Ein ge­werb­li­cher Ge­braucht­wa­gen­händ­ler, der in Po­len ei­nen Pkw er­wer­ben möch­te, darf sich auf die in ei­ner deut­schen Zu­las­sungs­stel­le ein­ge­hol­te Aus­kunft ver­las­sen, dass mit dem Fahr­zeug al­les in Ord­nung und es ins­be­son­de­re nicht zur Fahn­dung aus­ge­schrie­ben sei.

LG Heil­bronn, Ur­teil vom 07.02.2019 – Bm 6 O 17/18

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin und die Be­klag­te strei­ten dar­über, wer von ih­nen Ei­gen­tü­mer ei­nes Kraft­fahr­zeugs ist.

Der Ge­schäfts­füh­rer der Klä­ge­rin, die mit Kraft­fahr­zeu­gen han­delt, be­auf­trag­te den tsche­chi­schen Ein­käu­fer E der Klä­ge­rin da­mit, ein auf der In­ter­net­platt­form „mobile.​de“ zum Kauf an­ge­bo­te­nes Fahr­zeug, ei­nen Land Ro­ver De­fen­der 110, in Po­len zu be­sich­ti­gen. E fer­tig­te bei der Be­sich­ti­gung des Fahr­zeugs Fo­tos an und sand­te die­se zu­sam­men mit Ko­pi­en der ihm vor­ge­leg­ten deut­schen Fahr­zeug­pa­pie­re an den Ge­schäfts­füh­rer der Klä­ge­rin. Die­ser be­auf­trag­te dar­auf­hin A, ei­nen An­ge­stell­ten der Klä­ge­rin, sich bei der ört­li­chen Zu­las­sungs­stel­le nach dem Fahr­zeug zu er­kun­di­gen. A be­gab sich so­dann zur Zu­las­sungs­stel­le; wel­che Da­ten er dort an­gab, ist zwi­schen den Par­tei­en strei­tig.

Im wei­te­ren Ver­lauf kauf­te der E den Land Ro­ver für die Klä­ge­rin zum Preis von 21.200 €, die bar an den Ver­käu­fer ge­zahlt wur­den. Die­ser über­gab E das Fahr­zeug nebst sämt­li­chen Schlüs­seln und Pa­pie­ren. In § 7 des schrift­li­chen Kauf­ver­trags ist ge­re­gelt, dass die Vor­schrif­ten des pol­ni­schen Zi­vil­ge­setz­buchs An­wen­dung fin­den.

E über­führ­te den Land Ro­ver De­fen­der 110 zu­nächst nach Tsche­chi­en, wo er am 10.08.2017 von Mit­ar­bei­tern der Klä­ge­rin ab­ge­holt und zum Fir­men­ge­län­de der Klä­ge­rin ver­bracht wur­de. Am Fol­ge­tag, dem 11.08.2017, soll­te das Fahr­zeug bei der Zu­las­sungs­stel­le an­ge­mel­det wer­den. Dort gab es je­doch Pro­ble­me, wes­halb die Lei­te­rin der Zu­las­sungs­stel­le C die über­reich­ten Fahr­zeug­pa­pie­re ein­be­hielt. Nur we­ni­ge Stun­den spä­ter wur­de der Pkw po­li­zei­lich si­cher­ge­stellt. Es stell­te sich her­aus, dass das Fahr­zeug Ge­gen­stand ei­nes staats­an­walt­li­chen Er­mitt­lungs­ver­fah­rens ist. Die­sem Ver­fah­ren liegt ei­ne von der Be­klag­ten er­stat­te­te Straf­an­zei­ge zu­grun­de. Die Be­klag­te hat­te den Land Ro­ver auf­grund ei­nes Lea­sing­ver­trags dem Lea­sing­neh­mer L über­las­sen, und L hat­te das Fahr­zeug nicht an die Be­klag­te her­aus­ge­ge­ben, nach­dem die­se den Lea­sing­ver­trag ge­kün­digt hat­te.

