Si­chert der Ver­käu­fer ei­nes ge­brauch­ten Fahr­zeugs (hier: ei­nes Mo­tor­rads) dem Käu­fer in ei­nem schrift­li­chen For­mu­lar­kauf­ver­trag zum ei­nen zu, dass das Fahr­zeug, wäh­rend es sein Ei­gen­tum war, kei­nen Un­fall­scha­den er­lit­ten ha­be, und si­chert er dem Käu­fer zum an­de­ren – oh­ne zeit­li­che Ein­schrän­kung – zu, dass das Fahr­zeug auch „kei­ne sons­ti­gen Be­schä­di­gun­gen“ auf­wei­se, dann han­delt es sich bei der letzt­ge­nann­ten „Zu­si­che­rung“ mit Blick auf ei­nen gleich­zei­tig ver­ein­bar­ten Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss um ei­ne blo­ße Wis­sens­mit­tei­lung. Der Ver­käu­fer er­klärt da­mit le­dig­lich, dass ihm sons­ti­ge Be­schä­di­gun­gen des Fahr­zeugs nicht be­kannt sei­en.

LG Mem­min­gen, Ur­teil vom 26.09.2019 – 34 O 1272/16

Sach­ver­halt: Der Klä­ger be­gehrt die Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­trags über ein Mo­tor­rad.

Er er­warb von dem Be­klag­ten am 05.04.2016 für 7.500 € ein Mo­tor­rad Ka­wa­sa­ki Z 800. Im schrift­li­chen Kauf­ver­trag, den bei­de Par­tei­en als Ver­brau­cher schlos­sen, heißt es un­ter an­de­rem:

II. Ge­währ­leis­tung
Das Fahr­zeug wird wie be­sich­tigt und un­ter Aus­schluss der Sach­män­gel­haf­tung ver­kauft, so­weit nicht un­ter Zif­fer III. ei­ne be­stimm­te Zu­si­che­rung er­folgt. Die­ser Aus­schluss gilt nicht für Scha­dens­er­satz­an­sprü­che aus Sach­män­gel­haf­tung, die auf ei­ner vor­sätz­li­chen oder grob fahr­läs­si­gen Ver­let­zung von Pflich­ten des Ver­käu­fers be­ru­hen, so­wie bei der schuld­haf­ten Ver­let­zung von Le­ben, Kör­per und Ge­sund­heit. So­weit An­sprü­che aus Sach­män­gel­haf­tung ge­gen Drit­te be­ste­hen, wer­den sie an den Käu­fer ab­ge­tre­ten.

III. Zu­si­che­run­gen des Ver­käu­fers

Der Ver­käu­fer si­chert Fol­gen­des zu (nicht Zu­tref­fen­des bit­te strei­chen):

☐ …
☐ …
☐ …
☒ Das Fahr­zeug hat­te, seit es im Ei­gen­tum des Ver­käu­fers war, kei­nen Un­fall­scha­den / fol­gen­de Un­fall­schä­den:
☒ Das Fahr­zeug hat kei­ne sons­ti­gen Be­schä­di­gun­gen / fol­gen­de Be­schä­di­gun­gen:“

Die an­ge­ge­be­nen Mög­lich­kei­ten wur­den hand­schrift­lich an­ge­kreuzt, wo­bei in die je­weils vor­han­de­nen Frei­text­fel­der nichts ein­ge­tra­gen wur­de. Die Un­ter­strei­chun­gen wur­den hand­schrift­lich hin­zu­ge­fügt.

Mit Schrei­ben vom 12.05.2016 for­der­te der – an­walt­lich ver­tre­te­ne – Klä­ger den Be­klag­ten auf, bis zum 25.05.2016 ver­schie­de­ne Män­gel des Fahr­zeugs zu be­sei­ti­gen. Ei­ne Nach­bes­se­rung lehn­te der Be­klag­te je­doch ab. Der Klä­ger er­klär­te des­halb un­ter dem 09.06.2016 den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag und for­der­te den Be­klag­ten – er­folg­los – auf, ihm bis zum 24.06.2016 den Kauf­preis in Hö­he von 7.500 € zu er­stat­ten.

