabei wurde bewusst in Kauf genommen, dass eine Entdeckung der verwendeten Software dazu führen würde, dass die Betriebserlaubnis der betroffenen Fahrzeuge würde erlöschen können (BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 63). Die Beklagte hat dabei das Risiko der darin liegenden Schädigung der Kunden als möglich erkannt und dennoch billigend in Kauf genommen. Das ergibt sich auch aus dem Umstand, dass der feststellende Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes hingenommen wurde. Da die Beklagte wusste, dass sie die Typgenehmigung erhalten hatte, obwohl deren Voraussetzungen nicht erfüllt waren, musste sie ein Entdeckungsrisiko fürchten. Dabei ist nicht erklärlich, warum die Beklagte die Vorgänge überhaupt geheim gehalten hat, wenn sie ihr Vorgehen als rechtmäßig eingeordnet hätte. Im Gegenteil begründet gerade dies eine Vermutung für ein vorsätzliches Vorgehen. Die Beklagte hat auch die Folgen ihres Handelns jedenfalls billigend in Kauf genommen. Da die Behörden bei der Erteilung der Typgenehmigung getäuscht worden waren, konnten die Kunden davon ausgehen ein Fahrzeug zu erhalten, das den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Dass im Falle der Entdeckung der Täuschung seitens des Kraftfahrt-Bundesamtes Maßnahmen ergriffen werden mussten, musste der Beklagten klar sein, und es war ihr klar. Anders ist ihr Verhalten nach der Entdeckung nicht zu verstehen. Das Kraftfahrt-Bundesamt als zuständige Behörde konnte ein gegen die gesetzlichen Regelungen verstoßendes Verhalten, das noch dazu einen Kernbereich seiner Aufgabe betrifft, nicht einfach hinnehmen. Die Beklagte musste davon ausgehen, dass das Kraftfahrt-Bundesamt in diesem Fall entweder die Typgenehmigung widerrufen oder aber Maßnahmen anordnen würde, um einen gesetzmäßigen Zustand der Fahrzeuge zu erreichen. Damit musste sie zwangsläufig davon ausgehen, dass dem Fahrzeug eine Betriebsuntersagung drohte, wenn dem nicht nachgekommen werden würde (OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019 – 5 U 1318/18, NJW 2019, 2237 Rn. 48, 49).

4. Der Beklagten ist das Wissen und Wollen der Person, die über den Einsatz der unzulässigen Abschalteinrichtung entschieden hat, nach den Grundsätzen der Repräsentantenhaftung entsprechend § 31 BGB zuzurechnen (BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 29 ff.; OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019 – 5 U 1318/18, NJW 2019, 2237 Rn. 50 ff.; OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019 – 13 U 149/18, juris Rn. 67 ff.). Die klagende Partei hat schlüssig vorgetragen, dass der Leiter der Entwicklungsabteilung der Beklagten und deren Vorstand Kenntnis von dem Einbau der Steuerung der Abgasrückführung gehabt haben, deren einziger Zweck darin bestand, die Genehmigungs- und Zulassungsbehörden, den Kraftfahrzeughandel und die Endkäufer über die tatsächlichen, rechtswidrigen Emissionseigenschaften der Fahrzeuge zu täuschen. Es handelt sich dabei um eine strategische unternehmerische Entscheidung, die nicht ohne Wissen und Billigung der Leitungs- und Vorstandsebene der Beklagten getroffen worden sein kann (BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 39).

5. Der Schaden des Klägers liegt im Abschluss des streitgegenständlichen Kaufvertrags und damit dem Eingehen einer Verbindlichkeit, die die klagende Partei bei Kenntnis der Sachlage nicht übernommen hätte (BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 44 ff.; OLG Koblenz, Urt. v. 12.06.2019 – 5 U 1318/18, NJW 2019, 2237 Rn. 65 ff.). Dafür spricht zugunsten der klagenden Partei der Beweis des ersten Anscheins. Kein vernünftiger Käufer erwirbt einen Pkw, der von einer Stilllegung bedroht ist. Die Maßnahmen zur Nachrüstung, mit der die Beklagte nunmehr die regelwidrige Steuerung der Abgasrückführung beseitigt, waren zum Zeitpunkt des Kaufs noch nicht entwickelt worden.