In der Fol­ge­zeit be­gehr­ten so­wohl die Klä­ge­rin als auch die Be­klag­te von der Staats­an­walt­schaft die Her­aus­ga­be des Fahr­zeugs an sich. Mit Schrei­ben vom 13.11.2017 äu­ßer­te die Staats­an­walt­schaft ge­gen­über der Klä­ge­rin Zwei­fel dar­an, dass die Klä­ge­rin das Ei­gen­tum an dem Land Ro­ver gut­gläu­big er­wor­ben ha­be, weil ih­rem Ein­käu­fer au­gen­schein­lich ei­ne ge­fälsch­te Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II (Fahr­zeug­brief) vor­ge­legt wor­den sei. Die Klä­ge­rin wur­de auf­ge­for­dert, ih­ren An­spruch auf Her­aus­ga­be des Fahr­zeugs durch Vor­la­ge ei­nes zi­vil­recht­li­chen Ti­tels nach­zu­wei­sen.

Die Klä­ge­rin hat gel­tend ge­macht, ihr Ge­schäfts­füh­rer ha­be den An­ge­stell­ten A da­mit be­auf­tragt, bei der Zu­las­sungs­stel­le nach­zu­fra­gen, ob der Land Ro­ver De­fen­der 110 „sau­ber“ sei oder ob es ir­gend­wel­che Kom­pli­ka­tio­nen mit dem Fahr­zeug ge­be. A sei mit der von E über­mit­tel­ten Ko­pie der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II zur Zu­las­sungs­stel­le ge­gan­gen und ha­be die Ko­pie dort vor­ge­legt. Die Mit­ar­bei­te­rin der Zu­las­sungs­stel­le M ha­be die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II in Au­gen­schein ge­nom­men und mit­hil­fe des Com­pu­ters über­prüft, ob Mel­dun­gen vor­lä­gen oder ob es Un­stim­mig­kei­ten ge­be. Im An­schluss an die­se Prü­fung ha­be M dem A ver­si­chert, dass das Fahr­zeug nicht als ge­stoh­len ge­mel­det sei und oh­ne Pro­ble­me nach Deutsch­land ein­ge­führt und dort zu­ge­las­sen wer­den kön­ne. Die­se Nach­richt ha­be ihr – der Klä­ge­rin – Ge­schäfts­füh­rer an E nach Po­len wei­ter­ge­lei­tet; E ha­be den Land Ro­ver De­fen­der 110 dar­auf­hin ge­kauft.

Die Klä­ge­rin ist der Auf­fas­sung, sie sei gut­gläu­big Ei­gen­tü­me­rin des Fahr­zeugs ge­wor­den. Dem ste­he § 935 I BGB schon des­halb nicht ent­ge­gen, weil der Er­werb des Fahr­zeugs aus­schließ­lich pol­ni­schem Recht un­ter­lie­ge. Nach Art. 169 des pol­ni­schen Zi­vil­ge­setz­buchs sei Vor­aus­set­zung für den gut­gläu­bi­gen Er­werb vom Nicht­be­rech­tig­ten, dass der Er­wer­ber hin­sicht­lich der Ver­fü­gungs­be­fug­nis des Ver­äu­ße­rers nicht bös­gläu­big sei. Der Er­wer­ber sei nach der Recht­spre­chung der pol­ni­schen Ge­rich­te nicht ver­pflich­tet, die Ver­fü­gungs­be­rech­ti­gung des Ver­äu­ße­rers zu über­prü­fen; er ha­be sich je­doch, wenn die Ver­fü­gungs­be­rech­ti­gung nach den Um­stän­den zwei­fel­haft sei, in ge­wis­sem Um­fang zu be­mü­hen, die­se Zwei­fel auf­zu­klä­ren. Dem sei sie, die Klä­ge­rin, durch die Nach­fra­ge bei der Kfz-Zu­las­sungs­stel­le nach­ge­kom­men. Wei­te­re Vor­aus­set­zung des gut­gläu­bi­gen Ei­gen­tums­er­werbs sei nach Art. 351 des pol­ni­schen Zi­vil­ge­setz­buchs, dass die Sa­che dem Er­wer­ber über­ge­ben, ihm al­so der Be­sitz ein­ge­räumt wer­de. Die­se Vor­aus­set­zung sei eben­falls er­füllt, weil der Pkw ih­rem – der Klä­ge­rin – Ein­käu­fer über­ge­ben wor­den sei. Ein gut­gläu­bi­ger Er­werb des Ei­gen­tums an Sa­chen, die dem ur­sprüng­li­chen Ei­gen­tü­mer ab­han­den­ge­kom­men sei­en, sei zwar auch nach pol­ni­schem Recht aus­ge­schlos­sen. An­ders als das deut­sche Recht er­lau­be das pol­ni­sche Recht (Art. 169 Abs. 2 pol­ni­sches Zi­vil­ge­setz­buch) ei­nen gut­gläu­bi­gen Er­werb aber, wenn seit dem Ab­han­den­kom­men drei Jah­re ver­stri­chen sei­en. Der Pkw sei der Be­klag­ten spä­tes­tens am 30.05.2012, als die Be­klag­te Straf­an­zei­ge er­stat­tet ha­be, wahr­schein­lich aber so­gar schon 2011 und da­mit je­den­falls mehr als drei Jah­re vor der Über­ga­be an E ab­han­den­ge­kom­men.

