1. Der Käu­fer ei­nes Neu­wa­gens – hier: ei­nes Mer­ce­des-Benz E 220 d Li­mou­si­ne – kann beim heu­ti­gen Stand der Tech­nik (noch) nicht i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB er­war­ten, dass die As­sis­tenz­sys­te­me des Fahr­zeugs mit al­len Ver­kehrs­si­tua­tio­nen zu­recht­kom­men und sich so vor­aus­schau­end ver­hal­ten wie ein mensch­li­cher Fah­rer. Der Käu­fer kann le­dig­lich er­war­ten, dass die „Ba­sis­si­cher­heit“ ge­währ­leis­tet ist. Es darf des­halb nicht zu Si­tua­tio­nen kom­men, in de­nen die As­sis­tenz­sys­te­me selbst­stän­dig ver­kehrs­ord­nungs­wid­ri­ge Fahr­ma­nö­ver durch­füh­ren, bei de­nen bei­spiels­wei­se die zu­läs­si­ge Höchst­ge­schwin­dig­keit über­schrit­ten wird.
  2. An­ga­ben ei­nes Fahr­zeug­her­stel­lers in ei­ner Be­triebs­an­lei­tung sind kei­ne „öf­fent­li­chen Äu­ße­run­gen“ i. S. des § 434 I 3 BGB.

AG Dort­mund, Ur­teil vom 07.08.2018 – 425 C 9453/17

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb von der be­klag­ten Fahr­zeug­her­stel­le­rin ei­nen Mer­ce­des-Benz E 220 d Li­mou­si­ne zum Preis von 58.801,45 €.

Die­ses Fahr­zeug ist un­ter an­de­rem mit ei­nem – ab­schalt­ba­ren – „DRI­VE PI­LOT“ aus­ge­stat­tet, der aus­weis­lich der Fahr­zeug­rech­nung 1.900 € net­to ge­kos­tet hat. Die Be­klag­te gibt an, der „DRI­VE PI­LOT“ un­ter­stüt­ze den Fah­rer um­fas­send

„durch den Lenk-Pi­lo­ten mit ak­ti­vem Spur­wech­sel-As­sis­tent, er­wei­ter­ter To­le­ranz bei Hands-off-War­nung und ak­ti­vem Not­halt-As­sis­ten­ten, den Ab­stands-Pi­lo­ten DIS­TRO­NIC mit er­wei­ter­tem au­to­ma­ti­schen Wie­der­an­fah­ren im Stau (i. V. m. Park-Pi­lot) und den Ge­schwin­dig­keits­li­mit-Pi­lo­ten (i. V. m. CO­MAND On­line)“.

Der Ab­stands-Pi­lot DIS­TRO­NIC re­gelt au­to­ma­tisch Ge­schwin­dig­keit und Ab­stand, das heißt, er funk­tio­niert wie ein er­wei­ter­ter Tem­po­mat. Das As­sis­tenz­sys­tem soll den Fah­rer im Ko­lon­nen­ver­kehr auf Au­to­bah­nen und Fern­stra­ßen ent­las­ten und be­son­de­ren Kom­fort im Stop-and-go-Ver­kehr bie­ten.

Dar­über hin­aus ver­fügt der streit­ge­gen­ständ­li­che Pkw über ei­nen Ver­kehrs­zei­chen-As­sis­ten­ten, der ins­be­son­de­re Ge­schwin­dig­keits­be­schrän­kun­gen er­ken­nen kann und die Ge­schwin­dig­keit ent­spre­chend an­pas­sen soll. Sei­ne In­for­ma­tio­nen er­hält der Ver­kehrs­zei­chen-As­sis­tent über ei­ne Front­ka­me­ra, und er zieht die im Na­vi­ga­ti­ons­sys­tem hin­ter­leg­ten Da­ten her­an. In der Be­triebs­an­lei­tung heißt es da­zu:

„Die An­pas­sun­gen der ge­fah­re­nen Ge­schwin­dig­keit er­folgt auf Hö­he der Ver­kehrs­schil­der. Bei Orts­ein­gangs­schil­dern wird die Ge­schwin­dig­keit schon vor­her an­ge­passt. Die An­zei­ge der Ge­schwin­dig­keits­be­gren­zung im In­stru­men­ten­dis­play wird im­mer auf Hö­he des Ver­kehrs­schil­des ak­tua­li­siert.“

Der Klä­ger hat we­gen be­haup­te­ter Män­gel des As­sis­tenz­sys­tems „DRI­VE PI­LOT“ die Min­de­rung des Kauf­prei­ses er­klärt und von der Be­klag­ten – er­folg­los – die Er­stat­tung von 3.500 € ver­langt.