Mit sei­ner Kla­ge hat der Klä­ger Be­klag­ten – je­weils nebst Zin­sen – auf Zah­lung von 7.500 €, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be und Rück­über­eig­nung des Mo­tor­rads, so­wie auf Er­stat­tung vor­ge­richt­lich an­ge­fal­le­ner Rechts­an­walts­kos­ten in Hö­he von 729,23 € in An­spruch ge­nom­men. Au­ßer­dem hat er die Fest­stel­lung be­gehrt, dass der Be­klag­te mit der Rück­nah­me des Mo­tor­rads in Ver­zug sei.

Der Klä­ger be­haup­tet, bei der Ka­wa­sa­ki Z 800 ha­be be­reits kur­ze Zeit, nach­dem er das Mo­tor­rad von dem Be­klag­ten über­nom­men und in Be­trieb ge­nom­men ha­be, die ABS-Kon­troll­leuch­te auf­ge­leuch­tet. Er, der Klä­ger, ha­be des­halb ei­ne Ka­wa­sa­ki-Ver­trags­werk­statt auf­ge­sucht, um das Fahr­zeug über­prü­fen zu las­sen. Dort sei letzt­lich fest­ge­stellt wor­den, dass das Mo­tor­rad Schä­den auf­wei­se, die nur auf ei­nen Un­fall zu­rück­zu­füh­ren sei­en (ver­form­ter Len­ker, ver­form­te/​de­fek­te Fel­ge vor­ne, ver­dreh­te Ga­bel, un­ter­schied­li­che Lack­far­ben, Rah­menscha­den, un­ter­schied­li­che Spalt­ma­ße, ABS-Feh­ler­mel­dung, de­fek­ter/​ver­form­ter Lenk­an­schlag). Sei­tens der Werk­statt­mit­ar­bei­ter sei ihm, dem Klä­ger, ei­ne Wei­ter­fahrt un­ter­sagt wor­den, da die Ver­kehrs­si­cher­heit nicht mehr ge­währ­leis­tet sei. Der Un­fall müs­se sich in der Be­sitz­zeit des Be­klag­ten er­eig­net ha­ben; denn der Vor­be­sit­zer des Fahr­zeugs V ha­be schrift­lich er­klärt, dass sich in sei­ner Be­sitz­zeit kein Un­fall er­eig­net ha­be.

Dem Rück­tritt vom Kauf­ver­trag – so hat der Klä­ger ge­meint – ste­he der ver­trag­lich ver­ein­bar­te Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss nicht ent­ge­gen, weil der Be­klag­te – dem im Üb­ri­gen ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung zur Last fal­le – ihm „zu­ge­si­chert“ ha­be, dass das Mo­tor­rad „kei­nen Un­fall­scha­den“ und „kei­ne sons­ti­gen Be­schä­di­gun­gen“ auf­wei­se. In­so­weit lä­gen Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­run­gen und nicht le­dig­lich Wis­sens­er­klä­run­gen vor.

Der Be­klag­te hat sich auf den ver­ein­bar­ten Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss be­ru­fen und ein­ge­wandt, dass das Mo­tor­rad in sei­ner Be­sitz­zeit kei­nen Un­fall­scha­den und kei­nen sons­ti­gen Scha­den er­lit­ten ha­be. Er ha­be das Mo­tor­rad im De­zem­ber 2015 von V er­wor­ben. Zu die­sem Zeit­punkt sei die Ma­schi­ne ab­ge­mel­det ge­we­sen, so­dass er sie mit Kurz­zeit­kenn­zei­chen ver­se­hen ha­be und da­mit zu sich nach Hau­se ge­fah­ren sei. Auf die­ser Fahrt ha­be sich kein Un­fall er­eig­net. Über den Win­ter 2015/​2016 sei das Mo­tor­rad nicht ge­fah­ren wor­den; es sei viel­mehr erst im März 2016 wie­der zu­ge­las­sen wor­den. Auch zwi­schen März 2016 und An­fang April 2016, das heißt bis zum Ver­kauf des Mo­tor­rads an den Klä­ger, ha­be er, der Be­klag­te, kei­nen Un­fall mit der Ka­wa­sa­ki Z 800 er­lit­ten. Das Mo­tor­rad sei in ei­ner Werk­statt am 22.03.2016 ei­ner In­spek­ti­on und ei­nem Öl­wech­sel un­ter­zo­gen wir­den, oh­ne dass Män­gel fest­ge­stellt wor­den sei­en.

