1. Der Ver­käu­fer ei­nes (hier: ge­brauch­ten) Kraft­fahr­zeugs ist auch oh­ne be­son­de­re ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung ver­pflich­tet, dem Käu­fer nicht nur das Fahr­zeug, son­dern auch die Fahr­zeug­pa­pie­re im Ori­gi­nal zu über­ge­ben.
  2. Ei­ne Be­stim­mung in den All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen ei­nes Kfz-Händ­lers, die die­sem bei ei­ner in­ner­ge­mein­schaft­li­chen Lie­fe­rung das Recht gibt, die Ori­gi­nal-Fahr­zeug­pa­pie­re zu­rück­zu­be­hal­ten, bis ihm ei­ne Ge­lan­gens­be­stä­ti­gung (§ 17a II USt­DV) oder ein an­de­rer Nach­weis vor­liegt, dass der Ge­gen­stand der Lie­fe­rung in das üb­ri­ge Ge­mein­schafts­ge­biet ge­langt ist, ist nicht ge­mäß § 307 I 1, II BGB we­gen ei­ner un­an­ge­mes­se­nen Be­nach­tei­li­gung des Käu­fers un­wirk­sam.
  3. Ei­ne Mah­nung, die be­reits vor Ein­tritt der Fäl­lig­keit aus­ge­spro­chen wird, ist nach dem kla­ren Wort­laut des § 286  I 1 BGB wir­kungs­los. Glei­ches gilt für ei­ne Mah­nung, die aus­ge­spro­chen wird, be­vor ein dem Schuld­ner zu­ste­hen­des Zu­rück­be­hal­tungs­recht weg­ge­fal­len ist.
  4. Bei der Be­ur­tei­lung der Rechts­fra­ge, ob der Ver­käu­fer mit ei­nem vom Käu­fer vor­ge­leg­ten Be­leg (hier: Ko­pie der für den Käu­fer be­stimm­ten Aus­fer­ti­gung ei­nes Fracht­briefs) ge­gen­über den Fi­nanz­be­hör­den nach­wei­sen kann, dass ein von ihm ge­lie­fer­tes Fahr­zeug in das üb­ri­ge Ge­mein­schafts­ge­biet ge­langt ist, ist ein Zi­vil­ge­richt nicht an die Aus­kunft ei­nes Mit­ar­bei­ters der Fi­nanz­ver­wal­tung ge­bun­den.

OLG Mün­chen, Ur­teil vom 11.09.2019 – 7 U 3545/18

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin nimmt den Be­klag­ten im Zu­sam­men­hang mit der Lie­fe­rung ei­nes Pkw nach Por­tu­gal auf Scha­dens­er­satz in An­spruch.

Die Klä­ge­rin ist ei­ne Ge­sell­schaft por­tu­gie­si­schen Rechts mit Sitz in Por­tu­gal. Der Be­klag­te ist ein mit Kraft­fahr­zeu­gen han­deln­der Kauf­mann mit Sitz in M. (Deutsch­land). Am 11.11.2016 ver­kauf­te er der Klä­ge­rin ei­nen ge­brauch­ten Pkw Ran­ge Ro­ver Evo­que zum Preis von 30.600 € net­to. Im schrift­li­chen Kauf­ver­trag heißt es un­ter an­de­rem:

„Dem Käu­fer des Fahr­zeugs wer­den: Fahr­zeug, Ko­pie: Fahr­zeug­brief und Fahr­zeug­schein, Bord­map­pe, COC, 2 Schlüs­sel aus­ge­hän­digt. Bei in­ner­ge­mein­schaft­li­chen Lie­fe­run­gen wer­den Ori­gi­nal-Pa­pie­re wie Kfz-Brief, -Schein usw. nach Er­halt al­ler ge­for­der­ten ge­stem­pel­ten und un­ter­schrie­be­nen Ge­lan­gen-Do­ku­men­te per Ein­schrei­ben Post an die Rech­nung/Ver­trag-Adres­se nach­ge­schickt.“

Der Kauf­preis ist be­gli­chen. Das Fahr­zeug wur­de am 24.11.2016 von ei­nem Trans­port­un­ter­neh­men über­nom­men und am 29.11.2016 – nebst Ko­pi­en der Fahr­zeug­pa­pie­re – bei der Klä­ge­rin ab­ge­lie­fert. Am 05.12.2016 er­reich­te den Be­klag­ten ei­ne Ko­pie der­je­ni­gen Aus­fer­ti­gung des CMR-Fracht­briefs, die die Klä­ge­rin von dem aus­füh­ren­den Trans­port­un­ter­neh­mer er­hal­ten hat­te. Ob es sich da­bei, wie der Be­klag­te be­haup­tet, um An­la­ge B 3 han­delt, ist strei­tig.