Die Be­klag­te hat dar­auf hin­ge­wie­sen, dass sie – un­strei­tig – ur­sprüng­lich Ei­gen­tü­me­rin des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs ge­we­sen sei. Sie ha­be den mit L ge­schlos­se­nen Lea­sing­ver­trag frist­los ge­kün­digt, weil L ge­schul­de­te Lea­sing­ra­ten nicht ge­zahlt ha­be, so­dass sie auch im Ver­hält­nis zu L ein Recht zum Be­sitz ha­be.

Die Be­klag­te meint, dass sie ihr Ei­gen­tum an dem Land Ro­ver nicht an die Klä­ge­rin ver­lo­ren ha­be.

Sie hat be­strit­ten, dass die Klä­ge­rin ih­ren An­ge­stell­ten A be­auf­tragt ha­be, bei der Kfz-Zu­las­sungs­stel­le nach­zu­fra­gen, ob mit dem Land Ro­veer al­les in Ord­nung sei. Eben­so hat die Be­klag­te be­strit­ten, dass A von der Mit­ar­bei­te­rin der Zu­las­sungs­stel­le (M) die Aus­kunft er­hal­ten ha­be, dass das Fahr­zeug nicht als ge­stoh­len ge­mel­det sei. Das Fahr­zeug – so hat die Be­klag­te gel­tend ge­macht – sei be­reits seit dem 31.10.2012 und auch noch im Ju­li/Au­gust 2017 zur Fahn­dung aus­ge­schrie­ben ge­we­sen. A ha­be M auch nicht et­wa die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II vor­ge­legt, son­dern le­dig­lich ei­nen Zet­tel mit ei­ner Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer. Die­se Num­mer ha­be M nur in das Zen­tra­le Ver­kehrs-In­for­ma­ti­ons­sys­tem des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes (ZE­VIS) ein­ge­ge­ben und fest­ge­stellt, dass der Pkw ab­ge­mel­det ge­we­sen sei. Hät­te M tat­säch­lich die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II vor­ge­le­gen, wä­re her­aus­ge­kom­men, dass der ent­spre­chen­de Da­ten­trä­ger bei ei­nem Ein­bruchs­dieb­stahl in das Stra­ßen­ver­kehrs­amt des Ober­ber­gi­schen Krei­ses ent­wen­det wor­den sei. Auch hät­ten die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil I und die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II un­ter­schied­li­che Num­mern auf­ge­wie­sen. Wei­ter­hin sei auf­fäl­lig, dass die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II den Stem­pel des Ober­ber­gi­schen Krei­ses tra­ge, die Zu­las­sung aber von der Stadt S. vor­ge­nom­men wor­den sein sol­le. Es lie­ge al­so ei­ne of­fen­sicht­li­che Fäl­schung vor, zu­mal die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung auch im un­te­ren Teil ent­ge­gen dem Üb­li­chen nicht un­ter­schrie­ben sei. Die Klä­ge­rin, die als Be­trei­be­rin ei­nes Au­to­hau­ses ge­werb­lich mit Ge­braucht­wa­gen han­de­le, sei über die­se Din­ge bes­tens in­for­miert und un­ter die­sen Um­stän­den beim Kauf des Fahr­zeugs in Po­len bös­gläu­big ge­we­sen. Auch ein gut­gläu­bi­ger Er­werb nach Art. 169 § 2 des pol­ni­schen Zi­vil­ge­setz­buchs schei­de aus, weil der Land Ro­ver erst mehr als drei Jah­re nach dem Ab­han­den­kom­men über­haupt ver­äu­ßert wor­den sei.