Der Klä­ger – so hat der Be­klag­te wei­ter gel­tend ge­macht – ha­be ihn im Üb­ri­gen nie zur Nach­bes­se­rung auf­ge­for­dert, son­dern schon mit E-Mail vom 09.05.2016 den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag an­ge­kün­digt. Ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung müs­se er sich nicht vor­wer­fen las­sen, weil das Mo­tor­rad in sei­ner Be­sitz­zeit kei­nen Scha­den da­von­ge­tra­gen ha­be und er von Schä­den des Mo­tor­rads auch nicht ge­wusst ha­be. Ei­ne Be­schaf­fen­heits­ga­ran­tie ha­be er nicht über­nom­men; bei den im Kauf­ver­trag an­ge­kreuz­ten „Zu­si­che­run­gen“ han­de­le es sich al­len­falls um Wis­sens­er­klä­run­gen, die den Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss un­be­rührt lie­ßen.

Die Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: II. Die Kla­ge ist … un­be­grün­det, da dem Klä­ger we­der An­sprü­che aus dem er­klär­ten Rück­tritt noch aus der er­klär­ten An­fech­tung des Kauf­ver­trags zu­ste­hen.

1. Der Klä­ger hat kei­nen Rück­ab­wick­lungs­an­spruch ge­gen den Be­klag­ten aus § 812 I 1 Fall 1, §§ 142 I, 123 I Fall 1 BGB.

a) Am 05.04.2016 er­warb der Klä­ger un­strei­tig von dem Be­klag­ten das Mo­tor­rad Ka­wa­sa­ki Z 800, Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer …, zu ei­nem Kauf­preis in Hö­he von 7.500 € (vgl. Kauf­ver­trag vom 05.04.2016, An­la­ge K 1), wo­bei bei­de Par­tei­en als Ver­brau­cher han­del­ten.

b) Zwar ist ei­ne An­fech­tungs­er­klä­rung ge­mäß § 143 I, II BGB im Rah­men der Kla­ge­schrift vom 30.12.2016 durch den Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten des Klä­gers ge­gen­über dem Be­klag­ten form- und in­ner­halb ei­nes Jah­res (§ 124 I, II BGB) frist­ge­recht er­folgt.

c) Der An­fech­tungs­grund ei­ner arg­lis­ti­gen Täu­schung i. S. des § 123 I Fall 1 BGB konn­te je­doch durch den Klä­ger nicht zur Über­zeu­gung des Ge­richts nach­ge­wie­sen wer­den.