In der Fol­ge­zeit führ­ten die Par­tei­en ein um­fang­rei­che E-Mail-Kor­re­spon­denz we­gen der Nach­sen­dung der ori­gi­na­len Fahr­zeug­pa­pie­re. Die­se gab der Be­klag­te erst am 13.01.2017 zur Post; sie er­reich­ten die Klä­ge­rin am 24.01.2017.

Mit ih­rer Kla­ge hat die Klä­ge­rin die Kos­ten für die An­mie­tung ei­nes Er­satz­fahr­zeugs und das Ab­schlep­pen des von dem Be­klag­ten er­wor­be­nen Pkw (Zoll, In­spek­ti­on) so­wie für Re­cher­chen, ins­ge­samt 9.040,50 €, er­setzt ver­langt. „Hilfs­wei­se“ und „höchst hilfs­wei­se“ hat sie die Zah­lung ge­rin­ge­rer Be­trä­ge be­gehrt. Au­ßer­dem hat sie den Er­satz vor­ge­richt­lich ent­stan­de­ner Rechts­ver­fol­gungs­kos­ten in Hö­he von 887,02 € ge­for­dert.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Die da­ge­gen ge­rich­te­te Be­ru­fung der Klä­ge­rin hat­te in­so­weit Er­folg, als der Be­klag­te zur Zah­lung von 6.457,50 € nebst Zin­sen so­wie wei­te­rer 566,50 € nebst Zin­sen ver­ur­teilt wur­de.

Aus den Grün­den: B. … I. Der Rechts­streit be­ur­teilt sich nach deut­schem ma­te­ri­el­lem Recht. Es han­delt sich um ei­ne Strei­tig­keit aus ei­nem Kauf­ver­trag, wes­halb der Sitz des Be­klag­ten als Ver­käu­fer maß­geb­lich ist (Art. 4 I lit. a Rom-I-Ver­ord­nung).

II. Der Klä­ge­rin steht dem Grun­de nach ein Scha­dens­er­satz­an­spruch nach §§ 280 I, II, 286 I 1 BGB zu. Der Be­klag­te be­fand sich ab dem 20.12.2016 in Ver­zug mit sei­ner Ver­pflich­tung, der Klä­ge­rin die Ori­gi­nal-Fahr­zeug­pa­pie­re des ver­kauf­ten Pkw zu über­sen­den.

1. Die­se Pflicht er­gab sich aus dem Kauf­ver­trag zwi­schen den Par­tei­en. Schon oh­ne kon­kre­te Re­ge­lung im Ver­trag folgt aus dem We­sen des Kauf­ver­trags über ein Kraft­fahr­zeug die Pflicht, die­ses an den Käu­fer mit den Ori­gi­nal-Fahr­zeug­pa­pie­ren zu über­ge­ben. Hier ha­ben die Par­tei­en die­se selbst­ver­ständ­li­che Pflicht so­gar in der oben … zi­tier­ten Ver­trags­klau­sel aus­drück­lich ge­re­gelt.

Die von der Klä­ge­rin gel­tend ge­mach­ten Schä­den sol­len dar­aus re­sul­tie­ren, dass der Be­klag­te die ge­nann­te Pflicht nicht recht­zei­tig er­füllt hat. Die Klä­ge­rin macht da­her ei­nen klas­si­schen Ver­zugs­scha­den gel­tend.

