Ein Kfz-Käu­fer, der sein an­geb­lich man­gel­haf­tes Fahr­zeug von ei­nem Drit­ten durch den Aus­tausch ei­nes an­geb­lich de­fek­ten Teils (hier: ei­nes Schleif­rings) in­stand set­zen lässt, nach­dem der Ver­käu­fer ei­nem Nach­bes­se­rungs­ver­lan­gen nicht nach­ge­kom­men ist, muss da­für sor­gen, dass das an­geb­lich de­fek­te Teil auf­be­wahrt wird, so­dass es in ei­nem Ge­währ­leis­tungs­pro­zess ge­gen den Ver­käu­fer als Be­weis­mit­tel zur Ver­fü­gung steht. Ver­säumt der Käu­fer dies, sieht er sich dem Vor­wurf ei­ner fahr­läs­si­gen Be­weis­ver­ei­te­lung aus­ge­setzt und kann es ge­recht­fer­tigt sein, dem Ver­käu­fer Be­wei­ser­leich­te­run­gen zu ge­wäh­ren.

AG Nürn­berg, Ur­teil vom 19.03.2018 – 31 C 2821/17

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin nimmt den be­klag­ten Kfz-Ver­käu­fer mit der Be­haup­tung, der Be­klag­te ha­be schuld­haft sei­ne Pflicht zur Nach­bes­se­rung (§ 439 I Fall 1 BGB) ver­letzt, auf Scha­dens­er­satz in Hö­he auf­ge­wand­ter Re­pa­ra­tur­kos­ten 331,22 €) in An­spruch. Sie be­gehrt au­ßer­dem die Er­stat­tung vor­ge­richt­li­cher Rechts­an­walts­kos­ten in Hö­he von 83,54 €.

Die Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: I. Die Klä­ge­rin hat ge­gen den Be­klag­ten kei­nen An­spruch auf Zah­lung von 331,22 € und auf Zah­lung der au­ßer­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten in Hö­he von 83,54 €.

1. Die Klä­ge­rin hat ge­gen den Be­klag­ten kei­nen An­spruch auf Scha­dens­er­satz in Hö­he von 331,22 € ge­mäß §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 I BGB.

Ob ein Man­gel bei Ge­fahr­über­gang vor­lag und ob die Klä­ge­rin dem Be­klag­ten ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt hat, kann vor­lie­gend da­hin­ste­hen. Je­den­falls ist ei­ne fahr­läs­si­ge Be­weis­ver­ei­te­lung durch die Klä­ge­rin an­zu­neh­men, wel­che da­zu führt, dass der nach der Be­weis­auf­nah­me am wahr­schein­lichs­ten an­zu­neh­men­de Ge­sche­hens­ab­lauf als von dem Be­klag­ten be­wie­sen an­zu­se­hen ist (vgl. BGH, Urt. v. 23.11.2005 – VI­II ZR 43/05, NJW 2006, 434 Rn. 22 ff.).

Nach stän­di­ger Recht­spre­chung des BGH ist ei­ne Be­weis­ver­ei­te­lung ge­ge­ben, wenn ei­ne Par­tei ih­rem be­weis­pflich­ti­gen Geg­ner die Be­weis­füh­rung schuld­haft er­schwert oder un­mög­lich macht. Dies kann vor­pro­zes­su­al oder wäh­rend des Pro­zes­ses durch ge­ziel­te oder fahr­läs­si­ge Hand­lun­gen ge­sche­hen. Das Ver­schul­den muss sich da­bei so­wohl auf die Zer­stö­rung oder die Ent­zie­hung des Be­weis­ob­jek­tes als auch auf die Be­sei­ti­gung sei­ner Be­weis­funk­ti­on be­zie­hen (vgl. BGH, Urt. v. 23.11.2005 – VI­II ZR 43/05, NJW 2006, 434 Rn. 23).

Die Klä­ge­rin hat den Pkw bei ei­ner Dritt­fir­ma re­pa­rie­ren las­sen. Zu die­sem Zeit­punkt war sie be­reits an­walt­lich ver­tre­ten. Der Pro­zess­be­voll­mäch­tig­te hat den Be­klag­ten zwei­mal zur Nach­er­fül­lung auf­ge­for­dert und ihm mit Schrei­ben vom 22.02.2017 ei­ne letz­te Frist bis zum 28.02.2017 ge­setzt. Da es ab­seh­bar war, dass bei Nicht­er­fül­lung der Nach­er­fül­lungs­pflicht ein Pro­zess über die Kos­ten der Re­pa­ra­tur über­aus wahr­schein­lich ist, hät­te die Klä­ge­rin dar­auf hin­wir­ken müs­sen, dass ihr der de­fek­te Schleif­ring aus­ge­hän­digt oder zu­min­dest bei der Dritt­fir­ma auf­ge­ho­ben wird. Dies vor al­lem des­halb, weil die Klä­ge­rin be­reits zu die­sem Zeit­punkt an­walt­lich ver­tre­ten war.

Hier­auf wies der Be­klag­ten­ver­tre­ter auch mit den Schrift­sät­zen vom 29.01.2018 und vom 13.02.2018 hin. Ein ge­richt­li­cher Hin­weis ge­mäß § 139 ZPO war da­her ent­behr­lich. Die Klä­ge­rin re­agier­te nicht auf den Vor­wurf der Be­weis­ver­ei­te­lung.

Auch wenn da­von aus­zu­ge­hen ist, dass die Klä­ge­rin sich zum da­ma­li­gen Zeit­punkt kei­ne Ge­dan­ken über den Ver­bleib des de­fek­ten Schleif­rings mach­te, so hät­te sie sich doch Ge­dan­ken dar­über ma­chen müs­sen. Vor­lie­gend ist ei­ne fahr­läs­si­ge Be­weis­ver­ei­te­lung ge­ge­ben. Die­se führt für den be­weis­be­las­te­ten Be­klag­ten da­zu, dass der am wahr­schein­lichs­ten vor­lie­gen­de Ge­sche­hens­ab­lauf von die­sem als be­wie­sen gilt (vgl. BGH, Urt. v. 23.11.2005 – VI­II ZR 43/05, NJW 2006, 434 Rn. 25).

Der wahr­schein­lichs­te Ge­sche­hens­ab­lauf ist, dass der De­fekt am Schleif­ring erst nach Über­ga­be des Fahr­zeugs auf­trat. Denn laut dem Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen S, wel­chem zu fol­gen ist, weil er als Di­plom-In­ge­nieur die not­wen­di­ge Sach­kun­de be­sitzt und die von ihm ge­zo­ge­nen Schlüs­se nach­voll­zieh­bar und wi­der­spruchs­frei wa­ren, han­delt es sich um ei­nen in der Re­gel plötz­lich auf­tre­ten­den Scha­den, wel­cher bei Ge­fahr­über­gang ge­ra­de nicht an­ge­legt war. Auch der Zeu­ge Z ging da­von aus, dass der Schleif­ring an­ge­bro­chen hät­te sein kön­nen, hat dies je­doch als sehr un­wahr­schein­lich ein­ge­stuft. Der Zeu­ge ist glaub­haft, da er als neu­tra­ler Zeu­ge kein In­ter­es­se an dem zwi­schen den Par­tei­en ge­führ­ten Rechts­streit hat.

Man­gels Haupt­an­spruch sind auch die vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten nicht er­stat­tungs­fä­hig. …

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