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Die Nutzungsentschädigung, die der Käufer eines Gebrauchtwagens dem Verkäufer nach einem wirksamen Rücktritt vom Kaufvertrag schuldet (§ 346 I, II 1 Nr. 1 BGB), ist anhand der im Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs an den Käufer zu erwartenden Restlaufleistung zu ermitteln. Auf die zu erwartende Gesamtlaufleistung eines entsprechenden Neufahrzeugs kann auch bei einem relativ jungen Gebrauchtwagen nicht abgestellt werden; vielmehr sind von der voraussichtlichen Gesamtlaufleistung eines entsprechenden Neufahrzeugs die Kilometer abzuziehen, die der Gebrauchtwagen bei der Übergabe an den Käufer bereits zurückgelegt hatte.
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Bei der Berechnung der Nutzungsentschädigung ist die zu erwartende Gesamtlaufleistung zu schätzen (§ 287 I 1, 2, II ZPO), wobei bei einem Dieselfahrzeug mindestens eine voraussichtliche Gesamtlaufleistung von 200.000 bis 250.000 km anzunehmen ist. Im Übrigen ist zwischen Nutzfahrzeugen und den verschieden Arten von Personenkraftwagen zu unterscheiden und zu berücksichtigen, dass Pkw, Kombis und SUV der mittleren und gehobenen Klasse aufgrund ihres Qualitätsstandards heutzutage – von Sonderfällen abgesehen – eine Gesamtlaufleistung von bis zu 400.000 km erreichen.
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Ordnet das Landgericht gemäß § 145 I ZPO an, dass mehrere in einer Klage erhobene Ansprüche (hier: gegen die Verkäuferin eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Pkw und gegen die Volkswagen AG) in getrennten Prozessen verhandelt werden, so bleibt das Landgericht für jedes der – nunmehr getrennten – Verfahren nicht schon gemäß § 261 III Nr. 2 ZPO (perpetuatio fori) sachlich zuständig, wenn der Kläger in beiden Verfahren dasselbe wirtschaftliche Ziel verfolgt und deshalb die – in der Summe 5.000 € übersteigenden – Werte der jeweiligen Streitgegenstände nicht gemäß § 5 Halbsatz 1 ZPO zusammengerechnet werden.
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Bei der Bemessung des Streitwerts einer Klage, mit der ein vom VW-Abgasskandal betroffener Kfz-Käufer die Feststellung erwirken will, dass ihm die Volkswagen AG zum Schadensersatz verpflichtet ist, kann zu berücksichtigen sein, dass die Volkswagen AG ein international bekanntes Großunternehmen ist, bei dem davon auszugehen ist, dass es sich schon einem Feststellungsurteil beugen wird. Deshalb kann es gerechtfertigt sein, den Streitwert so zu bemessen, als hätte der Käufer eine Leistungsklage erhoben, obwohl an sich mit Blick auf die fehlende Vollstreckbarkeit eines Feststellungsausspruchs ein Abschlag in Höhe von 20 % vorzunehmen wäre.
OLG Hamm, Beschluss vom 19.02.2019 – 32 SA 6/19
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Wird ein gebrauchtes Fahrzeug (hier: ein Luftfahrzeug) im Kaufvertrag als „unfallfrei“ bezeichnet, liegt mindestens eine Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) des Inhalts vor, dass das Fahrzeug unfallfrei sei. Ob der Verkäufer sogar eine Garantie (§ 443 I, § 444 Fall 2 BGB) dafür übernommen hat, dass das Fahrzeug unfallfrei ist, kann dahinstehen. Denn ein vereinbarter Gewährleistungsausschluss gilt schon nicht für einen Mangel, der darin besteht, dass die Kaufsache nicht die i. S. von § 434 I 1 BGB vereinbarte Beschaffenheit hat (im Anschluss an BGH, Urt. v. 19.12.2012 – VIII ZR 117/12 Rn. 15 m. w. Nachw.).
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Beansprucht der Verkäufer eines Fahrzeugs nach einem Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag eine Nutzungsentschädigung (§ 346 I, II 1 Nr. 1 BGB), so hat er als Anspruchsteller nach den allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs erfüllt sind. Den Käufer trifft jedoch eine sekundäre Darlegungslast, der er dadurch genügt, dass er zum Umfang der Nutzung des Fahrzeugs vorträgt.
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Mangels einer automatischen Saldierung der wechselseitigen Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis (vgl. § 348 Satz 1 BGB) muss der auf Rückabwicklung des Kaufvertrags in Anspruch genommene Verkäufer mit einem Anspruch auf Nutzungsentschädigung ausdrücklich oder konkludent gegen die Rückgewähransprüche des Käufers aufrechnen, damit es zu einer Saldierung kommt.