2. Die ge­nann­te Ver­trags­klau­sel gab dem Be­klag­ten aber zu­nächst ei­ne Ein­re­de ge­gen den An­spruch der Klä­ge­rin auf Über­sen­dung der Fahr­zeug­pa­pie­re. Da­mit konn­te der Be­klag­te zu­nächst nicht in Ver­zug mit der Er­fül­lung die­ses An­spruchs kom­men (vgl. BGH, Urt. v. 12.07.1967 – VI­II ZR 180/65, ju­ris Rn. 4; Urt. v. 16.05.1984 – VI­II ZR 18/83, ju­ris Rn. 22; Urt. v. 16.03.1988 – VI­II ZR 184/87, ju­ris Rn. 19). Die­se Ein­re­de ist je­doch am 05.12.2016 weg­ge­fal­len, so­dass ab die­sem Zeit­punkt Ver­zug ein­tre­ten konn­te.

a) Die ge­nann­te Ver­trags­klau­sel gibt dem Be­klag­ten ei­ne Ein­re­de der­ge­stalt, dass er bei in­ner­ge­mein­schaft­li­chen Ver­käu­fen (al­so wie hier bei dem Ver­kauf nach Por­tu­gal) die Über­sen­dung der Ori­gi­nal-Fahr­zeug­pa­pie­re so lan­ge ver­wei­gern kann, bis ihm ein taug­li­cher Nach­weis da­für, dass das Fahr­zeug den Emp­fän­ger er­reicht hat, vor­liegt; die­sen Nach­weis be­nö­tigt er zum Be­leg der Um­satz­steu­er­frei­heit des Ge­schäfts.

Nach dem Wort­laut der Klau­sel kä­me statt ei­ner Ein­re­de auch die An­nah­me ei­ner Fäl­lig­keits­be­stim­mung (An­spruch auf Über­sen­dung der Fahr­zeug­pa­pie­re erst fäl­lig, wenn dem Be­klag­ten der Nach­weis über­sandt wur­de) in Be­tracht. Bei­de Aus­le­gun­gen wä­ren mög­lich. Die An­nah­me ei­ner Ein­re­de er­gibt sich je­doch aus der Aus­le­gungs­re­gel des § 305c II BGB. Die Klau­sel ist nach ih­rer druck­tech­ni­schen Ge­stal­tung in ei­nem of­fen­bar zur mehr­fa­chen Ver­wen­dung be­stimm­ten For­mu­lar ein­deu­tig ei­ne vom Be­klag­ten ge­stell­te All­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gung. Da­mit ist von den bei­den mög­li­chen Aus­le­gun­gen der­je­ni­gen der Vor­zug zu ge­ben, die für den Be­klag­ten als Ver­wen­der un­güns­ti­ger ist. Dies ist die An­nah­me ei­ner Ein­re­de, de­ren Vor­aus­set­zun­gen der Be­klag­te be­wei­sen muss, wäh­rend um­ge­kehrt (bei An­nah­me ei­ner Fäl­lig­keits­re­ge­lung) die Be­weis­last die Klä­ge­rin tref­fen wür­de.

Da­mit wur­de der An­spruch auf Über­sen­dung der Fahr­zeug­pa­pie­re mit Ver­trags­schluss fäl­lig (vgl. § 271 BGB), war aber zu­nächst mit ei­ner Ein­re­de be­haf­tet.

b) Be­den­ken ge­gen die Wirk­sam­keit der Klau­sel be­ste­hen nicht. Ins­be­son­de­re be­nach­tei­ligt sie die Klä­ge­rin nicht un­bil­lig i. S. von § 307 I 1, II BGB. Da der Be­klag­te ei­nen Ge­lan­gens­nach­weis zum Nach­weis der Um­satz­steu­er­frei­heit des Ge­schäfts (die letzt­lich auch der Klä­ge­rin zu­gu­te kommt) be­nö­tigt, stellt es ei­nen an­ge­mes­se­nen In­ter­es­sen­aus­gleich zwi­schen den Par­tei­en dar, wenn sich der Be­klag­te, der an­sons­ten kei­ne Druck­mit­tel zur Mit­wir­kung der Klä­ge­rin am Nach­weis der Um­satz­steu­er­frei­heit hät­te, ein Zu­rück­be­hal­tungs­recht an den Ori­gi­nal­fahr­zeug­pa­pie­ren bis zur Über­sen­dung ei­nes sol­chen Nach­wei­ses ein­räumt.

c) Die Klä­ge­rin kann ge­gen das Be­ste­hen der Ein­re­de nicht ein­wen­den, dass beim Be­klag­ten ein Ori­gi­nal der Aus­fer­ti­gung des CMR-Fracht­briefs ver­blie­ben war.