Die Kla­ge hat­te Er­folg, wo­hin­ge­gen die Wi­der­kla­ge ab­ge­wie­sen wur­de.

Aus den Grün­den: Nach Über­zeu­gung des Ge­richts hat … die Klä­ge­rin im Rah­men des so­ge­nann­ten gut­gläu­bi­gen Er­werbs Ei­gen­tum am streit­ge­gen­ständ­li­chen Kraft­fahr­zeug er­wor­ben, so­dass die Be­klag­te das ihr ur­sprüng­lich zu­ste­hen­de Ei­gen­tum ver­lo­ren hat.

Für die Fra­ge des Ei­gen­tums­er­werbs, auch des gut­gläu­bi­gen Er­werbs, sind die Vor­schrif­ten des pol­ni­schen Zi­vil­ge­setz­buchs maß­geb­lich. Dies er­gibt sich aus Art. 43 I EGBGB. In­fol­ge der Ver­brin­gung des Kfz nach Po­len hat kol­li­si­ons­recht­lich ein so­ge­nann­ter Sta­tu­ten­wech­sel statt­ge­fun­den. Das neue Be­le­gen­heits­sta­tut über­nimmt die be­weg­li­che Sa­che in der recht­li­chen Prä­gung, die sie un­ter dem al­ten Be­le­gen­heits­sta­tut er­hal­ten hat (vgl. BGH, Urt. v. 02.02.1966 – VI­II ZR 153/64, BGHZ 45, 95, 97). Da­nach lie­gen­de Er­werbs- und Ver­lust­vor­gän­ge sind des­halb nach neu­em, vor­lie­gend al­so pol­ni­schem Recht zu be­ur­tei­len, so­dass es für den Ei­gen­tums­über­gang al­lein auf den Ort an­kommt, wo sich die Wa­re zur Zeit der Ver­äu­ße­rung be­fin­det (vgl. sog. lex rei si­tae; BGH, Urt. v. 10.06.2009 – VI­II ZR 108/07, NJW 2009, 2824 Rn. 7; Mar­ti­ny, Reith­mann/Mar­ti­ny, In­ter­na­tio­na­les Ver­trags­recht, 8. Aufl. [2015], Rn. 6.141 ff.).

Nach pol­ni­schem Recht han­delt es sich bei dem Kraft­fahr­zeug um ei­ne be­weg­li­che Sa­che (Art. 45 des pol­ni­schen Zi­vil­ge­setz­buchs).

Die Über­ga­be des Kfz ist ge­mäß Art. 351 des pol­ni­schen Zi­vil­ge­setz­buchs eben­falls un­strei­tig in Po­len er­folgt.

Der Er­werb vom Nicht­be­rech­tig­ten wird durch Art. 169 § 1 des pol­ni­schen Zi­vil­ge­setz­buchs ge­re­gelt, wo­bei Art. 169 § 2 ei­ne Son­der­re­ge­lung für ab­han­den­ge­kom­me­ne Sa­chen ent­hält. Da die pol­ni­sche Sa­chen­rechts­ord­nung die Sa­che im be­ste­hen­den Rechts­zu­stand aus Deutsch­land über­nimmt, kommt vor­lie­gend al­ler­dings ein Ab­han­den­kom­men nicht in Be­tracht, weil die Weg­ga­be durch den Si­che­rungs­ge­ber als Be­sitz­mitt­ler nach deut­schem Recht nicht zu ei­nem Ab­han­den­kom­men des Si­che­rungs­guts nach § 935 I BGB auf­sei­ten des Si­che­rungs­ei­gen­tü­mers ge­führt hat (vgl. BGH, Urt. v. 20.09.2004 – II ZR 318/02, NJW-RR 2005, 280, 281; Pa­landt/Herr­ler, BGB, 78. Aufl. [2019], § 935 Rn. 7).

