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Die in § 476 BGB a.F. (= § 477 BGB n.F.) vorgesehene Beweislastumkehr greift zugunsten des Käufers schon dann, wenn diesem der Nachweis gelingt, dass sich innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang ein mangelhafter Zustand (eine Mangelerscheinung) gezeigt hat, der – unterstellt, er hätte seine Ursache in einem dem Verkäufer zuzurechnenden Umstand – eine Sachmängelhaftung des Verkäufers begründen würde. Dagegen muss der Käufer weder darlegen und nachweisen, auf welche Ursache der mangelhafte Zustand zurückzuführen ist, noch muss er darlegen und nachweisen, dass diese Ursache in den Verantwortungsbereich des Verkäufers fällt (im Anschluss an BGH, Urt. v. 12.10.2016 – VIII ZR 103/15, BGHZ 212, 224 Rn. 36).
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Die in § 476 BGB a.F. (= § 477 BGB n.F.) vorgesehene Beweislastumkehr kommt dem Käufer auch dahin zugute, dass zu seinen Gunsten vermutet wird, dass der binnen sechs Monaten nach Gefahrübergang zutage getretene mangelhafte Zustand zumindest im Ansatz, das heißt in einem früheren Entwicklungsstadium, schon bei Gefahrübergang vorgelegen hat (im Anschluss an BGH, Urt. v. 12.10.2016 – VIII ZR 103/15, BGHZ 212, 224 Rn. 49 ff.).
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Um die Vermutung des § 476 BGB a.F. (= § 477 BGB n.F.) zu widerlegen, muss der Verkäufer den Beweis des Gegenteils (§ 292 ZPO) dahin erbringen, dass der binnen sechs Monaten nach Gefahrübergang aufgetretene mangelhafte Zustand auf eine nach Gefahrübergang eingetretene, ihm nicht zuzurechnende Ursache – sei es auf ein Verhalten des Käufers oder eines Dritten, sei es auf sonstige Umstände, etwa eine übliche Abnutzungserscheinung nach Gefahrübergang – zurückzuführen ist. Es ist also die volle richterliche Überzeugung nach § 286 I ZPO gefordert, wobei es eines für das praktische Leben brauchbaren Grades von Gewissheit bedarf, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (im Anschluss an BGH, Urt. v. 12.10.2016 – VIII ZR 103/15, BGHZ 212, 224 Rn. 59 f.).
LG Berlin, Urteil vom 23.01.2018 – 36 O 124/16
(nachfolgend: KG, Beschluss vom 01.06.2018 – 7 U 17/18)
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Der vorübergehende Entzug der Gebrauchsmöglichkeit eines Motorrads, das dem Geschädigten als einziges Kraftfahrzeug zur Verfügung steht und nicht reinen Freizeitzwecken dient, stellt einen Vermögensschaden dar und kann einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung begründen.
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Der Umstand, dass der Geschädigte das Motorrad nur bei günstigen Witterungsbedingungen nutzt, spielt erst im Rahmen der konkreten Schadensbetrachtung bei der Frage eine Rolle, ob der Geschädigte – auch im Hinblick auf die Wetterlage – zur Nutzung willens und in der Lage war.
BGH, Urteil vom 23.01.2018 – VI ZR 57/17
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Nachbesserungsversuche des Verkäufers beeinflussen die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen des Käufers grundsätzlich nicht. Sie führen vielmehr nur dann zu einer Hemmung (§ 203 BGB) bzw. zu einem Neubeginn (§ 212 I Nr. 1 BGB) der Verjährung dieser Ansprüche, wenn zwischen den Parteien Verhandlungen i. S. von § 203 Satz 1 BGB schweben bzw. der Verkäufer seine Nachbesserungspflicht i. S. von § 212 I Nr. 1 BGB (konkludent) anerkennt.
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Nachbesserungsversuche eines Verkäufers können als konkludentes Anerkenntnis seiner Nacherfüllungspflicht (§§ 437 Nr. 1, 439 I Fall 1 BGB) anzusehen sein. Ob in der Vornahme eines Nachbesserungsversuchs ein Anerkenntnis der Nachbesserungspflicht i. S. von § 212 I Nr. 1 BGB liegt, ist unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei, ob der Verkäufer aus Sicht des Käufers nicht nur aus Kulanz oder zur gütlichen Beilegung eines Streits, sondern in dem Bewusstsein handelt, zur Nachbesserung verpflichtet zu sein.
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Der Käufer eines Neuwagens kann regelmäßig dann nicht davon ausgehen, dass der Verkäufer Mängelbeseitigungsarbeiten in dem Bewusstsein vornimmt, zur Nachbesserung (§ 439 I Fall 1 BGB) verpflichtet zu sein, wenn für das Fahrzeug (noch) eine Herstellergarantie besteht. In einem solchen Fall muss der Käufer vielmehr in der Regel annehmen, dass der Verkäufer ausschließlich im Rahmen der Herstellergarantie tätig wird.
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Schon wenn der Verkäufer die Kaufsache (hier: einen Neuwagen) nach einer Mängelrüge des Käufers prüft, schweben in der Regel zwischen dem Verkäufer und dem Käufer verjährungshemmende „Verhandlungen“ i. S. von § 203 Satz 1 BGB.