Zwar ent­spricht es der Recht­spre­chung des BFH (Urt. v. 04.05.2011 – XI R 10/09), dass im Um­satz­steu­er­recht ein CMR-Fracht­brief als Ver­sen­dungs­be­leg auch dann ge­nügt, wenn die­ser im Feld 24 kei­ne Emp­fän­ger­be­stä­ti­gung auf­weist (was bei der beim Be­klag­ten als Ver­sen­der ver­blie­be­nen Aus­fer­ti­gung den­knot­wen­dig der Fall ist). Denn nach der (wirk­sa­men, vgl. oben) Ver­trags­klau­sel be­stand die­se Ein­re­de, so­lan­ge die Klä­ge­rin nicht ei­nen Ge­lan­gens­nach­weis über­mit­telt hat­te; die Klä­ge­rin muss­te al­so durch Über­mitt­lung tä­tig wer­den, um die Ein­re­de in Weg­fall zu brin­gen. Vor die­sem Hin­ter­grund kann da­hin­ste­hen, ob al­lein das beim Be­klag­ten ver­blie­be­ne Ori­gi­nal des Fracht­briefs als Nach­weis ge­gen­über der Fi­nanz­ver­wal­tung aus­ge­reicht hät­te.

d) Die Ein­re­de ist je­doch am 05.12.2016 weg­ge­fal­len, als dem Be­klag­ten ei­ne durch die Klä­ge­rin über­sand­te Ko­pie der Aus­fer­ti­gung des Fracht­briefs für die Klä­ge­rin zu­ging. Dies gilt selbst dann, wenn es sich da­bei – wie der Be­klag­te be­haup­tet – um die An­la­ge B 3 ge­han­delt hat.

Rich­tig ist zwar, dass die Ko­pie des Fracht­briefs ge­mäß An­la­ge B 3 in ei­ni­gen Fel­dern nur schwer le­ser­lich ist. Le­ser­lich ist aber die Emp­fän­ger­be­schei­ni­gung in Feld 24. Da­mit hät­te der Be­klag­te je­den­falls in Zu­sam­men­schau des Kauf­ver­trags und der bei ihm ver­blie­be­nen Aus­fer­ti­gung des Fracht­briefs mit der Ko­pie ge­mäß An­la­ge B 3 un­schwer be­le­gen kön­nen, dass das Fahr­zeug an den vor­ge­se­he­nen Emp­fän­ger in Por­tu­gal ab­ge­lie­fert wur­de.

e) Kei­ne an­de­re Be­ur­tei­lung recht­fer­ti­gen der Schrift­satz des Be­klag­ten vom 31.07.2019 und die mit die­sem vor­ge­leg­te An­la­ge B 6.

Dies er­gibt sich schon aus § 296a ZPO. Der Schrift­satz er­folg­te lan­ge nach Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung.

Aber selbst wenn der Schrift­satz vor Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung ein­ge­reicht wor­den wä­re, wä­re er nicht zu be­rück­sich­ti­gen, da das in ihm ent­hal­te­ne Vor­brin­gen nach § 531 II ZPO zu­rück­zu­wei­sen ge­we­sen wä­re. Der Rechts­streit kreis­te seit Be­ginn der ers­ten In­stanz um die Fra­ge, ob die An­la­ge B 3 als taug­li­cher Nach­weis ge­gen­über dem Fi­nanz­amt in Be­tracht kommt. Von da­her ist we­der er­sicht­lich, noch legt der Be­klag­te dar, war­um ein ent­spre­chen­der Vor­trag nicht schon in ers­ter In­stanz ge­hal­ten hät­te wer­den kön­nen.