aa) Er­for­der­lich für das Vor­lie­gen ei­ner Täu­schung ist die Er­re­gung oder Auf­recht­er­hal­tung ei­nes Irr­tums durch Vor­spie­ge­lung fal­scher oder durch Un­ter­drü­ckung wah­rer Tat­sa­chen. Grund­sätz­lich hat sich der­je­ni­ge, der ei­nen Ver­trag schließt, selbst dar­über zu ver­ge­wis­sern, ob das Ge­schäft für ihn von Vor­teil ist oder nicht; dar­auf darf sich der an­de­re Teil ein­stel­len und braucht des­halb nicht auf Um­stän­de hin­zu­wei­sen, von de­nen er an­neh­men darf, dass nach ih­nen ge­fragt wer­de, wenn sein Ver­trags­part­ner Wert auf sie legt. Das Ver­schwei­gen von Tat­sa­chen stellt des­halb nur dann ei­ne Täu­schungs­hand­lung i. S. des § 123 I BGB dar, wenn ei­ne ent­spre­chen­de Of­fen­ba­rungs­pflicht be­steht; ent­schei­dend ist, ob der an­de­re Teil nach Treu und Glau­ben un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Ver­kehrs­an­schau­ung im Ein­zel­fall red­li­cher­wei­se ei­ne Auf­klä­rung über den ver­schwie­ge­nen Um­stand er­war­ten durf­te; ins­be­son­de­re ist über sol­che Um­stän­de auf­zu­klä­ren, die nur der ei­ne Ver­trags­teil kennt und von de­nen er weiß oder wis­sen muss, dass sie für den an­de­ren Teil von we­sent­li­cher Be­deu­tung sind, et­wa, weil sie den Ver­trags­zweck ver­ei­teln kön­nen (vgl. Be­ckOK-BGB/​Wendt­land, BGB, Stand: 01.08.2019, § 123 Rn. 11 m. w. Nachw.). Arg­list im Sin­ne der Vor­schrift ist gleich­be­deu­tend mit Vor­satz, wo­bei be­ding­ter Vor­satz ge­nügt, gro­be Fahr­läs­sig­keit je­doch nicht aus­reicht. Im Fall ei­ner Of­fen­ba­rungs­pflicht muss der Auf­klä­rungs­pflich­ti­ge wis­sen oder zu­min­dest da­mit rech­nen und bil­li­gend in Kauf neh­men, dass der an­de­re Teil von den ver­schwie­ge­nen Um­stän­den kei­ne Kennt­nis hat. Al­ler­dings han­delt nicht arg­lis­tig, wer gut­gläu­big un­rich­ti­ge An­ga­ben macht, mag auch der gu­te Glau­be selbst auf Leicht­fer­tig­keit oder gro­ber Fahr­läs­sig­keit be­ru­hen (vgl. Be­ckOK-BGB/​Wendt­land, a. a. O., § 123 Rn. 17 m. w. Nachw.).

bb) Zwar konn­ten die von Klä­ger­sei­te vor­ge­tra­ge­nen Män­gel hin­sicht­lich der Po­si­tio­nen „Len­ker ver­formt, Fel­ge vor­ne ver­formt/​de­fekt, Ga­bel ver­dreht, Rah­menscha­den, Spalt­ma­ße un­ter­schied­lich und Lenk­an­schlag ver­formt/​de­fekt“ im Rah­men der Be­weis­auf­nah­me durch die aus­führ­li­chen und nach­voll­zieh­ba­ren Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen Dipl.-Ing. (FH) S in des­sen schrift­li­chem Gut­ach­ten vom 14.02.2018, dem sich das Ge­richt nach ei­ge­ner kri­ti­scher Wür­di­gung an­schließt und ge­gen das sei­tens der Par­tei­en kei­ne Ein­wen­dun­gen er­ho­ben wur­den, be­stä­tigt wer­den und sind nach An­sicht des Sach­ver­stän­di­gen mit an Si­cher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit auf ei­nen Un­fall zu­rück­zu­füh­ren. Al­ler­dings hat der Sach­ver­stän­di­ge eben­so nach­voll­zieh­bar dar­ge­legt, dass die­se Be­schä­di­gun­gen auf­grund des Zu­stands der Kor­ro­si­on an den be­schä­dig­ten Tei­len un­ge­fähr drei Jah­re zu­rück­lä­gen. Zu die­ser Zeit – An­fang 2015 – war das Mo­tor­rad je­doch un­strei­tig noch nicht im Be­sitz des Be­klag­ten.

Die­se Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen wer­den zu­dem un­ter­mau­ert durch die im Rah­men der schrift­li­chen Zeu­gen­ver­neh­mung (§ 377 III ZPO) ge­won­ne­nen Er­kennt­nis­se. So hat der Zeu­ge G … an­ge­ge­ben, das streit­ge­gen­ständ­li­che Mo­tor­rad un­re­pa­riert mit ei­nem wirt­schaft­li­chen To­tal­scha­den (Re­pa­ra­tur­kos­ten lt. Kos­ten­vor­an­schlag … vom 11.06.2014 auf 9.606,45 € kal­ku­liert) zu ei­nem Kauf­preis von 5.000 € an die Fir­ma F, Inhha­ber I (vgl. Rech­nung der Fir­ma F vom 17.07.2014), ver­äu­ßert zu ha­ben. Dies konn­te der Zeu­ge I eben­falls be­stä­ti­gen, der un­ter Bei­fü­gung des schrift­li­chen Kauf­ver­trags vom 11.08.2014 an­ge­ge­ben hat, das Mo­tor­rad an die­sem Tag un­re­pa­riert an den Zeu­gen E zu ei­nem Preis von 5.450 € ver­äu­ßert zu ha­ben.