6. Der Anspruch ist teilweise verjährt.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre (§ 195 BGB) und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 I Nr. 1 und Nr. 2 BGB). Die Beweislast der Kenntnis bzw. grob fahrlässigen Unkenntnis des Gläubigers liegt beim Schuldner (Palandt/​Ellenberger, BGB, 80. Aufl., § 199 Rn. 50).

Die Beklagte hat am 22.09.2015 in einer Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG über Unregelmäßigkeiten der verwendeten Software bei Dieselmotoren des Typs EA189 informiert. Am 15.10.2015 gab sie eine Pressemitteilung ab, in der sie über den Zeit- und Maßnahmenplan des Kraftfahrt-Bundesamtes und über den bevorstehenden Rückruf informierte. Anfang Oktober 2015 schuf sie die Möglichkeit, auf ihrer Internetseite eine Fahrzeug-Identifizierungsnummer einzugeben und auf diese Weise festzustellen, ob ein konkretes Fahrzeug mit der beanstandeten Umschaltlogik ausgestattet ist.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger bereits in diesem Zusammenhang Kenntnis davon erlangte, dass das von ihm erworbene Fahrzeug von diesen Vorgängen betroffen ist, oder ob ihm das infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist (§ 199 I Nr. 2 BGB).

Die Beklagte und die in dem Konzern verbundenen weiteren Kraftfahrzeughersteller verschickten im Lauf des Jahres 2016 Mitteilungen an die Halter der mit einem Motor der Baureihe EA189 ausgerüsteten Kraftfahrzeuge. Darin wurden sie über die Servicemaßnahme (in der Regel ein Softwareupdate) informiert und aufgefordert, diese in einer Fachwerkstatt der betreffenden Marke ausführen zu lassen. Spätestens mit dem Zugang dieses Schreiben konnte sich auch der Kläger nicht ohne grobe Fahrlässigkeit der Erkenntnis verschließen, dass das streitgegenständliche Fahrzeug mit einer Einrichtung ausgestattet war, die die Stickoxidemissionen speziell auf dem Prüfstand reduzierte.

Damit begann die Verjährung spätestens am 01.01.2017 und endete am 31.12.2019. Die Klageschrift ist erst danach, nämlich am 11.12.2020, beim Gericht eingegangen. Die Verjährung konnte dadurch nicht mehr gehemmt werden.

7. Ein Teil des der klagenden Partei zustehenden Schadensersatzanspruchs ist aber gemäß § 852 Satz 1 BGB noch nicht verjährt.

Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Dieser Anspruch verjährt erst nach Ablauf von zehn Jahren von seiner Entstehung an (§ 852 Satz 2 BGB). Auf die Frage der Kenntnis oder grobfahrlässigen Unkenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

Die Beklagte hat die klagende Partei durch eine unerlaubte Handlung geschädigt. Sie hat dadurch auch etwas auf seine Kosten erlangt.

Die Rechtsprechung zu dieser Frage ist uneinheitlich.

Der 19. Zivilsenat des OLG Frankfurt a. M. ist der Auffassung, dass die Beklagte im Ergebnis nichts auf Kosten des jeweiligen Fahrzeugkäufers erlangt habe. Zudem müsse der Anwendungsbereich des § 852 BGB teleologisch reduziert werden. Geschädigte, die sich einer Musterfeststellungsklage hätten anschließen können, dürften sich nicht auf diese Vorschrift berufen (OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 21.01.2021 – 19 U 170/20, juris Rn. 15 ff.). Der Senat bezieht sich dabei auf einen Aufsatz von Martinek (jM 2021, 56), der den Inhalt seines von der Beklagten in diesem Rechtsstreit vorgelegten Rechtsgutachtens in komprimierter Form wiedergibt.

Der 2. Zivilsenat des OLG Oldenburg vertritt die Auffassung, dass der Schaden des Fahrzeugkäufers nur darin liege, eine ungewollte Verbindlichkeit eingegangen zu sein. Die Beklagte habe aber nichts auf seine Kosten erlangt, weil ihm ein wirtschaftlicher Schaden nicht entstanden sei (OLG Oldenburg, Hinweisbeschluss vom 05.01.2021 – 2 U 168/20, BeckRS 2021, 1641 Rn. 16 ff.). Der Vorteil, den die Beklage aus dem Geschäft gezogen habe, könne jedenfalls nur in ihrer Gewinnmarge bestehen. Dieser Betrag werde von der Entschädigung für den Nutzungswert aufgezehrt, die sich die klagende Partei anrechnen lassen müsse (OLG Oldenburg, Beschl. v. 21.01.2021 – 2 U 168/20, BeckRS 2021, 1642 Rn. 9 ff.).