Er be­haup­tet, sein Fahr­zeug ha­be bei ak­ti­vier­tem „DRI­VE PI­LOT“ in be­stimm­ten Si­tua­tio­nen plötz­lich und un­er­war­tet be­schleu­nigt, ob­wohl sich die zu­läs­si­ge Höchst­ge­schwin­dig­keit nicht ge­än­dert ha­be.

Au­ßer­dem ha­be der Pkw in be­stimm­ten Si­tua­tio­nen auf der Au­to­bahn plötz­lich ge­bremst. Im We­sent­li­chen geht es um fol­gen­de drei Si­tua­tio­nen:

a) Im Be­reich ei­ner Groß­bau­stel­le auf der A 45 kurz vor der Len­ne­tal­brü­cke wird der Au­to­bahn­ver­kehr über ei­nen Rast­platz um­ge­lei­tet. Dort wird die Ge­schwin­dig­keit des Fahr­zeugs des Klä­gers auf 30 km/h re­du­ziert, ob­wohl ei­ne durch ent­spre­chen­de Ver­kehrs­zei­chen an­ge­ord­ne­te Höchst­ge­schwin­dig­keit von 80 km/h gilt.

b) Die Ein­fahrt in ei­nen Kreis­ver­kehr in der Nä­he des Bahn­hofs Ho­hen­lim­burg darf mit ei­ner Höchst­ge­schwin­dig­keit von 20 km/h er­fol­gen. Nach Ver­las­sen des Kreis­ver­kehrs gilt die in­ner­orts zu­läs­si­ge Höchst­ge­schwin­dig­keit von 50 km/h; we­ni­ge Me­ter spä­ter ord­net ein ent­spre­chen­des Ver­kehrs­zei­chen ei­ne Höchst­ge­schwin­dig­keit von 20 km/h an. Das Fahr­zeug des Klä­gers fährt dem­entspre­chend mit ei­ner Ge­schwin­dig­keit von 20 km/h in den Kreis­ver­kehr ein, be­schleu­nigt nach Ver­las­sen des Kreis­ver­kehrs auf 50 km/h und bremst kurz dar­auf auf 20 km/h ab.

c) Nä­hert sich das Fahr­zeug des Klä­gers ei­nem Orts­ein­gangs­schild, wird – ins­be­son­de­re zwi­schen dem Ha­ge­ner Orts­teil Ho­hen­lim­burg und der Ha­ge­ner In­nen­stadt – die Ge­schwin­dig­keit schon ei­ni­ge Me­ter vor dem Orts­ein­gangs­schild auf 50 km/h re­du­ziert. In­so­weit ist zu be­ach­ten, dass vor dem Orts­ein­gangs­schild ein Ver­kehrs­zei­chen steht, das die Höchst­ge­schwin­dig­keit auf 50 km/h be­grenzt. Um­ge­kehrt – so be­haup­te der Klä­ger – be­schleu­ni­ge sein Fahr­zeug aber nicht so recht­zei­tig, dass bei Er­rei­chen ei­nes Ver­kehrs­schilds die da­nach er­laub­te Höchst­ge­schwin­dig­keit er­reicht sei.

Vor die­sem Hin­ter­grund macht der Klä­ger gel­tend, dass sein Fahr­zeug nur mit de­ak­ti­vier­tem „DRI­VE PI­LOT“ nutz­bar sei.

Die Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … Dem Klä­ger steht un­ter kei­nem recht­li­chen Ge­sichts­punkt der gel­tend ge­mach­te An­spruch zu. Der Klä­ger hat ins­be­son­de­re ge­gen die Be­klag­te kei­nen An­spruch auf Rück­zah­lung ei­nes an­tei­li­gen Kauf­prei­ses we­gen Min­de­rung in Hö­he von 3.500 € nach §§ 437 Nr. 2 Fall 2, 441 I 1, IV 1 BGB. Da­bei kann da­hin­ste­hen, war­um der Min­de­rungs­be­trag hö­her als der ver­ein­bar­te an­tei­li­ge Kauf­preis sein soll.

1. Zwi­schen den Par­tei­en ist im Ju­ni 2016 ein wirk­sa­mer Kauf­ver­trag über das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug zu­stan­de ge­kom­men. Da­bei han­delt es sich um ei­nen Ver­brauchs­gü­ter­kauf i. S. der §§ 474 ff. BGB.

