Darin, dass der Verkäufer eines Gebrauchtwagens das Fahrzeug als „Bastlerfahrzeug“ bezeichnet, liegt nicht zwingend ein Verstoß gegen das Umgehungsverbot des § 475 I 2 BGB a.F. (= § 476 I 2 BGB n.F.). Vielmehr spricht es gegen das Vorliegen eines Umgehungsgeschäfts, wenn der Verkäufer – hier: durch den Hinweis auf Defekte an Motor, Getriebe, Antriebsstrang und Elektrik – deutlich macht, was das Fahrzeug zum Bastlerfahrzeug macht.
LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 28.09.2018 – 16 S 3018/17
Sachverhalt: Der Kläger verlangt von dem Beklagten, von dem er am 27.08.2016 für 3.400 € einen gebrauchten, am 03.04.2003 erstzugelassenen Audi A2 mit einer Laufleistung von 196.426 km erworben hat, Schadensersatz in Höhe von 2.260,22 €. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen (AG Fürth, Urt. v. 04.04.2017 – 350 C 126/17). Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: II. … 2. Die Berufung ist … unbegründet. Das AG Fürth hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das Berufungsvorbringen gibt der Kammer keinen Anlass, von dieser Entscheidung abzuweichen.
Gemäß § 513 I ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass nach § 529 ZPO die zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen oder die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO beruht. Vorliegend sind weder der durch das Erstgericht festgestellte Tatbestand noch dessen rechtliche Schlussfolgerungen zu beanstanden.
Unvollständige Feststellungen, Verfahrensfehler oder Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze sind nicht ersichtlich.
Das erstinstanzliche Urteil erscheint der Kammer sowohl im Ergebnis als auch hinsichtlich der Urteilsgründe als zutreffend. Das Amtsgericht geht richtigerweise davon aus, dass ein Sachmangel i. S. des § 434 I 1 BGB vorliegend nicht gegeben ist und so kein Anspruch auf Schadensersatz nach § 437 Nr. 3 BGB besteht.
Gemäß § 434 I 1 BGB ist eine verkaufte Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Die vereinbarte Beschaffenheit ergibt sich vorliegend aus dem Kaufvertrag vom 27.08.2016, wo unter anderem handschriftlich folgende Feststellungen getroffen worden sind: „Bastlerfahrzeug mit Defekten an Motor, Getriebe, Antriebsstrang und Elektrik“, sodass sich für die Kammer hieraus unzweifelhaft und bestimmt genug ergibt, dass die Beschaffenheit dementsprechend vereinbart war.
a) Hinsichtlich dieser handschriftlich getroffenen besonderen Vereinbarungen hat das Erstgericht auch zutreffend erkannt, dass es sich nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt.
Nach der Legaldefinition in § 305 I 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Somit sind als Allgemeine Geschäftsbedingungen nur „vorformulierte“ Vertragsbedingungen anzusehen. „Vorformuliert“ sind Vertragsbedingungen dann, wenn sie zeitlich vor dem Vertragsabschluss fertig formuliert vorliegen, um in künftige Verträge einbezogen zu werden (MünchKomm-BGB/Basedow, 7. Aufl. [2016], § 305 Rn. 13). Bereits dies wurde seitens der Klagepartei nicht schlüssig vorgetragen.
Weiterhin gelten Vertragsbedingungen nur dann als Allgemeine Geschäftsbedingungen, wenn sie „für eine Vielzahl von Verträgen“ vorformuliert sind. Inwieweit die Vereinbarung „Bastlerfahrzeug mit Defekten an Motor, Getriebe, Antriebsstrang und Elektrik“ auf eine Vielzahl von Verträgen Anwendung finden soll, zumal diese auch handschriftlich unter der Rubrik „Besondere Vereinbarungen“ erfolgte, erschließt sich der Kammer nicht.
Die besonderen Vereinbarungen waren daher nicht für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert.
b) Im Übrigen liegt – entgegen der Auffassung des Klägers – kein Verstoß gegen § 475 I 2 BGB vor.
Zu beachten ist hierbei, dass eine Beschaffenheitsvereinbarung als „Bastlerfahrzeug“ nicht pauschal als Umgehung i. S. des § 475 I 2 BGB gewertet werden kann. Würde man die Autohändler verpflichten, die Pkw detailliert zu untersuchen und allumfassende Mängellisten zu erstellen, wäre das ein extrem hoher Aufwand, der die Fahrzeuge zulasten der Käufer stark verteuern würde (Markus Müller, NJW 2003, 1975, 1977).
Im vorliegenden Fall ist außerdem gerade nicht lediglich eine Bezeichnung als „Bastlerfahrzeug“ festgelegt worden, ohne auszuführen, was den Pkw zum Bastlerfahrzeug macht und dadurch pauschal sämtliche Mängelrechte auszuschließen. Vielmehr wird ausgeführt, dass das Fahrzeug Schäden an Motor, Getriebe, Antriebsstrang und Elektrik, und damit an klar abgrenzbaren Fahrzeugteilen, hat.
Hieran ändert auch der vereinbarte Kaufpreis nichts. Gerade dann, wenn Defekte am Motor angegeben sind, muss damit gerechnet werden, dass der Pkw möglicherweise vor einer Reparatur nur eingeschränkt fahrbereit ist.
Angesichts der im Vertragsformular gut sichtbar aufgeführten Defekte des Fahrzeugs ändert an vorangegangener Einschätzung auch das regelmäßig geführte Wartungs- und Scheckheft nichts.
Aufgrund der unter „Besondere Vereinbarungen“ aufgelisteten Defekte war das Fahrzeug an den genannten defekten Teilen – auch für den Kläger ersichtlich – reparaturbedürftig und wurde daher als Bastlerfahrzeug veräußert. Zudem war das Fahrzeug offensichtlich seit Übergabe bis zum Liegenbleiben zumindest 1.000 km fahrtüchtig.
c) Soweit der Kläger … davon ausgeht, dass der Beklagte darlegungs- und beweispflichtig für Gründe ist, die dafür sprechen könnten, dass die Parteien tatsächlich nur ein Auto zum Basteln und nicht zum Fahren gemeint haben könnten, war dem nicht zu folgen. Aus dem Kaufvertrag geht hervor, dass die Parteien besondere Vereinbarungen getroffen haben, wonach das Fahrzeug als „Bastlerfahrzeug mit Defekten an Motor, Getriebe, Antriebsstrang und Elektrik“ veräußert wurde. Sofern der Kläger behauptet, kein Bastlerfahrzeug gewollt zu haben, ist er für diese Abweichung vom Kaufvertragsformular darlegungs- und beweispflichtig. Der Beklagte bestreitet dies jedenfalls im Schriftsatz vom 31.07.2017. …