Das LG Osnabrück hat Ersatzansprüche eines Klägers abgelehnt, weil das streitgegenständliche Fahrzeug als Gebrauchtwagen erworben wurde. Dann sei die Beklagte durch den Fahrzeugkauf nicht bereichert (LG Osnabrück, Urt. v. 03.07.2020 – 6 O 842/20, BeckRS 2020, 17605 Rn. 40 ff.).

Demgegenüber vertritt das LG Hildesheim die Auffassung, dass die Bereicherung des Schädigers nicht auf einer unmittelbaren Vermögensverschiebung zu seinen Gunsten beruhen müsse. Der Vermögenszuwachs müsse nur durch die unerlaubte Handlung verursacht worden sein und auf den Geschädigten zurückgehen. Beim Weiterverkauf des Fahrzeugs durch den Ersterwerber an die weiteren Käufer des Fahrzeugs werde der Vermögensschaden des Ersterwerbers, dem der Vermögenszufluss aufseiten der Beklagten unmittelbar gegenüberstehe, in der Kette der weiteren Erwerber weitergereicht. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise korrespondiere der dem Letzterwerber entstandene Schaden daher mit dem Vermögenszufluss beim Hersteller (LG Hildesheim, Hinweisbeschl. v. 29.11.2020 – 5 O 183/20, BeckRS 2020, 35828).

Der 12. Zivilsenat des OLG Oldenburg hält den Schadensersatzanspruch einer Fahrzeugkäuferin gemäß § 852 BGB für unverjährt (OLG Oldenburg, Urt. v. 02.03.2021 – 12 U 161/20, BeckRS 2021, 3326 Rn. 32 ff.). Er führt in Abgrenzung zu den vorgenannten Entscheidungen des 2. Zivilsenats aus, dass der verjährte Anspruch als solcher bestehen bleibe und nur in seinem Umfang auf die Höhe der dem Schädiger verbliebenen Bereicherung beschränkt werde. Mit der Vorschrift solle verhindert werden, dass derjenige, der durch die unerlaubte Handlung etwas erworben habe, zulasten des Geschädigten im Genuss des Erlangten bleibe (BGH, Urt. v. 27.05.1986 – III ZR 239/84, BGHZ 98, 77 = juris Rn. 42). Damit komme es auch nicht darauf an, auf welchem Weg sich die durch die unerlaubte Handlung veranlasste Vermögensverschiebung vollzogen habe, namentlich nicht darauf, ob es sich um eine unmittelbare Verschiebung handele. Der Senat bezieht sich dabei ausdrücklich auf die Materialien zum Gesetzgebungsverfahren (BT-Drs. 14/6040, S. 270). Der Senat setzt sich auch mit dem Rechtsgutachten von Prof. Dr. Dr. Martinek auseinander, das die Beklage auch in dem hier von der Kammer zu entscheidenden Rechtsstreit vorgelegt hat. Er wendet sich gegen eine teleologische Reduktion im Hinblick auf die jetzt für geschädigte Verbraucher bestehende Möglichkeit, sich an einem Musterfeststellungsklageverfahren zu beteiligen. Damit werde der Gesetzeszweck der Vorschrift verfehlt, der anerkanntermaßen darin bestehe, dem Täter einer unerlaubten Handlung die Vorteile seiner Tat auch noch nach verjährter Schadensersatzverpflichtung zu entziehen.

Das OLG Stuttgart spricht sich ebenfalls gegen eine teleologische Reduktion des § 852 BGB aus. Weder aus dem Wortlaut noch aus der Begründung des Gesetzes ergäben sich Anhaltspunkte dafür, dass die Norm zugunsten des durch eine unerlaubte Handlung Geschädigten nur dann eingreifen solle, wenn eine Klage innerhalb der Verjährungsfrist für ihn mit Risiken verbunden wäre. Da somit nicht davon ausgegangen werden könne, dass der Wortlaut zu weit gefasst sei, bestehe kein Raum für eine einschränkende Auslegung der Norm (OLG Stuttgart, Urt. v. 09.03.2021 – 10 U 339/20, BeckRS 2021, 5075 Rn. 52).