OLG München, Urteil vom 14.02.2019 – 8 U 130/18
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Der Käufer eines – wohl nicht von einem behördlich angeordneten Rückruf betroffenen – Mercedes-Benz-Fahrzeugs (hier: Mercedes-Benz A 200 d mit OM 651-Motor), der die Daimler AG wegen eines angeblichen Sachmangels in Gestalt einer unzulässigen Abschalteinrichtung („Thermofenster“) in Anspruch nimmt, muss schlüssig dartun, wie er zu der Einschätzung gelangt ist, dass sein Fahrzeug über eine unzulässige Abschalteinrichtung verfüge, und die Plausibilität seiner Behauptungen darlegen. Unterbleibt dies, liegen lediglich „ins Blaue hinein“ aufgestellte Behauptungen vor, die die – als Ausforschungsbeweis zu bewertende – Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht rechtfertigen.
OLG Celle, Beschluss vom 07.02.2019 – 7 U 263/18
(nachfolgend: BGH, Beschluss vom 28.01.2020 – VIII ZR 57/19)
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Ein gewerblicher Gebrauchtwagenhändler, der in Polen einen Pkw erwerben möchte, darf sich auf die in einer deutschen Zulassungsstelle eingeholte Auskunft verlassen, dass mit dem Fahrzeug alles in Ordnung und es insbesondere nicht zur Fahndung ausgeschrieben sei.
LG Heilbronn, Urteil vom 07.02.2019 – Bm 6 O 17/18
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Mit dem Schadensersatzanspruch neben der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, § 280 I BGB kann Ersatz für Schäden verlangt werden, die aufgrund eines Werkmangels entstanden sind und durch eine Nacherfüllung der geschuldeten Werkleistung nicht beseitigt werden können. Hiervon erfasst sind mangelbedingte Folgeschäden, die an anderen Rechtsgütern des Bestellers oder an dessen Vermögen eintreten (Fortführung von BGH, Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17, BauR 2018, 815 = NZBau 2018, 201 Rn. 58; Urt. v. 16.02.2017 – VII ZR 242/13, BauR 2017, 1061 = NZBau 2017, 555 Rn. 23).
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Der Schadensersatzanspruch statt der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280 I, III, 281 BGB tritt an die Stelle der geschuldeten Werkleistung. Sein Anwendungsbereich bestimmt sich nach der Reichweite der Nacherfüllung. Da die Nacherfüllung gemäß § 634 Nr. 1, § 635 BGB auf Herstellung des geschuldeten Werks gerichtet ist, bestimmt dieses die Reichweite der Nacherfüllung. Die geschuldete Werkleistung ist dabei im Wege der Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Die Nacherfüllung erfasst danach die Beseitigung der Mängel des geschuldeten Werks, die auf einer im Zeitpunkt der Abnahme vorhandenen vertragswidrigen Beschaffenheit des Werks beruhen.
BGH, Urteil vom 07.02.2019 – VII ZR 63/18
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- Eine zivilrechtliche Klage, mit der Schadensersatz begehrt wird, ist zwar nach nationalem Recht deliktsrechtlicher Natur. Sie betrifft aber i. S. von Art. 7 Nr. 1 lit. a EuGVVO n.F. einen Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag und keine unerlaubte Handlung oder Ansprüche aus einer unerlaubten Handlung (Art. 7 Nr. 2 EuGVVO n.F.), wenn das beanstandete Verhalten als Verstoß gegen vertragliche Pflichten angesehen werden kann. Das ist der Fall, wenn eine Auslegung des Vertrags unerlässlich erscheint, um zu klären, ob das Verhalten, das der Kläger dem Beklagten vorwirft, rechtmäßig oder widerrechtlich ist (im Anschluss an EuGH, Urt. v. 13.03.2014 – C-548/12, ECLI:EU:C:2014:148 = NJW 2014, 1648 Rn. 23 ff. – Brogsitter). Daher ist für eine Klage, mit der ein Kfz-Käufer gestützt auf § 823 II BGB i. V. mit § 263 StGB Schadensersatz verlangt, weil ihm der Verkäufer unter anderem verschwiegen habe, dass das Fahrzeug ein Unfallwagen sei, der Gerichtsstand des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO n.F. nicht gegeben.
- Einem Kfz-Käufer ist es nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, Rechte wegen eines Mangels geltend zu machen, wenn er das – mangelhafte – Fahrzeug trotz der Erkenntnis, dass es nicht die nach § 434 I BGB geschuldete Beschaffenheit hat, ohne Vorbehalt annimmt (im Anschluss an Senat, Urt. v. 04.08.2004 – 7 U 18/04, OLGR 2004, 506; Urt. v. 25.02.2009 – 7 U 137/08, n. v.; Hinweisbeschl. v. 06.07.2016 – 7 U 47/16, n. v.).
OLG Celle, Urteil vom 06.02.2019 – 7 U 102/18
(nachfolgend: BGH, Beschluss vom 13.10.2020 – VI ZR 63/19)
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