Der Klä­ger hat den von ihm zu er­brin­gen­den Be­weis, dass das Fahr­zeug bei Ge­fahr­über­gang man­gel­haft war (§§ 434 I, 446 Satz 1 BGB) nicht er­bracht.

Die Dar­le­gungs- und Be­weis­last für die ge­ne­rel­le wie auch kon­kre­te Man­gel­haf­tig­keit des As­sis­tenz­sys­tems trägt der Klä­ger. So­weit er be­an­stan­det, dass das Fahras­sis­tenz­sys­tem „DRI­VE PI­LOT“ in be­stimm­ten Si­tua­tio­nen in ei­ner be­stimm­ten Art und Wei­se re­agiert, stellt dies kei­nen Man­gel dar.

2. Ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung i. S. des § 434 I 1 BGB über das Fahr­zeug ist zwi­schen den Par­tei­en nicht ge­trof­fen wor­den.

Ver­ein­bart ist ei­ne Be­schaf­fen­heit dann, wenn der In­halt des Kauf­ver­trags von vorn­her­ein oder nach­träg­lich die Pflicht des Ver­käu­fers be­stimmt, die ge­kauf­te Sa­che in dem Zu­stand zu über­eig­nen und zu über­ge­ben, wie ih­re Be­schaf­fen­heit im Ver­trag fest­ge­legt ist (Soll­be­schaf­fen­heit; Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 77. Aufl. [2018], § 434 Rn. 15).

Bei Er­werb des Fahr­zeugs ha­ben die Par­tei­en nicht ver­ein­bart, wie der Fahras­sis­tent ge­nau funk­tio­nie­ren soll. Ver­ein­bart wur­de le­dig­lich, dass das Fahr­zeug mit ei­nem Fahras­sis­ten­ten aus­ge­stat­tet ist.

So­weit ei­ne Be­schaf­fen­heit kon­kret nicht ver­ein­bart wur­de, schul­det die Be­klag­te ge­mäß § 434 I 2 Nr. 2 BGB ei­nen Zu­stand, der für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung ge­eig­net ist und den der Klä­ger er­war­ten darf.

Nach dem Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me kann nicht fest­ge­stellt wer­den, dass das Fahras­sis­tenz­sys­tem für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung un­ge­eig­net ist und von der­je­ni­gen Be­schaf­fen­heit ab­weicht, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist bzw. die der Käu­fer nach der Art des Kauf­ob­jekts er­war­ten kann.

Für die Fra­ge, ob ein Fahr­zeug ei­ne Be­schaf­fen­heit auf­weist, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und von dem Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­tet wer­den darf (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB), ist ab­zu­stel­len auf den Er­war­tungs­ho­ri­zont ei­nes Durch­schnitts­käu­fers (OLG Hamm, Urt. v. 15.05.2008 – 28 U 145/07, NJW-RR 2009, 485, 486). Die Er­war­tung muss ob­jek­tiv be­rech­tigt sein (BGH, Urt. v. 07.02.2007 – VI­II ZR 266/06, NJW 2007, 1351 Rn. 21; Urt. v. 04.03.2009 – VI­II ZR 160/08, NJW 2009, 2056 Rn. 11). Als Ver­gleichs­maß­stab ist im Rah­men des § 434 I 2 Nr. 2 BGB die üb­li­che Be­schaf­fen­heit bei Sa­chen glei­cher Art her­an­zu­zie­hen (Pa­landt/Wei­den­kaff, a. a. O., § 434 Rn. 29). Im Hin­blick auf die Be­ur­tei­lung der Funk­ti­ons­taug­lich­keit von tech­ni­schen Sys­te­men ist der Stand der Tech­nik maß­geb­lich. Mit „Stand der Tech­nik“ ist bei ei­nem Neu­wa­gen­kauf der neu­es­te Stand ge­meint, wo­bei es sich beim „Stand der Tech­nik“ um ei­nen re­la­ti­ven Be­griff han­delt, da der Stand der je­wei­li­gen Fahr­zeug­klas­se ge­meint ist (Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 13. Aufl. [2017], Rn. 435).