Die Kammer schließt sich den in jeder Hinsicht überzeugenden Argumentation des 12. Zivilsenats des OLG Oldenburg und des OLG Stuttgart an. Hinzuzufügen ist, dass nichts die Annahme rechtfertigt, der Gesetzgeber habe mit der Einführung der Musterfeststellungsklage die Rechte der Verbraucher beschränken wollen. Das wäre aber mit der von Martinek geforderten „teleologischen Reduktion“ in einschneidendem Ausmaß der Fall.

Die Kammer behandelt das Rechtsgutachten von Martinek als Rechtsvortrag, dessen Absicht und Ziel darin liegt, der Verteidigung der Beklagten in den zahlreichen gegen sie geführten Rechtsstreitigkeiten über EA189-Motoren zum Erfolg zu verhelfen. Es handelt sich um eine wissenschaftliche Arbeit, aber mitnichten um eine objektive. Denn der Gutachter greift sehr naheliegende rechtliche Argumente, die für den Standpunkt der Fahrzeugkäufer sprechen und von ihnen auch vorgebracht werden, gar nicht erst auf.

Es besteht der erforderliche Zusammenhang zwischen dem Vermögensabfluss auf der Seite des Klägers („auf Kosten des Verletzen“) und dem Vermögenszuwachs auf der Seite der Beklagten („durch eine unerlaubte Handlung … etwas erlangt“). Der BGH hat in seiner sogenannten Fahrradgepäckträger-II-Entscheidung klargestellt, dass § 852 BGB a.F. eine unmittelbare Vermögensverschiebung von dem Geschädigten zum Schädiger nicht voraussetzt. Die Vorschrift verweist auf die im Bereicherungsrecht normierten Rechtsfolgen und nicht auf die tatbestandlichen Merkmale der §§ 812 ff. BGB (BGH, Urt. v. 14.02.1978 – X ZR 19/76, BGHZ 71, 86 = NJW 1978, 1377, 1379 f. – Fahrradgepäckträger II). Der Begriff „auf … Kosten erlangt“ stellt nur auf die Handlung ab, durch die die Vermögensverschiebung bewirkt worden ist. Da es eine unerlaubte war, kommt es nicht darauf an, auf welchem Weg sich die dadurch veranlasste Vermögensverschiebung vollzogen hat. Daher ist für die Anspruchsvoraussetzung der §§ 812 ff. BGB in § 852 III BGB a.F. kein Raum. Jene Vorschriften haben insoweit nur die Bedeutung einer Begrenzung des Haftungsumfangs. Bei einer konsequenten Anwendung dieser Rechtsprechung genügt es, dass ein irgendwie gearteter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Vermögensmehrung der beklagten Herstellerin und der Vermögensminderung bei dem klagenden Fahrzeugkäufer besteht. Zwischenschritte auf beiden Seiten lassen diesen Zusammenhang nicht entfallen.

Die Beklagte hat die strategische unternehmerische Entscheidung getroffen, in großem Umfang Fahrzeuge auf den Markt zu bringen, die wegen der zum Zweck der Täuschung der Genehmigungsbehörden eingebauten Abschalteinrichtung überhaupt nicht für den öffentlichen Straßenverkehr hätten zugelassen werden dürfen. Die Auswirkungen dieser unerlaubten, weil vorsätzlich-sittenwidrig schädigenden Handlung enden nicht bei dem Erst- oder Zweiterwerber. Die Beklagte hat deshalb die Geldmittel, die ihr durch den Verkauf des streitgegenständlichen Pkw zugeflossen sind, sehr wohl i. S. des § 852 Satz 1 BGB auf Kosten des Klägers erlangt, der seinerseits einen Geldbetrag in den Kauf eines Fahrzeugs investierte, das er bei Kenntnis der Sachlage wegen des Risikos einer behördlichen Stilllegungsverfügung nicht erworben hätte.

Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte den Zufluss an Geld durch den Verkauf des hergestellten Fahrzeugs an einen Kraftfahrzeughändler erzielt hat. Unbedeutend ist, wie viele Zwischenhändler es gegeben haben mag, bis das Fahrzeug schließlich von dem Kläger gekauft wurde.

Es ist auch unerheblich, ob die klagende Partei den Pkw als Neufahrzeug oder als Gebrauchtwagen gekauft hat (a. A. OLG Stuttgart, Urt. v. 02.02.2021 – 10 U 229/20, BeckRS 2021, 5076 Rn. 50 ff.). Alle Fahrzeughersteller haben beim Absatz ihrer Produkte nicht nur den Neu-, sondern auch den Gebrauchtwagenmarkt im Blick. Eine bekannte Strategie besteht darin, Fahrzeuge mit geringer oder auch gar keiner Laufleistung als sogenannte Tageszulassungen mit großen Abschlägen gegenüber den Listenpreisen auf den Markt zu bringen. Hier kann eine scharfe Grenze zwischen neuen und gebrauchten Fahrzeugen gar nicht mehr gezogen werden.

Aber auch, wenn das Fahrzeug im ursprünglichen Sinn eines Gebrauchtwagengeschäfts von einem Besitzer über eine längere Zeit und Laufleistung genutzt wird, spielt der Wiederverkaufswert für seine Entscheidung zum Erwerb gerade dieses Fahrzeugmodells regelmäßig eine Rolle. Ein Käufer wird umso eher bereit sein, etwas mehr für einen Neuwagen auszugeben, wenn er erwartet, dass er ihn später zu einem verhältnismäßig guten Preis wieder verkaufen kann.

Die Vertriebsorganisation der Beklagten und der weiteren mit ihr in einem Konzern verbundenen Hersteller konzentriert sich keineswegs nur auf den Absatz von Neuwagen. Es ist offenkundig, dass die Beklagte und die mit ihr in einem Konzern verbundenen Hersteller in unterschiedlichen Medien gerade auch den Absatz von Gebrauchtfahrzeugen bewerben. Bestimmten Käufergruppen werden Neufahrzeuge zu besonders günstigen Konditionen angeboten, vorzugsweise zum Leasing, aber auch mit besonderen Rabatten beim Kauf („Flottenrabatt“, „Behördenrabatt“). Dabei wird die Erwartung einkalkuliert, dass mit dem Vertrieb solcher „jungen Gebrauchten“ noch weitere gute Renditen erzielt werden können. Diese kommen mittelbar auch den Fahrzeugherstellern zugute. Ein solcher mittelbarer Zusammenhang reicht aus, um die Ansprüche der klagenden Partei von der kenntnisabhängigen Regelverjährung auszunehmen.

Die Beklagte hat offensichtlich durch den Verkauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs an einen Händler einen Geldbetrag erlöst. Dieser Betrag ist das, was sie durch die unerlaubte Handlung erlangt hat. Die Mehrwertsteuer, die die Beklagte gesondert verbucht und an das Finanzamt abgeführt hat, bleibt dabei außer Betracht, weil die Beklagte darum nicht bereichert ist.

Es ist darüber hinaus offenkundig, dass das Erlangte nicht dem vollen Kaufpreis entspricht, den der Erstkäufer bezahlt hat. Selbst bei Geschäften, bei denen die Beklagte selbst Verkäuferin ist und der Händler nur als Vermittler auftritt, erhält er eine Provision. Die Beklagte ist aber dem Vortrag der klagenden Partei zur Höhe der sogenannten Händlermarge nicht substanziiert entgegengetreten. Die Beklagte trägt nach den von der Rechtsprechung entwickelten Maßstäben (vgl. BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 36 f.) dazu die sekundäre Darlegungslast, der sie nicht nachgekommen ist. Nur die Beklagte kann wissen, was sie durch den Verkauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs an einen Ersterwerber oder Zwischenhändler erhalten hat.