Schließ­lich über­zeugt die vor­ge­leg­te Aus­kunft des Fi­nanz­amts auch in­halt­lich nicht. Zum ei­nen ist der Se­nat als un­ab­hän­gi­ges Ge­richt bei der Be­ur­tei­lung der Rechts­fra­ge, ob ein ge­eig­ne­ter steu­er­li­cher Nach­weis vor­liegt, nicht an die Aus­kunft ei­nes Mit­ar­bei­ters der Fi­nanz­ver­wal­tung ge­bun­den. Und zum an­de­ren äu­ßert sich die An­la­ge B 6 nicht zu dem ent­schei­den­den Ge­sichts­punkt, näm­lich der Zu­sam­men­schau der beim Be­klag­ten ver­blie­be­nen Aus­fer­ti­gung des CMR-Fracht­briefs und der Ko­pie ge­mäß An­la­ge B 3.

Nach al­le­dem be­stand auch kei­ne Ver­an­las­sung, wie­der in die münd­li­che Ver­hand­lung ein­zu­tre­ten.

3. Auf­grund der Mah­nung der Klä­ge­rin vom 15.12.2016 ist Ver­zug der Be­klag­ten mit der ge­nann­ten Pflicht so­dann am 20.12.2016 ein­ge­tre­ten.

a) Nach dem kla­ren Wort­laut des § 286  I 1 BGB ist ei­ne Mah­nung, die vor dem Ein­tritt der Fäl­lig­keit er­folgt, wir­kungs­los. Der Se­nat ist in­so­weit der Mei­nung, dass dies auch für Mah­nun­gen be­tref­fend ei­ne ein­re­de­be­haf­te­te For­de­rung gel­ten muss; dies er­gibt sich aus der struk­tu­rel­len Par­al­le­li­tät der bei­den Kon­stel­la­tio­nen: Der Schuld­ner muss je­weils noch nicht leis­ten und kann da­her nicht in Ver­zug ge­setzt wer­den. Als wirk­sa­me Mah­nun­gen kom­men da­her nur Er­klä­run­gen der Be­klag­ten ab dem 05.12.2016 in Be­tracht.

b) Von den vor­ge­leg­ten Do­ku­men­ten kommt hier­nach die E-Mail der Klä­ge­rin vom 15.12.2016, 17.47 Uhr (ent­hal­ten et­wa im An­la­gen­kon­vo­lut K 15) in Be­tracht. Dort wer­den Kon­se­quen­zen, ins­be­son­de­re Scha­dens­er­satz­an­sprü­che, für den Fall an­ge­droht, dass die Ori­gi­nal-Fahr­zeug­pa­pie­re nicht bin­nen fünf Ta­gen die Klä­ge­rin er­rei­chen. Dies ist als ernst­haf­te und ein­deu­ti­ge Auf­for­de­rung zur Er­fül­lung ei­ner fäl­li­gen und ein­re­de­frei­en Schuld und da­mit als Mah­nung zu ver­ste­hen.

Frü­he­re Mah­nun­gen zwi­schen dem 05.12. und dem 15.12.2016 las­sen sich dem­ge­gen­über dem vor­ge­leg­ten Schrift­ver­kehr nicht ent­neh­men. Da­mit wirk­te erst die ge­nann­te E-Mail ver­zugs­aus­lö­send.

c) Ver­zug trat da­mit auf­grund der in der Mah­nung ge­setz­ten Fünf-Ta­ge-Frist mit Ab­lauf des 20.12.2016 ein.

Der Se­nat hat in­so­weit er­wo­gen, ob die – als se­nats­be­kannt zu un­ter­stel­len­de – Tat­sa­che, dass ge­ra­de in der Vor­weih­nachts­zeit Brie­fe ins (auch eu­ro­päi­sche) Aus­land kaum bin­nen fünf Ta­gen zu­ge­stellt wer­den kön­nen, ein Ver­schul­den des Be­klag­ten (§ 286 IV BGB) je­den­falls für ei­ne Ka­renz­zeit ab dem 20.12.2016 aus­schlie­ßen könn­te. Der Se­nat ist die­sem Ge­dan­ken aber letzt­lich nicht nä­her­ge­tre­ten. Denn die Ein­re­de zu­guns­ten des Be­klag­ten fiel – wie dar­ge­stellt – schon am 05.12.2016 weg, so­dass er ge­nü­gend Zeit ge­habt hät­te, die Fahr­zeug­pa­pie­re nach Por­tu­gal zu über­sen­den. Da­mit ver­bleibt es bei ei­nem (von § 286 IV BGB ver­mu­te­ten) Ver­schul­den des Be­klag­ten.