Nun­mehr di­ver­gie­ren die Aus­sa­gen der wei­te­ren Zeu­gen E und V, wo­bei man­gels ob­jek­ti­ver Be­weis­mit­tel nicht mehr ge­klärt wer­den kann, wie sich der Sach­ver­halt tat­säch­lich zu­ge­tra­gen hat. So gab der Zeu­ge E so­wohl in sei­ner schrift­li­chen Stel­lung­nah­me vom 04.12.2018 (vgl. An­la­ge K 7) als auch im Rah­men sei­ner un­eid­li­chen Ver­neh­mung in der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 04.04.2019 (vgl. Ver­hand­lungs­pro­to­koll vom 04.04.2019, S. 2 f.) nach­voll­zieh­bar und glaub­haft an, das streit­ge­gen­ständ­li­che Mo­tor­rad als Un­fall­fahr­zeug er­wor­ben und als sol­ches auch wie­der an den Zeu­gen V ver­äu­ßert zu ha­ben. Der Zeu­ge V gab in sei­nen bei­den schrift­li­chen Ver­neh­mun­gen vom 02.11.2018 so­wie vom 08.02.2019, auch auf noch­ma­li­ge aus­drück­li­che Nach­fra­ge, da­ge­gen an, dass ihm das Fahr­zeug nicht als „Un­fall­fahr­zeug“, son­dern le­dig­lich als „Um­fal­ler“ ver­äu­ßert wor­den sei. Von ei­nem mas­si­ven Scha­den sei nie die Re­de ge­we­sen. Der Zeu­ge E ha­be nur von klei­nen Krat­zern durch Um­fal­len ge­spro­chen, die je­doch durch ei­ne Fach­werk­statt be­ho­ben wor­den sei­en.

Hin­sicht­lich der Po­si­ti­on der un­ter­schied­li­chen Lack­far­be ist nach den Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen be­reits kein Sach­man­gel ge­ge­ben, nach­dem die la­ckier­ten An­bau­tei­le be­reits von Ka­wa­sa­ki ab Werk in sehr un­ter­schied­li­chen Glanz­gra­den ge­lie­fert wor­den sei­en.

Die Po­si­ti­on hin­sicht­lich der ABS-Feh­ler­mel­dung konn­te zwar durch den Sach­ver­stän­di­gen nicht ve­ri­fi­ziert wer­den. Al­ler­dings hat selbst die von Klä­ger­sei­te be­nann­te Zeu­gin Z im Rah­men ih­rer Ver­neh­mung in der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 01.06.2017 (vgl. Ver­hand­lungs­pro­to­koll vom 01.06.2017, S. 2) an­ge­ge­ben, dass die Kon­troll­leuch­te noch nicht bei der Ab­ho­lungs­fahrt, son­dern erst cir­ca drei Wo­chen spä­ter auf­ge­leuch­tet ha­be, so­dass dem Klä­ger der Nach­weis nicht ge­lun­gen ist, dass die­se be­reits vor Über­ga­be auf­ge­leuch­tet hat.

cc) Der in­so­weit dar­le­gungs- und be­weis­pflich­ti­ge Klä­ger konn­te letzt­lich nicht zur Über­zeu­gung des Ge­richts nach­wei­sen, dass der Be­klag­te Kennt­nis von dem nun fest­ge­stell­ten Un­fall­scha­den oder sons­ti­gen Be­schä­di­gun­gen an dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Mo­tor­rad hat­te. Das Ge­richt ist sich hier­bei be­wusst, dass für sei­ne Über­zeu­gungs­bil­dung ge­mes­sen an § 286 I 1 ZPO kei­ne ab­so­lu­te Ge­wiss­heit er­for­der­lich ist, son­dern dass ein für das prak­ti­sche Le­ben brauch­ba­rer Grad von Ge­wiss­heit ge­nügt (vgl. hier­zu BGH, Urt. v. 14.01.1993 – IX ZR 238/91, ju­ris Rn. 16 m. w. Nachw.). Die­sen er­for­der­li­chen Grad an Ge­wiss­heit hat das Ge­richt je­doch auf­grund der durch­ge­führ­ten Be­weis­auf­nah­me un­ter Be­rück­sich­ti­gung der von bei­den Par­tei­en vor­ge­tra­ge­nen Um­stän­de nicht er­lan­gen kön­nen.