Offenkundig ist auch, dass die bei der Beklagten verbleibende Bereicherung nicht den vollen Kaufpreis umfasst, den sie durch den Verkauf des Fahrzeugs bzw. Motors erhalten hat. Für Entwicklung, Produktion und ggegebenenfalls Vertrieb sind erhebliche Kosten angefallen. Die Kammer sieht sich aber nicht in der Lage, diese pauschal zu bewerten. Es ist vielmehr an der Beklagten, die Tatsachen vorzutragen, die einen Wegfall ihrer Bereicherung i. S. des § 818 III BGB a.F. begründen. Das hat sie nicht getan. Die Beklagte meint im Anschluss an das von ihr selbst in Auftrag gegebene Gutachten von Martinek, es müsse gemäß § 287 ZPO eine pauschalierende Betrachtungsweise angewendet werden. Das ist im Ansatz nicht falsch. Die überwiegende Rechtsprechung arbeitet so zum Beispiel bei der Bemessung des den Fahrzeugkäufern anzurechnenden Nutzungswertersatzes. Es bedarf aber auch dann hinreichender tatsächlicher Anhaltspunkte, die die Beklagte nicht vorlegt. Der Verweis auf die Veröffentlichungen von Forschungsergebnissen eines Dritten reicht nicht aus. Von ihr ist jedenfalls zu erwarten, dass sie ihre eigenen Kalkulationen offenlegt, was sie an einem Fahrzeug des Typs, den der Kläger gekauft hat, im Durchschnitt nach Abzug von Entwicklungs-, Produktions- und Vertriebskosten verdient.

Die Kosten, die bei der Beklagten durch die Entwicklung und Installation der Maßnahmen zur Entfernung der verbotenen Abschalteinrichtung entstanden sind, könnte die Beklagte ohnehin nicht als Minderung ihrer Bereicherung ansetzen. Dem steht § 819 II BGB entgegen (auf diese Vorschrift geht Martinek gar nicht ein). Die Beklagte hat durch den Empfang des Preises aus dem Verkauf des Fahrzeugs an den Erstkäufer gegen die guten Sitten verstoßen. Denn dieser Verkauf ist Teil der unerlaubten Handlung gemäß § 826 BGB. Alles, was die Beklagte nach dem sittenwidrigen Empfang der Leistung investiert haben mag, mindert den unverjährten Teil des Schadensersatzanspruchs nicht.

Die entgegenstehende Argumentation von Martinek, der einmal mehr eine teleologische Reduktion der die Beklagten belastenden Vorschriften fordert, ist für die Kammer nicht einmal ansatzweise nachvollziehbar. Es ist überhaupt kein Grund ersichtlich, warum ausgerechnet derjenige, der einen anderen durch eine unerlaubte Handlung schädigt, nicht der verschärften Haftung unterliegen soll. Die Vorstellung, die Beklagte könne ihren Aufwand für die Beseitigung des von ihr selbst angerichteten Schadens abziehen, weil sie dem „Bereicherungsgläubiger“ dienen und dieser sie letztlich „wollen muss“, ist absurd. Der Gedanke passt nicht. Die Beklagte ist nicht nur einfach ungerechtfertigt bereichert. Um es in Erinnerung zu rufen: sie hat das an sich erlaubte Ziel der Erhöhung des Gewinns auf der Grundlage einer strategischen Unternehmensentscheidung durch arglistige Täuschung der zuständigen Typgenehmigungs- und Marktüberwachungsbehörde – des Kraftfahrt-Bundesamtes (§ 2 I EG-FGV) – erreicht und dies mit einer Gesinnung verbunden, die sich sowohl im Hinblick auf die für den einzelnen Käufer möglicherweise eintretenden Folgen und Schäden als auch im Hinblick auf die insoweit geltenden Rechtsvorschriften, insbesondere zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und der Umwelt, gleichgültig zeigt. Ein solches Vorgehen verstößt derart gegen die Mindestanforderungen im Rechts- und Geschäftsverkehr auf dem hier betroffenen Markt für Kraftfahrzeuge, dass ein Ausgleich der bei den einzelnen Käufern verursachten Vermögensschäden geboten erscheint (BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 23).

8. Als Rechtsfolge des der klagenden Partei zustehenden Schadensersatzanspruchs hat die Beklagte gemäß § 249 I BGB den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre.

Hätte die Beklagte die Motoren nicht mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebracht, ohne darüber aufzuklären, so hätte die klagende Partei das streitgegenständliche Fahrzeug nicht erworben. Sie ist daher berechtigt, den Kaufpreis Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs von der Beklagten ersetzt zu verlangen. Sie muss sich dann aber die Vorteile anrechnen lassen, die sie zwischenzeitlich durch die Nutzung des Pkw erlangt hat.