III. Der Hö­he nach wa­ren hier­we­gen die aus dem Te­nor er­sicht­li­chen Be­trä­ge (nebst Zin­sen) zu­zu­er­ken­nen und die Kla­ge im üb­ri­gen ab­zu­wei­sen.

1. Für die der Klä­ge­rin ent­stan­de­nen Kos­ten der Er­satz­an­mie­tung steht ihr ein Be­trag von 6.457,50 € zu.

a) Dass die Klä­ge­rin ein Er­satz­fahr­zeug für die Dau­er von 45 Ta­gen an­ge­mie­tet hat, er­gibt sich zur Über­zeu­gung des Se­nats aus der Rech­nung des Ver­mie­ters ge­mäß An­la­ge K 10a.

So­weit die Dau­er der Er­satz­an­mie­tung in die Zeit nach Ver­zug­s­ein­tritt fällt, han­delt es sich um ei­nen er­satz­fä­hi­gen Ver­zugs­scha­den. Denn es ist un­mit­tel­bar plau­si­bel, dass der ge­kauf­te Pkw oh­ne Ori­gi­nal­pa­pie­re nicht zu­ge­las­sen wer­den und da­mit nicht ge­fah­ren wer­den konn­te.

b) Der Se­nat geht da­von aus, dass die An­mie­tung des Er­satz­fahr­zeugs für 35 Ta­ge, näm­lich vom 21.12.2016 bis 24.01.2017, er­satz­fä­hig ist.

Zwar trägt die Klä­ge­rin nir­gends vor, wann sie das Er­satz­fahr­zeug an­ge­mie­tet hat. Sie trägt aber vor, dass die An­mie­tung bis zum Er­halt der Ori­gi­nal­pa­pie­re er­folg­te. Das wä­re der 24.01.2017 und ist un­mit­tel­bar plau­si­bel, da dies auch der Tag der Rech­nung ge­mäß An­la­ge K 10a ist. Die Miet­dau­er von 45 Ta­gen er­gibt sich aus der Rech­nung. Da­nach hät­te die Klä­ge­rin das Er­satz­fahr­zeug am 09.12.2016 an­ge­mie­tet.

Als Ver­zugs­scha­den er­satz­fä­hig sind je­doch nur die Miet­kos­ten für den Zeit­raum ab Ver­zug­s­ein­tritt. Der Ver­zug trat mit Ab­lauf der von der Klä­ge­rin ge­setz­ten Frist, al­so mit Ab­lauf des 20.12.2016 ein. Er­satz­fä­hig ist da­her der Zeit­raum vom 21.12.2016 bis 24.01.2017, mit­hin 35 Ta­ge.

c) Die Hö­he der Ta­ges­mie­te von 150 € net­to er­gibt sich aus der Rech­nung ge­mäß An­la­ge K 10a. Dies er­gibt ei­nen er­satz­fä­hi­gen Net­to­be­trag von 5.250 €.

Er­satz­fä­hig ist auch die hier­für an­ge­fal­le­ne Um­satz­steu­er von (ge­mäß Rech­nung) in Por­tu­gal 23 %. Die Klä­ge­rin hat die­sen Be­trag be­zahlt. Die Par­tei­en (ins­be­son­de­re der Be­klag­te) brin­gen kei­ne Tat­sa­chen vor, die den Schluss tra­gen wür­den, dass die Klä­ge­rin nach por­tu­gie­si­schem Steu­er­recht vor­steu­er­ab­zugs­be­rech­tigt wä­re. Da­mit er­gibt sich ein Brut­to-Scha­dens­er­satz­be­trag von 6.457,50 €.

d) Ei­nen Ab­zug we­gen über­di­men­sio­nier­ter Er­satz­an­mie­tung hält der Se­nat nicht für ver­an­lasst. Die­ser Ge­sichts­punkt ist bei der Vor­teils­aus­glei­chung zu ver­or­ten und steht da­her zur Dar­le­gungs­last des Be­klag­ten. In­so­weit ist dem Be­klag­ten nicht die Dar­le­gung ge­lun­gen, dass die Klä­ge­rin durch die An­mie­tung ei­nes BMW 530 hö­her­wer­ti­ge Ge­brauchs­vor­tei­le er­langt hat, als sie die­se bei Fahr­fä­hig­keit des ge­kauf­ten Ran­ge Ro­ver Evo­que ge­habt hät­te.