Vor­lie­gend han­delt es sich um ein Fahras­sis­tenz­sys­tem wohl des SAE-Le­vels 1. Da­bei wird er­war­tet, dass der mensch­li­che Fah­rer al­le ver­blei­ben­den As­pek­te der dy­na­mi­schen Fahr­auf­ga­be aus­führt. Dies ent­spricht auch § 1b II Nr. 2 StVG, wo­nach der Fah­rer die Fahr­zeug­steue­rung un­ver­züg­lich wie­der über­neh­men muss, wenn er er­ken­nen kann, dass die Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne be­stim­mungs­ge­mä­ße Ver­wen­dung nicht mehr vor­lie­gen. Au­ßer­dem ist bei der Be­ur­tei­lung der Man­gel­haf­tig­keit von sol­chen Sys­te­men zu be­rück­sich­ti­gen, dass sol­che hoch­tech­ni­schen Sys­te­me ty­pi­scher­wei­se ei­ne er­höh­te Feh­ler­an­fäl­lig­keit auf­wei­sen (Stau­din­ger/Oechs­ler, BGB, Neu­be­arb. 2018, § 2 Prod­HaftG Rn. 126). Hier muss si­cher­ge­stellt sein, dass die so­ge­nann­te Ba­sis­si­cher­heit ge­währ­leis­tet ist. Das darf der Käu­fer er­war­ten.

Dies ist hier des­halb der Fall, weil der Klä­ger kei­ne ein­zi­ge Fahr­si­tua­ti­on be­schrie­ben hat oder der ge­richt­li­che Sach­ver­stän­di­ge kei­ne ein­zi­ge Fahr­si­tua­ti­on er­lebt hat, bei der das Sys­tem die Re­geln der Stra­ßen­ver­kehrs­ord­nung miss­ach­tet hat und zu schnell ge­fah­ren ist. Es ist viel­mehr so, dass der Klä­ger er­war­tet, dass das Sys­tem schnel­ler fah­ren soll­te als er­laubt oder zu­min­dest die ma­xi­mal zu­läs­si­ge Ge­schwin­dig­keit fah­ren soll­te. Da­bei han­delt es sich aber nicht um ei­ne Min­dest­ge­schwin­dig­keit.

Das Sys­tem stützt sich auf die Kar­ten­da­ten des Na­vi­ga­ti­ons­sys­tems und die In­for­ma­tio­nen über ei­ne Ka­me­ra in der Wind­schutz­schei­be. Mit die­sen In­for­ma­tio­nen re­gu­liert der „DRI­VE PI­LOT“ die Höchst­ge­schwin­dig­keit des Fahr­zeugs.

Dass die Er­geb­nis­se die­ser Tech­nik nicht dem je­wei­li­gen Stand der Tech­nik so, wie der Klä­ger es er­war­ten konn­te, ent­spre­chen, steht nach der Be­weis­auf­nah­me ge­ra­de nicht fest. Der Sach­ver­stän­di­ge ist in sei­nem Gut­ach­ten zur Fest­stel­lung ge­kom­men, dass das Fahras­sis­tenz­sys­tem im Fahr­zeug des Klä­gers ge­ne­rell er­war­tungs­ge­mäß funk­tio­niert. Nach ei­ner Un­ter­su­chung des klä­ge­ri­schen Fahr­zeugs und Durch­füh­rung von Test­fahr­ten mit ei­nem Ver­gleichs­fahr­zeug ver­hal­ten sich die bei­den Fahr­zeu­ge im We­sent­li­chen iden­tisch.

Das von dem Klä­ger ge­schil­der­te Fahr­ver­hal­ten stellt kei­nen Man­gel dar:

a) Für die ers­te vom Klä­ger be­an­stan­de­te Si­tua­ti­on im Bau­stel­len­be­reich der A 45 hat der Sach­ver­stän­di­ge er­mit­telt, dass das Fahr­zeug grund­sätz­lich bei Au­to­bahn­rast­stät­ten die Ge­schwin­dig­keit auf 30 km/h re­gu­liert. Vor­lie­gend wird wäh­rend der Bau­pha­se der Au­to­bahn­brü­cke der Ver­kehr über den ehe­ma­li­gen Rast­platz ge­führt. Bei ei­ner Au­to­bahn­bau­stel­le kann heu­te noch nie­mand er­war­ten, dass zum ei­nen die Na­vi­ga­ti­ons­da­ten auf dem ak­tu­el­len Stand sind, so­dass der Fahras­sis­tent die bau­stel­len­be­ding­te Um­fah­rung nicht als sol­che er­kennt. Der Sach­ver­stän­di­ge gibt an, dass die Da­ten der Na­vi­ga­ti­ons­soft­ware nie voll­stän­dig und rich­tig sein kön­nen, da sich hier­für das Da­ten­ma­te­ri­al zu häu­fig än­dern wür­de, so­dass ei­ne Ak­tua­li­tät nicht je­der­zeit ge­währ­leis­tet wer­den kann.