Art. 269 § 1 des pol­ni­schen Zi­vil­ge­setz­buchs lau­tet:

„Ver­äu­ßert ein zur Ver­fü­gung über ei­ne be­weg­li­che Sa­che Nicht­be­rech­tig­ter die Sa­che und über­gibt sie dem Er­wer­ber, so er­wirbt der Er­wer­ber das Ei­gen­tum im Zeit­punkt der Über­nah­me des Be­sit­zes an der Sa­che, es sei denn, er han­delt bös­gläu­big.“

All­ge­mei­ne Vor­aus­set­zung für den Er­werb vom Nicht­be­rech­tig­ten ist des­halb, dass der Er­wer­ber nicht im bö­sen Glau­ben han­delt, weil sich die­ses Er­for­der­nis auf die Ver­fü­gungs­be­fug­nis des Ver­äu­ße­rers be­zieht. Die­se hat re­gel­mä­ßig der Ei­gen­tü­mer in­ne; durch rechts­ge­schäft­li­che Er­mäch­ti­gung oder auf­grund ge­setz­li­cher Vor­schrif­ten kann aber mit­un­ter auch ein Drit­ter be­fugt sein, wirk­sam über des­sen Ge­gen­stän­de zu ver­fü­gen. Die Bös­gläu­big­keit des Er­wer­bers hat im Pro­zess zu be­wei­sen, wer be­haup­tet, die Über­eig­nung sei fehl­ge­schla­gen. Bös­gläu­big ist nach Auf­fas­sung von Recht­spre­chung und Schrift­tum nicht nur, wer weiß, dass der Ver­äu­ße­rer nicht be­rech­tigt ist, son­dern auch, wer da­von mit Leich­tig­keit hät­te Kennt­nis er­lan­gen kön­nen (cul­pa le­vis, vgl. Rud­nicki, Ko­men­t­arz do ko­deksu cy­wi, Rechts­stand: 01.01.1996, Art. 169.§§ 1, 2 The­se 12 m. w. Nachw.; OLG Bran­den­burg, Urt. v. 12.12.2000 – 11 U 14/00, VersR 2001, 361). Der Er­wer­ber ist da­nach zwar im Re­gel­fall nicht ver­pflich­tet, die Be­rech­ti­gung des Ver­äu­ße­rers zu über­prü­fen, wenn aber die Um­stän­de ei­ner Trans­ak­ti­on Zwei­fel an der Be­rech­ti­gung des Ver­äu­ße­rers we­cken, hat er sich im ge­wis­sen Um­fang zu be­mü­hen, die­se auf­zu­klä­ren. Die im Ver­kehr zu be­ach­ten­den Sorg­falts­pflich­ten rich­ten sich nach den Um­stän­den des Ein­zel­falls. Für den Er­werb ei­nes ge­brauch­ten aus­län­di­schen Wa­gens hat das pol­ni­sche Obers­te Ge­richt die Sorg­falts­pflich­ten ei­nes Käu­fers abs­trakt da­hin be­stimmt, dass er ei­ne Rei­he von Hand­lun­gen zu un­ter­neh­men hat, um im Rah­men der all­ge­mei­nen Le­bens­er­fah­rung so­wie der durch­schnitt­li­chen Er­fah­rung ei­nes Au­to­fah­rers und Au­to­käu­fers den Rechts­zu­stand des Fahr­zeugs zu kon­trol­lie­ren. Kon­kre­ti­siert hat das Obers­te Ge­richt die­se Grund­sät­ze da­hin, dass der Er­wer­ber mit der Mög­lich­keit ei­nes vor­an­ge­gan­ge­nen Fahr­zeug­dieb­stahls zu rech­nen hat und sich des­we­gen über den Rechts­zu­stand des Wa­gens ver­ge­wis­sern muss. Zeigt die Ver­äu­ße­rungs­si­tua­ti­on Auf­fäl­lig­kei­ten, so ver­schär­fen sich die Nach­for­schungs­pflich­ten des Er­wer­bers, so­dass es für ge­bo­ten er­ach­tet wird, un­ter an­de­rem die Po­li­zei­lis­te der ge­stoh­le­nen Wa­gen nach­zu­prü­fen.

Nach der durch­ge­führ­ten Be­weis­auf­nah­me ist das Ge­richt da­von über­zeugt, dass die Klä­ge­rin beim Er­werb des Kraft­fahr­zeugs in Po­len nicht bös­gläu­big im Sin­ne des oben An­ge­führ­ten ge­han­delt hat.