Der Be­klag­te bringt zur Be­grün­dung sei­ner Auf­fas­sung, das an­ge­mie­te­te Fahr­zeug sei über­di­men­sio­niert, nur vor, bei ei­nem Ran­ge Ro­ver Evo­que hand­le es sich um ein Fahr­zeug der Golf­klas­se. Die­se Be­haup­tung ist se­nats­be­kannt un­zu­tref­fend. Just am Tag vor der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Se­nat park­te der Be­richt­er­stat­ter sei­nen Re­nault Méga­ne (zwei­fel­los ein Fahr­zeug der Golf­klas­se) zu­fäl­lig ne­ben ei­nem Ran­ge Ro­ver Evo­que. Der Méga­ne wirk­te ne­ben dem Evo­que wie ein Klein­wa­gen.

Nach­dem der Be­klag­te zur Über­di­men­sio­nie­rung der Er­satz­an­mie­tung nicht mehr vor­ge­bracht hat, hat er die­se nicht schlüs­sig dar­ge­legt. Das An­ge­bot ei­nes Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens er­setzt kei­nen schlüs­si­gen Sach­vor­trag.

e) Die Klä­ge­rin hat mit den An­la­gen K 16 und BK 1 be­legt, dass sie die Rech­nung des Ver­mie­ters be­gli­chen hat. Sie kann da­her Zah­lung und nicht le­dig­lich Frei­stel­lung von An­sprü­chen des Ver­mie­ters ver­lan­gen.

Auf die­se Pro­ble­ma­tik hat­te das Land­ge­richt im Ter­min zur münd­li­chen Ver­hand­lung hin­ge­wie­sen. Bin­nen nach­ge­las­se­ner Schrift­satz­frist hat­te die Klä­ge­rin so­dann nur vor­ge­tra­gen, dass 2.000 € be­zahlt sei­en (was An­la­ge K 16 ent­spricht). Da­mit wä­re der Zah­lungs­an­spruch erst­in­stanz­lich nur in Hö­he von 2.000 € be­grün­det ge­we­sen. Der nun­meh­ri­ge Vor­trag in der Be­ru­fungs­in­stanz un­ter Vor­la­ge von An­la­ge BK 2, dass auch der Rest be­zahlt sei, ist nicht nach § 531 II ZPO zu­rück­zu­wei­sen. Denn die Zah­lung er­folg­te aus­weis­lich An­la­ge BK 2 am 07.12.2018 und da­mit lan­ge nach Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung ers­ter In­stanz. Der Vor­trag hät­te da­her in ers­ter In­stanz nicht er­fol­gen kön­nen.

f) Die dies­be­züg­li­che Zins­ent­schei­dung folgt aus §§ 286 I 1, 288 I BGB. Der Be­klag­te war mit der Kla­ge­for­de­rung, so­weit die­se be­rech­tigt ist, auf­grund der Mah­nung ge­mäß An­walts­schrei­ben vom 21.2.2017 (An­la­ge K 12) un­ter Frist­set­zung zum 07.03.2017 in Ver­zug. Der Zins­satz be­trägt al­ler­dings nur fünf Pro­zent­punk­te über dem Ba­sis­zins­satz, da ein Scha­dens­er­satz­an­spruch und kei­ne Ent­gelt­for­de­rung gel­tend ge­macht wird.

2. So­weit die Klä­ge­rin ei­nen Be­trag von 738 € für Ab­schlepp- und Re­cher­che­kos­ten ge­mäß An­la­ge K 11a gel­tend macht, ist die Kla­ge­for­de­rung nach wie vor nicht schlüs­sig be­grün­det.