Es ist nicht geboten, im Hinblick auf die sich als nützliche Folge aus der Kompensation ergebende Prävention die Vorteilsausgleichung grundsätzlich auszuschließen; anderenfalls würde der Ersatzanspruch in die Nähe eines dem deutschen Recht fremden Strafschadensersatzes gerückt (BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 67).

Die Anrechnung von Gebrauchsvorteilen ist der klagenden Partei zuzumuten. Sie hat den streitgegenständlichen Pkw über längere Zeit genutzt und damit im Ergebnis überwiegend das bekommen, was sie bei dem Kauf erwartet hat. Die Auswirkungen des Einbaus der unzulässigen Abschalteinrichtung in die Dieselmotoren der Baureihe EA189 treffen nicht die Käufer der Fahrzeuge, sondern die Personen, die in entsprechend exponierten Lagen den Schadstoffemissionen ausgesetzt sind. Die erst mit geraumer Verzögerung von einigen Verwaltungsbehörden angedrohte Stilllegung kann durch die Installation des Softwareupdates abgewendet werden. Die befürchteten negativen Folgen der Nachrüstung werden die klagende Partei nicht treffen, wenn sie das Fahrzeug der Beklagten gegen Zahlung des ausgeurteilten Betrags aushändigt.

Der europarechtliche Effektivitätsgrundsatz rechtfertigt es nicht, von einem Ersatz des Nutzungswerts abzusehen. Zivilrechtliche Schadensersatzansprüche haben auch nach dem europäischen Gemeinschaftsrecht keinen Strafcharakter. Ob der deutsche Gesetzgeber die Verstöße gegen das europäische Typgenehmigungsrecht mit härteren Strafen hätte bewehren müssen, ist nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits. Es widerspricht nicht dem Gedanken des effektiven Rechtsschutzes, wenn dem Geschädigten die Vorteile, die er aus dem Kauf erlangt hat, schadensmindernd angerechnet werden. Das ist ein prägender Grundsatz des deutschen Schadensersatzrechts. Der Geschädigte wird dadurch keineswegs rechtlos gestellt.

Den Nutzungswert hat die Kammer gemäß § 287 I ZPO zu schätzen.

Sie wendet dazu die in der Rechtsprechung weit verbreitete Methode einer linearen Abschreibung nach Maßgabe der mit dem Pkw zurückgelegten Kilometer an. Die Kammer schätzt die voraussichtliche Gesamtnutzungsdauer des Pkw auf 200.000 bis 300.000 km. Daran ändert es nichts, dass es durchaus eine beträchtliche Anzahl von Fahrzeugen geben mag, die auch eine bedeutend höhere Laufleistung erreichen. Maßgeblich ist nicht, welche Laufleistung ein solches Fahrzeug unter günstigen Bedingungen erreichen könnte. Es kommt darauf an, wann im Durchschnitt damit zu rechnen ist, dass ein solches Fahrzeug nicht mehr im öffentlichen Straßenverkehr in den Ländern der Europäischen Union genutzt wird. Dabei sind durchaus auch wirtschaftliche Überlegungen maßgeblich, nämlich die Frage, ob ein Halter noch bereit ist, die Kosten für anfallende Reparaturen zu übernehmen, oder ob er sich stattdessen für den Kauf eines anderen Fahrzeugs entscheidet. Die Kammer berücksichtigt, dass ein Dieselmotor im Durchschnitt eine etwas längere Lebensdauer hat als ein mit Ottokraftstoff betriebener Motor, obwohl auch das von den Einsatzbedingungen abhängt. Deshalb legt sie ihrer Berechnung den Wert von 300.000 km zugrunde.

Die Kammer nimmt die Schätzung des Nutzungswerts gemäß § 287 I ZPO wie folgt vor:

Nutzungwert (auf Basis der Laufleistung)  
 
Kaufpreis 20.700,00 €
Kilometerstand bei Ankauf 11.856 km
Lebensdauer 300.000 km
Restliche Laufleistung bei Ankauf 288.144 km
Kilometersatz 0,07184 €
Kilometerstand bei mündlicher Verhandlung 184.516 km
Fahrleistung von Kauf bis zur mündlichen Verhandlung 172.660 km
Wert der Nutzungen 12.403,74 €
Kaufpreis abzüglich Nutzungswert 8.296,26 €

Dieser Betrag liegt jedenfalls niedriger als das, was die Beklagte mit dem (Erst-)Verkauf des streitgegenständlichen Pkw auch nach Abzug der Mehrwertsteuer und einer Händlermarge erhalten haben muss. Der Anspruch ist daher nach den vorausgehenden Ausführungen zu § 852 Satz 1 BGB nicht verjährt.