Auf­grund der Aus­sa­gen der Zeu­gen steht viel­mehr fest, dass der Ge­schäfts­füh­rer der Klä­ge­rin den Zeu­gen A be­auf­tragt hat, mit der vor Ort fo­to­ko­pier­ten Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II in der Zu­las­sungs­stel­le nach­zu­fra­gen, ob mit dem Fahr­zeug al­les in Ord­nung ist, mit an­de­ren Wor­ten, ob es zur Fahn­dung aus­ge­schrie­ben ist. Dies hat aus­drück­lich auch die Zeu­gin M so be­stä­tigt, so­dass die Be­haup­tung der Be­klag­ten, der Zeu­ge ha­be le­dig­lich ei­ne auf ei­nen Zet­tel ge­schrie­be­ne Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer vor­ge­legt, wi­der­legt ist. Die Zeu­gin M hat über­zeu­gend dar­ge­legt, dass sie bei der Nach­fra­ge im Sys­tem kei­ne Fahn­dungs­mel­dung an­ge­zeigt be­kom­men hat und sie dem Zeu­gen aus­drück­lich ge­sagt hat, dass mit dem Wa­gen al­les in Ord­nung ist. Die­se Aus­sa­ge der Zeu­gin über­zeugt das Ge­richt auch des­halb, weil aus­weis­lich der Aus­sa­ge der Zeu­gin C das iden­ti­sche Er­geb­nis auch bei der Ein­ga­be der Fahr­zeug­da­ten in An­we­sen­heit der Kri­mi­nal­po­li­zei vom Sys­tem ZE­VIS aus­ge­wor­fen wur­de, ins­be­son­de­re al­so bei der Ein­ga­be der Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer kein Fahn­dungs­hin­weis auf­tauch­te. Die Zeu­gin ver­moch­te für das Ge­richt über­zeu­gend dar­zu­le­gen, was der Hin­ter­grund für die feh­len­de Fahn­dungs­an­zei­ge trotz be­ste­hen­der Fahn­dung ge­we­sen sein könn­te, näm­lich ein Fehl­ein­trag der Fahn­dung be­schränkt nur auf das Kfz-Kenn­zei­chen an­statt auf das ge­sam­te Fahr­zeug, das heißt die Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer.

Dar­über hin­aus ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass auch der mit Zu­las­sungs­fra­gen all­täg­lich be­fass­ten und da­mit er­fah­re­nen Zeu­gin M die im Nach­hin­ein von der Kri­mi­nal­po­li­zei wei­ter fest­ge­stell­ten Un­ge­reimt­hei­ten nicht auf­ge­fal­len sind. Nach Über­zeu­gung des Ge­richts kann aber auch ein ge­werb­li­cher Ge­braucht­wa­gen­käu­fer, der ei­nen Pkw in Po­len er­wer­ben möch­te, nicht hö­he­ren An­for­de­run­gen im Hin­blick auf ei­ne Bös­gläu­big­keit un­ter­lie­gen als den Kennt­nis­sen ei­ner An­ge­stell­ten in der Pkw-Zu­las­sungs­stel­le ei­nes Land­rats­amts. Die Klä­ge­rin konn­te sich viel­mehr auf die ein­ge­hol­te Aus­sa­ge beim Land­rats­amt ver­las­sen, näm­lich dass die Ab­fra­ge im Sys­tem ZE­VIS kei­ne An­zei­ge ei­nes Fahn­dungs­er­su­chens er­ge­ben hat und da­mit auf die po­si­ti­ve Aus­kunft, dass al­les ok ist. Ei­ne wei­ter­ge­hen­de Nach­for­schungs­pflicht hält das Ge­richt auch un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Maß­stä­be des Obers­ten Ge­richts in Po­len für nicht be­rech­tigt.

Im Er­geb­nis hat des­halb die Klä­ge­rin gut­gläu­big Ei­gen­tum an dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Land Ro­ver er­wor­ben. Da­mit er­weist sich die Kla­ge als be­grün­det, wo­mit die Wi­der­kla­ge gleich­zei­tig un­be­grün­det ist …

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