Das Sys­tem stößt dem­entspre­chend an sei­ne Gren­zen. Im Üb­ri­gen han­delt es sich bei dem „DRI­VE PI­LOT“ le­dig­lich um ei­nen As­sis­ten­ten. Die­ser soll – laut Pro­spekt des Her­stel­lers – vor al­lem im Stop-and-go-Ver­kehr und bei Ko­lon­nen­fahr­ten dem Fah­rer hel­fen und ihm as­sis­tie­ren. Da­bei han­delt es sich um all­täg­li­che Ver­kehrs­si­tua­tio­nen. In der Si­tua­ti­on an der Au­to­bahn­brü­cke hat der Sach­ver­stän­di­ge fest­ge­stellt, dass es sich hier­bei um ei­ne na­he­zu ein­zig­ar­ti­ge Si­tua­ti­on han­delt. In­so­weit kann der Käu­fer nicht er­war­ten, dass der Fahras­sis­tent auf sämt­li­che mög­li­cher­wei­se ein­tre­ten­den Ver­kehrs­si­tua­tio­nen ei­ne Ant­wort fin­det. Hier ist der Mensch ge­for­dert. Dort muss der Klä­ger das Sys­tem schlicht aus­schal­ten.

b) In der zwei­ten vom Klä­ger be­an­stan­de­ten Si­tua­ti­on hält sich der Fahras­sis­tent an die zu­läs­si­ge Höchst­ge­schwin­dig­keit. Dass nach Ver­las­sen des Kreis­ver­kehrs zu­nächst kei­ne Ge­schwin­dig­keits­be­schrän­kung gilt, ist of­fen­sicht­lich. Ein vor­aus­schau­en­der Fahr­zeug­füh­rer wür­de in die­ser Si­tua­ti­on si­cher­lich nicht auf 50 km/h be­schleu­ni­gen, um we­ni­ge Me­ter spä­ter auf 20 km/h ab­brem­sen zu müs­sen. Com­pu­ter den­ken aber in­so­fern nicht vor­aus. Das As­sis­tenz­sys­tem stößt hier wie­der­um an sei­ne Gren­zen. Ihm fehlt es im Ge­gen­satz zum Men­schen an der Mög­lich­keit, ge­wis­se Ver­kehrs­la­gen vor­aus­zu­se­hen. Das Sys­tem kann nur das um­set­zen, was es an Da­ten zu die­sem Zeit­punkt er­fasst. Nach der Auf­fas­sung des Sach­ver­stän­di­gen be­fin­det sich die Tech­nik erst in­ner­halb der ers­ten we­sent­li­chen Ent­wick­lungs­schrit­te auf dem Weg zu ei­nem au­to­no­men Fah­ren. Ein in je­der Si­tua­ti­on voll­stän­dig kor­rek­tes Ver­hal­ten des Fahr­zeugs ent­spre­chend der Er­war­tungs­hal­tung ei­nes er­fah­re­nen Fahr­zeug­füh­rers kann zum jet­zi­gen Zeit­punkt nicht ver­langt wer­den.

Da­bei ist fest­zu­hal­ten, dass die Be­nut­zung des Fahras­sis­ten­ten nicht da­zu führt, dass der Fahr­zeug­füh­rer ge­gen die Nor­men der Stra­ßen­ver­kehrs­ord­nung ver­sto­ßen wür­de. Das Sys­tem hält sich näm­lich an die Ge­schwin­dig­keits­be­gren­zung. Dass das As­sis­tenz­sys­tem die Ge­schwin­dig­keits­be­gren­zung auf 20 km/h nicht vor­aus­ahnt und das Fahr­ver­hal­ten da­mit nicht den Er­war­tun­gen des Klä­gers ent­spricht, ist auf ei­ne ver­bes­se­rungs­wür­di­ge Tech­nik zu­rück­zu­füh­ren, was al­lein noch nicht zu ei­nem Man­gel der Kauf­sa­che führt (OLG Hamm, Urt. v. 09.06.2009 – I-28 U 57/08; Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 457).