Wie be­reits aus­ge­führt, wur­de das Mo­tor­rad nach Auf­fas­sung des Ge­richts und den im Rah­men der Be­weis­auf­nah­me ge­won­ne­nen Er­kennt­nis­sen spä­tes­tens durch den Zeu­gen V im re­pa­rier­ten Zu­stand an den Be­klag­ten wei­ter­ver­äu­ßert. Es ha­ben sich kei­ne An­halts­punk­te da­für er­ge­ben, dass der Be­klag­te Kennt­nis­se über den Un­fall­scha­den oder sons­ti­ge Be­schä­di­gun­gen an dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Mo­tor­rad hat­te. Die im Rah­men der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 01.06.2017 (vgl. Ver­hand­lungs­pro­to­koll vom 01.06.2017, S. 3 f.) un­eid­lich ver­nom­me­ne Zeu­gin L, Le­bens­ge­fähr­tin des Be­klag­ten, hat nach­voll­zieh­bar und glaub­haft an­ge­ge­ben, dass ihr we­der bei den ge­mein­sa­men Fahr­ten auf dem Mo­tor­rad ir­gend­wel­che Be­schä­di­gun­gen auf­ge­fal­len sei­en noch ihr der Be­klag­te hier­von be­rich­tet ha­be. Zu­dem sei das Mo­tor­rad vom Zeit­punkt des Kaufs im De­zem­ber 2015 bis zum März 2016 nicht zu­ge­las­sen ge­we­sen und des­halb bis zum Ver­kauf im April 2016 erst re­la­tiv we­nig ge­fah­ren wor­den. Der im Rah­men der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 05.09.2019 (vgl. Ver­hand­lungs­pro­to­koll vom 05.09.2019, S. 2 f.) schließ­lich un­eid­lich ver­nom­me­ne Zeu­ge M, In­ha­ber der Fir­ma W in X., konn­te nach­voll­zieh­bar und glaub­haft be­stä­ti­gen, dass das streit­ge­gen­ständ­li­che Mo­tor­rad am 22.03.2016 bei sei­ner Fir­ma zum Ser­vice ge­we­sen sei und ihm da­bei kei­ner­lei Schä­den auf­ge­fal­len sei­en und er dem­entspre­chend den Be­klag­ten auch auf kei­ne Schä­den hin­ge­wie­sen ha­be.

Für ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung des Be­klag­ten i. S. des § 123 I Fall 1 BGB bleibt da­mit kein Raum.

2. Der Klä­ger hat ge­gen den Be­klag­ten dar­über hin­aus auf­grund des wirk­sam ver­ein­bar­ten Ge­währ­leis­tungs­aus­schlus­ses auch kei­nen An­spruch auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags aus §§ 346 I, 433 I, 434 I, 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 323 I, II Nr. 1 und und Nr. 3 BGB.

a)Ein Kauf­ver­trag ge­mäß § 433 BGB ist zwi­schen den Par­tei­en un­strei­tig am 05.04.2016 wirk­sam ge­schlos­sen wor­den (vgl. An­la­ge K 1). Die­ser ist auch nicht durch An­fech­tung ge­mäß § 123 I Fall 1, § 142 I BGB ex tunc un­wirk­sam ge­wor­den (vgl. die Aus­füh­run­gen un­ter II 1).

b) Mit an­walt­li­chem Schrift­satz vom 09.06.2016 (An­la­ge K 4) wur­de sei­tens des Klä­gers der Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klärt (§ 349 BGB).