9. Diese Forderung ist gemäß §§ 291, 288 I 2 BGB zu verzinsen.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Schadensersatzforderung bei Klageerhebung noch höher gelegen hat und sich erst im Lauf der Zeit bis zur mündlichen Verhandlung durch die von der klagenden Partei gezogenen Nutzungen ermäßigt hat (vgl. BGH, Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 397/19, NJW 2020, 2806 Rn. 38). Die Kammer kennt den Kilometerstand bei Klageerhebung allerdings nicht. In der Kürze der Zeit bis zur mündlichen Verhandlung kann sich der Nutzungswertersatz ohnehin nur geringfügig erhöht haben. Der Zinsanteil darauf beträgt regelmäßig nur wenige Euro und kann deshalb vernachlässigt werden.

Zinsen stehen der klagenden Partei erst ab Rechtshängigkeit der Klage zu. Die Beklagte ist nicht schon mit Zugang des Schreibens der Prozessbevollmächtigten des Klägers in Verzug geraten, mit dem sie zur Leistung von Schadensersatz aufgefordert wurde. In Fällen der gegenseitigen Leistungspflicht kann ein Schuldner nur dann in Verzug geraten, wenn ihm der Gläubiger die ihm obliegende Gegenleistung ordnungsgemäß anbietet. Das war hier nicht der Fall.

10. Der Feststellungsantrag ist unbegründet. Es fehlt an einem wörtlichen Angebot der Rückgabe des Fahrzeugs durch den Kläger i. S. des § 295 BGB, das Voraussetzung für die Begründung des Annahmeverzugs ist. Allein die Aufforderung zur Leistung von Schadensersatz begründet den Annahmeverzug nicht.

11. Der Kläger kann als Teil des ihm entstandenen Schadens auch die Erstattung der Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung, insbesondere der Vergütungsforderung der von ihm damit beauftragten Rechtsanwälte, verlangen.

Der Kläger schuldet seinen Prozessbevollmächtigten für deren vorgerichtliche Tätigkeit eine Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG. Diese ist jedoch gemäß Nr. 2300 VV RVG auf einen Satz von 1,3 zu begrenzen. Eine höhere Gebühr kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Beides ist hier nicht der Fall, weil die Prozessbevollmächtigten des Klägers eine Vielzahl gleichgelagerter Mandate bearbeitet haben, die sämtlich Ansprüche von Fahrzeugkäufern gegen die Beklagte zum Gegenstand haben. Aufwand und Schwierigkeit der Bearbeitung des konkreten Mandats liegen daher nicht über dem Durchschnitt. Die Kammer folgt damit der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung der Zivilsenate des OLG Koblenz.

Die Beklagte braucht eine Vergütung auch nur auf der Grundlage des Gegenstandswerts zu ersetzen, der der Höhe des Anspruchs entspricht, der der klagenden Partei gegenüber der Beklagten noch zustehen konnte. Es ist deshalb auch hier ein Nutzungswert abzuziehen (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 13.02.2020 – 2 U 671/19, BeckRS 2020, 7007 Rn. 35). Die Kammer schätzt den Gegenstandswert zu der Zeit, als die klagende Partei ihre Prozessbevollmächtigten mit der Vertretung ihrer Interessen beauftragte, auf bis zu 9.000 €.

Die Vergütungsforderung beträgt:

Gegenstandswert: bis 9.000,00 €  
 
1,3-fache Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) 659,10 €
Post- und Telekommunikationspauschale (Nr. 7002 VV RVG) 20,00 €
Zwischensumme 679,10 €
19 % Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG) 129,03 €
Vergütungsforderung 808,13 €

Dieser Betrag ist gemäß §§ 291, 288 I 2 BGB zu verzinsen.

III. Die Kostenentscheidung ergeht nach § 92 I ZPO. …

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