c) In der drit­ten Si­tua­ti­on ist nach den Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen nicht das Orts­ein­gangs­schild der Grund für die Re­du­zie­rung der Ge­schwin­dig­keit, son­dern das sich da­vor be­find­li­che Ver­kehrs­zei­chen. Auch hier ver­hält es sich so, dass die Be­nut­zung des As­sis­tenz­sys­tems nicht da­zu führt, dass der Fahr­zeug­füh­rer ge­gen die Nor­men der Stra­ßen­ver­kehrs­ord­nung ver­stößt. Ab der Hö­he des ent­spre­chen­den Schilds hat der Fah­rer die dort gel­ten­de Höchst­ge­schwin­dig­keit nicht zu über­schrei­ten. Dass dies nicht dem per­sön­li­chen Fahr­ver­hal­ten des Klä­gers oder sei­nes Va­ters ent­spricht, ist in­so­weit un­be­acht­lich. Wenn der Klä­ger sich in­so­fern nicht an die Re­geln des Stra­ßen­ver­kehrs hal­ten will, muss er das Ge­rät aus­schal­ten.

Bei an­de­ren Orts­ein­gangs­schil­dern ver­hält sich das Fahr­zeug laut Sach­ver­stän­di­gem nicht ein­heit­lich, was für den Fahr­zeug­füh­rer zu­min­dest ir­ri­tie­rend sei. Dort er­fol­ge die Re­du­zie­rung der Ge­schwin­dig­keit teil­wei­se un­mit­tel­bar mit dem Pas­sie­ren des Orts­ein­gangs­schilds, teil­wei­se auch erst ei­ni­ge Me­ter spä­ter. Ein un­re­gel­mä­ßi­ges Ver­hal­ten al­lein mag für den Fah­rer ir­ri­tie­rend sein, ist wie­der­um da­mit zu er­klä­ren, dass die Tech­nik sich – wie be­reits be­schrie­ben – noch in der Ent­wick­lung be­fin­det.

Es ist bei al­len Si­tua­tio­nen zu be­ach­ten, dass es sich bei dem „DRI­VE PI­LOT“ um ein As­sis­tenz­sys­tem han­delt und nicht um ein Sys­tem, das au­to­no­mes Fah­ren er­mög­licht. Es kann nicht ver­langt wer­den, dass das Fahr­zeug völ­lig selbst­stän­dig fährt und sich der Fah­rer so­zu­sa­gen blind auf das Sys­tem ver­las­sen kann, denn das Sys­tem as­sis­tiert, sprich: es hilft nur.

Der „DRI­VE PI­LOT“ wur­de in die­ser Fahr­zeug­klas­se zum ers­ten Mal ver­wen­det. Es kann dem­entspre­chend noch nicht ver­langt wer­den, dass die­se kom­pli­zier­te Tech­nik op­ti­mal funk­tio­niert. Bes­ser geht wahr­schein­lich im­mer. Da­bei ist auch zu be­rück­sich­ti­gen, dass ei­ner Soft­ware ei­ne ge­wis­se Feh­ler­haf­tig­keit in­ne­wohnt mit der Fol­ge, dass bei ei­ner ge­wis­sen Kom­ple­xi­tät der Auf­ga­ben­stel­lung die Steue­rungs­ab­läu­fe für län­ge­re Zeit nicht mehr feh­ler­frei pro­gram­mier­bar sind (Stau­din­ger/Oechs­ler, a. a. O., § 2 Prod­HaftG Rn. 126 m. w. Nachw.).

Bei dem Be­nut­zer­hand­buch han­delt es sich nicht um ei­ne öf­fent­li­che Äu­ße­rung des Ver­käu­fers oder des Her­stel­lers ge­mäß § 434 I 3 BGB.

So­weit der Klä­ger auf das im Be­nut­zer­hand­buch be­schrie­be­ne Ver­hal­ten der Ge­schwin­dig­keitspas­sung bei Orts­ein­gangs­schil­dern ab­stellt, ist fest­zu­stel­len, dass Ge­brauchs­an­wei­sun­gen und Be­nut­zer­hand­bü­cher dem ord­nungs­ge­mä­ßen Ge­brauch des Fahr­zeugs nach dem Kauf die­nen und kei­ne Ei­gen­schafts­be­schrei­bung dar­stel­len (OLG Stutt­gart, Urt. v. 06.09.2017 – 4 U 105/17 m. w. Nachw.). Re­gel­mä­ßig wird der Käu­fer nicht die Ge­le­gen­heit ha­ben, das Be­nut­zer­hand­buch schon vor Ab­schluss des Kauf­ver­trags le­sen zu kön­nen.

III. Der Klä­ger hat ge­gen die Be­klag­te auch kei­nen An­spruch auf Er­satz der Ge­büh­ren­an­sprü­che des Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten des Klä­gers in Hö­he von 413,64 €, da kein Haupt­an­spruch be­steht. …

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