c) Der Klä­ger kann sich je­doch nicht auf die sei­tens des Sach­ver­stän­di­gen fest­ge­stell­ten Män­gel be­ru­fen, da die Sach­män­gel­ge­währ­leis­tung durch den Kauf­ver­trag zwi­schen den bei­den Par­tei­en, die un­strei­tig bei­de als Ver­brau­cher ge­han­delt ha­ben, wirk­sam aus­ge­schlos­sen wur­de (vgl. Zif­fer II des Kauf­ver­trags vom 05.04.2016, An­la­ge K 1).

aa) Da kei­ne An­halts­punk­te für ein arg­lis­ti­ges Ver­schwei­gen der auf­ge­führ­ten Män­gel durch den Be­klag­ten vor­lie­gen (vgl. oben), ist der Haf­tungs­aus­schluss auch nicht ge­mäß § 444 Fall 1 BGB un­wirk­sam.

bb) Die un­ter Zif­fer III des Kauf­ver­trags von Be­klag­ten­sei­te ge­trof­fe­nen „Zu­si­che­run­gen“ sind auch nicht als Ga­ran­tie i. S. des § 444 Fall 2 BGB zu ver­ste­hen, so­dass auch des­halb der Haf­tungs­aus­schluss nicht un­wirk­sam ist.

Die von den Par­tei­en hier ge­trof­fe­nen Re­ge­lun­gen sind nach dem ob­jek­ti­ven Emp­fän­ger­ho­ri­zont (§§ 133, 157 BGB) aus­zu­le­gen, so­dass das Ge­richt zu der An­sicht ge­langt, dass es sich hier­bei le­dig­lich um Wis­sens­er­klä­run­gen han­delt.

Hin­sicht­lich der Fra­ge der Un­fall­frei­heit kommt noch hin­zu, dass die­se „Zu­si­che­rung“ sich be­reits nach dem Wort­laut le­dig­lich auf die Zeit be­zieht, in der sich das Mo­tor­rad im Ei­gen­tum des Be­klag­ten be­fand. In die­ser Zeit hat­te das Mo­tor­rad nach den im Rah­men der Be­weis­auf­nah­me ge­won­ne­nen Er­kennt­nis­sen je­doch ge­ra­de kei­nen Un­fall. Die wei­te­re „Zu­si­che­rung“ des Be­klag­ten, dass das Fahr­zeug „kei­ne sons­ti­gen Be­schä­di­gun­gen“ auf­wei­se, ist im Zu­sam­men­hang mit der Re­ge­lung hin­sicht­lich der Un­fall­frei­heit und des Ge­währ­leis­tungs­aus­schlus­ses zu se­hen. Da­mit ist die­se Klau­sel nach Auf­fas­sung des Ge­richts der­art zu ver­ste­hen, dass der Be­klag­te le­dig­lich ei­ne Wis­sens­er­klä­rung da­hin ge­hend ab­ge­ben woll­te, dass ihm wei­te­re Be­schä­di­gun­gen nicht be­kannt sei­en, und er nicht ei­ne Be­schaf­fen­heits­ga­ran­tie da­hin ge­hend über­neh­men woll­te, dass das Mo­tor­rad völ­lig man­gel­frei ist. An­sons­ten wä­re der ver­ein­bar­te Haf­tungs­aus­schluss ge­nau­so wi­der­sin­nig wie die Re­ge­lung hin­sicht­lich der Un­fall­frei­heit, die aus­drück­lich auf die Be­sitz­zeit des Be­klag­ten be­schränkt wur­de. Ei­ne wei­ter­ge­hen­de Ga­ran­tie­zu­sa­ge woll­te der Be­klag­te nicht ge­ben und durf­te der Klä­ger nach dem nur ein paar Ab­sät­ze dar­über ge­re­gel­ten aus­drück­li­chen Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss auch nicht er­war­ten.

3. Die gel­tend ge­mach­ten Ne­ben­for­de­run­gen (Zin­sen so­wie vor­ge­richt­li­che An­walts­kos­ten) tei­len das Schick­sal der nicht be­ste­hen­den Haupt­for­de­rung. …

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