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 22.01.2018 – 9 U 83/16
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Zu den Eigenschaften, die der Käufer eines Grundstücks nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers oder seines Gehilfen erwarten darf, zählen auch Angaben (hier: zur Trockenheit eines Kellers) in einem Exposé, wobei es keinen Unterschied macht, ob es sich um ein vom Verkäufer selbst erstelltes Exposé oder um ein Maklerexposé handelt (Bestätigung von Senat, Urt. v. 22.04.2016 – V ZR 23/15, NJW 2017, 150 Rn. 7).
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Ein Haftungsausschluss für Sachmängel umfasst auch die nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers oder seines Gehilfen zu erwartenden Eigenschaften eines Grundstücks (Bestätigung von Senat, Urt. v. 22.04.2016 – V ZR 23/15, NJW 2017, 150 Rn. 12). Hierauf kann sich der Verkäufer jedoch nicht berufen, wenn er einen Mangel arglistig verschwiegen hat.
BGH, Urteil vom 19.01.2018 – V ZR 256/16
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Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen – hier: ein Škoda Octavia II – ist schon deshalb mangelhaft (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB), weil das Fahrzeug im Rahmen einer vom Kraftfahrt-Bundesamt angeordneten Rückrufaktion zwingend ein Softwareupdate erhalten muss. Denn daraus, dass es dem Käufer nicht freisteht, ob er das Update installieren lässt, kann geschlossen werden, dass das Fahrzeug ohne das Update mangelhaft ist.
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Der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen und deshalb mangelhaften Škoda Octavia II hat gegen den Verkäufer keinen Anspruch auf Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs (§ 439 I Fall 2 BGB), sondern nur einen Anspruch auf Beseitigung des Mangels (§ 439 I Fall 1 BGB). Denn zum einen ist dem Verkäufer die Lieferung eines nicht vom VW-Abgasskandal betroffenen fabrikneuen Škoda Octavia II mit einem 1,6-Liter-Dieselmotor i. S. des § 275 I BGB unmöglich, weil Fahrzeuge der zweiten Generation nicht mehr hergestellt werden und die bereits hergestellten Fahrzeuge vom VW-Abgasskandal betroffen sind. Zum anderen kann der Käufer nicht erfolgreich die Lieferung eines Fahrzeugs der dritten Generation (Škoda Octavia III) verlangen, und zwar auch dann nicht, wenn der Kfz-Kaufvertrag einen Änderungsvorbehalt i. S. des § 308 Nr. 4 BGB enthält.
LG Stuttgart, Urteil vom 12.01.2018 – 19 O 66/17
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Dass dem Erwerber eines unterschlagenen Wohnmobils eine gefälschte Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief) vorgelegt wird, steht einem gutgläubigen Erwerb nicht entgegen, wenn keine handgreiflichen Anhaltspunkte für eine Fälschung gegeben sind, die Zweifel am Eigentum des Veräußerers wecken müssen. Solche Anhaltspunkte sind nicht schon deshalb vorhanden, weil die vorgelegte Fälschung zwei Rechtschreibfehler („weis“, „Diesl“) und eine Radierung aufweist. Denn Schreibfehler, Auslassungen etc. sind auch in amtlichen Dokumenten nicht unüblich und können selbst in weitgehend automatisierten Verfahren zur Ausstellung von behördlichen Bescheinigungen o. Ä. auftreten.
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Dass der Veräußerer eines unterschlagenen Wohnmobils dem Erwerber nicht sämtliche Fahrzeugschlüssel aushändigen kann, steht einem gutgläubigen Erwerb jedenfalls dann nicht entgegen, wenn der Verkäufer angibt, er sei im Besitz der fehlenden Schlüssel und werde sie dem Erwerber nachliefern.
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Ein privater Verkäufer eines Gebrauchtwagens wird sich bei der Festlegung des Kaufpreises oft weniger exakt am aktuellen Verkehrswert des Fahrzeugs orientieren als ein gewerblicher Verkäufer. Dass der geforderte Kaufpreis unter dem Marktwert des Fahrzeugs liegt, muss deshalb den Käufer eines Gebrauchtwagens selbst dann nicht ohne Weiteres misstrauisch machen, wenn er den Marktwert des Fahrzeugs kennt.
LG Kleve, Urteil vom 12.01.2018 – 3 O 257/17
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Wird ein Gebrauchtwagen als scheckheftgepflegt angepriesen, obwohl das Fahrzeug tatsächlich nicht scheckheftgepflegt ist, so ist regelmäßig die objektive Seite einer arglistigen Täuschung gegeben.
AG München, Urteil vom 10.01.2018 – 142 C 10499/17
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Zwar genügt alleine die Bezeichnung eines Gebrauchtwagens als „Bastlerfahrzeug“ nicht, um eine negative Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) des Inhalts anzunehmen, dass das Fahrzeug reparaturbedürftig sei. Vom Vorliegen einer entsprechenden (negativen) Beschaffenheitsvereinbarung kann aber mit Rücksicht auf das Alter (hier: 15 Jahre) und die Laufleistung (hier: ca. 125.000 km) sowie dann auszugehen sein, wenn der Verkäufer – hier: durch den Hinweis auf die mit einer Hauptuntersuchung verbundenen Kosten – zu erkennen gibt, dass er das Fahrzeug für reparaturbedürftig hält.
AG Nordhorn, Urteil vom 09.01.2018 – 3 C 622/17
(nachfolgend: LG Osnabrück, Urteil vom 09.05.2018 – 2 S 57/18)
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