Nach dem Vor­trag der Klä­ge­rin (vgl. Schrift­satz vom 18.6.2018, S. 5, 6) war das Ab­schlep­pen zum Zoll und zur In­spek­ti­on er­for­der­lich, weil das Fahr­zeug nicht ge­fah­ren wer­den konn­te; In­spek­ti­on und Zoll hät­ten erst nach Zu­gang der Ori­gi­nal­pa­pie­re er­fol­gen kön­nen; die Kos­ten wä­ren ver­meid­bar ge­we­sen, wenn die Un­ter­la­gen zeit­nah (bin­nen 48 Stun­den bis ma­xi­mal ei­ne Wo­che) ge­kom­men wä­ren.

Legt man die­sen Vor­trag zu­grun­de, sind die Ab­schlepp­kos­ten nicht als Ver­zugs­scha­den er­satz­fä­hig. Die Ab­lie­fe­rung des Fahr­zeugs bei der Klä­ge­rin er­folg­te un­strei­tig am 29.11.2016. Die gel­tend ge­mach­ten Kos­ten wä­ren auch ent­stan­den, wenn die Klä­ge­rin die Ori­gi­nal­pa­pie­re bin­nen ei­ner Wo­che, al­so bis 06.12.2016, er­hal­ten hät­te. Am 06.12.2016 be­fand sich der Be­klag­te aber – wie dar­ge­stellt – noch nicht in Ver­zug mit der Ver­sen­dung der Ori­gi­nal­pa­pie­re. Da­mit sind die­se Kos­ten nicht durch den Ver­zug des Be­klag­ten ver­ur­sacht.

Nicht nach­voll­zieh­bar ist nach Auf­fas­sung des Se­nats auch, dass die Kos­ten ei­ner Re­cher­che hin­sicht­lich ei­ner Kon­for­mi­täts­be­schei­ni­gung, die in der Rech­nung des Ab­schlep­pers ge­mäß An­la­ge K 11a ent­hal­ten sei­en, durch den Ver­zug des Be­klag­ten ver­ur­sacht wur­den.

3. An vor­ge­richt­li­chen Rechts­ver­fol­gungs­kos­ten steht der Klä­ge­rin ein Be­trag von 566,50 € zu.

Die Be­auf­tra­gung der Klä­ger­ver­tre­te­rin er­folg­te, wie sich An­la­ge K 12 ent­neh­men lässt, lan­ge nach Ver­zug­s­ein­tritt. Die Kos­ten ih­res vor­ge­richt­li­chen Tä­tig­wer­dens sind da­her als un­selbst­stän­di­ger Teil des streit­ge­gen­ständ­li­chen Ver­zugs­scha­dens er­satz­fä­hig. Auch war die In­an­spruch­nah­me in­län­di­schen Rechts­rats für die Gel­tend­ma­chung der An­sprü­che aus dem Aus­land her­aus un­pro­ble­ma­tisch ge­recht­fer­tigt.

Bei ei­nem (be­rech­tig­ten) Ge­schäfts­wert von 6.457,50 € er­ge­ben sich er­stat­tungs­fä­hi­ge Net­to­kos­ten (1,3 Ge­büh­ren zu­züg­lich Aus­la­gen­pau­scha­le) von 566,50 €. Die Um­satz­steu­er ist nicht er­stat­tungs­fä­hig, da ei­ne ins Aus­land er­brach­te Dienst­leis­tung ab­ge­rech­net wur­de (vgl. § 3a UStG).

Die dies­be­züg­li­che Zins­ent­schei­dung folgt aus §§ 286 I 1, 288 I BGB.

IV. Über die „Hilfs­an­trä­ge“ ist nicht zu ent­schei­den. Denn die­se ste­hen nicht in ei­nem ech­ten Al­ter­na­tiv­ver­hält­nis zum Haupt­an­trag, son­dern stel­len sich le­dig­lich als Mi­nus (nied­ri­ge­rer Be­trag auf­grund des­sel­ben Sach­ver­halts) zum Haupt­an­trag dar. …

Hin­weis: Nach der Recht­spre­chung des BGH ist das Un­ter­las­sen der Leis­tung al­lein kein Gel­tend­ma­chen ei­nes Zu­rück­be­hal­tungs­recht und schließt das blo­ße Be­ste­hen ei­nes sol­chen Rechts ei­nen Schuld­ner­ver­zug nicht aus (s. et­wa BGH, Urt. v. 05.05.1971 – VI­II ZR 59/70, WM 1971, 1020 un­ter I 2 b m. w. Nachw.).

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